Lieber Bildungsforscher…

Seit Jah­ren sagst du mir, wie ich unter­rich­ten muss, um mei­nen SuS gerecht zu werden.

Seit Jah­ren sagst du mir, dass sich die Struk­tu­ren an mei­ner Schu­le grund­sätz­lich ändern müssen.

Seit Jah­ren for­derst du Bil­dungs­stan­dards ein.

Seit Jah­ren beein­flusst du die Poli­tik, um dei­ne Vor­stel­lun­gen rea­li­siert zu sehen

Seit Jah­ren sagst du mir, dass Bil­dung eine gesamt­ge­sell­schaft­li­che Auf­ga­be ist.

Bil­dungs­for­scher, ich muss dir sagen, dass du mir bis­her nicht gehol­fen hast. 

Seit Jah­ren stei­gen Klassenfrequenzen.

Seit Jah­ren wer­den mei­ne Räu­me kleiner.

Seit Jah­ren wird Ver­wal­tung – gera­de durch dich – immer aufwendiger.

Seit Jah­ren kommt immer weni­ger mei­ner Kraft bei denen an, die es verdienen.

Seit Jah­ren wer­de ich durch immer neue Ideen gefordert.

Bil­dungs­for­scher, ich muss dir sagen, du nützt mir nicht.

Ich mache Pro­jek­te – du sagst: „Schon ganz schön, aber…“

Ich mache Eva­lua­ti­on – du sagst: „Nun aber auch Konsequenzen…“

Ich ver­än­de­re mei­nen Unter­richt – du sagst: „Der Anfang reicht nicht…“

Ich ent­wick­le mich – du sagst: „Die Rich­tung stimmt ja…“

Ich sage: „Aber die schu­li­sche Rea­li­tät…“ – du sagst: „Tja, das kann ich nicht für dich ändern!“

Bil­dungs­for­scher, du nützt mir nicht.

Bil­dungs­for­scher: Wenn du der­je­ni­ge bist,

der aus­schließ­lich, sagt, lob­by­iert, for­dert, spricht, von mir verlangt,

dann for­de­re wenigs­tens nicht von mir, dein Ver­bün­de­ter zu sein

und ver­ur­tei­le mich nicht für die­ses Unvermögen.


Neues Halbjahr – Stundenplan 2.0

So sah mein Stun­den­plan bis­her aus – Spring­stun­den und ande­rer Tüd­de­lüt sind aus Daten­schutz­grün­den nicht aus­dif­fe­ren­ziert (und: Nein, ich muss nicht 32 Schul­stun­den unterrichten…).

Stun­de Mon­tag Diens­tag Mitt­woch Don­ners­tag Frei­tag
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7
8

Im kom­men­den Halb­jahr wird er so aussehen:

Stun­de Mon­tag Diens­tag Mitt­woch Don­ners­tag Frei­tag
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6
7
8

Tja – irgend­wie auf­ge­räum­ter. Nur noch Doppelstunden.

Mei­ne Sorgen:

  • Sehe ich mei­ne eige­ne Klas­se noch oft genug? Bekom­me ich so viel mit wie bisher?
  • Was ist mit den Haus­auf­ga­ben, wenn ich nur noch zwei Mal pro Woche wel­che stel­len kann?
  • Muss ich mich für eine Dop­pel­stun­de nicht viel inten­si­ver hin­set­zen, um einen Bogen hineinzubekommen?

Mei­ne Hoffnungen:

  • Ich kann gera­de in Che­mie Expe­ri­men­te viel aus­führ­li­cher und selbst­stän­di­ger durch­füh­ren lassen
  • Wann im Block eine Pau­se nötig ist, bestimmt der Pro­zess, nicht der Gong
  • Drei Lern­grup­pen am Tag, maxi­mal vier (bei acht Stunden)
  • Zwei Stun­den reden schafft kei­ner – SuS müs­sen mehr ein­ge­bun­den wer­den als bei Einzelstunden
  • Ich habe Zeit, um den SuS in ihren Ideen nach­zu­ge­hen (und das Tafel­bild fertigzubekommen)
  • Pro­zes­se in Maha­ra nicht nur ansto­ßen, son­dern gleich im Anschluss reflektieren
  • Viel­leicht bekommt mein Neben­fach für SuS eine ande­re Wer­tig­keit, wenn es am Tag eines unter drei bzw. vier Fächern ist als eines unter sechs bzw. acht

Ich bin sehr gespannt, wie das für mich wer­den wird. Auf jeden Fall wird mei­ne Schul­ta­sche leich­ter (oder das Net­book kommt jetzt öfter mit). Und: Für mich wan­delt sich jetzt Schu­le und bestimmt auch mein Schulerleben.

