Verlorene Links – Teil 7

In die­sem Teil der Serie gibt es viel für die Augen…

  1. Sascha Lobo sagt auf der Res Publi­ca 2011 sehr viel zur digi­ta­len Gesell­schaft, was 1:1 auch auf Leh­rer übetrag­bar ist – mir natür­lich aber auch in dem Ori­gi­nal­kon­text gut gefällt. Wer mag, kann dazu z.B. bei Herrn Lar­big vor allem auch in den Kom­men­ta­ren weiterlesen.
  2. Neu auf You­Tube ist die ARTE-Doku­men­ta­ti­on „Kau­fen für die Müll­hal­de“ zu sehen. Schön, dass wir in der Netz­welt nie das Neu­es­te wollen…
  3. Dazu passt nach wie vor Ellis Blog – ein Jahr in Afri­ka. Es gibt Pro­ble­me und Pro­ble­me auf der Welt und eben Pro­ble­me, die anders­wo viel mehr Pro­ble­me machen.
  4. Bei Wal­ter Fendt gibt es tol­le Phy­si­kapp­lets (teil­wei­se auch in Che­mie anwend­bar) – die muss man auch nicht wegwerfen…
  5. Wer schon immer ein­mal ein Elek­tron­ras­ter­mi­kro­skop für die Schu­le selbst bau­en woll­te, wird hier fün­dig – schlap­pe 2000,- Dol­lar, Soft­ware nicht inklusive.
  6. 500t TNT explo­die­ren unge­fähr so. Naja – zumin­dest strahlt es hin­ter­her nicht.

Ansons­ten begin­nen hier die Oster­fe­ri­en mit der Open­Of­fi­zie­rung der Erwar­tungs­ho­ri­zon­te für das Che­mie­abi­tur für mei­ne 15 Abitur­klau­su­ren auf erhöh­tem Niveau. Ich berei­te dazu auch etwas auf dem Dienst­weg vor. Wird im nächs­ten Jahr bestimmt wie­der anders. Viel­leicht soll­te ich mich auch von Sät­zen wie:

Ich berei­te euch nicht auf das Abitur vor. Ich möch­te, dass ihr im Neben- oder Haupt­fach Che­mie auf dem wei­te­ren Bil­dungs­wegs gut klar­kommt! (dann bekom­men sie ihr Abitur übri­gens auch… )

end­gül­tig verabschieden…


Seltsame Erfahrungen

Ich lei­te gera­de einen Abde­cker­kurs Natur­wis­sen­schaf­ten. Den besu­chen Schü­le­rin­nen und Schü­ler, um Bele­gungs­pflich­ten zu erfül­len – er muss ins Abitur ein­ge­bracht wer­den und es wer­den auch zwei Klau­su­ren geschrie­ben, aber im Prin­zip ist die­ser Kurs eine For­ma­lie. Ent­spre­chend wenig wür­de man kli­schee­haft gedacht dann von den Schü­le­rin­nen und Schü­lern an Leis­tungs­be­reit­schaft erwar­ten. Das ist aber nicht so.

Erfah­rung 1:

Die Mit­ar­beit ist dann am inten­sivs­ten, wenn ich anspruchs­vol­len Stoff auf­be­rei­te. Ver­meint­lich fluf­fi­ge, vom Kurs selbst gewünsch­te The­men – z.B. Dro­gen und Medi­ka­men­te – ver­lo­ren schnell an Schwung, da das dazu not­wen­di­ge che­mi­sche und bio­lo­gi­sche Wis­sen doch recht kom­plex ist, um es sich neben­bei anzu­eig­nen. Grund­la­gen­che­mie, die ande­ren Fächern dient, z.B. Fet­te, Eiwei­ße oder Zucker wur­den ger­ne mit­ge­nom­men – obwohl das eigent­lich recht klas­sisch ist.

