Mahara – I just met a girl named Mahara…

Maha­ra (dort gibt es auch eine Demo) ist ein E‑Portfoliosystem, was bei uns an der Schu­le immer mal „mit­lief“. Da es die glei­che Authen­ti­fi­zie­rungs­quel­le nutzt wie unser Schul­mood­le, steht es allen Schul­an­ge­hö­ri­gen ohne wei­te­re Bedin­gun­gen offen. Maha­ra bedient sich intui­tiv – so intui­tiv, dass sich gera­de immer noch Fünft­kläss­ler von mir, die ich ges­tern in das Sys­tem ein­ge­führt habe, dar­in tummeln.Für Mood­le brauch­te ich immer min­des­tens zwei Ein­füh­rungs­stun­den für jede Klas­sen­stu­fe. In Maha­ra muss man nur ver­ste­hen, was eine Ansicht ist und wie man da Medi­en, Tex­te usw. mit der Maus hin­ein­zieht – den (abschalt­ba­ren) Com­mu­ni­ty­krams haben die SuS sofort spitz, weil sie es schon kennen.

Was ist Maha­ra denn nun?

Maha­ra ist ein schü­ler­zen­trier­tes Tool mit aus­ge­feil­ten Com­mu­ni­ty­funk­tio­nen (Social Net­wor­king so rich­tig seit Maha­ra 1.2), die teil­wei­se sogar Face­book feh­len. SuS kön­nen soge­nann­te Ansich­ten ein­fach per Drag’n Drop gestal­ten und bestim­men, wer die­se Ansich­ten sehen wann und not­falls auch wie lan­ge darf. So las­sen sich auf ein­fa­che Wei­se Lese­ta­ge­bü­cher, „Pla­ka­te“ zu The­men, klas­si­sche Port­fo­lio­sei­ten u.v.m gestalten.

Jeder Web2.0‑affine Mensch fin­det sich nach einer sehr kur­zen Ein­ar­bei­tungs­zeit dar­in blen­dend zurecht. Maha­ra ist kon­trol­lier­ter Kon­troll­ver­lust, da jeder jeder­zeit bestimmt, wer wel­che Ansicht sieht, sich aber auch jeder jeder­zeit mit jedem ver­net­zen kann. Jeder Benut­zer kann eige­ne Grup­pen erstel­len und Freun­de in die­se Grup­pen ein­la­den, es gibt eine per­sön­li­che Pinn­wand – es gibt eben ein­fach alles, was kom­mer­zi­el­le Sys­te­me wie Face­book bie­ten – es ist nur geschützt, ver­net­zen kann man sich damit via XML-RPC trotz­dem, unser Mood­le ist mitt­ler­wei­le so angedockt.

Das User­in­ter­face ist modern und basiert kom­plett auf Ajax. Als ich das heu­te alles gese­hen habe, mach­te es in mei­nem Kopf andau­ert „Pling! – das könn­test du damit…“ und „Pling! – *das* ist Schü­ler­zen­trie­rung“ und zeit­wei­se sogar „Pling! – hmpf, Mood­le?“. Kei­ne Sor­ge – Mood­le wird das auch bei mir über­le­ben, der Ansatz von Mood­le ist nur ein kom­plett ande­rer – obwohl: Gegen Maha­ra emp­fin­de ich die Par­ti­zi­pa­ti­ons­mög­lich­kei­ten von Teil­neh­men­den in Mood­le jetzt schon als erbärm­lich (und) kom­pli­ziert. Die­sen Pro­zess muss man in Mood­le aktiv kon­stru­ie­ren und bleibt dann den­noch auf weni­ge Akti­vi­tä­ten beschränkt. Nach­tei­lig an Maha­ra ist das gro­ße Ablen­kungs­po­ten­ti­al durch die Com­mu­ni­ty­funk­tio­nen – um Inhal­te geht es bei mei­nen Fünft­kläss­lern bis­her noch nicht sooo viel…

Mein Traum:

Bei­de Sys­te­me ver­schmel­zen – dann hat man bei­des. Geht ja leid­lich. Via XML-RPC (MNET).

Mein Tipp:

Da schläft der nächs­te Hype…

Was ist eigentlich Google Wave?

Dazu ein Bei­spiel aus dem Schul­all­tag: Eine typi­sche Grup­pen­ar­beit im Fach Deutsch könn­te z.B. so aus­se­hen, dass ein kom­pli­zier­ter Text in Abschnit­te zer­legt wird und jede Klein­grup­pe jeweils einen Abschnitt zur Bear­bei­tung erhält. Bei die­ser arbeits­tei­li­gen Form ist auf den ers­ten Blick die Effi­zi­enz höher und auch die letz­te Grup­pe hat etwas zu prä­sen­tie­ren, was für das Gesamt­ergeb­nis wich­tig ist. In einem Unter­richts­ge­spräch oder durch eine ande­re Form wer­den die ein­zel­nen Grup­pen­ar­beits­er­geb­nis­se zusam­men­ge­führt. Jetzt wer­fen wir ein­mal einen Blick auf den Schaf­fens­pro­zess inner­halb einer sol­chen Kleingruppe:

