Für den Philologenverband – Fremdschämen ist angesagt

Ich bin schon vor Jah­ren aus dem Phi­lo­lo­gen­ver­band aus­ge­tre­ten. Das hat­te im Wesent­li­chen mit den Inhal­ten der Ver­bands­mit­tei­lun­gen zu tun. Inno­va­tio­nen und ande­re Per­spek­ti­ven konn­te man mei­ner Mei­nung nach stets mit der Lupe suchen.

In letz­ter Zeit gab es wie­der einen abso­lu­ten Klop­fer: Ein Mit­glied äußer­te sich in der Ver­bands­zeit­schrift kri­tisch gegen­über der Fri­days4­Fu­ture-Bewe­gung. Das gehört zu einem gesun­den demo­kra­ti­schen Pro­zess und zur frei­en Mei­nungs­äu­ße­rung. Aber ein Name stand da nicht. Über die Grün­de lässt sich spekulieren.

Heu­te:

https://www.news4teachers.de/2019/08/a13-fuer-alle-lehrer-philologen-kuendigen-widerstand-an-sie-beharren-auf-mehr-geld-fuer-gymnasiallehrer/amp/?__twitter_impression=true

Grund­schul­lehr­kräf­te sol­len nicht höher besol­det wer­den – sagt der hes­si­sche Bil­dungs­mi­nis­ter. Und der deut­sche Dach­ver­band der Phi­lo­lo­gen steigt dar­auf ein:

https://www.dphv.de/aktuell/nachrichten/details/article/zur-eingruppierung-von-grund-und-gymnasiallehrkraeften-wertschaetzung-aller-lehrkraefte-ja-untersc.html

Ich bin Gym­na­si­al­leh­rer – zumin­dest noch der Aus­bil­dung nach. Ich bil­de mir ein, Men­schen zu soli­da­ri­schem Han­deln und demo­kra­ti­schen Den­ken befä­hi­gen zu sol­len. Das ich für mich der Kern des Gym­na­si­ums. Den sehe ich in die­sem Stan­des­den­ken nicht. Es zeugt von abso­lu­ter Ahnungs­lo­sig­keit bezüg­lich des ste­tig wach­sen­den Anspruchs an den Grund­schu­len. Ich habe nicht einen Cent weni­ger in der Tasche, nur weil Grund­schul­leh­rer mehr bekom­men – mei­net­we­gen zahlt die all­ge­mei­ne Stel­len­zu­la­ge dann nur den Gymnasiallehrkräften.

Nicht mei­ne Inter­es­sen­ver­tre­tung. Gute Ent­schei­dung damals.

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7 Kommentare

  • Ich war bewusst nie Mit­glied. Aber ich bezweif­le, dass der Grund für die Ableh­nung allein Stan­des­dün­kel ist. Denn das Argu­ment „Ich habe nicht einen Cent weni­ger in der Tasche, nur weil Grund­schul­leh­rer mehr bekom­men“, man hört es oft, hal­te ich für zu kurz gedacht, an der Gren­ze zum Unred­li­chen. Krie­ge ich in Bay­ern am Gym­na­si­um dann noch mei­ne Regel­be­för­de­rung nach A14, mei­ne Funk­ti­ons­be­för­de­rung nach A15? Die­se Beden­ken hät­te ich gern aus dem Weg geräumt, bevor ich das allein auf Stan­des­dün­kel zurück­füh­re. Ob die­se Beför­de­run­gen über­haupt gerecht­fer­tigt sind: dis­ku­tie­rens­wert, ja.

    Danach kann man immer noch über den Stan­des­dün­kel reden, den es gibt, klar.

    • Ich glau­be nicht, dass die For­de­rung nach ein­heit­li­cher Bezah­lung auto­ma­tisch mit der For­de­rung nach ein­heit­li­chen Auf­stiegs­mög­lich­kei­ten ver­knüpft sein muss oder dass das zur Zeit jemand for­dert. Das wäre an Grund­schu­len auch kaum zu recht­fer­ti­gen, weil die Sys­tem­grö­ße prin­zip­be­dingt viel klei­ner ist.

      Davor wird man sich auch in Krei­sen des lin­ken Spek­trums hüten – so groß ist das Schreck­ge­spenst des „Ein­heits­leh­rers“. In Nie­der­sach­sen gibt es als Gym­na­si­al­lehr­kraft A13+Z. Eine Regel­be­för­de­rung gibt es nicht. A14 unter­schei­det sich dadurch net­to nur wenig vom Grund­ge­halt (weil da das Z weg­fällt) und erfor­dert genau wie spä­ter A15 ein Bewer­bungs­ver­fah­ren. Bei vie­len A15-wer­ti­gen Auf­ga­ben bin ich mir nicht sicher, ob man im öffent­li­chen Dienst jemand mit dem Sta­tus eines lei­ten­den Dezer­nen­ten (E15) damit betrau­en wür­de – z.B. bei sol­chen Din­gen wie der Betreu­ung und Orga­ni­sa­ti­on des Abiturs. An Schu­le macht man das. Ich bin mir unsi­cher des­we­gen, ob es unge­recht­fer­tigt ist. Da kommt ja eini­ges zusam­men, was reinspielt.

