Weiterentwicklung des Datenschutzes

Das Grund­pro­blem

Schu­le hat aus Sicht des Daten­schut­zes ein gra­vie­ren­des Pro­blem: Per­so­nen­be­zo­ge­ne Daten (Namen, Noten, Fehl­zei­ten usw.) wer­den in der Regel auch auf pri­va­ten Gerä­ten (Note­books, Tablets usw.) ver­ar­bei­tet, deren Soft­ware- und Aktua­li­sie­rungs­stand nicht kon­trol­lier­bar ist. Noch schlim­mer: Wer sich in einem Schul­netz wirk­lich ein­mal die Mühe macht, nach Frei­ga­ben und offe­nen Ports bei ein­ge­buch­ten Gerä­ten zu nut­zen, wird mit Sicher­heit fün­dig werden.

Es gibt beim nor­ma­len Anwen­der in der Regel über­haupt kein Bewusst­sein dar­über, wie die eige­nen Gerä­te zumin­dest mit Bord­mit­teln des Betriebs­sys­tems abge­si­chert wer­den kön­nen. Bei geschlos­se­nen Hard­war­uni­ver­sen wir z.B. bei App­le­pro­duk­ten hät­te er – selbst wenn er es woll­te – nicht ein­mal eine Mög­lich­keit der Absi­che­rung, son­dern ist auf die Vor­ga­ben der App­pro­gram­mie­rer und Gerä­te­her­stel­ler angewiesen.

Das ruft natür­lich jeden auf den Plan, der sich mit tech­ni­schem Daten­schutz beschäf­tigt. Es ist ver­lo­ckend, Schu­len in die­ser Hin­sicht Fir­men gleich­zu­stel­len, die in ihrem eige­nen Inter­es­se schon längst tech­ni­sche Lösun­gen dafür ent­wi­ckelt haben, sen­si­ble Daten zu schüt­zen. Dabei darf nicht ver­ges­sen wer­den, dass Fir­men in der Regel über aus­rei­chen­de finan­zi­el­le und per­so­nel­le Res­sour­cen ver­fü­gen, zum einen die Mit­ar­bei­ten­den hin­sicht­lich der Benut­zung der Fir­men­zu­gän­ge zu schu­len und zum ande­ren nicht nicht in der Ver­le­gen­heit sind, ihre Mit­ar­bei­ten­den mit ent­spre­chen­der Hard­ware aus­zu­stat­ten zu kön­nen und sich um deren Pfle­ge sowie Admi­nis­tra­ti­on zu kümmern.

Die Poli­tik ver­weist bei Kri­tik an die­sem Zustand dar­auf, dass es schließ­lich Sache der Schul­trä­ger sei, in den Schul­net­zen für ent­spre­chen­de Aus­stat­tung und Abhil­fe zu sor­gen. Der Schul­trä­ger wie­der­um kennt Netz­struk­tu­ren nur aus den eige­nen Ver­wal­tun­gen und so nimmt das Unheil dann sei­ne Lauf, wenn tech­ni­scher Daten­schutz z.B. im Rah­men der Ver­ar­bei­tung von Mel­de­da­ten 1:1 auf Schu­len über­tra­gen wird. Da gibt es dann

  • Schul­trä­ger, die den Ein­satz von WLAN gene­rell untersagen
  • Schul­trä­ger, die den Ein­satz von pri­va­ten Gerä­ten in Schul­net­zen gene­rell unter­sa­gen (Nein, das Mobil­funk­netz ist kei­ne Lösung, zumin­dest nicht flächendeckend)
  • Schul­trä­ger, die die Schul­netz­werk­lö­sun­gen und den Sup­port dafür out­sour­cen (z.B. damit oder damit), lei­der aber manch­mal Din­ge wie Fort­bil­dung­kon­zep­te für Lehr­kräf­te ver­nach­läs­si­gen oder eben nicht in die Kal­ku­la­ti­on mit einbeziehen.
  • Schul­trä­ger, die auf­grund ihrer Erfah­rung in den Ver­wal­tun­gen, Hard­ware- und Raum­aus­stat­tungs­kon­zep­te fest vorgeben.

Und wer soll­te ihnen genau das ver­den­ken? An Schu­len gibt es schließ­lich meist nur Anwen­der­kom­pe­ten­zen, die das eige­ne End­ge­rät fokus­sie­ren und nicht Din­ge wie die Kon­zep­ti­on eines gan­zen Net­zes mit sei­ner Infrastruktur.

Die For­de­run­gen des Daten­schut­zes tra­gen in ganz erheb­li­chen Maße zu die­sem Dilem­ma bei.

Kei­ne kla­ren Aussagen

Für ein in mei­nen Augen recht weg­wei­sen­des Pro­jekt habe ich ver­sucht, von vorn­her­ein Daten­schutz­über­le­gun­gen mit ein­zu­be­zie­hen. Ich habe mich bei zustän­di­gen Stel­len erkun­digt und kon­kre­te Fra­gen zu kon­kre­ten The­men gestellt. Was dabei her­aus­kommt? Zwei Juris­ten, ein Tech­ni­ker und 3+n Mei­nun­gen. Dabei bräuch­ten Schu­len, die das The­ma Daten­schutz ernst­neh­men wol­len, drin­gend Unter­stüt­zung, z.B. bei:

  • der For­mu­lie­rung von Nut­zungs­ord­nun­gen im Schulnetz
  • der Fest­stel­lung eines Daten­rah­mens, der dem Gebot der Daten­spar­sam­keit genügt (Gehört der Beruf der Eltern in eine Schulakte?)
  • der For­mu­lie­rung von Nut­zungs­be­din­gun­gen bei der Nut­zung des schul­ei­ge­nen WLAN
  • der For­mu­lie­rung von Ein­ver­ständ­nis­er­klä­run­gen zur Nut­zung von Bil­dern der Schü­le­rin­nen und Schü­lern für die Öffent­lich­keits­ar­beit von Schu­len (eher Urhe­ber­recht, aber das ist nicht weni­ger diffizil)
  • der Auf­stel­lung von Min­dest­stan­dards den tech­ni­schen Daten­schutz betref­fend: Wo steht der Schul­ser­ver? Wie ist er gesichert? […]

Beklagt man das Feh­len von Mus­ter­schrei­ben, so wird immer wie­der dar­auf ver­wie­sen, dass jede Schu­le und jeder Schul­trä­ger indi­vi­du­el­le Vor­stel­lun­gen hat und daher immer auf den kon­kre­ten Fall geschaut wer­den müs­se. Wie soll aber eine Schu­le oder ein Schul­trä­ger etwas leis­ten, was sich über­ge­ord­ne­te Stel­len nicht zutrau­en? So geht es jeden­falls in mei­nen Augen nicht wei­ter. Mir scheint, dass die­ses Dilem­ma den Daten­schüt­zern selbst auch durch­aus bewusst ist. Die Tech­nik ist da noch rela­tiv leicht zu lösen und zu beherrschen.

Kri­tik

Man kann in mei­nen Augen nicht ein­fach etwas vor­ge­ben und ver­lan­gen, für das man selbst kei­ne Kon­zep­te und Modell­pro­jek­te vor­zu­wei­sen hat. Die Akzep­tanz wird gegen Null ten­die­ren und jeder wird in dem Bereich der neu­en Medi­en dann eher machen, was er will, bevor dann gar nichts an Inno­va­ti­on geschieht. Und das läuft den Grund­prin­zi­pi­en und der Inten­ti­on des Daten­schut­zes dann oft dia­me­tral entgegen.

Meine Toilettenregelung dieses Jahr

… im Face­book-AGB-Stil und nur für die Ober­stu­fe. Es klappt eigent­lich auf Anhieb her­vor­ra­gend und wird nicht über­mä­ßig aus­ge­nutzt. Anlass war die Umstel­lung des Unter­richts auf ein rei­nes Doppelstundenmodell.

Toi­let­ten­gän­ge:

  • Du fragst nicht um Erlaub­nis, auf Toi­let­te gehen zu dürfen
  • Du war­test einen pas­sen­den, nicht stö­ren­den Moment ab und gehst dann lei­se aus dem Raum.
  • Du lässt die Tür des Unter­richts­rau­mes beim Hin­aus­ge­hen ange­lehnt, sodass du bei dei­ner Rück­kehr nicht klop­fen musst.
  • Du nutzt dei­ne Abwe­sen­heit ergeb­nis­ori­en­tiert, bleibst also nicht zu lan­ge fort.

