Transaktionskosten (Fortsetzung)

Eine von mir hoch­ge­schätz­te und stil­le Lese­rin mei­nes Blogs hat mich neu­lich dar­auf auf­merk­sam gemacht, dass ich ange­kün­digt hat­te, eine Fort­set­zung zum Arti­kel mit den Trans­ak­ti­ons­kos­ten zu schrei­ben. Ich zitie­re dazu noch ein­mal den letz­ten Absatz im Sin­ne der Anschlussfähigkeit.

Wer Ver­än­de­rungs­pro­zes­se initi­ie­ren möch­te, muss im Blick haben, dass er gleich­zei­tig neue, noch nicht kal­ku­lier­ba­re Trans­ak­ti­ons­kos­ten erzeugt (“Ja, aber das mit den Medi­en muss aber in ein Gesamtkonzept!”), und gleich­zei­tig auch noch ande­re, von den Kos­ten her “sicher” kal­ku­lier­ba­re Sys­te­me bedroht (“Ja, aber über Aus­hän­ge kom­mu­ni­ziert man doch total ineffizient!”). Dar­aus erge­ben sich für mich Kon­se­quen­zen für mein Ver­hal­ten als Berater.

Regel 1: Das Neue ist der Feind des Bewährten.

Das Neue kann sich in den bestehen­den Schul­struk­tu­ren nur durch viel Geduld, Lea­der­ship oder sub­ver­siv durch­set­zen. Sobald man als Bera­ter gene­ra­li­siert, wer­den immer laut­star­ke und – für die Idee viel gefähr­li­che­re – stil­le Wider­ständ­ler auf den Plan geru­fen. In sehr hete­ro­ge­nen, gro­ßen Sys­te­men wird sich dann NIE das Neue durch­set­zen. Des­we­gen unter­schei­de ich zwi­schen sub­jek­ti­ven und objek­ti­ven Wahr­hei­ten. Objek­tiv kann man durch­aus Recht haben. Es nützt u.U. aber trotz­dem nichts, weil Sys­te­me stets sub­jek­tiv funk­tio­nie­ren und dann die ent­ste­hen­den Trans­ak­ti­ons­kos­ten zum Kol­laps jeder noch so guten Idee führen.

Ein Bei­spiel:

Objek­tiv ist es für gro­ße Sys­te­me ver­nünf­tig, Klau­sur- und Klas­sen­ar­beits­pla­nung online zu machen. Man ist bei der Ein­tra­gung nicht an eine Zeit oder an einen Ort gebun­den. Das Sys­tem kann durch Algo­rith­men Fehl­ein­trä­ge im gege­be­nen recht­li­chen Rah­men abfan­gen. Es kann mit dem Schul­ka­len­der gekop­pelt wer­den, sodass sich Tage mit bestimm­ten, vor­her­seh­ba­ren Abwe­sen­hei­ten von Lern­grup­pen trans­pa­rent sper­ren las­sen. Umge­kehrt lie­ßen sich Ter­mi­ne von Arbei­ten in die Kalen­der der jewei­li­gen Lern­grup­pen zurück­spei­sen (übri­gens: Das geht alles mit dem rich­ti­gen Sys­tem). Sub­jek­tiv zwingt man Kol­le­gin­nen und Kol­le­gen zur Nut­zung unge­wohn­ter digi­ta­ler Werk­zeu­ge, die nicht in deren Work­flow pas­sen. Prak­tisch wird man eine Zeit lang altes und neu­es Sys­tem par­al­lel fahren.

 

Regel 2: Hilf Trans­ak­ti­ons­kos­ten zu sen­ken, damit du neue erzeu­gen kannst

Wenn es um die tech­ni­sche Aus­stat­tung von Schu­len und um Medi­en­kon­zep­te geht, weiß ich es bes­ser. Was dabei her­aus­kommt, wenn typi­sche Con­su­mer oder fort­ge­schrit­te­ne Anwen­der mei­nen, sie könn­ten vor­aus­schau­end Net­ze bau­en, die irgend­wann für die gan­ze Schu­le ska­lie­ren, dann lie­gen sie lei­der oft falsch, weil z.B. an die Hard­ware im Netz­werk ganz ande­re Anfor­de­run­gen als „zu Hau­se“ zu stel­len sind.

Wenn ich an eine Schu­le kom­me, herrscht dort i.d. R. im Medi­en­aus­stat­tungs­be­reich Cha­os. Die­ses Cha­os glie­dert sich zum einen in tech­ni­sche Pro­ble­me (10%) und zum ande­ren in zwi­schen­mensch­li­che (90%). Die Tech­nik bekommt man nach mei­ner Erfah­rung sehr ein­fach in den Griff, wenn man da nach dem Mot­to vor­geht: „Wenn ich dir bei den rest­li­chen 90% hel­fen soll, dann bestim­me zunächst(!) ich, wie es bei euch tech­nisch weitergeht!“

Mit den 10% Tech­nik ver­su­che ich dann, Abläu­fe und Ver­fah­ren genau­so abzu­bil­den, wie in der Schu­le schon immer waren, nur dass Zugriffs­mög­lich­kei­ten auf Infor­ma­tio­nen jetzt nicht mehr an Zei­ten oder Orte gebun­den sind. Das kön­nen sehr ein­fa­che Maß­nah­men sein, wie etwa ein schul­wei­ter Zugriff auf Datei­en, ein­fach zu bedie­nen­de Zugän­ge zu Online­me­di­en, ein funk­tio­nie­ren­des WLAN usw.. Tech­nisch ist das tri­vi­al. Gleich­zei­tig muss die Ver­läss­lich­keit des Sys­tems stei­gen, z.B. durch kon­se­quen­te Ver­net­zung von Insel­sys­te­men. Idea­ler­wei­se nimmt das Sys­tem bereits die­se Maß­nah­men als ent­las­tend wahr, was dann in der Fol­ge Ver­trau­en schafft. An dem grund­sätz­li­chen medi­en­päd­ago­gi­schen Geist ändert sich dadurch jedoch nichts.