  • jedes Grup­pen­mit­glied liest sei­nen Abschnitt zunächst für sich und mar­kiert bzw. fügt Noti­zen hin­zu (Pha­se 1)
  • die gewon­ne­nen Erkennt­nis­se wer­den zusam­men­ge­tra­gen (Pha­se 2)
  • er erfolgt in einer Dis­kus­si­on eine Kate­go­ri­sie­rung und Hier­ar­chi­sie­rung (Pha­se 3)
  • es wird ein Grup­pen­vor­trag auf Basis der gewon­ne­nen Ergeb­nis­se erar­bei­tet (Pha­se 4)
  • der Grup­pen­vor­trag wird im Ple­num prä­sen­tiert (Pha­se 5)

Dabei möch­te ich fol­gen­de Beob­ach­tun­gen festhalten:

  1. Doku­men­tiert ist am Ende der Arbeit das Arbeits­er­geb­nis, jedoch nicht der Pro­zess von des­sen Entstehung
  2. Grup­pen wer­den von ein­zel­nen Mit­glie­dern oft domi­niert, wäh­rend – abhän­gig von der Grup­pen­grö­ße – sich auch Rück­zugs­mög­lich­kei­ten für ein­zel­ne ergeben

Was für ein Pro­zess ist inner­halb einer Wave denkbar?

Neh­men wir an, die obi­ge Auf­ga­be sei als Wave kon­zi­piert. Neh­men wir fer­ner an, die Grup­pen­ar­beit lie­fe im PC-Raum ab. Man muss bei Wave noch wis­sen, dass das Sys­tem jeden Tas­ten­druck sofort abbil­det (abschalt­bar).

Moodle – ein Lehrendensubstitut?

Gro­ße Hoff­nun­gen wer­den zur Zeit in das LMS „Mood­le“ gesetzt. Stich­wor­te wie „Schü­ler­ak­ti­vie­rung“, „Doku­men­tier­bar­keit von Schü­ler­leis­tun­gen“ und „Weg vom klas­si­schen Fron­tal­un­ter­richt“ machen unter Mood­le­nut­zern die Run­de. Und tat­säch­lich: Sinn­voll als metho­di­sche Ergän­zung zum eige­nen Unter­richt ein­ge­setzt, leis­tet Mood­le genau das.

Mood­le birgt aber auch die Gefahr einer gro­ßen Ver­füh­rung für den Leh­ren­den: Schließ­lich setzt er Mood­le ein, ist damit schon „modern“ und kann sich dadurch effek­tiv inner­halb eines Kol­le­gi­ums pro­fi­lie­ren. So wird gera­de zu Anfang der Mood­le­nut­zung ver­ges­sen, dass Schü­le­rin­nen und Schü­ler gera­de aus einem ganz bestimm­ten Grund in die Schu­le – also in ein Gebäu­de außer­halb der eige­nen vier Wän­de – gehen: Sozia­le Kon­tak­te und Lernat­mo­sphä­re. Ich mache die Erfah­rung, dass ich von Men­schen, denen ich ver­traue und die ich für inte­ger hal­te, schnel­ler und bes­ser ler­ne, als von ande­ren Per­sön­lich­keits­ty­pen. Wie sieht es mit der Per­sön­lich­keit eines Rech­ners aus?

Flüch­ten wir als Leh­ren­de nicht oft genug ein stück­weit vor der päd­ago­gi­schen Ver­ant­wor­tung, wenn wir z.B. am Frei­tag in der 5. oder 6. Stun­de in den Com­pu­ter­raum gehen und dort den Schü­le­rin­nen und Schü­lern statt vor­be­rei­te­ter, anfass­ba­rer Mate­ria­li­en und ech­ten Dis­kus­sio­nen PDFs und vir­tu­el­le Kon­tak­te bie­ten? Was unter­schei­det ein sol­ches Ler­nen eigent­lich von dem Ein­schie­ben einer Lern-CD in den hei­mi­schen PC?

Ein guter Leh­rer wird nicht ein­fach den Satz „Nun sucht ein­mal im Inter­net zum Begriff…“ durch eine Mate­ria­li­en­an­häu­fung inner­halb eines Mood­le­kur­ses erset­zen – viel­leicht sogar noch mit einem Wiki dabei, in das die im Netz gefun­de­nen Ergeb­nis­se per Drag’n Drop ein­ge­fügt wer­den. Er wird sich und sei­ne Lern­kon­trol­len nicht voll­stän­dig durch das Test­mo­dul von Mood­le substituieren.

Er wird Mood­le vor allem als Instru­ment der Kom­mu­ni­ka­ti­on außer­halb des Unter­richts ent­wi­ckeln – das größ­te Poten­ti­al sehe ich hier­bei in der Zusam­men­ar­beit mit Kol­le­gin­nen und Kol­le­gen, ange­fan­gen vom zwang­lo­sen Mate­ri­al­aus­tausch bis hin zur gemein­sa­men Ver­wal­tung von Ter­mi­nen oder der dem fach­li­chen Austausch.

Wenn Mood­le der Leh­ren­de wird, ist Mood­le schlecht und falsch ver­stan­den ein­ge­setzt. Mood­le muss und darf ledig­lich das Instru­ment des Leh­ren­den sein.

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