Wasserstoffblond?

Auch dass die Über­schrift che­misch in kei­ner Wei­se stimmt, lässt sich mit einem klei­nen Ver­such zur Ana­ly­tik zei­gen: Es wird der Was­ser­stoff­per­oxid­ge­halt in Haarb­leich­mit­tel quan­ti­ta­tiv bestimmt. Ver­ant­wort­lich für die Bleich­wir­kung die­ses Stof­fes ist kei­nes­falls der in der Über­schrift zu Unrecht beschul­dig­te Was­ser­stoff, son­dern viel­mehr der in der Oxi­da­ti­ons­stu­fe ‑I vor­lie­gen­de Sau­er­stoff, der die ener­ge­tisch  für ihn erst­mal viel güns­ti­ge­re Oxi­da­ti­ons­stu­fe 0 anstrebt.

So sieht das dann aus:

H2O2 →  2H+ + O2 + 2e¯ 

Das Was­ser­stoff­per­oxid ent­zieht den Farb­stof­fen im Haar­pig­ment Elek­tro­nen, wodurch die­se oxi­da­tiv zer­stört wer­den. Die Elek­tro­nen erhält dabei for­mal (und in Wirk­lich­keit wohl auch…) der Sau­er­stoff – nur sei­ne Oxi­da­ti­ons­zahl ändert sich formal.

Durch­füh­rung:

Die­ser Ver­such ist ein Klas­si­ker der Ober­stu­fen­ex­pe­ri­men­tie­re­rei – man fin­det ihn in unter­schied­lichs­ten Abwand­lun­gen im Netz und Lehr­bü­chern. Die hier beschrie­be­ne Vari­an­te stammt im Wesent­li­chen aus dem Lehr­werk „Che­mie heu­te“ (Sekun­dar­be­reich II), Schroe­del­ver­lag. Man benö­tigt dafür an Chemikalien:

  1. Haarb­leich­mit­tel
  2. Kali­um­per­man­ganana­t­lö­sung c(KMnO4)=0,01mol/l
  3. Schwe­fel­säu­re (ca. 20%ig zum Ansäuern)

Haarb­leich­mit­tel besteht in der Regel aus zwei ver­schie­de­nen Kom­po­nen­ten: Der eigent­li­chen Bleich­lö­sung, die das Was­ser­stoff­per­oxid ent­hält und einer unter­schied­lich gear­te­ten Creme, die dafür sorgt, dass das Bleich­mit­tel län­ge­re Zeit auf das Haar ein­wir­ken kann. Für den kos­me­ti­schen Ein­satz ver­ei­nigt man bei­de Sub­stan­zen, für unse­ren Ver­such reicht uns die Bleichlösung.

Die Maß­lö­sung (Kali­um­per­man­ganat­lö­sung) berei­te ich nicht mehr selbst vor, son­dern SuS set­zen sie „live“ vor dem Ver­such an. Zwei SuS berei­ten die Lösung dann in aus­rei­chen­der Men­ge für alle vor. Daher brau­che ich für den Ver­such fol­gen­de Geräte:

  1. Mess­kol­ben (100ml)
  2. Pipet­ten (1ml/10ml)
  3. Pipet­tier­hil­fe
  4. Büret­te
  5. Erlen­mey­er­ko­len (250ml)
  6. Waa­ge
  7. Fil­ter­pa­pier

In dem Mess­kol­ben fül­len die SuS 1ml Bleich­lö­sung mit Deio­nat (deio­ni­sier­tes Was­ser) auf 100ml auf und pipet­tie­ren 10ml der ent­stan­de­nen Lösung in den Erlen­mey­er­kol­ben. Die­se Lösung kann z.B. auch von zwei SuS für die Gesam­te Lern­grup­pe vor­be­rei­tet wer­den. Mit der Waa­ge und fes­tem Kali­um­per­man­ga­nat kön­nen zwei ande­re SuS die Maß­lö­sung anset­zen, die in die Büret­ten gefüllt wird.

Nach­dem die im Erlen­mey­er­kol­ben befind­li­che Pro­be­lö­sung mit Deio­nat auf ca. 50ml ver­dünnt und mit ca. 1–2ml der Schwe­fel­säu­re­lö­sung ver­setzt wur­de, kann so lan­ge Kali­um­per­man­ganat­lö­sung hin­zu­ge­tropft wer­den, bis sich die Pro­be­lö­sung leicht rosa färbt. Dabei ist natür­lich immer­zu zu schütteln.