Die­ses Ver­trau­en senkt Trans­ak­ti­ons­kos­ten, sodass Res­sour­cen dafür frei wer­den, auf die rest­li­chen 90% zu schau­en. Dafür benö­tigt man ein genau­es Bild des Sys­tems: Wer sind die „Stake­hol­der“ (an Schu­len sehr oft der enga­gier­te IT-affi­ne Leh­rer mit einer jah­re­lang immens gewach­se­nen ideel­len Macht­po­si­ti­on)?  Wer gönnt dem ande­ren ggf. etwas nicht? Wel­che ein­ge­fah­re­nen Abläu­fe mit wel­chen Kon­se­quen­zen gibt es? Was schafft Kon­flikt­po­ten­ti­al? Wer ist an den Struk­tu­ren wie beteiligt?

 

Regel 3: Bera­te kei­ne Schu­len (oder Kol­le­gen), die bei dir hohe Trans­ak­ti­ons­kos­ten erzeugen

Dass in Bera­tungs­pro­zes­sen nach­ge­steu­ert wer­den muss, ist nichts wei­ter Unge­wöhn­li­ches. Gera­de das The­ma Medi­en­nut­zung ist für Schu­len nur eines unter vie­len. Des­we­gen bin ich nicht ver­schnupft, wenn Pro­zes­se oft nur lang­sam vor­an­schrei­ten. Das ist völ­lig nor­mal. Es gibt für mich jedoch Indi­ka­to­ren, die dazu füh­ren, dass ich eine Schu­le nicht berate:

  1. Kei­ner­lei Eigen­in­itia­ti­ve (d.h. prak­ti­sche Hilfs­an­ge­bo­te wer­den ger­ne ange­nom­men, jedoch ist kein Inter­es­se erkenn­bar, eine län­ger­fris­ti­ge­re Part­ner­schaft ein­zu­ge­hen – Feu­er­wehr­ein­sät­ze ja, Zusam­men­ar­beit nein)
  2. Dis­kus­si­on des Bera­tungs­ver­fah­rens (Kann man das so über­haupt machen? War­um so kom­pli­ziert? Geht das nicht auch schnel­ler / einfacher?)
  3. Eigen­mäch­ti­ge Anschaf­fun­gen (z.B. ITW / Tablets für teu­res Geld kau­fen, ohne sta­bi­le Infra­struk­tur, ohne Kon­zept und ohne Rück­spra­che mit mir)
  4. Kein Refle­xi­on des bis­he­ri­gen Umgangs mit Medienbeschaffung

Die­sen Schu­len fehlt vor allem das Ver­trau­en in mei­ne Fähig­kei­ten. Im schlimms­ten Fall wol­len Sie sich ledig­lich mei­ner Kom­pe­ten­zen bedie­nen, um ihre aku­ten Pro­ble­me gelöst zu bekom­men, damit sie wei­ter­ma­chen kön­nen wie bisher.

 

Regel 4: Suche dir immer klei­ne Pro­jek­te mit gerin­gen Trans­ak­ti­ons­kos­ten für zwischendurch

Die Imple­men­ta­ti­on der „gro­ßen Wür­fe“ ist oft zäh, ermü­dend, aus­ge­dehnt und bezo­gen auf die Trans­ak­ti­ons­kos­ten immens teu­er. Das ist psy­cho­lo­gisch ein Pro­blem, da man irgend­wann als am Pro­zess Betei­lig­ter die Fort­schrit­te nicht mehr zu sehen im Stan­de ist. Des­we­gen braucht man für die see­li­sche Hygie­ne immer wie­der Pro­jek­te, bei denen sich der Erfolg sehr schnell ein­stellt. Das kön­nen so ein­fa­che Din­ge wie ein WLAN für eine länd­li­che Grund­schu­le sein. Schu­le klagt, ich kom­me vor­bei, sage eine Sum­me, Schu­le kauft, wir instal­lie­ren mit dem Haus­meis­ter zusam­men und sind nach 2–3 Wochen erheb­lich glück­li­cher als vorher.

Men­schen, die nur „das Gro­ße“ bera­ten, erle­be ich oft so, dass bei ihnen irgend­wann der Kon­takt zur „Basis“ ver­lo­ren­geht. Das muss auch teil­wei­se so sein, da man die zer­mür­ben­den Trans­ak­ti­ons­kos­ten in die­sen Pro­zes­sen kaum erträgt und sich dann ande­re Stra­te­gien ent­wi­ckeln, um see­lisch gesund zu blei­ben, die dann oft als arro­gant oder „von oben her­ab“ wahr­ge­nom­men werden.

Projekt mit dem Waldkindergarten (reloaded)

Ich habe in die­sem Jahr wie­der einen poly­va­len­ten Che­mie­kurs. Das ist ein etwas selt­sa­mes Kon­strukt: Pri­mär geht es um Che­mie, jedoch sol­len auch Inhal­te ande­rer Natur­wis­sen­schaf­ten ein­flie­ßen und es darf nichts aus dem Ober­stu­fen­cur­ri­cu­lum Che­mie behan­delt wer­den. Über­haupt ist die­ser Kurs eine kom­plett cur­ri­cu­lums­freie Lehr­kraf­ter­ho­lungs­zo­ne. Er dient ledig­lich dazu, dass SuS, die bestimm­te Ober­stu­fen­pro­fi­le gewählt haben, ihre Bele­gungs­pflich­ten für das Abitur erfül­len kön­nen – wir sagen dazu „Abde­cker­kurs“. Gleich­wohl sind Noten zu erteilen.

Ich habe den SuS vier Inhal­te ange­bo­ten, u.a. eine Wie­der­be­le­bung mei­nes alten Wald­kin­der­gar­ten­pro­jek­tes, wel­ches kon­kur­renz­los von allen prä­fe­riert wurde.

