Beobachtungen aus Digitalien
Einleitung
Mich machen aktuelle Entwicklungen rund um das Thema Digitalisierung von Schulen nachdenklich. Es sind Themen, die mich in meiner Arbeit unmittelbar betreffen und auch viel Zeit in der Kommunikation kosten.
Das Fach Informatik
Ich habe mich schon mehrfach an diesem Thema abgearbeitet. Ich bin relativ verwundert, wie das Fach Informatik von vielen immer wieder geframed wird. Die mildeste Variante ist die Gleichsetzung von Informatik und Programmieren („Es muss ja nicht jeder Programmierer werden!“). Die kurioseste ist die Unterstellung, das Fach Informatik würde lobbyistisch in Schule positioniert, um verwendbare Arbeitskräfte für den Digitalstandort Deutschland zu gewinnen.
Funfact dabei: Es gibt Forderungen der deutschen Gesellschaft für Informatik aus den 80er Jahren, die sich ziemlich genau mit den Kompetenzbeschreibungen des KMK-Strategiepapiers „Bildung in der digitalen Welt“ decken, das wiederum Vorlage für zahlreiche länderspezifische Kompetenzvorgaben für den Bereich Medienbildung ist. Die Eltern der heutigen Medienkompetenzpapiere sind – überspitzt formuliert – die Informatiker. Informatik und ethische Fragen sind eng miteinander gekoppelt – daher gibt es im Dagstuhl-Dreieck auch die Dimension „Wie wirkt das?“. Ich habe mit Stiftungen zu tun, die informatische Bildung fördern wollen und an Lobbyismusvorwürfen zerschellen.
Bezeichnenderweise kommt viel Kritik von Stiftungen großer Konzerne an der Umsetzung momentanen Kompetenzorientierung an Schulen („Huch? Wie kann das sein, wo doch die Kompetenzorientierung schnell mit wirtschaftlicher Verwendbarkeit gleichgesetzt wird?“). Bezeichnenderweise fordern einige mir bekannte Stiftungen, dass der Staat z.B. Stellen-Kontingente von Beratungsangeboten für Schulen ausbaut und seiner Verantwortung auch z.B. beim schulische Support und bei der Lehrkräftequalifizierung nachkommt. Man fragt, wie und auf welchen Ebenen man helfen kann.
Natürlich besteht in der Wirtschaft ein starkes Interesse an informatisch vorgebildeten Menschen, weil man ansonsten auf anderen Arbeitsmärkten fischen oder Dienstleistung an Cloudanbieter auslagern muss. Dabei geht es auch um die Unabhängigkeit des Wirtschaftsstandorts Deutschland. Aber das ist nur die halbe Miete.
Da erlauben z.B. politische Gremien innerhalb Europas die Fusion von Facebook und WhatsApp, weil konzernseitig „glaubhaft“ versichert wird, dass eine Integration der Daten technisch nahezu unmöglich ist. Mit Grundkenntnissen über Datenstrukturen wäre diese Fehlgriff nicht passiert. Da werden Onlinewahlverfahren als technisch sicher deklariert, wobei es neben der technisch sicheren Abwicklung noch um ganz andere Fragen geht – wie Erfahrungen aus den Niederlanden zeigen. Da nützt auch die Blockchain nichts. Es sind Informatiker, die hier warnen und die Vorzüge der Papierwahl herausstellen.
Es wird für Informatik etwas weichen müssen. Es ist schade, dass andere Stiftungen mit anderen Themengebiete nicht über die Möglichkeit verfügen, im selben Maß Projekte aufzulegen. Es könnte daran liegen, dass das Thema drängt und andere Themengebiete im Bildungssystem bereits länger etabliert sind. Bildungsbürgerlich sind Kunst- oder Musikprojekte natürlich viel charmanter, aber ich mag nicht darüber nachdenken, was durch Bläser- und Streicherklassen die Musikinstrumentenhersteller an Umsatzsteigerungen erzielen.
Für mich sind informatische Grundkenntnisse und Mündigkeit im digitalen Zeitalter sehr eng miteinander verbunden. Medienpädagogische Themen haben eine mindestens ebenso große Bedeutung, werden aber ein wünschenswertes fachliches Niveau verfehlen, wenn sie nicht durch informatische Kenntnisse unterfüttert sind. Ohne die Arbeit unabhängiger Informatiker: Was wüssten wir als Gesellschaft heute wohl über Datenskandale und Datenmissbrauch? Wer Informatik als schulisches Thema bekämpft, wird m.E. vor allen einen immensen Verlust an emanzipatorischer Fähigkeit in der nachfolgenden Generation mit zu verantworten haben. Ich freue mich, wenn ich unrecht behalten sollte.
Lobbyismus
Staatliche Projekte zum Bereich Schule und Digitalisierung stehen zunehmend unter Beobachtung von Lobbygruppen, z.B. Lehrerverbänden – meist aus dem eher linken Spektrum. Über das Informationsfreiheitsgesetz ist es nach rechtlicher Prüfung möglich, tiefere Einblicke in die Genese eines Projektes zu erhalten, vor allem im Bereich der Mittelvergabe oder dem Ausschreibungsmodalitäten. Das ist ein wichtiger Beitrag zu demokratischer Transparenz. Bei den momentan laufenden Verfahren ergeben sich immer rechtlich nicht vollständig abgesicherte Aspekte. Das hat in meiner Wahrnehmung vor allem mit fehlenden Planungskapazitäten und Aufgabenhäufung zu tun – Überlaste Menschen wollen schnelle Lösungen – das kennen wir auch aus anderen Kontexten. Die Fehler, die dabei zwangsläufig entstehen, möchten Lobbyverbände gerne aufdecken und für transparente Prozesse sensibilisieren, damit die Einflüsse kommerzieller Player auf das Schulsystem begrenzt bzw. eingedämmt werden.
Leider geht das komplett schief und mündet letztlich in einer Stärkung genau dieser Einflussnahme Dritter. Aufgeschreckt durch Anfragen dieser Art, ziehen sich staatliche Organisationen aus Kooperationen mit Dritten entweder zurück oder prüfen das weitere Vorgehen. Der Beratungsbedarf an Schulen und bei Trägern – gerade im Kontext des Digitalpaktes – ist immens, ebenso der Fortbildungsbedarf der Lehrkräfte. Da durch den Digitalpakt auch Beratungsleistungen Externer förderfähig sind (so lange sie keine stetigen Begleitmaßnahmen darstellen), werden Träger auf genau diese Angebote zurückgreifen. Da der Bedarf an Fortbildungen an Schulen sehr groß sind, werden sich diese am freien Markt bedienen und die Disfunktionalität staatlicher Organisation beklagen. Das sind keine Hirngespinste – das geschieht nach meiner Wahrnehmung bereits. Zusätzlich wird die Arbeit in diesen Organisationen für kompetente Menschen zunehmend unattraktiv. Da nützen irgendwann auch Aufstockungen von Stellen und Stundendeputaten nichts mehr. Sie müssen mit ansehen, wie andere losgelöst von Verwaltungsvorschriften und Vorgaben Dinge umsetzen, während von ihnen selbst verlangt wird, sich maximal transparent und neutral zu verhalten und dabei bitteschön ganzheitlich und systemisch zu denken. Staatliche Organisationen sind sowieso meist nicht konkurrenzfähig bei der Gewinnung dringend benötigter Fachkräfte.
Gehäufte Anfragen im Zuge des Informationsfreiheitsgesetzes begünstigen und beschleunigen damit paradoxerweise eine Entwicklung, die durch sie im Kern eigentlich verhindert werden soll. Sie sind natürlich objektiv wichtig und demokratisch von Bedeutung.
Die Initiatoren sollten sich darüber im Klaren sein, welche Seiteneffekte durch sie mit ausgelöst werden. Ich bin mir nicht sicher, wie aufgeschlossen Politik in Ländern mit bisher fehlenden Informationsfreiheitsgesetzen sein wird, ein solches voranzutreiben, wenn Anfragen gewisse Detailgrade dauerhaft überschreiten und dadurch immense Personalkapazitäten binden. „Das Schreiben von ein bis zwei Sätzen dauert doch nicht so lange!“ Nein – natürlich nicht, aber dadurch dass man immer einen „offiziellen Status“ einer Auskunft wünscht, hat man als Beifang immer eine Menge juristischer und verwaltungstechnischer Prozesse mit dabei.
Gute Leute haben weiterhin heute im Digitalbereich die Wahl: Sie können sich altruistisch und transparent in staatlichen Organisation engagieren und sich in ständigem Rechtfertigungszwang sehen oder sie können das in kommerziellen Kontexten tun, in denen Geldflüsse nicht transparent gemacht werden müssen und weitaus mehr Freiheiten in der Arbeit bestehen – um den Preis, Nachhaltigkeit wirtschaftlich nicht abbilden zu können. Das darf dann der Staat aufsammeln.
Kritik an digitalen Graswurzelprojekten in Schule
Neulinge, die sich in ihrem Unterricht an digitale Themen heranwagen UND darüber auch noch öffentlich berichten (beides große Schritte!), sehen sich oft Nachfragen ausgesetzt. Ich bin auch so einer, der durch einen schnell rausgehauenen Tweet achtlos jemanden versenken kann. Twitter ist kompliziert, inhomogen und manchmal launig. Auch daran habe ich mich schon abgearbeitet.
Auch ich sehe große Gefahren, dass es bei der Stufe „Technik ahmt das Alte nach bzw. verstärkt es auch noch“ schlicht stehen bleibt, weil uns als Staat noch schlicht die Ressourcen fehlen, weiter zu begleiten und mir als Lehrkraft vielleicht oft der Wille fehlt, nicht „abzuhaken“, sondern prozesshaft mit Zielperspektive dranzubleiben. Technik- und Appschulungen sind nur dann der erste Schritt, wenn im Nachklang weiter reflektiert und begleitet wird.
Wiederholung: Sie verleiten nach meiner Erfahrung ohne weitere (und kommerziell kaum sinnvoll abbildbare) Begleitung dazu, dass das Thema „Digitalisierung“ schnell abgehakt wird – man setzt ja nun Geräte ein und ist deswegen eben digital. Ich rede hier nicht von Leuchttürmern – und auch deren Lampe ist gelegentlich bei genauerem Blick ziemliche trübe – die meisten „guten“ Schulen leuchten nicht nach außen, die machen einfach und konzentrieren sich auf sich.
Technik- und Appschulungen sind aber momentan genau das, was eine breitere Masse leisten kann und was massiv nachgefragt wird (und womit man auch gut Knatter machen kann). Mein Visionszeug erntet heftiges Nicken, so wie in den meisten Kontexten auch die Aussage „Flugreisen sind Mist“ heftiges Nicken ernten würde. Danach den salbungsvollen Worten aus Rieckens Vortrag steigt man vielleicht dann in den Flieger nach Bali oder schreibt sogar (in Einzelfällen!) weiter brav systemgefälliges Substitutionstechnikgedöns in das schuleigene Medienbildungskonzept. Das meint niemand persönlich. Ist halt so.
Bei Kritik gibt es für mich daher immer mehrere Fragen:
- Ist sie logisch und sachlich begründet?
- Wird sie auch auf der Sachebene wahrgenommen?
- Ist sie geeignet, Reflexionsprozesse auszulösen?
Für Kritik ist Kriterium 1 notwendig. Hinreichend wird sie für mich aber erst durch die Kriterien 2 und 3. Wenn man allein auf dem notwendigen Kriterium beharrt, geht es bei der Kritik eben darum, Kritik zu üben und nicht darum, durch Kritik etwas zu verändern. Hart, aber so ist das in meinen Augen heute. Und wenn ich ehrlich bin, habe ich auch gelegentlich Tendenzen etwas zu benörgeln des Benörgelns willen. Warum ich das tue? – „Guck, mal, was ich kann!“ (Anleihe aus den Känguruh-Apokryphen).
Was alle drei Ansätzen m.E. fehlt
… das ist vernetztes Denken, also ungefähr die Grundlage der 4K. Wir stellen oft unsere Interessen und unsere Themen in den Mittelpunkt ohne das systemische Moment zu sehen. Davon nehme ich mich nicht aus, obwohl mir ja auch gerne unterstellt wird, mich immer als neutral zu inszenieren, es aber im Grunde nicht zu sein. Naja. Dieser Artikel ist ja tendenziell nicht neutral.
