Was bedeutet für mich Bildung?

Ich kom­me sel­ten dazu, schlaue geis­tes­wis­sen­schaft­li­che Abhand­lung zum Bil­dungs­be­griff zu lesen. Ich kann mich nicht mit gro­ßem, fun­dier­tem Wis­sen zu Bil­dungs­theo­rien ande­rer schlau­er Leu­te schmü­cken. Aber neu­lich kam mir ein Gedan­ke für eine Ana­lo­gie, die mei­nen per­sön­li­chen, völ­lig unwis­sen­schaft­li­chen Bil­dungs­be­griff recht gut beschreibt, der sich aus pri­va­ten und beruf­li­chen Quel­len speist. Ich schaue dabei immer wie­der auf mei­ne Bil­dungs­his­to­rie und vor allem auf die Rol­le von Schu­le und Universität.

Bil­dung hat für mich zwei wesent­li­che Kom­po­nen­ten. Struk­tur und Inhal­te. Ich sehe die­se bei­den Kom­po­nen­ten ein­zeln als völ­lig wert­los an. Sieht man das Ver­hält­nis zwi­schen bei­den als dicho­to­misch an, so wird ein Schuh daraus.

Das ist ähn­lich wie ein Lager (Struk­tur) mit Pake­ten (Inhal­te). In einem Lager befin­den sich Rega­le. Viel­leicht fah­ren da auch Robo­ter hin und her, die von einem kom­pli­zier­ten Steue­rungs­sys­tem betrie­ben wer­den. Viel­leicht machen das Men­schen – wir haben hier vor Ort einen Laden, bei dem man beim ers­ten Hin­se­hen nicht ver­mu­ten könn­te, dass es eine Struk­tur gibt – aber sie ist vor­han­den (und ermög­licht sogar das Auf­fin­den eines Kän­gu­ruh-Half­ters nach Jahr­zehn­ten). Unnö­tig zu erwäh­nen, dass die­ser Laden ohne einen Inter­net­auf­tritt auskommt.

In jedem Lager befin­den sich Pake­te, die inner­halb der Struk­tur einen Platz besit­zen und meist auch irgend­wann eine Funk­ti­on erfül­len. Wenn es kei­ne Pake­te gibt, ist der Betrieb des Lagers als Selbst­zweck irgend­wie doof. Wenn es kei­ne Lager­struk­tu­ren gibt, wird es mit der Ver­wert­bar­keit der Pake­te schnell schwie­rig. Lager und Pake­te gehö­ren also zusam­men wie die zwei Sei­ten eines Blatts Papier – ein dicho­to­mi­sches Verhältnis.

Ein moder­nes Lager orga­ni­siert sich heut­zu­ta­ge übri­gens immer neu, besitzt also im Prin­zip wenig fest­ste­hen­de Struk­tu­ren. Ein­zel­ne Pake­te oder „Wis­sens­ar­te­fak­te“ sind da weni­ger dyna­misch – wobei es natür­lich immer auf das Wis­sens­ge­biet ankommt.

Bei­spie­le für Strukturerwerb

Ich habe frü­her mal Jugend­ar­beit gemacht, unter ande­rem auch Frei­zeit­ar­beit. Ich war in einem Jahr der Ältes­te und Erfah­rens­te in einem Team. Wenn es Regeln durch­zu­set­zen galt, muss­te ich das machen. Ich hat­te nach einer Woche das Gefühl, bei den Teil­neh­men­den völ­lig unten durch zu sein. In der abend­li­chen Refle­xi­on mit ande­ren Team­ern gab es dann eine inter­es­san­te Hypo­the­se: Die Teil­neh­mer hass­ten nicht mich, son­dern das was ich tat. Ob es so war, weiß ich nicht. Ich habe in der Situa­ti­on jedoch den Unter­schied zwi­schen Rol­le und Per­son begrif­fen und konn­te die­se Struk­tur dann spä­ter in mein „Lager“ als gund­le­gen­de Orga­ni­sa­ti­ons­form inte­grie­ren. Sie hilft mir heu­te in mei­ner Tätig­keit als Lehr­kraft wie auch in Bera­tungs­pro­zes­sen – man kann vor die­ser Folie Ver­hal­ten anders einordnen.