Da ich mit dem Ablauf damals nicht so ganz zufrie­den war, las­se ich in die­sem Jahr eini­ge Ele­men­te aus dem klas­si­schen Pro­jekt­ma­nage­ment und mei­ne Erfah­run­gen mit Wikis aus dem letz­ten Jahr mit ein­flie­ßen, aber nicht zu viel, um die Trans­ak­ti­ons­kos­ten mög­lichst erträg­lich zu hal­ten – so gebe ich z.B. den ange­speck­ten Pro­jekt­ab­lauf­plan weit­ge­hend vor.

Das sieht dann so aus:

Wochen­tag Dop­pel­stun­de Inhalt
Frei­tag 1 Expe­ri­ment­aus­wahl, Projektaufräge
Frei­tag 2 M1: Pro­jekt­auf­trä­ge vor­stel­len, Mate­ri­al- und Gerä­te­lis­te erstellen
Mitt­woch 3 Expe­ri­ment selbst durch­füh­ren, ggf. optimieren
Frei­tag 4 Fei­er­tag
Frei­tag 5 Expe­ri­ment selbst durch­füh­ren, ggf. optimieren
Mitt­woch 6 Beschrei­bung zum Ver­suchs­auf­bau erstellen
Frei­tag 7 Beschrei­bung zum Ver­suchs­auf­bau erstellen
Frei­tag 8 M2: Abga­be Beschrei­bung zum Versuchsaufbau
Mitt­woch 9 Prä­sen­ta­ti­on für den Kurs Grup­pe A
Frei­tag 10 Prä­sen­ta­ti­on für den Kurs Grup­pe B
Frei­tag 11 Prä­sen­ta­ti­on für den Kurs Grup­pe C
Frei­tag 12 Opti­mie­rung und Bezü­ge zu ande­ren Experimenten
Mitt­woch 13 Opti­mie­rung und Bezü­ge zu ande­ren Experimenten
Frei­tag 14 M3: Wald­kin­der­gar­ten­be­such
Frei­tag 15 Aus­wer­tung und Feedback
Mitt­woch 16 Über­ar­bei­tung Beschreibungen
Frei­tag 17 Über­ar­bei­tung, weih­nacht­li­cher Abschluss
Mitt­woch 18
Frei­tag 19
Mitt­woch 20
Frei­tag 21
Frei­tag 22
Mitt­woch 23

 

Zwei Dop­pel­stun­den hat­ten wir schon (nor­ma­ler­wei­se steht da ein Datum). Wer noch nie einen Pro­jekt­auf­trag gese­hen hat, fin­det hier eine Vor­la­ge. In Fett­druck sind die Mei­len­stei­ne bezeich­net – die­se geben mehr oder weni­ger vor, bis zu wel­chen Zeit­punkt ein Zwi­schen­ziel erreicht sein muss. Ein Pro­jekt­auf­trag ist eine gute Grund­la­ge, um sich dar­über klar zu wer­den, was man über­haupt mit einem Pro­jekt errei­chen möch­te. Vor allem die Pro­jekt­ri­si­ken sind dabei für mich von beson­de­rem Inter­es­se – mög­li­che Risi­ken sind z.B.:

  • Moti­va­ti­ons­ver­lust
  • Unter­schied­li­ches Enga­ge­ment in der Kleingruppe
  • fach­li­che Überforderung
  • […]

Man kann dann im Vor­we­ge dar­über reden, wie man den Risi­ken begeg­net (die SuS haben viel Erfah­rung mit gelun­ge­nen und weni­ger gelun­ge­nen Gruppenarbeitsprozessen).

Die in der ers­ten Pha­se zen­tra­le Beschrei­bung des Ver­su­ches besitzt fol­gen­de Struktur:

  • Grup­pen­mit­glie­der
  • Pro­jekt­auf­trag (Ver­lin­kung auf Datei)
  • Benö­tig­te Geräte
  • Benö­tig­te Chemikalien
  • Durch­füh­rung
  • Doku­men­ta­ti­on der eige­nen Durchführung
  • Theo­re­ti­scher Hin­ter­grund (gym­na­si­al)
  • War­um ist das Expe­ri­ment für Kin­der geeignet?
  • Kind­ge­rech­te Erklärung
  • Was kann das Kind bei dem Expe­ri­ment über Che­mie lernen?

Es wird im Unter­richt immer ein fes­tes Ritu­al in Form eines Ple­nums geben, in dem die Grup­pen fol­gen­de Aspek­te berichten:

  1. Was haben wir heu­te erreicht?
  2. Wel­che Pro­ble­me gab es dabei?
  3. Was ist in nächs­ten Zeit zu erledigen?

In der Prä­sen­ta­ti­ons­pha­se schlüpft das Ple­num in die Rol­le von Kin­der­gar­ten­kin­dern und Beob­ach­tern, wäh­rend jeweils ein Expe­ri­ment tat­säch­lich durch­ge­führt wird. Dabei tau­chen erfah­rungs­ge­mäß Pro­ble­me auf, an die auch ich vor­her nicht gedacht hät­te – vor allem auch Koope­ra­ti­ons­mög­lich­kei­ten zwi­schen Gruppen.

Nach dem Besuch der Kin­der erfolgt eine letz­te Refle­xi­on, die fol­gen­de Ele­men­te umfasst:

  • Rück­mel­dung der Kin­der (muss auch vor­be­rei­tet werden)
  • Rück­mel­dung der Kurs­teil­ge­ben­den an mich und mei­nen Unterrichtsstil
  • Über­le­gun­gen zur Wei­ter­ar­beit, z.B. mit Grundschulkindern

Gesam­melt und erle­digt wer­den alle Arbeits­schrit­te in einem nicht­öf­fent­li­chen Doku­Wi­ki. Uns ste­hen in der Che­mie acht Lap­tops für die ernst­haf­te Arbeit und eini­ge Nexus7-Tablets für Recher­che und Zuar­beit zur Ver­fü­gung. Natür­lich gibt es LAN- und WLAN-Ver­sor­gung, sodass auf Tot­holz weit­ge­hend ver­zich­tet wer­den kann.

