Schöne neue dokumentierte Schülerwelt

Haus­auf­ga­ben? Samm­le ich oft mit pseud­ony­mi­sier­ten und nicht öffent­li­chen Blogs ein. Das hat ent­schei­den­de Vorteile:

  • Ich weiß schon am Abend vor­her, wel­che Feh­ler­schwer­punk­te in der Lern­grup­pe auf­tre­ten und kann für die Stun­de gezielt Übungs­ma­te­ri­al zusammenstellen.
  • Durch das Blog bin ich nicht an Datei­for­ma­te gebun­den und kann quer­le­sen – end­lich kein x‑faches Gekli­cke mehr in der Hoff­nung, dass mei­ne Text­ver­ar­bei­tung das aktu­el­le Micro­soft­for­mat frisst.
  • Durch den Bei­trags­zäh­ler bei den Autoren­na­men weiß ich ganz genau, wer in wel­chem Umfang gear­bei­tet, bzw. die Haus­auf­ga­be über­haupt erle­digt hat.
  • Gera­de für stil­le­re SuS ist von Vor­teil, dass ihre Leis­tun­gen doku­men­tiert sind und für die Beno­tung der „sons­ti­gen Leis­tung“ mit her­an­ge­zo­gen wer­den kön­nen. So wird nie­mand dafür „bestraft“ im Unter­richt still zu sein.
  • Durch die Sor­tie­rung nach Autoren ent­ste­hen nach und nach Port­fo­li­os, die auch dabei hel­fen, SuS Ent­wick­lun­gen in ihren Schreib­fer­tig­kei­ten aufzuzeigen.

Herr Riecken, zu Ihrer Blog­ge­rei mit uns, muss ich Ihnen mal ein paar Din­ge sagen. Immer wenn ich eine Haus­auf­ga­be inner­halb des Blogs erle­di­ge, füh­le ich mich genö­tigt, das beson­ders zeit­auf­wen­dig und gut zu machen, weil es eben für immer und ewig dort ste­hen­bleibt. Das kos­tet mich Zeit und ist im Ver­gleich zum nor­ma­len Heft ein­fach unglaub­lich auf­wän­dig. Außer­dem wer­de ich ja immer „erwischt“, wenn ich etwas nicht erle­digt habe. In einer nor­ma­len Unter­richts­stun­de kann ich hof­fen, ein­fach nicht dran­zu­kom­men – es gibt neben den gan­zen Haus­auf­ga­ben schließ­lich immer noch sowas wie ein Leben – gera­de in Zei­ten von G8. Zu die­ser gan­zen Port­fo­lio- und „Sons­ti­ge Leistungen“-Geschichte: Machen Sie das mit allen Ihren SuS? Um Klau­su­ren zu kor­ri­gie­ren, brau­che Sie doch jetzt schon eher Wochen als Tage. Sie schau­en sich ernst­haft für alle Ihre Schü­lern­nen und Schü­ler die „Schreib­ent­wick­lung“ an? Hal­lo? Wachen Sie mal auf und kom­men Sie in der Rea­li­tät an. Krie­gen Sie mal Ihre täg­li­che Ver­wal­tungs­ar­beit in den Griff, bevor Sie hier Ihr Traum­tän­zer­zeug mit uns machen!

Hin­weis: Die­se Äuße­rung ist fik­tiv und erdacht!

Also die­se Lern­platt­for­men – ein­fach Klas­se. Was da alles mit mög­lich wird! Wenn man ein rich­ti­ges Kon­zept besitzt, dann…

  • kön­nen wir von der Grund­schu­le an für die wei­te­re Schul­lauf­bahn doku­men­tie­ren, wel­che Inhal­te schon behan­delt wor­den sind.
  • erhal­te ich durch stan­dar­di­sier­te Test­auf­ga­ben indi­vi­dua­lier­te Rück­mel­dun­gen zu den Stär­ken und Schwä­chen der ein­zel­nen Schü­le­rin­nen und Schüler
  • kann ich explo­ra­ti­ves Ver­hal­ten im Netz (Chat, Blog, Wiki usw.) in einem Schutz­raum ent­wi­ckeln, das ist gera­de für jün­ge­re SuS wichtig.
  • ent­steht struk­tu­riert über die Jah­re ein Port­fo­lio, wel­ches mir hilft, auf indi­vi­du­el­le Ent­wick­lun­gen einzugehen
  • wer­den durch die Arbeit in der Platt­form alle Mit­glie­der einer Lern­grup­pe glei­cher­ma­ßen akti­viert, da ja alle arbei­ten und nie­mand sich ent­zie­hen kann.