Wei­ter­hin gibt es in der Che­mie ein didak­ti­sches Kon­zept namens „Dona­tor-/Ak­zep­tor­prin­zip“. Die grund­sätz­li­che Struk­tur dabei ist, dass Teil­chen von A nach B über­tra­gen wer­den. Man kann mit die­sem Kon­zept schon sehr früh begin­nen. Im Lau­fe des Che­mie­un­ter­richts ändert sich eigent­lich „nur“, dass der Auf­bau von A, B und dem Teil­chen immer kom­pli­zier­ter wird. Das Prin­zip bzw. die Struk­tur „Donator/Akzeptor“ bleibt jedoch. Ohne die­se Struk­tur müss­te man jedes Paket ein­zeln in ein Regal tra­gen und wür­de gar nicht sehen, dass man sie ggf. platz­spa­rend inein­an­der­sta­peln kann und damit Men­gen an intel­lek­tu­el­ler Kapa­zi­tät blockieren.

Bei­spie­le für den Paketerwerb

Es gibt manch­mal die Situa­ti­on, dass man bestimm­te Pake­te braucht bzw. besit­zen muss, um die Not­wen­dig­keit zu sehen, dass die­se gela­gert wer­den müs­sen oder um über­haupt einer Lage­rungs­struk­tur ent­wi­ckeln zu können.

Voka­beln einer Fremd­spra­che sind für mich so ein Bei­spiel. Wenn ich sie nicht ken­ne (erwer­ben kann ich sie frei­lich recht unter­schied­lich), wird es mir schwer­fal­len, die Struk­tur einer Spra­che zu erfas­sen. Der Sprach­er­werb von Kin­dern erfolgt ja oft über Wor­te, die dann in eine zu begrei­fen­de Struk­tur (Gram­ma­tik einer Spra­che) zu inte­grie­ren sind, damit Kom­mu­ni­ka­ti­on gelingt. Ob man eine Fremd­spra­che durch ande­re Unter­richts­for­men erler­nen kann, wird gera­de hier in Nie­der­sach­sen durch ein neu­es Kern­cur­ri­cu­lum Eng­lisch aus­pro­biert. Im Prin­zip ver­sucht die­ses so zu tun, als wür­de der Sprach­er­werb wie bei einem nati­ve Spea­k­er erfol­gen kön­nen – aller­dings in Deutsch­land. Mal sehen, ob es klappt.

Ich moch­te Geschich­te als Schü­ler nie, bemer­ke aber, dass ich ein­zel­ne Wis­sens­pa­ke­te jetzt in eine Ver­bin­dung brin­gen, d.h. Struk­tu­ren mit Hil­fe vor­han­de­ner Inhal­te auf­bau­en kann, von denen ich lan­ge Zeit nicht wuss­te, wo ich sie im Lager hin­stel­len soll­te. Die Pake­te waren zur Schul­zeit also voll­kom­men sinn­frei und haben irgend­wo in einer Ecke des Lagers gestan­den, wo sie ver­staubt sind. Dass sie ein­mal wich­tig wer­den wür­den, wuss­te ich damals nicht. Lei­der ist es schwer vor­aus­zu­se­hen, für wel­che Pake­te das im Leben eines Men­schen gel­ten wird. Daher beruht soet­was wie „Bil­dungs­ka­non“ im Grun­de auf einer breit gestreu­ten Spekulation.

Aus­ein­an­der­set­zun­gen um die „rich­ti­ge“ Art von Bildung

Grob gespro­chen gibt es für mich in der Bil­dungs­dis­kus­si­on zwei Pole: Den der Inhal­te und den der Struk­tu­ren. Streit gibt es oft dar­über, wie man sich „rich­tig“ zwi­schen den Polen positioniert.