Lieber Maik,
Du wirst mit einem Kommentar von mir gerechnet haben. Hier kommt er… :-)
Du schreibst, dass die „kurioseste Unterstellung“ sei, dass das Fach Informatik mit dem Blick auf „verwendbare Arbeiotskräfte“ gefordert werde. Für so kurios halte ich das gar nicht – auch, wenn natürlich betont werden muss, dass dies nicht der einzige Grund ist und es auch durchaus gute Gründe für wie gegen ein solches Fach gibt. So überschreibt der Branchenverband Bitkom (um mal nur ein Beispiel zu nehmen) eine Pressemitteilung mit: „55.000 Jobs für IT-Spezialisten sind unbesetzt“. Um dann im Fazit zu Folgendem zu kommen: „Der Bitkom setzt sich dafür ein, im Bildungssystem den Erwerb von Digitalkompetenzen in den Vordergrund zu rücken sowie Arbeitsrecht und Sozialsysteme grundlegend auf den digitalen Prüfstand zu stellen, etwa indem starre Vorschriften zur Arbeitszeit flexibilisiert werden. Um den Fachkräftemangel zu begegnen, fordert der Bitkom ergänzend zu einer besseren Aus- und Weiterbildung…“
Der Kritik an Stiftungen, die aufgrund ihrer Finanzmacht und ‑mittel Einfluss zu Gunsten der Ideale und Ziele ihrer Stifter aufs Bildungssystem oder einzelne Schulen nehmen wollen, begegnest Du damit, dass diese fordern würden, dass der Staat (fett gedruckt) etwas bestimmtes tue. Nun, das ist ja nunmal die Grundkonstellation von Lobbyismus: Jemand möchte, dass der Staat dieses oder jenes tut, was den eigenen Interessen/Absichten entspricht (der Klassiker ist es, wenn jemand möchte, dass ein Gesetz mit einer bestimmten Wirkung/Nichtwirkung formuliert wird). Beim Lobbyismus in Schule geht es dann u.a. darum, dass jemand möchte, dass etwas nach seinen eigenen Interessen in Schulen platziert, durchgeführt, verankert usw. wird. Entscheidend ist nun aber – und da missverstehst Du aus meiner Sicht die Kritik – wie dies dann getan wird. Denn in einem demokratischen Bildungssystem, dass nach dem Grundgesetz unter staatlicher Aufsicht steht, sollte eben nicht einfach mal jeder machen, was ihm gefällt. Und es ist schon gar nicht mehr demokratisch, wenn derjenige sich diese Möglichkeit aufgrund von Finanzmacht erkauft. Endgültig problematisch wird es aber dann, wenn derjenige dann in einem staatlichen Bildungssystem aufgrund seiner Finanzmacht bestimmte Impulse zu setzen meint und darüber keinerlei Transparenz (z.B. die eingesetzten Finanzmittel) herstellt oder diese einschränkt bzw. erschwert. Es geht bei der Kritik also nur zu einem Teil darum, DASS Stiftungen derart auftreten – sondern zu einem sehr großen teil darum, WIE sie agieren.
Und der dritte Aspekt:
Wenn wir als Gesellschaft, Staat, Politik feststellen und einig werden, dass wir die Digitalisierung in Schulen mehr berücksichtigen und curricular verankern müssen, dann müssen wir uns auch darüber bewusst sein, dass das etwas kostet. Um zu erfahren, was das kostet und kosten wird, brauchen wir eigene (!) Experten – und eben keine Bitkoms, Bertelsmänner und Co. Diese experten sind unsere staatlichen Medienzentren und ‑berater in den Ländern. es ist also unabdingbar aus meiner Sicht, dass diese vollumfänglich aufschlüsseln, was sie für ihre Arbeit brauchen. Dass diese transparent machen, wie teuer Fortbildungen, Veranstaltungen, Beratungen usw. sind. Diese sind es auch, die wir brauchen, um zu erfahren, was an den Schulen benötigt wird. Und diese sind es, die in ihrem professionellen Überblick über die Angebote des Marktes mit pädagogischer und didaktischer Expertise beraten können, was und wie wir eben diesen demokratisch legitimierten Wunsch nach mehr Digitalisierung in den Schulen realisieren/umsetzen können.