Erfah­rung 2:

Wir machen gera­de ein Pro­jekt (Ich war aber der Böse, der es vor­ge­schla­gen hat…). Dabei wol­len wir rund um das The­ma Far­ben Kin­der­gar­ten­kin­dern che­mi­sches Den­ken ver­mit­teln, z.B. mit

  • Rot­kohl­in­di­ka­tor
  • Papier­chro­ma­to­gra­phie
  • einer selbst gebau­ten Lava­lam­pe, deren Funk­ti­on auf Dich­te­un­ter­schie­den beruht
  • Gas- und Schaum­bil­dung (Teil­chenn­mo­dell)
  • Milch­bil­dern (Ten­si­de und Lebensmittelfarbe)

Dabei wer­den uns tat­säch­lich Kin­der­gar­ten­kin­der besu­chen. Die Ver­su­che haben die SuS selbst erar­bei­tet. „Püt­scher, püt­cher, püt­scher“ ist dabei zu wenig – es soll auch ein biss­chen auf kind­ge­rech­tem Niveau um Natur­wis­sen­schaft gehen – Was haben Lebens­mit­tel gemein­sam, die Rot­kohl­saft rot fär­ben usw.?

Die­se Woche durf­ten eini­ge aus dem Kurs „Kind“ spie­len und die Sta­ti­ons­be­treu­er soll­ten mit ihnen die Auf­ga­be an der Sta­ti­on durch­füh­ren. Erst­mal mögen auch Ober­stu­fen­schü­ler ger­ne Kin­der spie­len und es kam tat­säch­lich auch zu durch­aus rea­len Kata­stro­phen (Nicht­ein­hal­tung der Ver­suchs­be­schrei­bun­gen, wil­des Her­um­geman­sche usw.).

Eine Grup­pe hat­te ihren Ver­such per­fekt vor­be­rei­tet – er klapp­te wie am Schnür­chen und auch sinn­vol­le Vor­be­rei­tungs­ver­su­che waren inte­griert.  Allein – sie konn­ten ihren Ver­such über­haupt nicht ver­mit­teln und schon gar nicht kindgerecht.

Mög­li­che Reak­ti­on von mir: „Hm – also das war ja ein­deu­tig Teil der Auf­ga­be und die­se Leis­tung geht jetzt in die Gesamt­no­te ein!“

Es reich­te ein: „Am … sit­zen da sechs neu­gie­ri­ge Kin­der­au­gen, die sich auf den Tag gefreut haben und euch anschau­en.“ – Das saß.

Das hat mich berührt. Ich hat­te den Ein­druck, dass die SuS in die­sem Moment etwas ver­stan­den hat­ten, was sie durch die ers­te Reak­ti­on nie hät­ten ler­nen kön­nen. Viel­leicht den­ke ich da jetzt zu roman­tisch: Aber even­tu­ell braucht Schu­le mehr von die­sen Erkenntnisprozessen.

Es steht im Prin­zip auch im Cur­ri­cu­lum so drin, aber dort ste­hen eben auch lan­ge Lis­ten von abitur­re­le­van­ten The­men. In einem Abde­cker­kurs ist das fast egal – Halb­jah­res­no­te und gut. In einem Kurs auf erhöh­tem Niveau habe ich nicht die Zeit für der­er­lei Luxus. Das ver­meint­lich Unwich­ti­ge bie­tet in der Schu­le nach mei­ner Erfah­rung viel mehr Raum für Frei­heit und Expe­ri­men­te. Des­we­gen bin ich auch ein Freund des Seminarfachs.

Material: Innerer Monolog zum Fräulein von Scuderi

Aus einer kürz­lich geschrie­be­nen Klas­sen­ar­beit – zwi­schen den bei­den Auf­ga­ben konn­te gewählt werden:

Auf­ga­ben­stel­lung 1:

Wäh­rend des im bei­lie­gen­den Text­aus­zu­ges wie­der­ge­ge­be­nen Gesprä­ches geht Oli­vi­er Brusson eini­ges durch den Kopf.

a) Gib sei­ne Gedan­ken durch einen inne­ren Mono­log wie­der. (66%)

b) Begrün­de die Aus­ge­stal­tung dei­nes Tex­tes in der im Unter­richt geüb­ten Art und Wei­se. Beach­te dabei auch die Ent­wick­lung des Gesprächs. (34%)

 

Auf­ga­ben­stel­lung 2:

Wäh­rend des im bei­lie­gen­den Text­aus­zu­ges wie­der­ge­ge­be­nen Gesprä­ches geht Rene Car­dil­lac eini­ges durch den Kopf.

a) Gib sei­ne Gedan­ken durch einen inne­ren Mono­log wie­der. (66%)

b) Begrün­de die Aus­ge­stal­tung dei­nes Tex­tes in der im Unter­richt geüb­ten Art und Wei­se. Beach­te dabei auch die Ent­wick­lung des Gesprächs. (34%)