Aus­wer­tungs­an­satz:

Fol­gen­de Reak­tio­nen lau­fen dabei ab:

(1) H2O2 →  2H+ + O2 + 2e¯    | *5   (Oxi­da­ti­on)

(2)  MnO4- + 8H+ + 5e- → Mn2+ + 4H2O       | *2   (Reduk­ti­on)

—————————————————————————–

(1) 5H2O2 →  10H+ + 5O2 + 10e¯    (Oxi­da­ti­on)

(2)  2MnO4- + 16H+ + 10e- → 2Mn2+ + 8H2O            (Reduk­ti­on)

—————————————————————————–

(ges.) 5H2O2 + 2MnO4- + >6H+ → 2Mn2+ + 8H2O  + 5O2

Wie man sieht, hat das ansons­ten sehr star­ke Oxi­da­ti­ons­mit­tel Was­ser­stoff­per­oxid der Oxi­da­ti­ons­kraft des Per­man­ga­nats in sau­rer Lösung nichts entgegenzusetzen.

Sobald das gesam­te vor­han­de­ne Was­ser­stoff­per­oxid voll­stän­dig oxi­diert wor­den ist, wird über­schüs­si­ges Per­man­ga­nat durch sei­ne rote Far­be angezeigt.

Wei­ter­hin wird durch die Gesamt­glei­chung deut­lich, dass 2 Per­man­gana­tio­nen 5 Was­ser­stoff­per­oxid­mo­le­kü­le oxi­die­ren kön­nen.

Bei unse­ren Expe­ri­men­ten im Unter­richt wer­den ca. 24ml Maß­lö­sung ver­braucht, bis die Rosa­fär­bung einsetzt.

In 24ml Kali­um­per­man­ganat­lö­sung der Kon­zen­tra­ti­on c=0,01mol/l sind gemäß

c=n/V <=> n = c * V = 0,01mol/l * 0,024l = 0,00024mol

Per­man­gana­tio­nen enthalten.

Es kom­men bei der Reak­ti­on fünf Was­ser­stoff­per­oxid­mo­le­kü­le auf zwei Per­man­gana­ti­nen, d.h. ein Per­mangan­ti­on ver­mag 2,5 Was­ser­stoff­per­oxid­mo­le­kü­le zu oxi­die­ren. Die Anzahl der in 10ml unser um den Fak­tor 1:100 ver­dünn­ten Bleich­lö­sung befind­li­chen Was­ser­stoff­per­oxid­mo­le­kü­le errech­net sich gemäß:

n = n(MnO4-) * 2,5 = 0,0006mol

Jetzt muss noch die Ver­dün­nung berück­sich­tigt wer­den. Sie beträgt 1:100 (in 100ml  ist die Stoff­men­ge von ursprüng­lich 1ml gelöst). Nur 10ml (1/10) der ver­dünn­ten Lösung wur­den tat­säch­lich ein­ge­setzt. In 1ml Haarb­leich­mit­tel ist daher die 10fache Men­ge an Was­ser­stoff­per­oxid­mo­le­kü­len vor­han­den. In unse­rem Fall

n = 10*0,0006mol = 0,006mol

ent­spre­chend: c=0,006mol/0,001ml = 6mol/l

Die mola­re Mas­se von Was­ser­stoff­per­oxid beträgt:

M(H2O2) = 34g/mol

In einem Liter Haarb­leich­mit­tel sind daher

6*34g = 204g

Was­ser­stofffper­oxid ent­hal­ten (ent­spre­chend einer ca. 20%igen Lösung – ohne Berück­sich­ti­gung der Dich­te). Statt­lich. An mei­ne Haa­re käme das Zeug nicht her­an – aber das ist bekannt­lich Ansichtssache. 

Anmerk.:

20%  sind als Ergeb­nis schon recht viel. Im Maß­kol­ben mit der Kali­um­per­mangant­lö­sung befan­den sich bei genaue­rem Hin­se­hen noch ein paar Körn­chen… Die Maß­lö­sung dürf­te daher nicht ganz genau hin­sicht­lich ihrer Kon­zen­tra­ti­on gestimmt haben.



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2 Kommentare

  • In den ers­ten Zei­len for­mu­lie­ren Sie die Reak­ti­on des Was­ser­stoff­per­oxids als Reduk­ti­on zu Hydr­o­xi­d­io­nen (Ox-Stu­fe ‑II).
    Spä­ter als Oxi­da­ti­on zu Sau­er­stoff (OxStu­fe 0).
    Die unte­re ist natür­lich rich­tig. Das obe­re ver­wirrt leider.
    Herz­li­che Grüße

  • Ohne jetzt ganz tief wie­der in Mate­rie ein­ge­taucht zu sein, habe ich Ihren Vor­schlag umge­setzt und die Glei­chung korrigiert.

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