Parallel darf es natürlich nicht passieren, dass kommerzielle Akteure diesen scheinbaren „Markt“ erschließen. eine einzelne Schule oder gar Lehrkraft sollte eben genau diesen kurfristigen Schritt nicht tun, sich einem Konzern anzudienen und deren „Expertise“ in Anspruch nehmen. Denn dadurch gewinnt die Schule nur sehr kurzfristig etwas, macht sich aber mittelfristig abhängig und zerstört langfristig das staatliche System der Medienzentren und ‑beratungen. Es ist also nicht die Transparenz das Problem. Sondern die Vorstellung und womöglich sogar der Wunsch mit allen seinen praktischen Folgen, dass Schulen und das Schulsystem ein „Markt“ wie jeder andere sei, auf dem sich eben der schnellste/agilste durchsetzt und die anderen verdrängen kann. Wenn also eine Schule hingeht, und diesen „Markt“ zu eröffnen meint, indem sie dieses Spiel mitspielt, lassen wir uns auf eine Ökonomisierung der Schulen ein, die Schulen absehbar und sehenden Auges in Abhängigkeiten treibt, die wir nicht wieder eingefangen kriegen. Denn wenn der Staat (in diesem Fall mit seinen Medienzentren und ‑beratern) seine eigene Expertise aufgibt oder verliert, werden wir diese so schnell nicht wiedererlangen und damit absehbar auf eben diese Dritten (siehe oben) angewiesen sein.
Ich plädiere daher dafür, dass die staatlichen Organisationen sich von sich aus maximal transparent machen – aus mehreren Gründen:
Sie können damit ein Vorbild und Exempel für eben diese interessengesteuerten (teilweise pseudo)gemeinnützigen Akteure sein, dies ebenfalls tun zu müssen. Und die staatlichen Organisationen würden damit Einblick gewähren und auch begründen können, was diese Digitalisierung in den Schulen kostet und was noch gebraucht wird. Nur so können sie dann auch die notwendige und Unterstützung (im Rahmen unserer demokratischen Beteiligungsstrukturen) bekommen. Sind es sonst nicht eher die staatlichen Organisationen selber, die den Dritten den Markt öffnen, wenn sie selber sich nicht offen verhalten? Was bringt es, durch die Gegend zu laufen und beklagen, dass niemand wisse, wie teuer doch z.B. groß angelegte Fortbildungsveranstaltungen in Schulen seien, wenn man gleichzeitig aber nicht bereit ist, der Bevölkerung transparent aufzuzeigen, wie teuer diese denn wirklich sind? Um Verständnis und Unterstützung für die staatlichen Strukturen zu bekommen, müssen diese doch zunächst mal verstanden und nachvollzogen werden können.
Und zum Informationsfreiheitsgesetz und dem Recht jeden Bürgers, staatliche/behörliche/amtliche Entscheidungsprozesse nachvollziehen zu dürfen, um eben das Vertrauen in unsere demokratische Grundordnung zu stärken: Das Recht ist hoffentlich unbestritten. Der Weg zur Realisierung dessen ist doch der auch mit den Informationsfreiheitsgesetzen auszulotene. So gibt es doch bereits Beispiele, die zeigen, dass dieses Konstrukt der Nachfragen seitens der Bürger nur ein Zwischenschritt sein kann. Die Plattform FragDenStaat macht dies doch mehr als deutlich. Eine Behörde/Amt sollte doch im Zeitalter der Digitalisierung von sich Dokumente und Informationen transparent machen. Die meisten Dokumente, die ein absehbares öffentliches Interesse nach sich ziehen könnten, könnte man doch direkt online stellen (vgl. z.B. Parlamentsdatenbanken). Damit würde man sich diesen Aufwand der Anfragen und deren individueller Beantwortungen ersparen. Ein Informationsfreiheitsgesetz sollte doch nicht lauten, dass jeder Bürger das Recht darauf hat, amtliche Informationen zu erfragen. Ein Informationsfreiheitsgesetz sollte doch lauten, dass jede Behörde die Pflicht hat möglichst umfangreich amtliche Informationen von sich aus transparent/zugänglich zu machen.
