Von iPads, eBooks & Virtual Classrooms. Lerntechnologien #opco11
Dieser Artikel ist mein erster(?) Beitrag zum deutschen OpenCourse #opco11, über den ich letztens noch so geschimpft habe. Er passt also nicht so ganz in den üblichen Artikelstrom dieses Blogs. Das möge man mir nachsehen… Das Thema des Artikels entspricht dem Thema des #opco11 diese Woche – und jetzt aber los:
Lerntechnologien – es gibt einiges an Tools in den Weiten des Webs. Martin Kurz hat in seinem Blog viel zu seiner Nutzung von Moodle im Unterricht geschrieben – ich war dabei nie so konsequent wie er. Über die Jahre habe ich mit vielen Tools experimentiert und dabei immer anhand von konkreten Gegenständen Erfahrungen gesammelt und oft auch gebloggt. Es ist für mich an der Zeit zu dem zu werden, wofür Horst Sievert einen Namen gefunden hat – zu einem Change Agent.
Bevor ich das hier vor Ort tatsächlich angehe – die erste Weiche ist schon gestellt, möchte ich einige Geschichten zu mir, meinem Unterrichtserleben und bekannteren Web2.0‑Tools erzählen. Da viel zu sagen und im Rahmen von #opco11 noch zu lesen ist, formuliere ich nur Impulse und verweise auf die Artikel meines Blogs, dem meinen Gedanken entstammen, so dass man nicht alles lesen muss. Die Abfolge der Impulse folgt einem übergeordneten Artikel, der mein Verhältnis zu offenen, teiloffenen und geschlossenen Tools klärt.
Moodle
Meine Geschichte zu Moodle gibt es auch. Moodle ist zunächst einmal ein System, das dem einfachen Nutzer alles verbietet, was der Trainer nicht ausdrücklich erlaubt. Das ist gewissermaßen seine Natur im Auslieferungszustand. Moodle hat mir viele gute Dienste geleistet und tut dies auch heute noch. Um schnell einmal ein anonymes Feedback zusammenzuklicken oder einen Absprungpunkt für eine Reise ins Netz zu finden, für Bereitstellung von Materialien für Fachschaften oder Kollegen, dafür nutze ich das System auch heute noch hin und wieder. Moodle ist nach meiner Erfahrung im Unterricht ein schwerfälliger Wagen, den man immerzu schieben muss – weil es sich als Ganzes eben kaum am Lerner orientiert. Selbst erfahrene Netzuser unter meinen Schülern sitzen vor dem System erstmal mit vielen Fragezeichen.
Dennoch: Ich denke, dass wir Moodle in der Schule als Brückentechnologie noch brauchen werden, gerade weil sich bestehende Schul- und Unterrichtsstrukturen damit 1:1 abbilden lassen. Dies gibt denjenigen vielleicht die Sicherheit, die den neuen Medien eher skeptisch gegenüberstehen. Und auch hier ist Moodle noch längst nicht etabliert oder als Werkzeug alltäglich.
Blogs
Blogs und Wikis sind ganz anders als Moodle. Sie erschließen sich dem Nutzer weitgehend intuitiv und sind so viel spontaner zu nutzen als eine VLE-Gigant wie Moodle. Aber auch hier gilt für mich, dass der Satz „blogge doch mal mit deinen Schülern“ viel zu kurz greift. Es gilt, immer eine Waage zu finden zwischen dem Abgeben von Verantwortung und dem Alleinelassen. Einen Fünftklässler alleine vor ein leeres Blog zu setzen – am besten noch bei einem Blogdienst – das ist ein Alleinelassen in meinen Augen. Zu meinen Erfahrungen mit Blogs gibt es eine ganze Artikelreihe. Zentrale Voraussetzung für die erfolgreiche Arbeit mit Blogs ist die Lösung des Rezeptionsproblems. Deswegen blogge ich mit Schülerinnen und Schülern bisher noch nicht öffentlich und immer im Klassenverband. Wenn ich viele Inhalte habe, kann ich mir auch Strukturen zu deren Organisation überlegen – hier bietet sich erweitertes Lernpotential.
Den Blogwagen musste ich dabei nie schieben. Die SuS haben sich diesen Raum selbstständig auch erobert. Leider konnte ich bisher nicht immer ausreichend dabei am Ball bleiben.
Blogs können für mich viele Dinge besser als es Moodle kann. Wer schon einmal Hausaufgaben mit Moodle eingesammelt hat, bekommt eine Krise: Es braucht unzählige Klicks, bis man alles zusammen hat – dann schlägt man sich mit unterschiedlichsten Dateiformaten herum und und und… Hausaufgabentexte kommen bei mir einfach in ein Blog und dann wird kommentiert per organisierter Rezeption. Ich brauche für Rückmeldungen Stunden. Ein Lerngruppe schreibt in 45 Minuten jedem Lerngruppenmitglied drei bis vier Feedbacks (Kommentarfunktion), die im Kern das Gleiche leisten, wenn die SuS durch den vorangehenden Unterricht gut vorbereitet sind.