 

 

 

Kompetenzorientierte Prüfung mit Arduino?

Ich hat­te Anfang des Jah­res mein Kon­zept vor­ge­stellt, SuS Infor­ma­tik zu ver­mit­teln. Das war sehr eigen­wil­lig, ein Ver­such und über­haupt sehr viel Lern­an­lass für mich im letz­ten Jahr. Die SuS haben im zwei­ten Halb­jahr an Pro­jek­ten gear­bei­tet und – so die Hoff­nung – ihre Pro­gram­mier­kennt­nis­se ver­tieft. Kon­kret wird an fol­gen­den Pro­jek­ten gearbeitet:

  • didak­ti­sche Auf­be­rei­tung eines kom­ple­xen Ardui­no­codes für Anfänger
  • ein auto­no­mes Roboterfahrzeug
  • zwei Light­cubes, einer mit Musiksteuerung
  • ein Quiz­du­ell­clo­ne auf einem 2x40 Matrix ASCII-Display
  • ein Mor­se­zei­chen­de­ko­der

… und natür­lich wird neben­bei in einem Wiki doku­men­tiert und Code zwischengeparkt.

Eine Klau­sur ver­lang­te nun die Fach­schaft (die aus zwei Lehr­kräf­ten besteht). Ich hät­te bestimmt auch auf eine Ersatz­leis­tung aus­wei­chen kön­nen, aber ich woll­te Schwarz auf Weiß sehen, was die SuS jetzt kön­nen und was sich im Ver­gleich zum Anfang des Jah­res geän­dert hat. Des­we­gen gab es doch eine Klau­sur, aber eine ganz andere.

Infor­ma­tik­klau­sur Nr. 2

Mate­ri­al:

  1. Ein Ardui­no­board (Art egal)
  2. drei Leds (ggf. ver­schie­de­ne Farben)
  3. drei Vor­wi­der­stän­de für die Leds (220–330 Ohm)
  4. zwei Tas­ter
  5. zwei Wider­stän­de für die Tas­ter (1kOhm oder 10kOhm)
  6. ein Steck­brett
  7. Kabel­ver­bin­der

Vor­be­mer­kun­gen:
Wenn du Tas­ter an den Ardui­no anschlie­ßen und ihren Zustand aus­le­sen möch­test, musst du einen zusätz­li­chen Wider­stand ver­wen­den, um defi­nier­te Pegel zu bekom­men. Die­ser Wider­stand soll­te einen Wert zwi­schen 1kOhm und 10kOhm haben.

Hier eine Beispielschaltung

<Bild von Tasterschaltung>

Auf­ga­be:
Du sollst ein Spiel pro­gram­mie­ren. In die­sem Spiel gibt es drei Leds (links, rechts, Erfolg) und zwei Tas­ter (links, rechts).

Dabei gilt:
Led rechts: Pin03
Led Erfolg: Pin04
Led links: Pin05
Tas­ter rechts: Pin06
Tas­ter links: Pin07

Spiel­ab­lauf ist folgender:

  1. Zufäl­lig leuch­tet ent­we­der die rech­te oder die lin­ke Led auf.
  2. Der Spie­ler muss nun mög­lichst schnell eine ent­spre­chen­de Tas­te (links oder rechts) drücken
  3. Hat er das inner­halb einer bestimm­ten Zeit­span­ne geschafft, leuch­tet die Led „Erfolg“ auf, ansons­ten blin­ken alle Leds kurz auf
  4. Die Zeit­span­ne wird im Lau­fe des Spiel immer kürzer

Für jede rea­li­sier­te Stu­fe 1–4 gibt es bereits Punkte!

Tipp:
Suche mit Goog­le nach „Arduino Zufall“, um her­aus­zu­be­kom­men, wie du zufäl­li­ge Wer­te erhältst.

Abga­be:
Du erstellst mit Libre­Of­fice eine Datei, die dei­nen aus­führ­lich kom­men­tier­ten Code enthält.
Du erläu­terst dei­nen Code.
Du beschreibst zusätz­lich, wel­che Schwie­rig­kei­ten du wäh­rend der Pro­gram­mie­rung hat­test, ins­be­son­de­re dann, wenn dir etwas nicht gelun­gen ist.

Die Datei spei­cherst du unter:

<pfad­an­ga­be>

Der Datei­na­me muss dei­nen Namen ent­hal­ten, z.B. „karl_mustermann_klausur.ods“.

Du darfst:

  • Im Inter­net recherchieren
  • Dir selbst­stän­dig Mate­ri­al holen / organisieren
  • Dei­nen Code an einer Schal­tung ausprobieren

Du darfst nicht:

  • mit dei­nen Kurs­kol­le­gin­nen und Kol­le­gen sprechen

viel Erfolg!

 

Die Zeit war für die­se Auf­ga­be mit 90 Minu­ten sehr knapp bemes­sen, aber es gibt sogar voll­stän­di­ge und funk­tio­nie­ren­de Lösun­gen, min­des­tens aber immer kon­kre­te Ansät­ze und was mich beson­ders freut: Die meis­ten Schal­tun­gen sind kor­rekt und sau­ber auf­ge­baut. Das Prü­fungs­for­mat ist im BBS-Kon­text erst­mal über­haupt nicht unge­wöhn­lich, bei uns an der Schu­le jedoch schon ein Novum. Mit Goog­le ist die­se Auf­ga­be nur sehr ein­ge­schränkt lösb­bar, gera­de auch in der gege­be­nen Zeit, man braucht dafür also mei­ner Ansicht nach auch gar nicht mal so wenig Wis­sen. Ich hat­te erst ein wenig Angst vor der Bewer­tung, aber schluss­end­lich gibt es für Code­qua­li­tät schon genug Kri­te­ri­en und auch für die Beschrei­bun­gen. Span­nend fin­de ich, dass man rela­tiv genau sehen kann, wie jemand denkt, weil der Code im Prin­zip ja ein for­ma­li­sier­ter Plot des Den­kens ist – ohne die­ses Over­head-Geschwur­bel in geis­tes­wis­sen­schaft­li­chen Fächern (ich darf das als Deutsch­leh­rer sagen).