Extrem­po­si­ti­on 1:

Pake­te, die man vor­ge­setzt bekommt, ent­sprin­gen dem indus­tri­el­len Zeit­al­ter. Pake­te sucht man sich selbst und baut damit sei­nen eige­nen Struk­tu­ren. Eigent­lich sind pri­mär die Struk­tu­ren wich­tig, da es eh viel zu vie­le Pake­te in der Wis­sens­ge­sell­schaft gibt und zum ande­ren am Anfang der Schul­zeit noch gar nicht klar sei kann, wel­che Pake­te man spä­ter mal fin­den und aus­lie­fern muss. Pake­te lie­gen heu­te eh alle fer­tig in Digi­ta­li­en her­um. Fin­den und aus­pa­cken reicht eigent­lich auch schon.

Extrem­po­si­ti­on 2:

Wenn man nie ein vor­struk­tu­rier­tes Lager gese­hen hat, bei dem man genö­tigt wur­de, Pake­te an vor­ge­ge­be­ne Plät­ze zu stel­len, d.h. wenn man nie ein Bei­spiel für ein Lager gese­hen und erlebt hat, wird man kein eige­nes Lager bau­en kön­nen. Lehr­jah­re sind kein Her­ren­jah­re. Und es gibt Men­schen, die eben wis­sen, was gut und recht ist und was ein Staats­bür­ger eben so kön­nen muss. Das vor­ge­be­ne Lager kann ja dann als Refe­renz- und Bezugs­punkt für das eige­ne Lager die­nen. Und wenn ich alle Pake­te in Digi­ta­li­en erst suchen muss, wer­de ich nicht effi­zi­ent arbei­ten kön­nen oder Struk­tu­ren ent­wi­ckeln, die nicht effi­zi­ent sind und intel­lek­tu­el­le Kapa­zi­tä­ten blockieren.

Zwi­schen­fra­gen

  1. Es gibt Lager­an­ord­nun­gen, die sinn­voll und eff­zi­ent sind, um mög­lichst vie­le Pake­te in kur­zer Zeit struk­tu­riert abzu­le­gen und abru­fen zu kön­nen. Es gibt dazu bestimmt auch Alter­na­ti­ven, z.B. kann man klas­sisch schrift­lich Mul­ti­pli­zie­ren oder eben auch ganz anders. Wann ist die eige­ne Suche nach Struk­tu­ren weni­ger effi­zi­ent als die Adap­ti­on vorhandener?
  2. Das ver­füg­ba­re Wis­sen der Welt wächst expo­nen­ti­ell. Der Anspruch, mög­lichst das für das eige­ne Leben rele­van­te Wis­sen im Rah­men eines vor­ge­ge­be­nen Bil­dungs­ka­nons zu erwer­ben ist ein härer, kaum zu bewäl­ti­gen­der. Wann ist die Aus­sa­ge „Man kann nicht alles wis­sen!“ kor­rekt und wann negiert sie, dass es Struk­tu­ren gibt, auf denen sich Wis­sen bes­ser oder schlech­ter auf­bau­en lässt?

Aktu­ell

Aktu­ell wird dis­ku­tiert, inwie­weit Infor­ma­tik ein Bestand­teil von Unter­richt sein soll­te wie etwa Che­mie, Phy­sik oder Bio­lo­gie, Die Geg­ner sagen: „Es will ja nicht jeder Com­pu­ter­nerd wer­den!“ – Ich sage: „Soso. Aber jeder will Che­mi­ker, Phy­si­ker oder Bio­lo­ge wer­den!“ Neben­bei neh­me ich wahr – wahr­schein­lich als ein­zi­ger – das die Infor­ma­ti­ons­tech­no­lo­gie zuneh­mend unse­ren All­tag bestimmt, wir aber immer weni­ger von den zugrun­de­lie­gen­den Struk­tu­ren wissen.

