ZUM-Treffen 2011 – oder vom Wert des Bewahrens
Ich bin an diesem Wochenende einer Einladung von ZUM e.V. zu einer Veranstaltung „Lehrer spinnen Netze“ nach Mainz gefolgt. Da gab es eine Menge zu lernen. Das Wichtigste braucht eine kleine Geschichte:
Auf dem Rückweg zum Bahnhof traf ich zwei Polizisten, die an einem Sonntag die Kennzeichen von Autos mit einer Digicam fotografierten, die in einer Ladezone im eingeschränkten Halteverbot abgestellt waren. Ladezone, Sonntag – nunja. Dieser Tonfall schwang wahrscheinlich mit, als sich folgender Dialog entspann:
Ich: Und? Werden die Kennzeichen auch schon per Bilderkennung automatisch in einer Datenbank erfasst, oder tippen Sie die nachher tatsächlich auf der Wache händisch ein?
Die Beamten: Wir müssen die Halter erfassen, die hier stehen. Das ist eine Ladezone!
Ich: Aber wäre es nicht toll, wenn das ginge?
Dann war ich auch schon weiter und hinterließ zwei sichtliche irritierte Menschen. die so offenbar gar nicht wussten, was sie davon halten sollten. Das Verfahren mit der Digicam ist ja schonmal ein Schritt, auf den man stolz sein kann – aber es ginge noch besser, z.B. mit einer Handy-App, die Art des Vergehens, