Gastartikel: Politik (Freya Riecken)

Etwas läuft falsch, in mei­nem Land (Deutsch­land) und in der Welt. Die Mei­nun­gen spal­ten sich. Wenn ich mich poli­tisch aus­drü­cken müss­te, dann wür­de ich sagen, sie gehen nach links und rechts. Viel­leicht sogar in die rechts- und links­extre­me Rich­tung. Sie gehen in so ver­schie­de­ne Rich­tun­gen, die Men­schen haben so unter­schied­li­che Mei­nun­gen und eine so unter­schied­li­che Sicht auf die Welt.

Als 16 Jäh­ri­ge Teen­age­rin weißt du noch nicht viel über die Welt und ver­stehst nicht genug, um so etwas zu sagen.““ – Kei­ner hat das wirk­lich jemals zu mir gesagt, aber ich bekom­me immer und immer wie­der das Gefühl, dass Men­schen mich so betrach­ten. Das unse­re Gesell­schaft jun­ge Men­schen immer noch nicht ernst nimmt. Ich bin davon über­zeugt, dass wir anfan­gen soll­ten es zu tun. Ja, ich bin 16, ich bin jung, aber ich bin alt genug, um zu ver­ste­hen, was in der Welt pas­siert, alt genug um die Pro­ble­me zu sehen, alt genug, damit das The­ma mich beschäf­tigt und beein­flusst. Und es sind wir jun­ge Men­schen, die in spä­te­ren Welt leben müs­sen, die älter jetzt für uns ent­schei­den und des­halb ist es falsch, uns nicht ernst zu neh­men oder gar ganz zu ignorieren.

Man macht sich Sor­gen über die Situa­ti­on in der Welt. Der Krieg in der Ukrai­ne und Isra­el, Trumps Poli­tik und was für eine gro­ße Rol­le Elon Musk auf ein­mal dar­in hat und natür­lich die Poli­tik in Deutschland.

Was bei all dem die größ­te Rol­le spielt, ist das ste­ti­ge Gefühl, dass Men­schen ver­ges­sen, was Huma­ni­tät, Men­schen­rech­te und Gleich­be­rech­ti­gung sind. Das Men­schen anfan­gen, unse­re Geschich­te zu ver­ges­sen, sie nicht ernst neh­men oder anschei­nend nicht dar­aus gelernt haben. Musk, der einen Hit­ler­gruß auf einer öffent­li­chen, gro­ßen und wich­ti­gen Poli­ti­schen Ver­an­stal­tung macht, Ali­ce Wei­del die wei­ter­hin beharrt, Hit­ler wäre eigent­lich ein Lin­ker gewe­sen und ande­re Poli­ti­ker in Deutsch­land, die nicht zu ver­ste­hen schei­nen, wie wich­tig es ist, unse­re Geschich­te nicht zu wie­der­ho­len, wenn sie Aus­sa­gen tref­fen, die etwas posi­ti­ves im Natio­nal­so­zia­lis­mus fin­den. Das Pro­blem sind die Men­schen, die die­se Taten bege­hen und/oder die­se Aus­sa­gen tref­fen, aber nicht nur sie: Jeder, der so ein Ver­hal­ten tole­riert, es hin­nimmt oder sogar immer noch die­sen Men­schen zustimmt, ist ein noch grö­ße­res Pro­blem. Ein Pro­blem für eine freie und demo­kra­ti­sche Welt. Wenn Men­schen anfan­gen, so etwas zu tole­rie­ren, anstatt dem direkt ent­ge­gen­zu­wir­ken, dann wird es immer sol­che Men­schen geben und sie wer­den gehört wer­den und wei­te­re Men­schen in ihre Rich­tung beeinflussen.

Und wäh­rend schon so viel falsch läuft in unse­rer Welt, haben wir eine Neu­wahl, deren Ergeb­nis einen Hau­fen neu­er Unsi­cher­hei­ten mit sich bringt. 

Wie lan­ge brau­chen wir, um eine neue Koali­ti­on zu grün­den? Wird sie uns end­lich die Ver­än­de­rung brin­gen, die wir alle wol­len und brau­chen? Wird sie mit den schwe­ren poli­ti­schen Ent­schei­dun­gen umge­hen kön­nen? Kön­nen sie über­haupt Lösun­gen zusam­men fin­den? Und auch hier, wenn sie Lösun­gen fin­den, sind sie immer noch mit unse­ren Wer­ten ver­ein­bar? Wird uns die­se neue Koali­ti­on eine Sta­bi­li­tät und das Gefühl von Sicher­heit brin­gen? Und ja, das sind alles Fra­gen, die Men­schen in mei­nem Alter beschäf­ti­gen. Wie wird es wei­ter­ge­hen mit den Pro­ble­men in der Welt und wer­den wir (Deutsch­land) sie lösen können. 