1. Reflexion: Moodlekurs zur Medienerziehung

Vor ca. zwei Wochen habe ich mei­nen Kurs zur Medi­en­bil­dung vor­ge­stellt. Wir set­zen ihn in die­ser Woche gera­de bei uns in der Schu­le lern­grup­pen­über­grei­fend ein, was ins­be­son­de­re ein deut­li­ches Plus für die inte­grier­ten Akti­vi­tä­ten (Chat, Forum) ist. Hier kommt es sogar teil­wei­se zu lern­grup­pen­über­grei­fen­den Dis­kus­sio­nen. Eini­ge SuS nut­zen den Kurs sogar in ihrer Frei­zeit, um wei­ter­zu­dis­ku­tie­ren – das Kon­zept funk­tio­niert also prin­zi­pi­ell. Des­wei­te­ren habe ich bei drei unter­schied­li­chen Klas­sen, die ich im PC-Raum erlebt habe, kaum wahr­ge­nom­men, dass etwas ande­res als die Auf­ga­ben wäh­rend der 90-minü­ti­gen Dop­pel­stun­de bear­bei­tet wor­den ist. Der Ein­satz von Film und Text bie­tet offen­bar genü­gend Abwechs­lung für 7. Klassen.

Nicht über­rascht hat mich, dass Jas­per gera­de bei den Mäd­chen am bes­ten ankam, Die krea­ti­ve Leis­tung von Fabsi wur­de dage­gen kaum gewür­digt. Nun­ja. Die Erfah­run­gen die­ses Kur­ses sol­len ja eh noch in einer nach­fol­gen­den Stun­de nach­be­rei­tet wer­den… Auch so man­che Diskussionskultur.

Die Umfra­ge

Der ers­te Bau­stein ent­hält eine klei­ne, anony­me Umfra­ge – hier eini­ge, m.E. bemer­kens­wer­te Ergebnisse:

  1. Durch­schnitt­lich ver­brin­gen unse­re SuS der 7. Klas­se 1,85 Stun­den täg­lich im Internet
  2. 53% berei­ten ihre Haus­auf­ga­ben mit Hil­fe des Net­zes vor
  3. 73% haben schon ein­mal ein Foto von sich ver­öf­fent­licht, immer­hin 28% schon ein Video
  4. 23% haben schon schlech­te Erfah­run­gen im Netz gemacht (Belei­di­gun­gen, Betrü­ge­rei­en etc.)
  5. 45% geben an, dass sie bereits eige­ne Tex­te im Netz erstellt/veröffentlicht haben (inkl. Forenposts)

Chemie: Fotometrie mit Kaliumpermanganatlösung

Es gibt Gerä­te in der Che­mie­samm­lung, um die man als Leh­rer einen ehr­furchts­vol­len Bogen macht, z.B. eine Gas­mol­waa­ge. Für mich gehör­te lan­ge Zeit auch das sünd­haft teu­re Foto­me­ter mit dazu, wir besit­zen ein Nova­s­pec II mit seri­el­lem Anschluss. Dum­mer­wei­se steht in die­sem Jahr für den Schwer­punkt­kurs Che­mie auf erhöh­tem Niveau hier in Nie­der­sach­sen das Lam­bert-Beer­sche Gesetz auf dem Zet­tel, sodass man drei Alter­na­ti­ven hat:

  1. Es als Refe­rat zu vergeben
  2. Es theo­re­tisch durch­zu­kau­en – da gibt es im Netz her­vor­ra­gen­de Praktikumsberichte
  3. In den sau­ren Apfel zu bei­ßen und es prak­tisch zu probieren

Ich habe mich mich für die drit­te Opti­on ent­schie­den, auch wenn damit die Ver­bind­li­che-Abitur-Vor­ga­ben-Macher es damit geschafft haben, Leh­rer­fort­bil­dung zum Null­ta­rif zu evozieren.

Ein Kol­le­ge ist am ver­gan­ge­nen Frei­tag extra län­ger geblie­ben, um mich in die Geheim­nis­se die­ses Geräts ein­zu­wei­hen. Glück­li­cher­wei­se lässt es sich kom­plett mit einem Lap­top fern­steu­ern – eine Lizenz für die Soft­ware AKAnalytik32.NET gibt es an der Schu­le auch. Mehr braucht es nicht.

Nach einer theo­re­ti­schen Ein­füh­rung der SuS in die Grund­la­gen der Foto­me­trie habe ich mich für die Unter­su­chung von Per­man­ganat­lö­sun­gen ent­schie­den und das aus meh­re­ren Gründen:

  1. Wäss­ri­ge Redox­sys­te­me kann man sowie­so nicht genug üben
  2. Kali­um­per­man­ga­nat lässt sich auch zur Gewäs­ser­ana­ly­se treff­lich ein­set­zen zur Bestim­mung des Anteil an oxi­dier­ba­ren Sub­stan­zen und unser Haup­the­ma ist die Gewäs­ser­ana­ly­se (didak­ti­sche Integration/Kombination möglich)
  3. Per­man­ganat­lö­sung haben über eine recht brei­ten Spek­tral­be­reich eine brauch­bar hohe Extink­ti­on – da kann man nicht viel falsch machen
  4. Auch sehr nied­rig­kon­zen­trier­te Lösun­gen c(KMnO4) = 0,001mol/L haben schon satt Far­be, wor­an sich die Emp­find­lich­keit des Ver­fah­rens zei­gen lässt