Mein Pro­blem mit dem erfolg­ten Unter­richt ist ein ande­res: Ich kom­me mir so unver­ant­wort­lich vor, weil ich ja nie klas­sisch unter­rich­tet, son­dern ganz viel 1:1 bera­ten, gelenkt, unter­stützt habe und auch oft fach­lich die Segel strei­chen muss­te (ich kann jetzt aber einen ein­stu­fi­gen Ver­stär­ker ste­cken). Die „Vor­be­rei­tung“ des Unter­richt besteht bei die­ser Unter­richts­form eher dar­in, ganz viel selbst ler­nen zu müs­sen, weil es um sehr indi­vi­du­el­le Pro­ble­me geht. Nach jeder Stun­de bin ich fix und foxi, weil ich immer gedank­lich hin- und hers­wit­chen und auch Anfra­gen prio­ri­sie­ren muss.

 

SchiLf Leitbildentwicklung

Ein Leit­bild ist eine schrift­li­che Erklä­rung einer Orga­ni­sa­ti­on über ihr Selbst­ver­ständ­nis und ihre Grund­prin­zi­pi­en. Es for­mu­liert einen Ziel­zu­stand (Rea­lis­ti­sches Ide­al­bild)[1]. Nach innen soll ein Leit­bild Ori­en­tie­rung geben und somit hand­lungs­lei­tend und moti­vie­rend für die Orga­ni­sa­ti­on als Gan­zes und die ein­zel­nen Mit­glie­der wir­ken. Nach außen (Öffent­lich­keit, Kun­den) soll es deut­lich machen, wofür eine Orga­ni­sa­ti­on steht. Es ist eine Basis für die Cor­po­ra­te Iden­ti­ty einer Orga­ni­sa­ti­on. Ein Leit­bild beschreibt die Mis­si­on und Visi­on einer Orga­ni­sa­ti­on sowie die ange­streb­te Orga­ni­sa­ti­ons­kul­tur. Es ist Teil des nor­ma­ti­ven Manage­ments und bil­det den Rah­men für Stra­te­gien, Zie­le und ope­ra­ti­ves Handeln.

Quel­le: http://de.wikipedia.org/wiki/Unternehmensleitbild

Unse­re Schu­le hat sich in den letz­ten bei­den Tagen auf den Weg gemacht, ein sol­ches Leit­bild zu ent­wi­ckeln, wobei auf exter­ne Mode­ra­ti­on zurück­ge­grif­fen wur­de. Vor­be­rei­tet wur­den die­se zwei Tage in einer Steue­rungs­grup­pe. Her­aus­ge­kom­men sind zwölf Sät­ze, die nun redak­tio­nell über­ar­bei­tet wer­den. Mit in die­se zwölf Sät­ze sind die Vor­schlä­ge der Eltern- und Schü­ler­ver­tre­tung ein­ge­flos­sen.  Im Wesent­li­chen erfolg­te die Erar­bei­tung in vier Schritten:

Schritt 1 – SOFT-Analyse

Eine SOFT-Ana­ly­se lehnt sich an das Prin­zip der SWOT-Ana­ly­se an. Nach einer Vor­stel­lung der kom­men­den SchiLf auf einer Dienst­be­spre­chung soll­te zu den Punk­ten der SWOT-Ana­ly­se ein Papier in Stich­wor­ten aus­ge­füllt wer­den, des­sen Aus­wer­tung dann den Ein­stieg zur SchiLf bildete.

Schritt 2 – Kritikphase

In klei­nen Grup­pen hat jeder auf eine Kar­te geschrie­ben, wel­che Pro­ble­me an der Schu­le auf­tre­ten. Aus die­sen Kar­ten hat die Grup­pe dann drei aus­ge­wählt und auf ein Pla­kat geklebt. Die­se Kar­ten konn­ten dann vom Ple­num spä­ter „bepunk­tet“ (Kle­be­punkt)  wer­den. Die Top 10 wur­den zu einer Vor­la­ge verarbeitet.

Schritt 3 – Utopiephase

In klei­nen Grup­pen hat jeder auf eine Kar­te geschrie­ben, wel­che Wün­sche er – los­ge­löst von orga­ni­sa­to­ri­sche, räum­li­chen oder finan­zi­el­len Beschrän­kun­gen hat. Aus die­sen Kar­ten hat die Grup­pe dann drei aus­ge­wählt und auf ein Pla­kat geklebt. Die­se Kar­ten konn­ten dann vom Ple­num spä­ter „bepunk­tet“ (Kle­be­punkt)  wer­den. Die Top 10 wur­den zu einer Vor­la­ge verarbeitet.

Schritt 4 – Leitsatzformulierung

Nach einem kur­zen Input zum Wesen eines Leit­bil­des ging es mit einer umfang­rei­chen Mate­ri­al­samm­lung dar­an, kon­kre­te Sät­ze für das Leit­bild zu for­mu­lie­ren. Als Mate­ri­al stand zur Verfügung:

  1. Das Arbeits­er­geb­nis der Schü­le­rin­nen und Schüler
  2. Das Arbeits­er­geb­nis der Eltern
  3. Das Arbeits­er­geb­nis der der ers­ten bei­de Phasen
  4. Ergeb­nis­se der letz­ten SchiLf
  5. Der theo­re­ti­sche Input
  6. Wei­te­re Din­ge, die ich jetzt ver­ges­sen habe

Die For­mu­lie­rung erfolg­te wie­der in Grup­pen. Die Sät­ze wur­den wie­der­um im Ple­num bepunk­tet und ein Ran­king (Top 12) ent­wi­ckelt. Unnö­tig zu erwäh­nen, dass es alle Sät­ze unse­rer Klein­grup­pe in die Top 12 geschafft haben :o)…

Schritt 5 – Vor­stel­lung des Ergeb­nis­ses und Ausblick

Die Steue­rungs­grup­pe stell­te die for­mu­lier­ten Sät­ze und das wei­te­re Ver­fah­ren vor. Die Sät­ze wer­den jetzt redak­tio­nell bear­bei­tet und an die Eltern- und Schü­ler­ver­tre­tung zurück­ge­ge­ben, um sie nach einer Art Beneh­mens­her­stel­lung dann in der Gesamt­kon­fe­renz zu beschließen.