Ich mache gera­de ein Aus­lands­jahr in Finn­land und kann dadurch selbst­ver­ständ­lich schlecht sagen, wie die Stim­mung in Deutsch­land ist, was ich jedoch ganz genau sagen kann, was für eine Wich­tig­keit die Wahl in Deutsch­land für ein Land wie Finn­land hat. Sie ver­fol­gen hier die Wahl in Deutsch­land genau, ihr Aus­gang ist wich­tig für sie und so vie­le ande­re Län­der in der EU. Ich habe das Gefühl, dass die Wich­tig­keit, die Deutsch­land hat für Euro­pa und auch für die Poli­tik in der Welt, oft unter­geht. Wir sind schnell zu sehr mit uns selbst beschäf­tigt, als dass wir dar­an den­ken, was für eine Rol­le wir wirk­lich spie­len. Län­der wie Finn­land sind auf unse­re Hil­fe ange­wie­sen, gera­de im Bezug auf den Krieg in der Ukrai­ne. Es wird nicht wirk­lich aus­ge­spro­chen, aber ich habe das Gefühl, dass in Finn­land wirk­lich die Angst da ist, dass Russ­land auf die Idee kommt ein­zu­mar­schie­ren. Das ist viel­leicht für uns Deut­sche etwas abwe­gig, zwi­schen uns und Russ­land ist noch etwas dazwi­schen, wir brau­chen die­se Sor­ge nicht haben, aber Län­der wie Finn­land haben sie und sie brau­chen uns. Sie brau­chen Euro­pa und die Nato und wenn wir von Euro­pa reden, dür­fen wir nie ver­ges­sen, dass wir eine wich­ti­ge Rol­le dar­in spie­len und dass vie­le Län­der dar­auf war­ten, dass wir wie­der ein sta­bi­les und ent­schei­dungs­star­kes Land werden.

Ich fra­ge mich manch­mal, wie Leu­te die­se Situa­ti­on nicht ernst neh­men kön­nen, wie sie sich nicht dar­um Sor­gen oder es sie nicht ein­mal inter­es­siert. Ich kann es jedoch auch ver­ste­hen, es ist ein­fa­cher, sich nicht zu inter­es­sie­ren und sein Leben wei­ter zu leben, als wäre nichts, es ist ein­fa­cher nichts zu tun. Ande­re belas­tet es viel­leicht zu sehr, sie kön­nen nicht mit all die­sen Din­gen leben und es ist für sie bes­ser, sich wenig bis gar nicht zu infor­mie­ren, um nicht in ein Loch von Hilf­lo­sig­keit zu fal­len. Bei­de Arten und Wei­sen funk­tio­nie­ren nicht, zumin­dest wenn man möch­te, dass sich etwas ändert, dass wir nicht mit der Situa­ti­on fest­sit­zen. Wir alle soll­ten ver­su­chen etwas zu tun und wenn man nicht akzep­tiert, dass es rich­tig ist, was in unse­rer Welt gera­de pas­siert, hat man schon­mal etwas getan.

 

Wer Lust bekom­men hat, mehr von Freya und ihren Erfah­run­gen im Aus­land zu lesen, kann eini­ges in ihrem Blog fin­den: https://freya.riecken.de.

 

Riecken im NDR

Mein Schul­lei­ter war gemein­sam mit ande­ren Schul­lei­tern der Regi­on so mutig, Tei­le mei­nes Brie­fes tat­säch­lich in Form einer Eltern­in­for­ma­ti­on mit Rück­lauf herauszugeben.Das ist hoch anzu­rech­nen – gera­de bei so einem bri­san­ten Thema.

Ges­tern (unter­richts­frei­er Tag für mich) klin­gel­te dann mein Han­dy um 9:45h. „Hal­lo, Herr Riecken, hier der NDR, wir wären doch schon heu­te an der Schu­le, hät­ten sie Zeit vor­bei­zu­kom­men?“ Klar hat­te ich. Ein ganz klein wenig anhüb­schen (nor­ma­ler­wei­se sehe ich noch wüs­ter aus) und ab auf’s Fahrrad.

Vor der Schu­le stand schon die Kame­ra. Ganz kurz wur­den die Fra­gen bespro­chen und schon stand ich im Licht des LED-Schein­wer­fers mit einem Püschel­mi­kro vor dem Bauch (die Ton­frau war die zier­lichs­te Per­son mit den meis­ten Gerä­ten um sich her­um). Anschlie­ßend noch ein locke­res Gespräch mit dem Team und schon war alles vorbei.

Dann kam die Auf­re­gung, die sich noch mal stei­ger­te, als die ers­ten SMS mit „Hey, du bist im Fern­se­hen!“ ein­tra­fen. Offen­bar lief der Bei­trag (wird bald depu­bli­ziert) sogar regu­lär im Vor­abend­pro­gramm – ich selbst konn­te mir das Gan­ze erst spä­ter anschau­en (VDR-Auf­nah­me).