Etherpad & GoogleDocs
Da sich beide Tools auch anonym nutzen lassen, kombiniere ich sie gerne mit Blogs. Es wird mit diesen Werkzeuge möglich, was vorher nie in eine Stunde gepasst hätte: Das Schreiben und die Konzeption eines längeren Textes – simultan, kooperativ. In Verbindung mit einem Smartboard werden sogar interaktive, schülerzentrierte „Tafelbilder“ möglich. Spannend. Ich hatte es kürzlich überlegt, die Anonymität aufzubrechen, weil sie doch auch Probleme mit sich bringt, z.B. Vandalismus bzw. unbeabsichtigtes Löschen (hätte ich einen Accountnamen, könnte ich z.B. leichter Vorversionen wiederherstellen). Unser Schul-EDV-System ermöglicht aber ein Verfahren, welches auch dem Datenschutz voll gerecht wird, weil ich für die Anmeldung bei z.B. GoogleDocs auch Fakeangaben (Mailaliase) in unserem LDAP hinterlegen kann, die dann genutzt werden – mal sehen.
Mahara
Ich bin bezüglich Mahara noch sehr verwirrt – es ist vollkommen diametral zu Moodle in seiner Anlage. Es bietet gleichermaßen Schutzräume wie auch Freiheiten für Schülerinnen und Schüler. Wenn ein Schüler bestimmt, dass ich als Lehrkraft etwas nicht sehen soll, dann sehe ich es auch nicht – auch der Admin müsste sich das Ganze aus der Datenbank zusammenklauben. Das führt zu manchmal abstrusen Situationen, wenn SuS Feedback von anderen wollen, das aber nicht bekommen, weil sie schlicht und ergreifend vergessen haben, ihre Ansichten für Dritte zugänglich zu machen. Die SocialNetwork-Funktionen haben Schülerinnen und Schüler schnell entdeckt. Ein bisschen fehlt es mir an einer zentralen Timeline – lediglich die eigene Einstiegsansicht kann man sich nach Belieben zusammenklicken – selbst dann bekommt man aber nicht alles mit.
Mahara ist mit Moodle koppelbar – das haben wir bei uns an der Schule auch realisiert, sodass Funktionalitäten beider Systeme zur Verfügung stehen – selbst gestandenen webaffinen KuK ist aber Mahara immer noch ein Rätsel – weil es vielleicht eben radikal Verantwortung auf SuS überträgt und „man“ als Lehrender da nicht viel organisieren kann und muss – das machen sie schon selbst. Kontrollverlust.
Facebook
Meine Position dazu steht bei Martin. Ich kann nur als Techniker darauf schauen. Und Techniker sind meist eher pragmatisch denn euphorisch. Mit iDingens-Produkten geht es mir ähnlich…
So viel?
Ich bin ein leidlich begabter Linuxadministrator. Ohne Kenntnisse von grundlegenden Serverdiensten hätte ich unsere Weblandschaft für unsere Schule nie aufbauen können. Wir haben auf dem Schulserver Moodle, Mahara, Etherpad, Mailaccounts für alle, einen zentralen Verzeichnisdienst (LDAP) usw.. Das ist die Ausnahme. Deswegen sind ja so viele Lehrer als Einzelkämpfer auf freie Angebote angewiesen. Was ich über den Schulserver nicht realisieren kann, mache ich mit privaten Ressourcen – ich bin so ein Typ, der Blogs in fünf Minuten via Konsole aufsetzt oder Moodle per Script updaten könnte. Auf diesem Gebiet ist in Deutschland noch viel zu tun. Es muss viel mehr zentrale Angebote für Schulen geben – nicht von Firmen, sondern durch den Dienstherren (der sich dann ja Know-How von Firmen einkaufen kann).
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Hallo Maik, sehr schöner Artikel!
Deine Erfahrungen mit Blogs, Wikis und Etherpad teile ich – mit Moodle und Mahara habe ich noch keine. Ein Beispiel für die Verwendung im Deutschunterricht habe ich hier beschrieben.
Danke für diese ausführlichen Einblicke! Da ich aus einer ganz anderen Ecke komme (externer „Zulieferer“ für die betriebliche Weiterbildung), ist mir diese Sicht zumeist verschlossen. Systeme in den Unternehmen sind in der Regel da, d.h. sie gehören zu den Rahmenbedingungen, mit denen man sich arrangieren muss. Und sie sind mehr 1.0 als 1.5 oder gar 2.0. Dann bleibt meine persönliche Erfahrungswelt, die ebenfalls selten Berührungspunkte zu Moodle, Mahara usw. aufweist. Blogs und Etherpads schon häufiger.
Gruß, Jochen
Hallo Maik,
dein Überblick über deine Tätigkeiten sind mir persönlich und ich denke auch generell sehr hilfreich.