Der Rah­men

Die SchiLf erfor­der­te zwei Tage, wobei an einem Tag der Unter­richt noch bis zur 6. Stun­de statt­fand. Für das leib­li­che Wohl, für eine gute Atmo­sphä­re und für viel Zeit zwi­schen den Arbeits­pha­sen zum Aus­tausch war her­vor­ra­gend gesorgt. Deut­lich war zu mer­ken, wie viel Arbeit, Gedan­ken und Sinn für Details im Vor­feld  in die­se SchiLf gesteckt wur­de. Ich habe es als eine Form von Wert­schät­zung gegen­über dem Kol­le­gi­um emp­fun­den. Es gab für die Betei­lig­ten kei­nen Blu­men­strauß oder obli­ga­to­ri­schen Fla­schen zum Dank. Es gab etwas voll­kom­men ande­res, was die­se erfah­re­ne Wert­schät­zung wie­der­um erwi­der­te und was in die­ser Form noch nie da gewe­sen ist.

Kom­men­tar

Die Mode­ra­ti­on wen­de­te Metho­den des Pro­jekt­ma­nage­ments an, wie es in Fir­men und vie­len Ver­wal­tun­gen üblich ist (und zum Glück auch zuneh­mend bei uns in der Medi­en­be­ra­tung). Beein­druckt hat mich vor allem die Ein­wand­be­hand­lung im Ple­num. Ein­wän­de las­sen sich für mich immer in zwei Kate­go­rien unterteilen:

  1. Pro­zess­re­flek­tie­ren­de Ein­wän­de (z.B. „War­um machen wir das eigent­lich so und nicht anders?“)
  2. Risi­ko­mi­ni­mie­ren­de Ein­wän­de (z.B. „Kommt dabei denn wirk­lich auch das her­aus, was wir an Qua­li­tät erwarten?“

Die Mode­ra­ti­on ging sehr sou­ve­rän und schlag­fer­tig mit die­sen Ein­wän­den um. Dahin­ter steckt natür­lich die Über­zeu­gung, dass das Ver­fah­ren erprobt war, aber auch die Fähig­keit zu „reframen“, d.h. den Ein­wand selbst als wert­schät­zen­des Moment und nicht als Angriff umzu­deu­ten. Das ist immer ein­fa­cher, wenn man als Exter­ner agiert und daher bera­te ich mein eige­nes Sys­tem z.B. grund­sätz­lich nicht, wur­de aber in den Klein­grup­pen dabei „erwischt“, selbst in die Bera­ter­rol­le zu fal­len :o)…

Leit­bild­ent­wick­lung sehe ich aus einer exter­nen Bera­ter­rol­le immer etwas kri­tisch: Leit­bil­der zei­gen mir eher, wor­an eine Orga­ni­sa­ti­on noch arbei­ten muss. Gleich­wohl habe ich als Teil­ge­ben­der der SchiLf vor allem den Pro­zess zur For­mu­lie­rung der Leit­bild­sät­ze auch als iden­ti­täts­stif­tend und damit sehr wert­voll erlebt. Ein­mal mehr ist mir auf­ge­fal­len, dass unter­schied­li­che Men­schen mit unter­schied­li­chen Begrif­fen unter­schied­li­che Din­ge mei­nen, aber im Grun­de das Glei­che wol­len und die glei­chen Bedürf­nis­se haben – übri­gens ein zen­tra­les Kon­zept sys­te­mi­schen Denkens.

Extern betrach­tet hät­te man all das auch in einer Stun­de mit digi­ta­len Werk­zeu­gen erle­di­gen kön­nen. Aber ich glau­be, dass die Ver­bin­dung zwi­schen Ergeb­nis und Gefühl eben auch gemein­sa­me Zeit erfordert.

Die Feh­len­de Zeit und der All­tag arbei­ten da oft gegen ein Sys­tem – aber das kennt auch jeder, der eine Bezie­hung führt. Funk­ti­on und Zufrie­den­heit kom­men nicht allein, sie müs­sen erar­bei­tet sein, weil sie eben durch die­se Arbeits­leis­tung erst ihren Wert erhalten.

Inso­fern darf sich die Schu­le jetzt dar­auf freu­en nach die­sem initia­len Schritt zur Schul­ent­wick­lung wei­ter arbei­ten zu dür­fen :o)…

Handyverbote und die Psychologie der Ohnmacht

Es meh­ren sich in mei­nem Umfeld Berich­te über neue Sex­ting­fälle – auch in ande­ren Land­krei­sen.  Die Netz­ge­mein­de geht nach eini­ger Auf­re­gung rund um Sascha Lobos Netz­un­ter­gangs­a­po­lo­gien mehr oder min­der ach­sel­zu­ckend zum All­tag über, ein paar geis­tes­wis­sen­schaft­li­che Rück­zugs­ge­fechtler reagie­ren auf ihre Wei­se dar­auf. Stel­len­wei­se fin­det eine Dis­kus­si­on statt, die aber inhalt­lich nur „Ein­ge­weih­ten“ zugäng­lich sein dürf­te. Es sind gute Zei­ten für die War­ner, Mah­ner und Kri­ti­ker „des Internets“.