Wenn ein Kind kei­ne Eiche mehr erkennt, ist das scha­de. Wenn gan­ze Gesell­schaf­ten unre­flek­tiert infor­ma­ti­ons­tech­ni­sche Sys­te­me bedie­nen, von deren Funk­ti­on oft das Leben abhängt, ist das völ­lig selbst­ver­ständ­lich. Das Wis­sen über die­se Struk­tu­ren braucht kei­ner, weil es müh­sam und belas­tend ist – über Che­mie höre ich übri­gens in der Rück­schau ehe­ma­li­ger Schü­ler mit ent­spre­chen­der Che­mie­leh­rer­bio­gra­phie gleiches.

Man könn­te ja auch anders argu­men­tie­ren: Weil infor­ma­ti­ons­tech­ni­sche Sys­te­me unse­ren All­tag eben­so wie bio­lo­gi­sche, phy­si­ka­li­sche oder che­mi­sche Pro­zes­se bestim­men, wäre eine Ein­füh­rung in grund­le­gen­de Struk­tu­ren so doof nicht. Infor­ma­tik – obwohl nicht „mein“ Fach – ist eine Wis­sen­schaft rund um die Struk­tu­ren infor­ma­ti­ons­tech­ni­scher Sys­te­me. Pro­gram­me und Hard­ware braucht man, um dar­über etwas zu ler­nen. Sie sind aber aus­tausch­ba­re Pakete.

Wei­ter­hin ist das „Pro­jekt­ler­nen“ zur­zeit ein neu­er päd­ago­gi­scher Mode­be­griff: Schü­le­rin­nen und Schü­ler suchen sich hier ihre Pake­te und Struk­tu­ren selbst. Ich habe mit dem Pro­jekt­ler­nen in der Regel nur dann sehr gute Erfah­run­gen gemacht, wenn bestimm­te Struk­tu­ren bereits vor­han­den waren. Dazu gehö­ren fach­li­che, metho­di­sche Struk­tu­ren aber auch Per­sön­lich­keits­merk­ma­le, die für das gewähl­te Pro­jekt oder The­ma dann kon­sti­tu­ie­rend sind.

Fazit

Inhalt und Struk­tur gehen immer Hand in Hand. In der Dis­kus­si­on um „gute Bil­dung“ wird mir momen­tan zu sehr polarisiert.

Zum Wei­ter­den­ken und ‑lesen

Zufäl­lig arbei­tet Jean-Pol Mar­tin zur­zeit an einem recht ähn­li­chen Gedan­ken mit jedoch etwas ver­scho­be­nem Fokus, indem er  – um in mei­nem Bild zu blei­ben – die erfolg­rei­che Inte­gra­ti­on von Pake­ten in eine Lager­struk­tur sogar mit glücks­brin­gen­den Erfah­run­gen asso­zi­iert – der Pro­zess der Ein­ord­nung („Kon­zep­tua­li­sie­rung“) als sinn­stif­ten­des Moment unse­res Lebens.

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17 Kommentare

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  • Schö­ne, mög­li­cher­wei­se nütz­li­che Ana­lo­gie. Ich ver­mis­se aller­dings Aus­sa­gen zu den Inhal­ten der Pake­te. Für Extrem­po­si­ti­on 1 scheinst du mir zu sagen, dass der Inhalt selbst­ge­wählt sein muss und auch das Abla­ge­sys­te, in Extrem­po­si­ti­on 2 scheint es mir vor allem um das Ver­wen­den vor­ge­ge­be­ner Struk­tu­ren zu gehen – die Sor­tie­rung steht im Vor­der­grund und nicht der Paket­in­halt. Meinst du das so? Ich wür­de da nicht nur von vor­ge­ge­be­nen Plät­zen, son­dern eher von vor­ge­ge­be­nen Pake­ten spre­chen, oder miss­ver­ste­he ich das?