Dies würde auch wieder dazu führen, dass z.B. ersichtlich würde, was Fortbildungen, Veranstaltungen, Kongresse usw. kosten. Das würde den ehrlichen Blick auf die Kosten der Digitalisierung in Schulen ermöglichen und das gesellschaftliche Verständnis dafür schärfen. Wenn wir uns aber ständig sponsern, beschenken und bespenden lassen, entsteht genau das, was mit dem scheinbar kostenlosen (da werbegetriebenen) Internet geschehen ist: Alle Welt denkt, dass es ja gar nicht so teuer ist und irgendwie ja schon läuft (wenn hier und da Gelder Dritter fließen). Und dann stehen wir irgendwann da und fragen uns, wie wir uns von diesen (scheinbar uneigennützigen oder gar gemeinnützigen) „Anschubfinanzierungen“ wieder lösen können, wenn bis dahin – was Du richtig als absehbare Folge aufzeigst – die eigene (staatliche) Expertise nicht mehr vorhanden sein wird – da sie in einem ökonomisierten Wettbewerb um Bildung verloren haben wird.
Dreht sich im Kreis. Das Thema hatten wir schon öfter. Viel Wunsch- und idealtypisches Denken. Wasmatisch halt. Als Ideenskizze nett und toll. Genau wie die Idee des vollgewandelten Schulsystems. Im jetzigen(!) Prozess für mich wenig hilfreich. Es kommt auf diese Weise nach meiner Einschätzung mit großer Wahrscheinlichkeit genau nicht so (Exodus oder Rückzug der nun noch leidlich neutralen Experten, die du verlangst). Das ist ja der Tenor des Textes. Warten wir es also ab und vertreten wir weiter unsere Standpunkte und stehen später für die Folgen ein.
Sind wir uns denn in dem Punkt einig, dass es wichtig ist für die Unabhängigkeit und staatliche Aufsicht des Schulsystems, dass wir starke Medienzentren und ‑beratungen brauchen?
Und sind wir uns einig, dass es der beste (wenn nicht gar einzig sinnvolle) Weg ist, um herauszufinden, was diese Medienzentren/-beratungen brauchen zur guten Erfüllung ihrer Aufgaben, bei eben diesen nachzufragen? (Aus meiner Sicht, um dann auf demokratisch legitimierten Wegen begründet und konkret dafür zu kämpfen, dass sie diese benötigten Mittel erhalten – und gerne noch etwas extra, um „Beinfreiheit“ zu haben und jede Abhängigkeit vorzubeugen.)
Es geht um die Umsetzung („Wie?“) nicht im das seit seit Jahren in Endlosschleife wieder und wieder durchgekaute Ziel („Was?“). Daran wird hier auf verschiedenen Ebenen auch gearbeitet. Und dabei gibt es hilfreiche und weniger hilfreiche Ansätze. Liegt an mir und meiner Wahrnehmung der Prozesse und daran, dass ich weitaus mehr Ebenen aus der operativen Sicht kenne als andere Leute. Da ist der Dissenz zu dir.
Mach mal trotzdem weiter. Ist ja demokratisch legitim. Du hast deine Mission und deine Wege, ich meine.
Hm, das meine ich ja: Ich glaube, die Ziele sind gar nicht so weit auseinander. Nur die Wege sind andere.
Ich kann schon verstehen/erkennen, dass es da Unterschiede gibt. Aber es ist halt schwer nachzuvollziehen, wenn dass auf der Grubdlage von „Insider“-Wissen (entschuldige den Begriff – ist echt nicht böse gemeint – mir fällt gerade kein anderer ein). Ich könnte Dir nun vertrauen, dass Du aus Deiner Sicht siehst, dass mein Weg falsch ist und Deiner richtig. Aber da wird wieder deutlich (und ich kenne das aus anderen Kontexten), dass Ämter/Behörden nach außen manchmal als ziemliche BlackBoxes daher kommen. Und da fällt mir echt kein anderer Weg ein (und offensichtlich haben wir uns mit den Informationsfreiheitsrechten und ‑gesetzen in vielen Bundes-/Ländern darauf geeinigt), als bei den Behörden/Ämtern nachzufragen, um sie ubd ihr Gandeln zu verstehen (zu versuchen). Buw. um überhaupt erstmal die Chance zu haben, sie verstehen.
Und ich glaube ehrlich – wie gesagt aus meiner Sicht jnd mit meinem Wissen – , dass das langfristig auch zu Gunsten der Behörden/Ämter und der demokratischen Grundordnung ist, auf der sie fußen.
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