Trennung von Sach- und persönlicher Ebene auf Social Media
Manchmal kommen alte Süchte wieder auf und ich ertappe mich dabei, der Welt jetzt etwas Bahnbrechendes sagen zu wollen. Ein Tweet von Verena Knoblauch wurde mir in den Feedreader gespült, den ich so wichtig finde:
Die verschiedenen Kommunikationsebenen im Modell von Schulz von Thun (eigentlich ein Aufguss der Transaktionsanalyse) sind untrennbar(!) immer Teil einer Botschaft – auf Sender- wie Empfängerebene. Ich kann versuchen, meine Botschaft zu „versachlichen“, ich kann aber nicht bestimmen, auf welcher Ebene sie wahrgenommen wird – die Gefühle des Gegenübers befinden sich außerhalb meines Einflussbereiches. Vielleicht liegt gerade in einer vermeintlichen Versachlichung der Grund darin, dass mein Gegenüber verletzt reagiert. Der Wunsch nach Versachlichung ist damit – plakativ formuliert – der Wunsch, die Wahrnehmung meines Gegenübers zu kontrollieren, um mich nicht selbst einem emotionalen Gespräch auszusetzen – das sehe ich als eine Art von Machteingriff.
Dazu kommt, dass bei einer Fokussierung auf „Text“, wie sie in Socialmedia bestimmend ist, kompensatorische pragmatische Kommunikationselemente (Tonalität, Körpersprache, Dynamik, Sprechgeschwindigkeit etc.) schlicht wegkastriert sind. Emoticons, Smileys usw. stellen selbst schon wieder meine eigene Interpretation meiner Botschaft dar, während pragmatische Aspekte durch mich oft nicht in dieser Weise kontrollierbar sind oder in eine einfache ikonische Darstellung gepresst werden können.
Ein häufiger Rat besteht darin, auf emotionale Erwiderungen (oder auf solche, die ich wiederum emotional deute) entweder nicht oder auf einer Sachebene zu reagieren. Beides mögen gute Konzepte für den Selbstschutz sein – zu einer Versachlichung vermögen sie meiner Ansicht nach nicht beizutragen, weil Erwartungen auf z.B. der Beziehungsebene damit maximal ignoriert werden. Das Bedürfnis nach z.B. Deutungshoheit ist kein sachliches, sondern für mich ein zutiefst emotionales.
Um die Ausgangsfrage des Tweets zu beantworten: Ich glaube, das geht nicht.
Und: Das gleiche „Gespräch“ würde beim einem Bier ganz anders verlaufen inklusive Auswirkungen auf künftige Twitterschlachten.
Ich teile deine Ansicht und glaube, die Frage ist falsch gestellt. Wie sie gemeint war, weiß ich allerdings nicht, weil ich den Kontext nicht kenne. Wie lautet die Frage zu der Antwort, dass man zehn Minuten warten sollte vor dem Antworten?