Das Ein­fachs­te für Schu­len und Eltern scheint momen­tan zu sein, ein­fach zu ver­bie­ten: Schwie­ri­ge, aber gleich­wohl sehr chan­cen­rei­che Zei­ten für die Medi­en­päd­ago­gik. Ich wer­de zur­zeit ver­mehrt ange­fragt, Vor­trä­ge zum The­ma Han­dy und Inter­net zu hal­ten. Man möch­te Rezep­te haben, wie man sich als Schu­le oder Eltern­teil „ver­hal­ten“ kann, wenn „so etwas“ passiert.

Recht­li­che Aspekte

Die Schu­le darf nach mei­nen Recher­chen in der Haus­ord­nung ein Benut­zungs­ver­bot von Han­dys auf dem Schul­ge­län­de fest­le­gen. Schü­le­rin­nen und Schü­ler, die dage­gen ver­sto­ßen, hal­ten dem­nach nicht die Schul­ord­nung ein, was die wie­der­um Schu­le dazu nut­zen kann, die übli­che Eska­la­ti­ons­ket­te bei Fehl­ver­hal­ten in Gang zu set­zen: Päd­ago­gi­sche Maß­nah­men => Andro­hung von Ord­nungs­maß­nah­men => Voll­zug von Ordnungsmaßnahmen.

Bei den letz­ten bei­den Stu­fen ent­schei­det bei uns in Nie­der­sach­sen die Klas­sen­kon­fe­renz, bei der Schul­lei­ter bzw. die Schul­lei­tern den Vor­sitz führt. Ger­ne wird ver­ges­sen, Schü­le­rin­nen und Schü­ler im Zuge einer Klas­sen­kon­fe­renz sowie die Eltern bzw. Erzie­hungs­be­rech­tig­ten in ange­mes­se­ner Form über ihre Rech­te zu beleh­ren, was eine for­ma­le Angriffs­flä­che für Ent­schei­dun­gen der Klas­sen­kon­fe­renz bie­tet. Pro­zes­se gegen Schu­len wer­den übri­gens meist nur auf for­ma­ler Ebe­ne gewonnen.

Die Weg­nah­me des Han­dys muss ver­hält­nis­mä­ßig und päd­ago­gisch sinn­voll sein. Wenn z.B. Unter­richt gestört wird oder Film­auf­nah­men gegen den Wil­len der Gefilm­ten gefer­tigt wer­den, soll­te die­se Ver­hält­nis­mä­ßig­keit m.E. gege­ben sein. Da es sich im recht­li­chen Sin­ne oft um Eigen­tum der Eltern han­delt (sie allein dür­fen Dau­er­schuld­ver­hält­nis­se wie Han­dy­ver­trä­ge unter­schrei­ben), ist eine Weg­nah­me über den Unter­richts­tag hin­aus recht­lich wahr­schein­lich ein Pro­blem, zumal ja in erheb­li­cher Wei­se in den Frei­zeit­be­reich der Schü­le­rin­nen und Schü­ler ein­ge­grif­fen wird – in Abspra­che mit den Erzie­hungs­be­rech­tig­ten dürf­te der Fall anders aussehen.

Wei­gert sich eine Schü­le­rin oder ein Schü­ler in der kon­kre­ten Situa­ti­on, ihr Han­dy abzu­ge­ben, darf das natür­lich nicht gewalt­sam gesche­hen. Wenn eine Straf­tat oder ein begrün­de­ter Ver­dacht für eine sol­che vor­liegt, wäre das dann Sache der Poli­zei. Wenn nicht, d.h. wenn ein­fach „nur“ gegen die Schul­ord­nung ver­sto­ßen wur­de, kommt jetzt ja noch hin­zu, dass Anwei­sun­gen nicht befolgt wer­den – dann wird man als Schu­le schnel­ler eska­lie­ren kön­nen (Klas­sen­kon­fe­renz) oder den betref­fen­den Schü­ler bzw. die Schü­le­rin eben für den Tag suspendieren.

Gleich­wohl wür­de ich dar­auf ach­ten, dass das Han­dy vor der Abga­be im Bei­sein der Besit­ze­rin bzw. des Besit­zers aus­ge­schal­tet wird.

Pro­ble­ma­tik an den Schulen

Mit sind nur weni­ge Mob­bing­fäl­le bekannt, die nicht in irgend­ei­ner Form auch über das Inter­net aus­ge­tra­gen wer­den. Im Gegen­satz zu „frü­her“ (Mob­bing gibt es ja immer schon, übri­gens auch am Arbeits­platz von Ver­wach­se­nen) ver­schärft die öffent­li­che Dimen­si­on die­se Pro­ble­ma­tik erheb­lich für die Betrof­fe­nen. Je nach Schul­form und Milieu kom­men Her­aus­for­de­run­gen hin­zu, mit denen ich als Gym­na­si­al­leh­rer noch nie irgend­et­was zu tun hat­te. Spä­tes­tens in Umfel­dern, in denen es Eltern und Schü­lern völ­lig egal ist, ob sie ggf. sogar von der Schu­le sus­pen­diert wer­den, gehen Lehr­kräf­ten schnell und schlicht die Optio­nen aus. Und die­se Umfel­der gibt es. Und des­we­gen ist Schu­le da eigent­lich ganz beson­ders gefragt.