Der letz­te Satz ist ein typi­scher Riecken :o)…

Projekt mit dem Waldkindergarten (reloaded)

Ich habe in die­sem Jahr wie­der einen poly­va­len­ten Che­mie­kurs. Das ist ein etwas selt­sa­mes Kon­strukt: Pri­mär geht es um Che­mie, jedoch sol­len auch Inhal­te ande­rer Natur­wis­sen­schaf­ten ein­flie­ßen und es darf nichts aus dem Ober­stu­fen­cur­ri­cu­lum Che­mie behan­delt wer­den. Über­haupt ist die­ser Kurs eine kom­plett cur­ri­cu­lums­freie Lehr­kraf­ter­ho­lungs­zo­ne. Er dient ledig­lich dazu, dass SuS, die bestimm­te Ober­stu­fen­pro­fi­le gewählt haben, ihre Bele­gungs­pflich­ten für das Abitur erfül­len kön­nen – wir sagen dazu „Abde­cker­kurs“. Gleich­wohl sind Noten zu erteilen.

Ich habe den SuS vier Inhal­te ange­bo­ten, u.a. eine Wie­der­be­le­bung mei­nes alten Wald­kin­der­gar­ten­pro­jek­tes, wel­ches kon­kur­renz­los von allen prä­fe­riert wurde.

Da ich mit dem Ablauf damals nicht so ganz zufrie­den war, las­se ich in die­sem Jahr eini­ge Ele­men­te aus dem klas­si­schen Pro­jekt­ma­nage­ment und mei­ne Erfah­run­gen mit Wikis aus dem letz­ten Jahr mit ein­flie­ßen, aber nicht zu viel, um die Trans­ak­ti­ons­kos­ten mög­lichst erträg­lich zu hal­ten – so gebe ich z.B. den ange­speck­ten Pro­jekt­ab­lauf­plan weit­ge­hend vor.

Das sieht dann so aus:

Wochen­tag Dop­pel­stun­de Inhalt
Frei­tag 1 Expe­ri­ment­aus­wahl, Projektaufräge
Frei­tag 2 M1: Pro­jekt­auf­trä­ge vor­stel­len, Mate­ri­al- und Gerä­te­lis­te erstellen
Mitt­woch 3 Expe­ri­ment selbst durch­füh­ren, ggf. optimieren
Frei­tag 4 Fei­er­tag
Frei­tag 5 Expe­ri­ment selbst durch­füh­ren, ggf. optimieren
Mitt­woch 6 Beschrei­bung zum Ver­suchs­auf­bau erstellen
Frei­tag 7 Beschrei­bung zum Ver­suchs­auf­bau erstellen
Frei­tag 8 M2: Abga­be Beschrei­bung zum Versuchsaufbau
Mitt­woch 9 Prä­sen­ta­ti­on für den Kurs Grup­pe A
Frei­tag 10 Prä­sen­ta­ti­on für den Kurs Grup­pe B
Frei­tag 11 Prä­sen­ta­ti­on für den Kurs Grup­pe C
Frei­tag 12 Opti­mie­rung und Bezü­ge zu ande­ren Experimenten
Mitt­woch 13 Opti­mie­rung und Bezü­ge zu ande­ren Experimenten
Frei­tag 14 M3: Wald­kin­der­gar­ten­be­such
Frei­tag 15 Aus­wer­tung und Feedback
Mitt­woch 16 Über­ar­bei­tung Beschreibungen
Frei­tag 17 Über­ar­bei­tung, weih­nacht­li­cher Abschluss
Mitt­woch 18
Frei­tag 19
Mitt­woch 20
Frei­tag 21
Frei­tag 22
Mitt­woch 23

 

Zwei Dop­pel­stun­den hat­ten wir schon (nor­ma­ler­wei­se steht da ein Datum). Wer noch nie einen Pro­jekt­auf­trag gese­hen hat, fin­det hier eine Vor­la­ge. In Fett­druck sind die Mei­len­stei­ne bezeich­net – die­se geben mehr oder weni­ger vor, bis zu wel­chen Zeit­punkt ein Zwi­schen­ziel erreicht sein muss. Ein Pro­jekt­auf­trag ist eine gute Grund­la­ge, um sich dar­über klar zu wer­den, was man über­haupt mit einem Pro­jekt errei­chen möch­te. Vor allem die Pro­jekt­ri­si­ken sind dabei für mich von beson­de­rem Inter­es­se – mög­li­che Risi­ken sind z.B.:

  • Moti­va­ti­ons­ver­lust
  • Unter­schied­li­ches Enga­ge­ment in der Kleingruppe
  • fach­li­che Überforderung
  • […]

Man kann dann im Vor­we­ge dar­über reden, wie man den Risi­ken begeg­net (die SuS haben viel Erfah­rung mit gelun­ge­nen und weni­ger gelun­ge­nen Gruppenarbeitsprozessen).