    >Wann ist die eige­ne Suche nach Struk­tu­ren weni­ger effi­zi­ent als die Adap­ti­on vorhandener?

    Wenn die Adap­ti­on nicht gelingt. Sonst sehe ich kei­nen Vor­teil in alter­na­ti­ven Mul­ti­pli­ka­ti­ons­ver­fah­ren – abge­se­hen davon, dass es immer bes­ser ist, meh­re­re Ver­fah­ren zu ken­nen, aber dar­um geht es ja nicht.

    >Das ver­füg­ba­re Wis­sen der Welt wächst exponentiell. 

    Und das tut es übri­gens schon seit sehr lan­ger Zeit.

    >Wann ist die Aus­sa­ge “Man kann nicht alles wissen!” korrekt 

    Immer. (Ich nei­ge dazu, bild­haf­te Spra­che in Sach­tex­ten wört­lich zu nehmen.)

    >und wann negiert sie, dass es Struk­tu­ren gibt, auf denen sich Wis­sen bes­ser oder schlech­ter auf­bau­en lässt?

    Immer. („Bes­ser oder schlech­ter“ für aus­nahms­los 100% aller Ler­nen­den oder für einen davon abwei­chen­den hohen Pro­zent­satz? Ers­te­res nicht, das stimmt, aber das soll­te uns nicht ernst­haft küm­mern. Zwei­te­res: Sehr wahr­schein­lich, aber da kann man diskutieren.)

  • @Herr Rau
    „in Extrem­po­si­ti­on 2 scheint es mir vor allem um das Ver­wen­den vor­ge­ge­be­ner Struk­tu­ren zu gehen – die Sor­tie­rung steht im Vor­der­grund und nicht der Paket­in­halt. Meinst du das so? Ich wür­de da nicht nur von vor­ge­ge­be­nen Plät­zen, son­dern eher von vor­ge­ge­be­nen Pake­ten spre­chen, oder miss­ver­ste­he ich das?“

    Model­le haben ja immer ihre Gren­zen und bil­den Kom­ple­xi­tät nicht voll­stän­dig ab :o)… Ja, im Extrem­fall wer­den die Rega­le tat­säch­lich mit vor­ge­be­nen Pake­ten bestückt, was aber auch mit der „auf­ge­zwun­ge­nen“ Struk­tur wech­sel­wirkt. Ein „Adjek­tiv im prä­di­ka­ti­ven Gebrauch“ (= Paket) könn­te in einer ande­ren Gram­ma­tik (= Struk­tur) eben anders hei­ßen und funk­tio­nal anders betrach­tet wer­den. Wei­ter­hin fal­len mir noch struk­tu­ra­le oder her­me­neu­ti­sche Inter­pre­ta­ti­ons­an­sät­ze ein. Die Natur­wis­sen­schaf­ten haben es da etwas leich­ter – klar kön­nen sich in Infor­ma­tik oder Phy­sik auch fun­da­men­ta­le Annah­men mal als falsch erwei­sen, aber die Halb­werts­zeit sel­bi­ger scheint mir weit­aus grö­ßer zu sein als bei Begrif­fen in den Geisteswissenschaften.

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  • Als Ersatz für ein Pingback:
    Für mich ist Bil­dung etwas ande­res (dazu unten ein paar weni­ge Wor­te), aber zur Erklä­rung, wel­che Rol­le Struk­tur und Inhalt für das Ler­nen haben, ist der Text sehr anschaulich. […]
    Herz­li­chen Dank Maik, dass du mir so anschau­lich Ler­nen erläu­tert hast!
    http://fontanefan.blogspot.de/2013/06/worauf-kommt-es-beim-lernen-an.html

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  • Model­le haben ihre Gren­zen, aber der Inhalt ist für mich bei Extrem­po­si­ti­on 1 doch zen­tral: Haupt­sa­che, du hast die selbst­ge­wähl­ten Pake­ten nach einem eige­nen (schö­nen, kom­ple­xen, selbst­stän­di­gen, effek­ti­ven) Sys­tem ver­teilt, auch wenn nur hei­ße Luft in den Pake­ten ist. Denn wer kann schon sagen, wel­ches Wis­sen in Zukunft rele­vant sein wird; viel­leicht ist gera­de hei­ße Luft dann der Renner.