Dum­mer­wei­se ist Schu­le noch in ganz vie­len ande­ren Fel­dern gefragt, sodass das The­ma „Medi­en“ eben eines von vie­len ist. Wenn man da etwas „schie­ben“ kann, dann ver­sucht man das auch – nicht weil man böse, ahnungs­los, lern­re­sis­tent und der Zukunft sowie Rea­li­tät abge­wandt ist, son­dern weil man sich selbst schüt­zen und schlicht funk­ti­ons­fä­hig blei­ben möch­te. Wenn man z.B. Inklu­si­ons­kin­der in der Klas­se bei opti­mier­ba­rer Unter­stüt­zung von außen hat, sind die Sor­gen erst­mal ande­re, ganz all­täg­li­che. Gera­de im Bereich Inklu­si­on leben gera­de vie­le Gym­na­si­en noch im behü­te­ten Traum­land. An so man­cher Schu­le mag schlicht Ohn­macht herr­schen: Man ver­steht nicht, was da in die­sem „Netz“ vor sich geht. Am bes­ten wäre, wenn es ein­fach ver­schwän­de – aber das tut es eben nicht.

Was tun?

Es gibt an vie­len Schu­len bereits in irgend­ei­ner Form sozia­le Pro­jek­te oder Ange­bo­te, bei denen die Stär­kung der eige­nen Per­sön­lich­keit im Vor­der­grund steht. Genau da sehe ich den Kern des Pro­blems beim „Han­dy­miss­brauch“. Dass man kei­ne Nackt­bil­der wei­ter­lei­tet, ist nicht unbe­dingt eine tech­no­lo­gi­sche Her­aus­for­de­rung. Hier gibt es oft in einer bestehen­den Struk­tur kla­re Ansatz­pun­ke, um Medi­en­kom­pe­tenz zu ver­mit­teln, ohne dass sich Akteu­re auf für sie völ­lig neue Hand­lungs­fel­der bege­ben müs­sen oder die­se Struk­tur infra­ge gestellt wird.

Wenn ich Schü­le­rin­nen und Schü­lern kei­ne Model­le anbie­te, wie ein Han­dy noch genutzt wer­den kann außer zu kom­mu­ni­ka­tiv-kon­sump­ti­ven Zwe­cken, hal­te ich die Erwar­tung, dass mit die­sen Gerä­ten nicht auch Unsinn geschieht, für uto­pisch. Schü­le­rin­nen und Schü­ler sind ent­ge­gen aller oft zu ver­neh­men­den Unken­ru­fe nach mei­ner Erfah­rung nur sehr ober­fläch­lich kom­pe­ten­ter im Umgang mit digi­ta­len Gerä­ten. Sie fin­den sich auf der Ober­flä­che schnell zurecht, sind mutig und expe­ri­men­tie­ren – aber z.B. schon ein simp­les Abon­ne­ment eines Kalen­ders ist oft schon ein unüber­wind­li­che Hür­de. Die Struk­tu­ren hin­ter Tou­chibun­ti durch­schau­en nur sehr weni­ge. Wie zu guten alten Win­dows­zei­ten regiert da oft Pass&Fail.

Die Erwar­tung, dass sich eine gan­ze Schu­le vol­ler Ver­ant­wor­tungs­be­wusst­sein und Begeis­te­rung auf BYOD stürzt, ist nicht  rea­lis­tisch. BYOD stellt Struk­tu­ren sehr mas­siv infra­ge – auch tech­ni­sche Struk­tu­ren … Unter­richt, der schü­ler­sei­tig mit Goog­le oder Wiki­pe­dia bestreit­bar ist, kann näm­lich im digi­ta­len Zeit­al­ter bald nicht mehr bestehen. Das mer­ken die Kol­le­gi­en sehr schmerz­lich. Man nimmt ihnen ihr gewohn­tes Hand­werks­zeug weg und wun­dert sich über die ableh­nen­den Reaktionen.

Ana­lo­gie: Man muss in gewis­sen Krei­sen im Netz nur etwas gegen das iPad sagen (also ein Hand­werks­zeug „bedro­hen“), um eine Vor­stel­lung davon zu bekom­men, wie die Reak­tio­nen aus­fal­len, wenn ich Kol­le­gi­en sage, dass ihre Form des Unter­richts so nicht mehr zeit­ge­mäß ist. Man darf und soll­te da Wider­stand erwar­ten, wobei Wider­stand immer ein super Ansatz­punkt ist – viel schlim­mer sind Lethar­gie und Resignation.

Von Chan­cen und Arbeitserleichterungen

Je weni­ger ich mit der Unter­stüt­zung der Eltern­häu­ser rech­nen kann, des­to mehr ist nach mei­ner Ansicht Schu­le gefor­dert. Han­dy­nut­zung ist Pri­vat­sa­che, jedoch beschert uns die­se Pri­vat­sa­che in der Schu­le vie­le sehr arbeits­rei­che Her­aus­for­de­run­gen, denen der beglei­te­te Ein­satz digi­ta­ler Gerä­te begeg­nen kann. Im Unter­richt ermög­li­chen digi­ta­le Gerä­te an vie­len Punk­ten Effi­zi­enz­stei­ge­run­gen: Grup­pen­ar­bei­ten kön­nen „on the fly“ doku­men­tiert wer­den – es ent­fällt die Zeit, um etwa ein Pla­kat zu gestal­ten. Jeder aus der Grup­pe kann sich zudem durch ein digi­ta­les Gerät in den Pro­zess ein­brin­gen. Ich habe gan­ze Auf­sät­ze arbeits­tei­lig inner­halb von 45 Minu­ten schrei­ben las­sen – durch kol­la­bo­ra­ti­ve Metho­den – auf Papier in die­sem Zeit­rah­men undenk­bar.  Auch die Aus­wer­tung wird oft um ein Viel­fa­ches leich­ter: Ich kann ja direkt im Doku­ment kor­ri­gie­ren, sodass allen SuS die­se Fas­sung sofort zur Ver­fü­gung steht (dazu braucht man natür­lich gemein­sa­me, gerä­te­un­ab­hän­gi­ge Plattformen).

Das über­zeugt dann auch skep­ti­sche Kol­le­gen. Der Schlüs­sel ist dabei nach mei­ner Erfah­rung vor allem die inhalt­li­che Kopp­lung. Daher kann ich z.B. Fremd­spra­chen­leh­rern in die­sem Bereich nichts, aber auch gar nichts beibringen.

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