      Wenn öffent­lich immer wie­der der Ein­druck des Stan­des­dün­kels ent­steht, könn­te ver­bands­sei­tig eine Stra­te­gie dar­in bestehen, dif­fe­ren­zier­ter zu argu­men­tie­ren – wo the­ma­ti­siert z.B. jemand die Gehalts­un­ter­schie­de zwi­schen ver­be­am­te­ten und ange­stell­ten Lehrkräften? 

  • Oh ja, ob A15 für die meis­ten schu­li­schen Zusam­men­hän­ge gerecht­fer­tigt ist, kann man unbe­dingt hin­ter­fra­gen. Meist dürf­te das nicht zutreffen. 

    Mir ging es auch gar nicht um ein­heit­li­che Auf­stiegs­mög­lich­kei­ten. Aber ich sage vor­aus: Wenn in Bay­ern A13 für Grund­schu­le, dann wird A14/15 für Gym­na­si­um redu­ziert. Dann haben wir nie­der­säch­si­sche Ver­hält­nis­se hier… :-) Auch wenn das sinn­voll und gerecht sein mag.

    Beam­ten­sta­tus: Ja, auch so ein The­ma. Bay­ern ver­be­am­tet ja noch weit­ge­hend, aber es gibt auch Ange­stell­te. Nicht wirk­lich zu recht­fer­ti­gen, schon der Beam­ten­sta­tus an sich ist sehr frag­wür­dig. (Er erleich­tert den Umgang mit Vor­ge­setz­ten und Eltern, das schon, aber ob das als Recht­fer­ti­gung reicht?)

  • Kolb, Gerald, Prof. Dr. Dr.

    Bei einer Ver­be­am­tung erfor­dert die Besol­dung nach der Ein­gangs­stu­fe A 13 ein wis­sen­schaft­li­ches (sic!) Umi­ver­si­täts­stu­di­um mit Abschluss (i.e. Diplom, Magis­ter, Staats­examen, heuzt­zu­ta­ge auch Mas­ter, Pro­mo­ti­on, letz­te­re bei den sel­te­nen rei­nen Pro­mo­ti­ons­stu­di­en­gän­gen), unab­hän­gig von Dienstart und Beruf (Gym­na­si­al­leh­rer, Juris­ten, Ärz­te an Uni­ver­si­tä­ten oder beam­ten­recht­lich ver­gleich­ba­ren öffent­li­chen Ein­rich­tun­gen, Stabs­ärz­te oder ande­re Offi­zie­re mit entspr. uni­ver­stä­re­rer Bil­dung, Per­so­nen mit Inge­nieurs­di­plom der unter­schied­li­chen Fach­rich­tun­gen u. v. a.. Eine gewis­se Aus­nah­me (unter­schied­li­che Zugangs­we­ge) stel­len bereits seit Jahr­zehn­ten die Berufs­schul­leh­rer dar, die zusätz­lich zur A 13 Besol­dung auch – war­um weiß ich nicht, wahr­schein­lich um den auf Aus­bil­dung und Stu­di­um bezo­ge­nen besol­dungs­recht­li­chen Bruch zu recht­fer­ti­gen – den Grad eines Studienrates/Studienrätin zuer­kannt beka­men. Wer also eine A 13 Besol­dung möch­te, soll­te ein wis­sen­schaft­li­ches Uni­ver­si­täts­stu­di­um absol­vie­ren oder die Vor­aus­set­zun­gen zum Berufs­schul­leh­rer erfüllen.

    • Von einer for­ma­len Ebe­ne aus gedacht stimmt das. Es wür­de fol­ge­rich­tig bedeu­ten, dass auch für Lei­tungs­po­si­tio­nen in gro­ßen Grund­schu­len kei­ne Besol­dung nach A13 in Fra­ge kommt, wenn kein wis­sen­schaft­li­ches Uni­ver­si­täts­stu­di­um als Zugangs­vor­aus­set­zung gege­ben ist. Ich sehe in die­sen Ansät­zen kla­res Stan­des­den­ken, was sich m.E. mit Bezug zur Arbeits­markt­si­tua­ti­on für Lehr­kräf­te auf Dau­er als Ana­chro­nis­mus mit Fol­gen erwei­sen wird. Die Depro­fes­sio­na­li­sie­rung im immens wich­ti­gen Grund­schul­be­reich nimmt gera­de in städ­ti­schen Brenn­punk­ten erschre­cken­de Aus­ma­ße an. Dabei ist die Besol­dung nur ein unwe­sent­li­cher Fak­tor, der aber auch Aus­druck von gesell­schaft­li­cher Wert­schät­zung ist – oder eben nicht.

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