    Und ja, da da neh­me ich die exak­ten Wis­sen­schaf­ten ernster.
    Fuß­no­te: Car­toon dazuu http://abstrusegoose.com/511

    In Mathe und Infor­ma­tik gibt es in der Didak­tik tat­säch­lich das Kon­zept der Fun­da­men­ta­len Ideen. Selbst die cut­ting edge Phy­sik­di­dak­tik treibt es da umstrit­ten bunt, sie­he http://de.wikipedia.org/wiki/Karlsruher_Physikkurs

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  • Das ist eine lus­ti­ge Idee! Kann ich mir gut Ls Trick­film oder Comic vor­stel­len, mit all den Missverstândnissen, zur fals hen Zeit am fal­schen Ort aus­ge­pack­ten ¢ckchen, den fehl­pla­zier­ten, den durch­ein­an­der gera­te­nen – und den eher win­di­gen Rega­len neben den fest­ge­mau­er­ten Grund­ge­setz-Ecken und den rasen­den Wis­sens­pa­ket­ga­bel­stap­lern und Bei­na­he-Unfäl­len und Ver­su­chen von brül­len­den Kon­troll­in­stan­zen, die Meta-Regeln ein­füh­ren wol­len – das gan­ze schö­ne Chaos :-)))

  • Jo

    Das Inter­es­san­te an der Fra­ge, was Bil­dung bedeu­tet, ist eine die Dop­pel­deu­tig­keit der hier dis­ku­tier­ten Interpretation.
    Wenn wir uns auf eine Dis­kus­si­on dar­über ein­las­sen wol­len, dann benö­ti­gen so etwas wie eine Ziel­vor­ga­be, die wir ver­mut­lich, dem Lager­mo­dell zufol­ge, von Zeit zu Zeit über­den­ken sollten.
    Für mich ist eines der Zie­le, das für mich obers­te Prio­ri­tät hat, mün­di­ge Bür­ger zu erzie­hen. Die­se soll­ten fähig sein, selb­stän­dig zu den­ken, zu argu­men­tie­ren und zu han­deln, sprich sich zu entscheiden.
    Sie soll­ten einen Über­blick über unse­re Kul­tur und Geschich­te bekom­men und gemäss ihren Inter­es­sen ver­tieft geför­dert werden.
    Latein wäre in die­sem Kon­zept für mich kei­ne Not­wen­dig­keit, zumin­dest nicht in der aktu­ell gepfleg­ten Wahn­haf­tig­keit an man­chen baye­ri­schen Gym­na­si­en, jedoch ein kla­rer Teil unse­rer euro­päi­schen Kulturgeschichte.
    Infor­ma­tik hal­te ich tat­säch­lich für min­des­tens eben­so wich­tig wie Latein.
    Des­halb wür­de ich die Päck­chen­grös­se der bei­den Fächer ver­än­dern. An vie­len Schu­len ist die­ses latei­ni­sche Päck­chen sowie­so in einem der hin­te­ren Plät­ze verstaut.
    Das Abend­land ist des­halb noch nicht untergegangen.
    Ande­res soll­te rea­li­täts­na­her ver­mit­telt wer­den. Che­mie im All­tag und die Phy­sik der aktu­el­len Lebens­welt wür­den die­se Zie­le bestimmt nach­hal­ti­ger ver­mit­teln, als vie­le aktu­el­le und blut­lee­re Lehr­plan­erfül­lungs­ver­su­che der Schulen.
    Auch Poli­tik und Wirt­schaft soll­ten prä­sen­ter im Schul­all­tag wahr­ge­nom­men und dis­ku­tiert werden.
    Dass im Ange­sicht einer glo­ba­len Finanz­kri­se, zumin­dest an baye­ri­schen Schu­len, eine abso­lut lebens­frem­de und merk­wür­dig sek­tie­re­ri­sche Selek­ti­on von Schü­lern statt­fin­det, statt einen mög­lichst hohen Anteil an mün­di­gen Bür­gern her­an­zu­bil­den, das erstaunt mich täglich.