Und die zu bear­bei­ten­de Textstelle:

Ganz ver­wirrt, bei­na­he besin­nungs­los sit­ze ich in mei­ner Dach­kam­mer, da geht die Tür auf, und René Car­dil­lac tritt her­ein. ‚Um Chris­tus‘ wil­len! was wollt Ihr?‘ schrie ich ihm ent­ge­gen. Er, das gar nicht ach­tend, kommt auf mich zu und lächelt mich an mit einer Ruhe und Leut­se­lig­keit, die mei­nen innern Abscheu ver­mehrt. Er rückt einen alten, gebrech­li­chen Sche­mel her­an und setzt sich zu mir, der ich nicht ver­mag, mich von dem Stroh­la­ger zu erhe­ben, auf das ich mich gewor­fen. ‚Nun Oli­vi­er‘, fängt er an, ‚wie geht es dir, armer Jun­ge? Ich habe mich in der Tat gars­tig über­eilt, als ich dich aus dem Hau­se stieß, du fehlst mir an allen Ecken und Enden. Eben jetzt habe ich ein Werk vor, das ich ohne dei­ne Hil­fe gar nicht voll­enden kann. Wie wär’s, wenn du wie­der in mei­ner Werk­statt arbei­te­test? – Du schweigst? – Ja, ich weiß, ich habe dich belei­digt. Nicht ver­heh­len wollt‘ ich’s dir, daß ich auf dich zor­nig war wegen der Lie­be­lei mit mei­ner Made­lon. Doch recht über­legt habe ich mir das Ding nach­her und gefun­den, daß bei dei­ner Geschick­lich­keit, dei­nem Fleiß, dei­ner Treue ich mir kei­nen bes­sern Eidam wün­schen kann als eben dich. Komm also mit mir und sie­he zu, wie du Made­lon zur Frau gewin­nen magst.«BR> Car­dil­lacs Wor­te durch­schnit­ten mir das Herz, ich erbeb­te vor sei­ner Bos­heit, ich konn­te kein Wort her­vor­brin­gen. ‚Du zau­derst‘, fuhr er nun fort mit schar­fem Ton, indem sei­ne fun­keln­den Augen mich durch­boh­ren, ‚du zau­derst? – du kannst viel­leicht heu­te noch nicht mit mir kom­men, du hast ande­re Din­ge vor! – du willst viel­leicht Des­grais besu­chen oder dich gar ein­füh­ren las­sen bei d’Ar­gen­son oder la Regnie. Nimm dich in acht, Bur­sche, daß die Kral­len, die du her­vor­lo­cken willst zu ande­rer Leu­te Ver­der­ben, dich nicht selbst fas­sen und zer­rei­ßen.‘ Da macht sich mein tief empör­tes Gemüt plötz­lich Luft. ‚Mögen die‘, rufe ich, ‚mögen die, die sich gräß­li­cher Untat bewußt sind, jene Namen füh­len, die Ihr eben nann­tet, ich darf das nicht – ich habe nichts mit ihnen zu schaf­fen.‘ ‚Eigent­lich‘, spricht Car­dil­lac wei­ter, ‚eigent­lich, Oli­vi­er, macht es dir Ehre, wenn du bei mir arbei­test, bei mir, dem berühm­tes­ten Meis­ter sei­ner Zeit, über­all hoch­ge­ach­tet wegen sei­ner Treue und Recht­schaf­fen­heit, so daß jede böse Ver­leum­dung schwer zurück­fal­len wür­de auf das Haupt des Ver­leum­ders. – Was nun Made­lon betrifft, so muß ich dir nur geste­hen, daß du mei­ne Nach­gie­big­keit ihr allein ver­dan­kest. Sie liebt dich mit einer Hef­tig­keit, die ich dem zar­ten Kin­de gar nicht zutrau­en konn­te. Gleich als du fort warst, fiel sie mir zu Füßen, umschlang mei­ne Knie und gestand unter tau­send Trä­nen, daß sie ohne dich nicht leben kön­ne. Ich dach­te, sie bil­de sich das nur ein, wie es denn bei jun­gen ver­lieb­ten Din­gern zu gesche­hen pflegt, daß sie gleich ster­ben wol­len, wenn das ers­te Milch­ge­sicht sie freund­lich ange­blickt. Aber in der Tat, mei­ne Made­lon wur­de siech und krank, und wie ich ihr denn das tol­le Zeug aus­re­den woll­te, rief sie hun­dert­mal dei­nen Namen. Was konnt‘ ich end­lich tun, wollt‘ ich sie nicht ver­zwei­feln las­sen? Ges­tern abend sagt‘ ich ihr, ich wil­li­ge in alles und wer­de dich heu­te holen. Da ist sie über Nacht auf­ge­blüht wie eine Rose und harrt nun auf dich, ganz außer sich vor Lie­bes­sehn­sucht.‘ – Mag es mir die ewi­ge Macht des Him­mels ver­zei­hen, aber selbst weiß ich nicht, wie es geschah, daß ich plötz­lich in Car­dil­lacs Hau­se stand, daß Made­lon, laut auf­jauch­zend: ‚Oli­vi­er – mein Oli­vi­er – mein Gelieb­ter – mein Gat­te!‘ auf mich gestürzt, mich mit bei­den Armen umschlang, mich fest an ihre Brust drück­te, daß ich im Über­maß des höchs­ten Ent­zü­ckens bei der Jung­frau und allen Hei­li­gen schwor, sie nim­mer, nim­mer zu verlassen!“