Du hast eine recht positive Erfahrung mit Blogs gemacht. Wenn ich es richtig verstehe, ist es aber immer ein Blog, in dem dann die Schüler als User Zugänge haben und immer einzelne Artikel posten können und andere kommentieren. Richtig? Wenn der Blog geschlossen und nicht öffentlich sein soll, wie machst du das technisch? In wie weit lässt du Beiträge öffentlich zu und wie? Ich habe viele deiner Artikel über Blogs gelesen, aber so ganz klar ist es mir dennoch nicht.
Dann eine weitere Anmerkung zu Moodle. Ich kenne Situationen, da muss ich Moodle „anschieben“, ich kenne auch Situationen, da muss ich es nicht. Ich denke, dass es eher an Faktoren wie Kursdetails, Kleinigkeiten, die Einbettung in den Unterricht an sich etc. liegt, ob ein eher Lehrer-zentriertes Kurs-System wie Moodle (als ein LMS) erfolgreich ist oder nicht. Tief im Herzen glaube ich an eine Kombination wie LMS & Weblog oder LMS & E‑Portfolio. Konkret setze ich auf Moodle & Mahara. Letzeres habe ich zwar mal installiert, aber noch nicht inhaltlich eingeführt.
Hallo Martin,
Im Prinzip müsste man dazu einen eigenen Artikel schreiben. Zentral sind zwei Plugins:
1. Members Only
http://code.andrewhamilton.net/wordpress/plugins/members-only/
Das Ding verrammelt das Blog komplett für nicht angemeldet Nutzer. Nutzeraccounts kann ich über unseren Schul-LDAP generieren, allerdings nutze ich das für die Blogs kaum.
2. Members Access
http://www.chrisabernethy.com/wordpress-plugins/member-access/
Dabei bestimmt der Schreiber die Sichtbarkeit nach außen.
Beide Plugins erhalten die RSS-Funktion durch userbezogene Feed-URLs.
Wenn du Interesse hast, kannst du gerne mal in ein Blog hineinschauen.
Moodle ist von den Resourcenanforderungen und von der Wartbarkeit (Updates) zurzeit in meinen Augen eine absolute Katastrophe. Durch den zwingenden Dateisystemlayer bist du in der Wahl deines Hosters bei Weitem nicht mehr so frei wie vorher.… Ich bekomme die Krise, wenn ich Kurse erstellen oder warten muss. Es ist für mich ineffizient – wenn ich dann noch ständig und kontunierlich die Sache in den Unterricht einbinden müsste, würde ich das nicht hinbekommen. Moodle passt nicht zu meiner unstrukturierten Art. MacOS und Windows passen ja auch nicht zu mir…
Lieben Dank, Maik. Sorry, du hast die beiden Plugins ja schon erwähnt, ich erinnere mich, aber ich habe es vergessen.
Dennoch schade, dass es dann eigentlich nur mit selbstaufgesetzten WordPress-Weblogs funktioniert. Mit auf WordPress.com gehosteten funktioniert es dann also nicht, glaube ich.
Mich würde interessieren, ob vielleicht dennoch ein Klassenblog auf WordPress.com möglich ist. Ich könnte zwar selbst (bin ja auch Linux kompetent, auch wenn sicherlich nicht so sehr wie du) eines aufsetzen, hätte aber gerne einen Weg in denen ich den technisch „mittelkompetenten“ Kollegen schulen bzw. ihm einen Weg aufzeigen könnte. Und das geht nicht mit selbstgehosteten Weblogs.
Anbieter von kostenlosen Blogs sind keine Samariter, sondern müssen von irgendwas leben – z.B. von Werbung oder von Inhalten, an denen sie sich bei Nutzung die Verwertungs- und Publikationsrechte sichern – gerade bei ausländischen Anbietern kann das spannend werden.
Im Gegensatz zu Moodle ist der Verwaltungsaufwand für ein WordPress-Blog minimalst, da alles, wirklich alles per Klick geht (Coreupdates, Designs wechseln, Plugins installieren usw.). Das bekommt jeder Mausschubser und Fingerschieber hin.
Ich verlinke hier mal ein Angebot, das sogar einen grafischen Installer für WordPress mitbringt und bei dem der Support auch was taugt:
http://www.netcup-sonderangebote.de/webhosting/business-spezial/
Die Kosten sind „exorbitant“ – im Vergleich zum Freehoster: 1,- Euro/Monat mit de-Domain + 9,90 Euro Einrichtung.
Für den Anfang reicht sowas mehr als aus. Wenn es die ganze Schule sein soll, dann muss man natürlich anders schauen.
Ich hätte da noch ein paar Gutscheine, die die Einrichtungsgebühr um fünf Euro senken… Dieses Blog hier läuft auch auf einem Angebot von Netcup.
Gruß,
Maik
Hallo Maik,
komme erst jetzt dazu hier zu kommentieren, obwohl dein Post schon ein paar Tage alt ist. Deine Einschätzungen zu den genannten Tools teile ich zu einem großen Teil.
In einer Arbeitsgruppe der Medienberater in Niedersachsen diskutieren wir übrigens gerade über die Frage, welche digitalen Lernwerkzeuge geeignet sind. Hättest du nicht mal Lust dazuzukommen, um über deine Erfahrungen zu berichten?
Viele Grüße
Ulf