Wei­te­re Ver­öf­fent­li­chun­gen in der Pres­se (unvoll­stän­dig):

http://www.rhein-zeitung.de/startseite_artikel,-Schulleiter-warnen-vor-Sexting-bei-Jugendlichen-_arid,1060494.html

http://www.moz.de/artikel-ansicht/dg/0/1/1209898

http://www.noz.de/deutschland-welt/medien/artikel/424684/nacktfotos-als-tauschobjekt-lehrer-warnen-vor-sexting-trend

… also durch­aus über­re­gio­na­le Aus­ma­ße. Ich bin gespannt, wie es jetzt wei­ter­geht und ob die Not­wen­dig­keit für mehr Medi­en­kom­pe­tenz­ver­mitt­lung in Schu­len dadurch stär­ker gese­hen wird. Ich möch­te die Sup­pe jetzt hier in mei­nem „Beritt“ (ein net­tes Wort) stär­ker am Kochen hal­ten – der nächs­te Schritt wäre viel­leicht ein Vor­trag, der die Chan­cen und Risi­ken der vir­tu­el­len Welt glei­cher­ma­ßen beleuchtet.

Ein kleines, fiktives Interview mit Herrn Riecken

… wel­ches klamm­heim­lich die Sei­te „Über die­ses Blog“ ersetzt hat, jedoch so natür­lich nicht im Feed auf­taucht. Es ist dafür gedacht, mehr Ori­en­tie­rung für die­je­ni­gen zu schaf­fen, die hier nur zufäl­lig vor­bei­strei­fen und unbe­dingt etwas von mir wis­sen wol­len. Dazu soll­te ich noch sagen, dass das hier alles Mei­nung, Erfah­rung und kei­nes­wegs Wis­sen­schaft ist.  Zudem den­ke ich, dass vie­le mei­ner hier dar­ge­leg­ten Posi­tio­nen streit­bar sind. Absicht.

Herr Riecken, bit­te stel­len sie sich unse­ren Lese­rin­nen und Lesern  kurz vor!

Mein Name ist Maik Riecken, ich bin Jahr­gang 1974. Ich habe 1. und 2. Staats­examen in den Fächern Deutsch und Che­mie und unter­rich­te heu­te – an einem Tag im Jahr 2010 seit sie­ben Jah­ren an einem Gym­na­si­um in einer Klein­stadt in Nie­der­sach­sen eben­die­se Fächer. Vor­her war ich im Refe­ren­da­ri­at an einem Gym­na­si­um in Itze­hoe, Schles­wig-Hol­stein, dem ich bei Lich­te betrach­tet, jeden mei­ner schu­li­schen Grund­stei­ne ver­dan­ke. Ich bin nicht päd­ago­gisch arm in die Schu­le gekom­men, son­dern konn­te auf viel­fäl­ti­ge Erfah­run­gen inner­halb der  kirch­li­chen Jugend­ar­beit zurück­bli­cken. Von der Orga­ni­sa­ti­on von gro­ßen Frei­zei­ten mit ca. 300 Teil­neh­men­den bis zur Lei­tung von Grup­pen­stun­den war in die­ser Zeit eigent­lich alles dabei – auch Kochen oder Ein­kau­fen für Groß­grup­pen oder das Fli­cken von Zel­ten., spä­ter sogar die the­ma­ti­sche Arbeit mit Schul­klas­sen, bei denen oft genug dann der Leh­rer das eigent­li­che Pro­blem war. Das Ent­schei­den­de für mei­nen heu­ti­gen Beruf war dabei mei­ne Arbeit mit Men­schen – etwas, was in der gesam­ten Stu­di­en- und Leh­rer­aus­bil­dungs­zeit so gut wie gar nicht vor­kam. Ent­schei­dend war aber auch die Erfah­rung, dass man auch in deso­la­ten Situa­tio­nen hand­lungs­fä­hig blei­ben kann, wenn man muss.

Haben Sie Familie?

Ja – und Sie wären über ihre Grö­ße über­rascht. Aber die ent­schei­det selbst über den Grad an Öffentlichkeit.

Sind Sie ein guter Lehrer?

Ich brin­ge mei­nen SuS bei, dass die Kate­go­rien „gut“ und „schlecht“ nichts tau­gen. Für jeman­den, der bei mir nur opti­mier­ba­re Noten schreibt, dem ich auf­grund des Sys­tems kaum gerecht wer­den kann, der auch bei mir wie bei allen ande­ren nicht auf­fällt, bin ich ein schlech­ter Leh­rer. Für jemand ande­ren viel­leicht ein guter. Vor dem eige­nen Selbst zählt für die Bewer­tung nur eine Sache: Mag man als Leh­rer sei­nen Job? Ich mag ihn.

Was mögen Sie an ihrem Beruf?

Dass er für mich nicht ein­fach nur ein Beruf ist, son­dern ein sozia­les Expe­ri­men­tier­feld, eine Tätig­keit, die mein Leben lang aus­ge­übt habe und noch heu­te immer wie­der genie­ße: Den Umgang mit Men­schen. Dazu gehö­ren schwe­re Nie­der­la­gen ganz genau­so wie ergrei­fen­de Momen­te, etwa wenn SuS mir unter vier Augen ehr­lich sagen, dass sie eine Hand­lung oder ein Ver­hal­ten von mir nicht ange­mes­sen fan­den – im Grun­de gibt es für eine Lehr­kraft kein grö­ße­res Lob als das, weil es zeigt, dass Ver­trau­en jen­seits von fach­li­cher Wis­sens­ver­mitt­lung vor­han­den ist.

Wei­ter­le­sen