    Und dass dies dann noch mit dem Begriff Bil­dung ver­knüpft wird, das macht mich wei­nend. °schnüff°.
    Und gleich­zei­tig jam­mern unse­re Kol­le­gen, dass sie sich nicht von der “Wirtschaft”, im Aus­ver­kauf der Bil­dung, ver­ein­nah­men wol­len las­sen. °schnüff, schnüff°.

  • @Jo
    Ich bin ganz bewusst bei die­sem Modell nicht in Rich­tung „Wer­te“ gegan­gen, weil die Dis­kus­si­on in die­sem Bereich nach mei­nem Erle­ben sel­ten zu etwas führt. Noch ket­ze­ri­scher: Wenn der Pro­zess des Wis­sens­er­werbs für den Ein­zel­nen mehr mit Sinn gefüllt ist, besteht viel­leicht die Chan­ce auf etwas zufrie­de­ne­re und wache­re Men­schen, was ggf. das eine oder ande­re nach sich zieht. 

    Sei­ten­hieb:
    Che­mie und All­tag ken­ne ich als Kon­zept nicht. ChiK (Che­mie im Kon­text) geht in die­se Altags­rich­tung und ist für mich ein Bei­spiel, wie man kurz­fris­tig SuS moti­vie­ren kann, weil eine simp­le Lager­struk­tur vor­ge­gau­kelt wird, die bei kri­ti­schen Nach­fra­gen aber sofort zusam­men­fällt – lang­fris­tig ist das Ergeb­nis dann das Glei­che wie bei klas­si­schen Ansatz :o)…

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  • @Maik: Ich bin froh, dass ich die­sen Arti­kel mal ver­linkt habe, und Maik sehr dank­bar für sein Modell.
    Bei ihm ist das Lager ja so sinn­haft geord­net wie bei einem Stand­ort­ka­ta­log einer Semi­nar­bi­blio­thek und nicht wie dem eine Uni-Biblio­thek, wo die Inhal­te nach Ein­gangs­da­tum ein­ge­ord­net wer­den und das Fin­den über den zen­tra­len Kata­log geschieht, wie es bei com­pu­ter­ge­steu­er­ter Suche bei gro­ßen Lagern wie etwa bei Ama­zon geschieht.
    Dass bei künst­li­cher Intel­li­genz mit Hil­fe von Big Data sinn­haf­te Ord­nung über Sta­tis­tik her­ge­stellt wer­den kann, dass dabei aber das Kri­te­ri­um der „Wahr­heit“ oder „Echt­heit“ der Inhal­te eine unter­ge­ord­ne­te Rol­le spielt und war­um das geschieht, war 2013 nicht inter­es­sant, dürf­te aber für Infor­ma­ti­ker eine inter­es­san­te Fra­ge sein, die beim Sam­meln und Abru­fen der Infor­ma­tio­nen ein­mal eine zen­tra­le Rol­le spie­len wird.