Die in der ers­ten Pha­se zen­tra­le Beschrei­bung des Ver­su­ches besitzt fol­gen­de Struktur:

  • Grup­pen­mit­glie­der
  • Pro­jekt­auf­trag (Ver­lin­kung auf Datei)
  • Benö­tig­te Geräte
  • Benö­tig­te Chemikalien
  • Durch­füh­rung
  • Doku­men­ta­ti­on der eige­nen Durchführung
  • Theo­re­ti­scher Hin­ter­grund (gym­na­si­al)
  • War­um ist das Expe­ri­ment für Kin­der geeignet?
  • Kind­ge­rech­te Erklärung
  • Was kann das Kind bei dem Expe­ri­ment über Che­mie lernen?

Es wird im Unter­richt immer ein fes­tes Ritu­al in Form eines Ple­nums geben, in dem die Grup­pen fol­gen­de Aspek­te berichten:

  1. Was haben wir heu­te erreicht?
  2. Wel­che Pro­ble­me gab es dabei?
  3. Was ist in nächs­ten Zeit zu erledigen?

In der Prä­sen­ta­ti­ons­pha­se schlüpft das Ple­num in die Rol­le von Kin­der­gar­ten­kin­dern und Beob­ach­tern, wäh­rend jeweils ein Expe­ri­ment tat­säch­lich durch­ge­führt wird. Dabei tau­chen erfah­rungs­ge­mäß Pro­ble­me auf, an die auch ich vor­her nicht gedacht hät­te – vor allem auch Koope­ra­ti­ons­mög­lich­kei­ten zwi­schen Gruppen.

Nach dem Besuch der Kin­der erfolgt eine letz­te Refle­xi­on, die fol­gen­de Ele­men­te umfasst:

  • Rück­mel­dung der Kin­der (muss auch vor­be­rei­tet werden)
  • Rück­mel­dung der Kurs­teil­ge­ben­den an mich und mei­nen Unterrichtsstil
  • Über­le­gun­gen zur Wei­ter­ar­beit, z.B. mit Grundschulkindern

Gesam­melt und erle­digt wer­den alle Arbeits­schrit­te in einem nicht­öf­fent­li­chen Doku­Wi­ki. Uns ste­hen in der Che­mie acht Lap­tops für die ernst­haf­te Arbeit und eini­ge Nexus7-Tablets für Recher­che und Zuar­beit zur Ver­fü­gung. Natür­lich gibt es LAN- und WLAN-Ver­sor­gung, sodass auf Tot­holz weit­ge­hend ver­zich­tet wer­den kann.

 

 

 

Transaktionskosten (Weltverbessererfehler)

In den Feri­en habe ich mich etwas mit Wirt­schafts­theo­rie, genau­er der Trans­ak­ti­ons­kos­ten­theo­rie beschäf­tigt. Dar­über könn­te man jetzt viel schrei­ben und eini­ge Zita­te brin­gen. Ich beschrän­ke mich dabei jedoch auf eini­ge Bei­spie­le, mit denen ich

  1. zei­gen will, was Trans­ak­tio­nen in Bezug auf Schu­le und Bera­tungs­sys­te­me sein könnten
  2. viel dar­über nach­ge­dacht habe, inwie­weit mei­ne Arbeit als Lehr­kraft und medi­en­päd­ago­gi­scher Bera­ter wirk­sam ist, bzw. wie sich die­se Wirk­sam­keit opti­mie­ren lässt

Die Gedan­ken dazu sind etwas kom­ple­xer, daher wird das min­des­tens ein zwei­tei­li­ger Arti­kel – also bit­te etwas Geduld, wenn nicht sofort auf die Ein­gangs­punk­te komme.

Ver­ein­facht neh­me ich ein­mal an, dass in mei­nem Umfeld Trans­ak­tio­nen vor allem mit „Kom­mu­ni­ka­ti­ons- und Abstim­mungs­be­darf“ gleich­zu­set­zen sind.

