Nernstsche Gleichung: Normalform => Schulform

Schul­bü­cher nei­gen dazu, die Umrech­nung der Nernst­schen Glei­chung von der Normalform:

    \[ (1) \; U_{H(Ox/Red)} = U_{H(Ox/Red)}^0 + \frac{R \cdot T}{z \cdot F}\cdot ln \left( \frac{c(Ox)}{c(Red)} \right) \]

in die in Klas­sen­zim­mern und Unis gebräuch­li­che Form

    \[ (2) \; U_{H(Ox/Red)} = U_{H(Ox/Red)}^0 + \frac{0,059V}{z}\cdot lg \left( \frac{c(Ox)}{c(Red)} \right) \]

recht kurz dar­zu­stel­len, da die SuS natür­lich die Log­arith­men­ge­set­ze beherr­schen. Aber wie kommt man nun von der Nor­mal­form zur Schulform?

Dazu machen wir zunächst eini­ge Vorgaben:

  1. R ist die all­ge­mei­ne Gas­kon­stan­te mit einem Wert von 8,314472 J/ mol-1 * K-1
  2. T ist die ther­mo­dy­na­mi­sche Tem­pe­ra­tur in K, hier mal will­kür­lich über­heiz­te 297K (24°C) im Winter
  3. z ist die Anzahl der aus­ge­tausch­ten Elektronen
  4. F ist die Fara­day­sche Kon­stan­te mit einem Wert von 96485,3399 C * mol-1
  5. Wir müs­sen den natür­li­chen Log­arith­mus (ln) zusätz­lich noch in den deka­di­schen (lg) umrechnen

erst­mal 1,2,4 in die Nor­mal­form einsetzen:

    \[ U_{H(Ox/Red)} = U_{H(Ox/Red)}^0 + \frac{ 8,314472 \frac{J}{mol \cdot K} \cdot 293K}{z \cdot 96485,3399 \frac{C}{mol}}\cdot ln \left( \frac{c(Ox)}{c(Red)} \right) \]

Jetzt küm­mern wir uns zunächst ein­mal um die Ein­hei­ten, es soll ja irgend­wann Volt (V) da stehen:

    \[ \frac{ \frac{J}{mol \cdot K} \cdot K}{z \cdot \frac{C}{mol}} \]

Nir­gend­wo ein Volt… Aber Joule (J) lässt sich durch SI Ein­hei­ten auch so aus­drü­cken: 1J = 1C*V. Jetzt neh­men wir noch den Dop­pel­bruch weg:

    \[ \frac{1}{z} \cdot \frac{C \cdot V}{mol \cdot K} \cdot K} \cdot \frac{mol}{C} \]

Wie hübsch sich das kür­zen lässt:

    \[ \frac{V}{z} \]

Bleibt nur noch das Pro­blem der Log­arith­mus­um­rech­nung, aber da gibt es ein Rechen­ge­setz:

    \[ log_b r = \frac{log_a r}{log_a b} \]

Auf unse­ren Fall bezo­gen gilt:

    \[ r = \frac{c(Ox)}{c(Red)}\;\;a=e\;\;b=10 \]

Für einen Log­arith­mus zur Basis e gibt es die Kurs­schreib­wei­se ln, für einen zur Basis 10 die Kurz­schreib­wei­se lg, also:

    \[ log_e(x) = ln(x) \;\;\;log_{10}(x) = lg(x) \]

Wie­der auf unse­ren Fall bezogen:

    \[ lg \left( \frac{c(Ox)}{c(Red)} \right) = \frac{ln\left( \frac{c(Ox)}{c(Red)}\right)}{ln(10)} \]

… und umgeformt:

    \[ ln\left( \frac{c(Ox)}{c(Red)}\right) = ln(10)} \cdot lg \left( \frac{c(Ox)}{c(Red)} \right) \approx 2,3 \cdot lg \left( \frac{c(Ox)}{c(Red)} \right) \]

Den Log­arith­mus zur Basis Zehn nimmt man wahr­schein­lich, weil sich dadurch übli­che Kon­zen­tra­ti­ons­an­ga­ben leicht und ohne Hilfs­mit­tel umrech­nen las­sen, z.B. lg(0,1)=1 / lg(0,01)=2 usw.. Jetzt müs­sen wir alles nur noch zusammenbauen:

    \[ U_{H(Ox/Red)} = U_{H(Ox/Red)}^0 + \frac{ 8,314472 \frac{J}{mol \cdot K} \cdot 297K}{z \cdot 96485,3399 \frac{C}{mol}}\cdot 2,3 \cdot lg \left( \frac{c(Ox)}{c(Red)} \right) \]

und aus­rech­nen (Wert gerundet):

    \[ U_{H(Ox/Red)} = U_{H(Ox/Red)}^0 + \frac{0,059V}{z}\cdot lg \left( \frac{c(Ox)}{c(Red)} \right) \]

Sieht man doch leicht, oder? Den gän­gi­gen Büchern ist das oft maxi­mal zwei, drei Sät­ze wert. Man kann natür­lich mit der didak­ti­schen Reduk­ti­on argu­men­tie­ren – die­se Umrech­nun­gen dürf­ten vie­le SuS am Anfang der Ober­stu­fe im Kon­text der bestehen­den Cur­ri­cu­la im Fach Mathe­ma­tik hier in Nie­der­sach­sen schlicht­weg überfordern.

Ande­rer­seits könn­te man ange­sichts des vor­han­de­nen Taschen­rech­ners mit sei­nem CAS auch gleich die Nor­mal­form der Nernst­schen Glei­chung neh­men. Da sagt aber dann der Che­mi­ker schnell: „Oh, das mit dem Zeh­ner­log­arith­mus ist aber schon ganz prak­tisch für den Bezug zu z.B. pH-Wer­ten“ – gera­de gese­hen im Zen­tral­ab­itur Che­mie 2011.

Ich per­sön­lich fin­de immer Men­schen gut, die wis­sen, was sie da tun und war­um das so zuläs­sig ist. Das ver­ste­he ich unter Kom­pe­tenz. Eine Glei­chung suchen und mit Zah­len füt­tern kann wirk­lich fast jeder in Zei­ten des Inter­nets. Die Ergeb­nis­se wer­den dann rich­tig sein.

Die Fra­ge bleibt, ob mit sol­chem Wis­sen wis­sen­schaft­li­cher Fort­schritt mög­lich wird oder ob nicht viel­mehr die Schul­form der Glei­chung einen Rah­men setzt, der ohne Kennt­nis der Zusam­men­hän­ge nicht ver­las­sen wer­den kann – viel­leicht hält sich ja irgend­ein doo­fer Stoff unter doo­fen Bedin­gun­gen gar nicht so, wie es die Schul­form der Nernst­schen Glei­chung vor­schreibt? Sol­che Schwei­ne­rei­en kom­men in der Natur ja immer wie­der vor…