Die Stun­de sah fol­gen­der­ma­ßen aus (das Prin­zip der Foto­me­trie war den SuS bereits bekannt):

Schritt 1: Auf­nah­me eines Voll­spek­trums zur Bestim­mung einer geeig­ne­ten Wel­len­län­ge für die Messung

Das ist mit der Kap­pen­berg-Soft­ware super­sim­pel. Das Spek­trum sah so aus:

Wei­ter­le­sen

Organik: Quantitative Analyse

Eine typi­sche Auf­ga­be für den Anfang (Koh­len­was­ser­stof­fe) könn­te so aussehen:

Bei der Ver­bren­nung einer orga­ni­schen Sub­stanz, die nur aus den Ele­men­ten Koh­len­stoff und Was­ser­stoff besteht, wer­den bei Nor­mal­be­din­gun­gen 0,63L Koh­len­stoff­di­oxid­gas und 0,63g Was­ser gebil­det. Berech­ne das Anzahl­ver­hält­nis zwi­schen Koh­len­stoff- und Was­ser­stoff­ato­men in die­ser Verbindung.

Bei die­ser Auf­ga­be ergibt sich im Ver­lauf der Rech­nung ein Pro­blem, wel­ches wir im Che­mie­un­ter­richt ger­ne durch eine ent­spre­chen­de Fri­sie­rung der Aus­gangs­da­ten umge­hen: Wir bekom­men zwei Zah­len mit Run­dungs­feh­lern und müs­sen dar­auf ein ganz­zah­li­ges Anzahl­ver­hält­nis ermit­teln, da es nun­mal nur gan­ze Ato­me gibt. Für das obi­ge Bei­spiel ergibt sich:

Stoff­men­ge des Kohlenstoffs

gege­ben:

V(CO2) = 0,63L

Vm(CO2) = 24L/mol (Satz von Avo­ga­dro, Nor­mal­be­din­gun­gen: 25°C)

gesucht:

n(CO2)

allg. gilt:

n(CO2) = V(CO2) / Vm(CO2)

ein­set­zen:

n(CO2) = 0,63L / 24L/mol ≈ 0,026mol

Stoff­men­ge des Wassers:

gege­ben:

M(H2O) = 18g/mol

m(H2O) = 0,63g

gesucht:

n(H2O)

allg. gilt:

M(H2O) = m(H2O) / n(H2O) ↔  n(H2O) = m(H2O) / M(H2O)

ein­set­zen:

n(H2O) = 0,63g /18g/mol ≈ 0,035mol

Pro Was­ser­mo­le­kül sind zwei Was­ser­stoff­ato­me gebun­den, sodass für die ursprüng­li­che Stoff­men­ge an Was­ser­stoff der dop­pel­te Wert anzu­set­zen ist:

n(H) = 2*n(H2O) = 0,07mol

Das Pro­blem:

Es ergibt sich ein Anzahl­ver­hält­nis

n© : n(H) = 0,026 : 0,07 ≈ 0,37

Wie kom­me ich jetzt auf ein ganz­zah­li­ges Anzahl­ver­hält­nis? Wie mache ich aus die­ser Dezi­mal­zahl wie­der einen Bruch und berück­sich­ti­ge dabei Rundungsfehler?

Ein Mathe­ma­tik­kol­le­ge brach­te mich auf fol­gen­den Ansatz:

0,37 = n©/n(H) ↔ n© = 0,37*n(H)

n© und n(H) sol­len dabei mög­lichst nahe an einer Ganz­zahl liegen.

(a) Den Gra­phen der Funk­ti­on zeich­nen und schau­en, an wel­cher Stel­le die­ses Kri­te­ri­um erfüllt ist

(b) Ein­fach eine Wer­te­ta­bel­le anle­gen, z.B. mit dem Taschen­rech­ner, der bei uns ein Alge­bra­sys­tem mit an Bord hat:

n(H)
1 0,37
2 0,74
3 1,11
4 1,48
5 1,85
6 2,22
7 2,59
8 2,96
9 3,33
10 3,7

Mit hin­rei­chen­der Genau­ig­keit passt das 8. Wer­te­paar. Es gilt hier also:

n© : n(H) = 3 : 8 

So geht es dann doch trotz der recht krum­men Wer­te, denen man das ganz­zah­li­ge Ver­hält­nis nicht auf den ers­ten Blick ansieht. Ok – man kann das auch auf mola­re Ver­hält­nis­se hoch­rech­nen, aber so kommt der TR zum Ein­satz  und lang­sa­mer ist es auch nicht.

1 90 91 92 93 94 149