 

Trans­ak­ti­ons­kos­ten und Hierarchie

Der Zukunfts­for­scher Max Horx ver­deut­licht in sei­nem Buch des Wan­dels das Prin­zip der Trans­ak­ti­onkos­ten am Bei­spiel einer wach­sen­den Firma.

Zuerst besteht die­se nur aus zwei Per­so­nen, die alles machen, sich schnell abstim­men und extrem fle­xi­bel auf Markt­an­for­de­run­gen und Wün­sche reagie­ren kön­nen. Bald gibt es jedoch so vie­le Kun­den, dass zwei Per­so­nen deren Betreu­ung nicht mehr allein zu rea­li­sie­ren ver­mö­gen.  Also wer­den mehr Mit­ar­bei­ten­de ein­ge­stellt. Der Geist der Fir­ma – die offe­ne Kom­mu­ni­ka­ti­on (Kom­mu­ni­ka­ti­on ist eine Form der Trans­ak­ti­on) – soll aber erhal­ten blei­ben. Schon mit zwei wei­te­ren Mit­ar­bei­ten­den steigt dadurch der Zeit­auf­wand, um alle zu allen Details zeit­nah zu infor­mie­ren, solan­ge die Hier­ar­chie flach bleibt. Bald sind die bei­den ehe­ma­li­gen Grün­der einen Groß­teil ihrer Zeit nur noch damit beschäf­tigt, Kom­mu­ni­ka­ti­ons­ab­läu­fe für ihre Fir­ma zu rea­li­sie­ren – die Trans­ak­ti­ons­kos­ten steigen.

Eine stark aus­ge­präg­te (stei­le) Hier­ar­chie hin­ge­gen senkt genau die­se Trans­ak­ti­ons­kos­ten, da die Mit­ar­bei­ten­den eben „zu machen“ und nicht abzu­stim­men haben. Nicht umsonst sind z.B. unse­re Not­stands­ge­set­ze nicht demo­kra­tisch aus­ge­rich­tet: Im Kata­stro­phen- oder Kriegs­fall sind Dis­kus­sio­nen oder Beneh­mens­her­stel­lungs­pro­zes­se viel zu lang­sam. Die Trans­ak­ti­ons­kos­ten müs­sen dann unter allen Umstän­den mini­miert wer­den. Auto­ri­tä­re Sys­te­me funk­tio­nie­ren hier am bes­ten, jedoch nur, wenn eine zwei­te Kom­po­nen­te mit ins Spiel kommt: Das Vertrauen.

 

Trans­ak­ti­ons­kos­ten und Vertrauen

Als Jugend­lei­ter bin ich ich ein­mal auf einem gro­ße däni­schen See in eine bedroh­li­che Lage gekom­men. Selbst einen schwer bela­de­nen Kana­di­er mit zwei Teil­neh­men­den an Bord als Steu­er­mann in mei­ner Ver­ant­wor­tung muss­te ich mit anse­hen, wie ein ande­res Boot mit zwei Jun­gen in schwe­rem Wel­len­gang zu ken­tern droh­te und auch schon Was­ser genom­men hat­te. Es war kalt, win­dig und die ande­ren Boo­te waren längst außer Sicht. Die bei­den Jun­gen woll­ten völ­lig ver­ängs­tigt aus dem Boot sprin­gen und an Land schwim­men (Sumpf­ge­biet). Ich hat­te nicht die Zeit für Trost, nur noch für Auto­ri­tät und sehr har­te Wor­te. Die Situa­ti­on ließ sich meis­tern, weil ich die Trans­ak­ti­ons­kos­ten sen­ken konn­te und weil die bei­den Jun­gen mir blind ver­traut haben – mehr als ihren eige­nen Gefüh­len und Kör­pern. Ich sage heu­te noch oft schmun­zelnd, dass ich damals mit lin­ken Anar­chis­ten kom­plett abge­sof­fen wäre.

