Fortbildung für Lehrkräfte im Zeitalter der Digitalisierung
In meinen „Meta-Präsentationen“, mit deren Hilfe ich mich mit anderen medienpädagogischen Beraterinnen und Berater in Niedersachsen austausche, blieb ein Kollege an dieser Folie hängen:
Nach seiner Meinung sei das eine ganz bedeutende Grafik für die zukünftige Arbeit von medienpädagogischen Beraterinnen und Beratern. Ich war erst ein wenig irritiert und bin darüber dann hinweggehuscht.
Der Bedarf hier bei uns in der Gegend ist gerade im Bereich „Umgang mit Geräten“ sehr groß. Das ist für mich eigentlich der zweite Schritt vor dem ersten, aber ich habe da schon einige Ideen. Einer meiner Ausschreibungstexte in der Veranstaltungsdatenbank des Landes lautet wie folgt:
Die interaktive Tafel im Schulalltag
Viele Schulen im Landkreis Cloppenburg sind in den letzten Jahren mit interaktiven Tafellösungen ausgestattet worden.
Im Rahmen dieser Fortbildung lernen Sie Beispiele zum didaktischen Einsatz dieser Geräte kennen. Der Fokus liegt dabei nicht auf der Vorstellung von Spezialanwendungsfällen, sondern schwerpunktmäßig werden Sie mit den Grundfunktionen der Geräte vertraut gemacht.
Ihr eigenes Handeln steht dabei im Vordergrund. Sie arbeiten selbst oder in kleinen Teams produktorientiert anhand von Aufgaben mit unterschiedlichem Schwierigkeitsgrad. Frontale Anteile beschränken sich auf kurze Impulse. Während der Veranstaltung werden Sie selbstverständlich begleitet und beraten.
Für die Dauer der Veranstaltung stehen fünf interaktive Tafellösungen in vier Räumen zur Verfügung, an denen in 3er-Teams gearbeitet werden kann.
Falls vorhanden bringen Sie bitte Ihr eigenes digitales Arbeitsgerät mit, welches Sie im Schulalltag nutzen (Tablet, Notebook, Handy …).
Es wird keine Materialien in gedruckter Form geben, sondern diese stehen in Form eines Wikis ausschließlich digital bereit. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer müssen also streng genommen gar nicht selbst kommen. Wenn Schwierigkeiten bei der Umsetzung auftreten, können sie sich aber entweder gegenseitig unterstützen oder von mir Hilfe holen. Auch das ginge prinzipiell auch digital vermittelt. Ich möchte in einer Feedbackrunde das Material besprechen. Verbesserungsvorschläge arbeite ich gleich live ins Wiki ein. Das könnten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer prinzipiell auch selbst tun. All das möchte ich ganz am Ende in einer Metametadiskussion noch einmal offenlegen und reflektieren.
Mir ist auf dieser Fortbildung wichtig, die Teilnehmerinnen und Teilnehmer miteinander in Interaktion zu bringen und ihnen bewusst zu machen, dass alle angewandten Prinzipien auf auch andere Themenbereiche übertragbar sind – z.B. auf die Fortbildungsangebote, die bereits schnell ausgebucht waren – weil es das Netz prinzipiell möglich macht. Ich nutze dafür bewusst sehr niederschwellige Inhalte. Die Inhalte sind hier wichtig – aber auch die Methodik. Diese Methodik brauche ich für sinnvolle Fortbildungen zu allen anderen Bereichen – z.B. bei vernetzter und gelebter Curriculumsarbeit.
Ich hoffe, dass der Ausschreibungstext schon entsprechend vorfiltert und nur Lehrpersonen anspricht, die keine frontalen Settings erwarten.
Just zum gleichen Zeitpunkt hat Philippe Wampfler einen Beitrag mit den Titel „Lehrpersonen überfordern – ein Vorschlag für Workshops“ veröffentlicht. Ich verstehe den Artikel so, dass es eine „Hidden Agenda“ gibt: Einmal werden Lehrpersonen mit Inhalten konfrontiert, die nicht zu ihren erlernten und als sicher empfundenen Vorstellungen von Schule und Lernen passen (z.B. in BYOD-Settings verliert Instruktion an Bedeutung). Zum anderen werden Lehrkräfte mit ungewohnten Tools konfrontiert (z.B. dem kollaborativen HackMD), die wahrscheinlich implizit die Hidden Agenda auf der methodischen Ebene verstärken (sollen). Dazu kommt ein technologischer Terminus „Blockchain“, der im Zentrum der eigentlichen Aufgabenstellung steht (in Deutschland mutiert dieser Begriff mittlerweile zu einem der tragenden beim Bullshit-Bingo in Reden von Politikern über Bildung). Ja, das ist gezielte Überforderung.
Aus meiner Praxis heraus sage ich: Der Ansatz *muss* auf sehr vielen Ebenen scheitern und wird nur einen Bruchteil von Workshopteilnehmern erreichen können – wahrscheinlich sogar nur diejenigen, die diesen Workshop gar nicht für ihren Lernprozess gebraucht hätten. Hochproblematisch finde ich vor allem die Hidden Agenda. Sie ist eigentlich ein typischer Begleiter des klassischen gymnasialen Unterrichts (oder von Experimenten in der psychologischen Forschung): Lernziele stehen vor der Stunde fest und die Schülerinnen und Schüler werden durch ausgeklügelte didaktisch-methodische Settings zu diesen Zielen „geführt“. Hidden Agendas sind für mich absolut in Ordnung, wenn sie am Schluss einer Lernsituation mit den Teilnehmenden aufgedeckt und reflektiert werden. Das scheint bei dieser Workshopanlage aber nicht zu geschehen oder wird in der Beschreibung nur nicht sichtbar.
Danke für deine Kritik. Doch, ich habe die »Hidden Agenda« schon besprochen. Was du etwas unterschlägst: Für viele Teilnehmende war der Workshop keine Überforderung, für viele aber schon. Das ist bei Netzwerk-Effekten halt auch eine Komponente: Einige können alles schon…
Die Aussage „keine Überforderung“ müsste man anhand der tatsächlichen Ergebnisse diskutieren (das geht natürlich nicht, so dass es auf der Vertrauensebene so stehen bleiben muss) – ebenso wie das Verhältnis zwischen „viele“ und „viele“.
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