Herr Riecken – haben Sie sich eigent­lich schon­mal gefragt, ob ich stän­dig „akti­viert“ sein will? Also wenn alle LuL mit Ihrem Ansatz arbei­ten, bin ich nach 90 Minu­ten echt durch mit der Welt. Soviel „Akti­vie­rung“ hält doch nie­mand über einen Schul­tag aus. Kann ich bei der Arbeit mit einer Lern­platt­form aus dem Fens­ter schau­en? Kann ich auch mal „abschal­ten“, ohne dass das gleich „doku­men­tiert“ wird, weil mein Text viel­leicht im Ver­gleich zu ande­ren viel zu kurz ist? Außer­dem schä­me ich mich manch­mal auch mei­ner Pro­duk­te: Ich kann es ein­fach nicht bes­ser und es hilft mir dann nicht, dass ich zum xten-Mal sehe, dass Jose­phi­ne schon wie­der den Vogel mit ihrem Pro­dukt abge­schos­sen hat. Mei­nen Wer­de­gang in einer Lern­platt­form doku­men­tie­ren, damit Sie wis­sen, was ich schon alles gemacht habe? Ich will nicht, dass Sie das wis­sen. Und wis­sen Sie auch war­um? Nur weil da steht, dass schon etwas behan­delt wor­den ist, ist es doch noch lan­ge nicht von mir ver­stan­den wor­den. Ich will, dass Sie es mir noch ein­mal erklä­ren – nicht weil Sie lesen, dass z.B. mei­ne Berich­te schon immer gro­ßer Mist waren, son­dern weil Sie mein ehr­lich fra­gen­des Gesicht im Unter­richt sehen. Ich will, dass Sie mich sehen und nicht mei­ne „Sta­tis­ti­ken“ und „Klick­ra­ten“ und „Besuchs- und Bear­bei­tungs­zei­ten. Auf die­ses E‑Learningzeug habe ich oft genau­so wenig Bock wie auf die­se blö­den Lek­tü­ren. Bei­des ist halt Schu­le – nur eben ein­mal Schu­le auf dem Com­pu­ter. Mei­nen Sie, dass ich das nicht sehr bald raffe?

Hin­weis: Die­se Äuße­rung ist fik­tiv und erdacht!

Und raus aus der lite­ra­ri­sche Auf­ar­bei­tung des Themas:

  • Wie vie­le Stim­men von Ler­nen­den höre wir, wenn wir über Blogs, Wikis und Lern­platt­for­men in z.B. Fach­fo­ren diskutieren?
  • Wel­che Inter­es­sen haben wir und wel­che Inter­es­sen haben die Lernenden?
  • Wie bewäl­ti­gen wir unse­ren Anspruch, z.B. den Auf­bau, die Beglei­tung und die Bewer­tung von Portfolios?
  • Wie kön­nen wir unse­ren Ansprü­chen, die wir im Kon­text von Blog‑, Wiki- und Lern­platt­form­ar­beit im Kon­text des bestehen­den Sys­tems genügen?
  • Mit wel­chem Ein­druck ver­las­sen Ler­nen­de unse­re Lern­grup­pen nach der Web2.0‑Arbeit?
  • Wie bekom­men wir den „Mehr­wert“ auch für die meis­ten Ler­nen­den transportiert?
  • Wel­che Inter­es­sen und Moti­va­ti­on lei­ten uns neben dem Wil­len nach qua­li­ta­ti­ver Ver­bes­se­rung von Unterricht?
  • Wel­che „heim­li­chen“ Hoff­nun­gen gibt es bei uns in die­sem Kontext?