 

Zwi­schen­fa­zit

  1. Trans­ak­ti­ons­kos­ten stei­gen mit der Grö­ße eines Systems
  2. Trans­ak­ti­ons­kos­ten stei­gen, je fla­cher Hier­ar­chien sind
  3. Eine aus­ge­präg­te Hier­ar­chie senkt Transaktionskosten
  4. Ver­trau­en senkt Transaktionskosten

 

Bei­spie­le

  1. Die (Bundes-)Piratenpartei ist groß, strebt eine mög­lichst fla­che Hier­ar­chie an und ver­traut ihren Reprä­sen­tan­ten nicht oder nur wenig. Sie wird an ihren Trans­ak­ti­ons­kos­ten kollabieren.
  2. Das Inter­net ist zunächst dazu geeig­net, Trans­ak­ti­ons­kos­ten (z.B. Zwi­schen­händ­ler­sys­te­me, Mei­nungs­gate­kee­per usw.) zu sen­ken, jedoch sehr groß und noch recht flach von sei­ner Hier­ar­chie her. Das mit dem Ver­trau­en schwankt so.

 

Trans­ak­ti­ons­kos­ten und Schule

Schu­le ist bezo­gen auf die­se Theo­rie sehr para­dox: Einer­seits haben wir eine deut­lich aus­ge­präg­te Hier­ar­chie in der Schul­struk­tur. Ander­seits ver­sucht gera­de die­ses Sys­tem, Aspek­te mit hohen oder schwer kal­ku­lier­ba­ren Trans­ak­ti­ons­kos­ten an die ein­zel­nen Schu­len selbst zu dele­gie­ren (z.B. Daten­schutz, Aus­ge­stal­tung der Cur­ri­cu­la, Qua­li­täts­ma­nage­ment, Inklu­si­on usw.). Das Ver­trau­en in die Kul­tus­bü­ro­kra­tie scheint mir dabei gleich­zei­tig nicht beson­ders hoch zu sein. Laut der Trans­ak­ti­ons­kos­ten­theo­rie müss­te die­ses Sys­tem also eigent­lich kol­la­bie­ren. Mir ist auch immer wie­der ein Rät­sel, war­um das nicht geschieht, aber im Kern scheint es etwas mit der grund­sätz­lich auto­kra­ti­schen Orga­ni­sa­ti­on von Schul­struk­tu­ren zu tun zu haben.

Mei­ne Hypo­the­se ist, dass das Sys­tem Schu­le mitt­ler­wei­le zusätz­li­che Trans­ak­ti­ons­kos­ten zehn Mei­len gegen den Wind rie­chen kann und bestrebt ist, eben­die­se unter allen Umstän­den mög­lichst nied­rig zu hal­ten. Gleich­zei­tig bewahrt es bestehen­de Sys­te­me mit extrem hohen, aber eben durch die Jah­re kal­ku­lier­bar gewor­de­nen Trans­ak­ti­ons­kos­ten um fast jeden Preis, z.B. eine bestimm­te Kon­fe­renz­kul­tur, die im Wesent­li­chen oft nur Zeit verbrennt.

Wer Ver­än­de­rungs­pro­zes­se initi­ie­ren möch­te, muss im Blick haben, dass er gleich­zei­tig neue, noch nicht kal­ku­lier­ba­re Trans­ak­ti­ons­kos­ten erzeugt („Ja, aber das mit den Medi­en muss aber in ein Gesamt­kon­zept!“), und gleich­zei­tig auch noch ande­re, von den Kos­ten her „sicher“ kal­ku­lier­ba­re Sys­te­me bedroht („Ja, aber über Aus­hän­ge kom­mu­ni­ziert man doch total inef­fi­zi­ent!“). Dar­aus erge­ben sich für mich Kon­se­quen­zen für mein Ver­hal­ten als Bera­ter. (Fort­set­zung folgt)

 

Offener Brief zum Arbeitszeitdebatte in Niedersachen

Haben wir einen siche­ren Arbeits­platz? Ja. Ver­die­nen wir im euro­päi­schen Durch­schnitt als Lehr­per­so­nen gut: Ja. Gibt es unter uns Men­schen, die ihre Arbeit schlecht machen: Ja. Haben wir viel Urlaub. Ja (wenn wir unse­re Arbeit schlecht machen). Ist das Stun­den­de­pu­tat von Gym­na­si­al­leh­re­rin­nen und ‑leh­rern auch nach der Erhö­hung eines der nied­rigs­ten bun­des­weit? Ja. […]
Ers­te für mich span­nen­de Fra­ge: Wie vie­le unse­rer Pri­vi­le­gi­en müs­sen abge­baut sein, damit Pro­test­for­men von Lehr­kräf­ten öffent­lich als legi­tim wahr­ge­nom­men werden?
Vor mehr als zehn Jah­ren haben mei­ne Ver­bän­de eine Ver­ein­ba­rung mit mei­nem Dienst­her­ren getroffen:

