Reflexionsfreie Zone
Menschen in sozialen Berufen sind teilweise in ihren Arbeitsverträgen dazu verpflichtet, an Supervisionen teilzunehmen. In den Sitzungen werden z.B. Konflikte innerhalb des Teams aufgearbeitet, Wege aufgezeigt, um mit anvertrauten Personen besser umzugehen und es werden auch oft genug das eigene Handeln und die eigene Persönlichkeit infrage gestellt.
Ich kenne Supervision schon aus meiner Arbeit mit Klassentagungen – einmal im Halbjahr war es mehr als erwünscht, wenn nicht sogar verpflichtend, an Supervisionen teilzunehmen. Da ging es gut zur Sache – mit Psychodrama, Rollentausch, Tränen und allem Drum und Dran. Die Sitzungen bewegten sich oft ganz und gar nicht in der Komfortzone.
Wieder in Kontakt mit Supervision bin ich erst zwanzig Jahre später in meiner Ausbildung als medienpädagogischer Berater gekommen. Viele von uns haben genölt und sich gefragt, was z.B. Konfliktbewältigungsstrategien mit Medienberatung zu tun haben. Mittlerweile ist es mit dem Genöle still geworden. Es entwickelt sich zu einer Kernkompetenz, Strukturen zu analysieren, Konfliktgespräche zu führen, Kritik ernst zu nehmen und mit ihr umzugehen. Technik: 5% – Mensch: 95%.
Die superduper Homepage nützt z.B. gar nichts, wenn sich der Betreuer immer selbst um alle Informationen kümmern muss, den Kollegen hinterherläuft und dabei keine Unterstützung von der Leitung erhält: „Hä? Kriegt doch genau dafür eine Entlastungsstunde!“ (Nein! Er bekommt die Entlastung für eine aktuelle Homepage).
In Follow-Ups zu unserer Ausbildung dürfen wir Erlebnisse mitbringen, die dann bearbeitet werden. Und das werden sie. Und auch ein Maik Riecken bekommt da hin und wieder verdienten Lack. Auf diesen Veranstaltungen stellen sich für mich oft Weichen für die Zukunft – mir wird klar, was mir gut tut und was mich im Leben langfristig nicht weiterbringt. Ich bilde mir ein, dass das für meine Zufriedenheit, meine Distanzfähigkeit und vor allem meine Gesundheit ein große Rolle spielt.
Aber ich bin wohl auch ein Weichei. Die Arbeit an Schule ist psychisch immer Zucker. Da gibt es nicht aufzuarbeiten. Da gibt es keine psychologisch induzierten Krankheiten wie Kopf- und Rückenschmerzen (Verspannungen), Alkoholismus, Tinnitus oder einfach innere Emigration in die Kauzigkeit oder andere Dinge. Mit Kollegen versteht man sich grundsätzlich gut.
Jede Annahme von Hilfe von außen ist eh ein Zeichen von Schwäche und davon, dass im Kollegium etwas nicht stimmt. Wo kämen wir dahin, uns und unsere Persönlichkeit infrage zu stellen! Wir sind fertig, wir brauchen das nicht! Und dann die Finanzierung: 120,- Euro Stundensatz für einen guten Supervisor? 240,- Euro für zwei Stunden durch ca. 10 Personen teilen – jedes Vierteljahr? Das muss doch der Dienstherr bezahlen (objektiv völlig korrekt). Das Geld stecke ich doch lieber ins Auto – oder Motorrad oder in den Handyvertrag und leide ansonsten still vor mich hin.
Nicht nur ich bin verwundert, dass ausgerechnet in Schule – deren pädagogische Ausrichtung ja immer als Beleg dafür herhalten darf, nicht mit wirtschaftlichen Strukturen vergleichbar zu sein – ein in meinen Augen zentrales Instrumentarium von Personalentwicklung weder finanziert noch einfordert, welches in fast allen anderen vergleichbaren pädagogischen Kontexten üblich oder gar obligatorisch ist.
Schön zusammengefasst!