  • Dazu jetzt der Kom­men­tar eines Informatikers:
    Die Unter­schei­dung zwi­schen Struk­tur und Inhalt beim Ler­nen fin­de ich auch eine nütz­li­che Idee.
    So erin­ne­re ich mich an Sta­tis­tik-Vor­le­sun­gen. Da stell­te der Pro­fes­sor eine sto­chas­ti­sche Ver­tei­lung nach der ande­ren vor, und ich hat­te kei­ne Ahnung, wel­chen Zweck das eigent­lich haben soll­te. Spä­ter, nach­dem ich in mehr Kon­tex­ten mit prak­ti­schen Anwen­dun­gen für Sta­tis­tik in Kon­takt gekom­men war, konn­te ich end­lich ein­ord­nen, war­um mich die frü­he­re Vor­le­sung hät­te inter­es­sie­ren sol­len – da wäre ich dann ger­ne zurück­ge­gan­gen und hät­te sie mir dann noch mal ange­hört. Aber da war es zu spät – wir hat­ten die Inhal­te vor der Struk­tur behan­delt, und des­we­gen hat­te ich die Inhal­te nir­gends able­gen können.
    Inter­es­san­ter­wei­se kann man bei der KI vor­der­grün­dig nicht wirk­lich benen­nen, wo sie Inhal­te lernt und wo sie Struk­tur lernt (jeden­falls soweit ich das beur­tei­len kann). Alles wird irgend­wo in den Gewich­ten des neu­ro­na­len Modells abge­legt. Ob und wie das Modell zwi­schen Struk­tur und Inhalt unter­schei­det, ist dann eine emer­gen­te Eigen­schaft des Sys­tems; und die­se emer­gen­ten Eigen­schaf­ten von KI-Sys­te­men zu ver­ste­hen, damit tut sich die For­schung noch sehr schwer, soweit ich weiß. Ähn­lich ist es übri­gens auch, soweit ich weiß, beim Gehirn und dem natür­li­chen Lernen.
    Das Gan­ze erin­nert mich an die Figur „Tan­te Kolo­nia“ (eng­lisch „Aunt Hila­ry“) aus Gödel, Escher, Bach, eine Amei­sen­ko­lo­nie, die Intel­li­genz und Bewusst­sein hat und sich mit den ande­ren Figu­ren aus dem Buch „unter­hält“, indem sie bestimm­te Mus­ter im Amei­sen­ge­wirr erschei­nen lässt. Die Tat­sa­che, dass Tan­te Kolo­nia ein Bewusst­sein hat, ist wie­der­um eine emer­gen­te Eigen­schaft, die sich nicht auf der Ebe­ne einer ein­zel­nen Amei­se erklä­ren lässt. Tan­te Kolo­nia selbst inter­es­siert sich wenig für Amei­sen, und die ande­ren Figu­ren im Buch sind etwas scho­ckiert dar­über, dass sie mit einem Amei­sen­bä­ren befreun­det ist und es ihm sogar immer wie­der gestat­tet, von den Amei­sen ihrer Kolo­nie zu naschen.

    • Sprach­mo­del­le sind sta­tis­ti­sche Model­le, die Wahr­schein­lich­kei­ten hal­ten, in wel­cher Rei­hen­fol­ge Wor­te oder Satz­tei­le auf­ein­an­der fol­gen. Die­se Wahr­schein­lich­kei­ten bil­den sich durch Feed­back­schlei­fen – z.B. auf Basis vor­han­de­ner Tex­te oder durch Bewer­tung von Men­schen. Die bestehen­den Wahr­schein­lich­kei­ten kön­nen durch Ein­ga­be­mus­ter (aka „Prompts“) modi­fi­ziert und über­schrie­ben wer­den. Die Ver­bin­dung zum Gehirn liegt nahe, könn­te aber letzt­lich ver­fehlt sein, weil die Ein­ga­be­mus­ter (z.B. durch Sin­nes­or­ga­ne) hier deut­lich kom­ple­xer und vor allem situa­ti­ver sind. Bei der Wie­der­ga­be eines Vor­trags kann die­ser z.B. durch Publi­kums­re­ak­tio­nen live modi­fi­ziert wer­den, das kann ein Sprach­mo­dell nicht – da muss das Ein­ga­be­mus­ter allein her­hal­ten. Es gibt in Sprach­mo­del­len eine ver­mu­te­te Struk­tur, jedoch kei­ne Bezie­hung zu den dar­in gespei­cher­ten Inhalten.

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