„Alle unse­re Mit­glie­der arbei­ten zwei Stun­den mehr und bekom­men sie zu einem Stich­tag dann wie­der ver­gü­tet. In der Ver­gü­tungs­pha­se gibt es kei­ne Arbeitszeiterhöhungen.“

Wir sind jetzt in der Ver­gü­tungs­pha­se, die sich durch die Ein­füh­rung des heu­te schon wie­der obso­le­ten G8-Ein­füh­rung bereits nach hin­ten ver­scho­ben hat.
Ich bin ein „junger“ Leh­rer mit mei­nen 40 Len­zen und bekom­me durch die Arbeits­zeit­er­hö­hung net­to noch eine Stun­de zurück. Mir gegen­über sitzt ein „alter“ Leh­rer, der durch die Strei­chung der Alters­er­mä­ßi­gung in der Ver­gü­tungs­pha­se jetzt bis zu drei Stun­den mehr arbei­ten muss, also im Extrem­fall eine Stun­de drauf­legt. Ich den­ke, dass wir bei­de unse­re Arbeit gut machen.
Mög­lich wird das recht­lich dadurch, dass die dama­li­ge Ver­ein­ba­rung auf Basis einer Ver­ord­nung und nicht eines Ver­tra­ges umge­setzt wor­den ist – dazu gehör­te m.E. viel Ver­trau­en sei­tens der Verbände.
Ich rede nicht von einer Unter­richts­stun­de. Die „Unsitte“ der unbe­zahl­ten Über­stun­den gibt es in ande­ren Arbeits­be­rei­chen schließ­lich auch. Ich fin­de es wich­tig, dass eine Ver­ein­ba­rung eine Ver­ein­ba­rung ist.
Das gibt mir die Sicher­heit, mit mei­nem Dienst­her­ren auf lan­ge Sicht ver­trau­ens­voll zusam­men­ar­bei­ten zu kön­nen. Die­ses Ver­trau­en trägt zu mei­ner Zufrie­den­heit mit mei­nem Beruf bei.
Ich habe jetzt Angst: Was ist, wenn mein Dienst­herr wei­te­re Refor­men, etwa die in mei­nen Augen über­fäl­li­ge und wich­ti­ge Inklu­si­on ähn­lich restrik­tiv und rasch  umsetzt, weil er ja aus der Leh­rer­schaft kei­nen nen­nens­wer­ten Wider­stand zu erwar­ten hat?
Immer­hin gibt es ja bei uns Beam­ten kei­ne zuläs­si­gen Arbeits­kampf­mit­tel wie z.B. ein Streik­recht. Des­we­gen bin ich in einer beson­de­ren Abhän­gig­keit zu mei­nem Dienst­herrn und des­we­gen hat die­ser das Gebot der soge­nann­ten Fürsorgepflicht.
Machen wir also jetzt genau das, was Dienst­herr, Eltern, Schü­le­rin­nen und Schü­ler sich wün­schen: Nichts. Strei­chen wir kei­ne Klas­sen­fahr­ten, Exkur­sio­nen, AGs, belas­sen wir es bei Appel­len, Leser­brie­fen, Men­schen­ket­ten außer­halb der Dienst­zeit und des Schul­ge­län­des. Oder: Arbei­ten wir ein­fach mehr.
Davon pro­fi­tie­ren wir alle: Wir Lehr­kräf­te machen uns nicht unbe­liebt, der Arbeits­kampf tut nie­man­dem weh, wir han­deln als Pädagogen.
Wie wird sich die­se Hal­tung auf Dau­er auf Schul­qua­li­tät, Zufrie­den­heit mit dem Beruf, die per­so­nel­le Aus­stat­tung von Schu­len und die Attrak­ti­vi­tät mei­nes heiß­ge­lieb­ten Berufs für enga­gier­te jun­ge Men­schen auswirken?
Die­se Fra­ge fin­de ich des­we­gen span­nend, weil mir die mir künf­tig anver­trau­ten Men­schen heu­te schon am Her­zen lie­gen. Übri­gens aus purem Eigen­nutz. Ich habe Kinder.

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