Quel­le: http://gutenberg.spiegel.de/buch/3084/1

Bei der Refle­xi­on soll­ten der inhalt­li­che Kon­text der Text­stel­le, die inne­re Welt, die äuße­re Welt, der Cha­rak­ter der jewei­li­gen Figur und ggf. sprach­li­che Beson­der­hei­ten des Ori­gi­nal­tex­tes Berück­sich­ti­gung fin­den. Das ist gar nicht so einfach…

Über (die meisten?) Lehrer

So sieht ein Autor die meis­ten von uns Leh­rern, der öfter in der TAZ veröffentlicht:

Leh­rer, die einen geglie­der­te Schu­le aner­ken­nen oder sogar anbe­ten, müs­sen sich einen neu­en Job suchen. Wir las­sen auch kei­ne Päd­eras­ten, Nazis, Kom­mu­nis­ten etc. auf unse­re Kin­der los.“

(Chris­ti­an Fül­ler, Publi­zist und Autor auf sei­ner Web­sei­te http://www.pisaversteher.de)

Das Zitat stammt aus einem län­ge­ren Arti­kel, der auch die Hin­ter­grün­de die­ser Aus­sa­ge dar­stellt (wesent­lich für das Ver­ständ­nis des Arti­kels ist eine geschicht­li­che Ana­lo­gie). Man kann dort auch kom­men­tie­ren. Chris­ti­an Fül­ler ist nach sei­nen Aus­sa­gen auf der Web­platt­form Twit­ter an einem kla­ren Kom­mu­ni­ka­ti­ons­stil gelegen.

Ich bin zur Zeit rat­los, wie ich damit umge­he. Und froh bin ich: Dass hier vor Ort fast nie­mand mir auf Twit­ter folgt. Wie es zu einem Zitat die­ser sprach­li­chen Bau­art kommt, wäre wahr­schein­lich nicht ver­mit­tel­bar und wür­de vie­le Bemü­hun­gen der letz­ten Jah­re zu Staub zer­fal­len lassen.

Da das Zitat nicht das mei­ne ist, soll­te die Dis­kus­si­on auch nicht hier, son­dern direkt in Chris­ti­an Fül­lers Blog statt­fin­den. Daher habe ich unde­mo­kra­tisch die Kom­men­ta­re für die­sen Arti­kel deaktiviert.

Virtual Choir 2.0 – Hach…

Lisa Rosa will auf Twit­ter gera­de der Fra­ge nach­ge­hen, wel­ches Gefühl sich hin­ter „Hach!“ in Tweets ver­birgt – nun denn: Ich bin immer noch beein­druckt (rela­tiv weit unten, etwas rechts von der Mit­te) – Klick für vol­le Größe:

Und die Cre­dits sind an einer Stel­le auch gaa­anz toll (unten rechts, Klick für vol­le Größe):

In Deutsch­land schreibt so gut wie nie einer mei­nen vol­len Namen rich­tig. So – jetzt aber Schluss mit der Selbst­be­weih­räu­che­rung – Kor­rek­tu­ren warten…

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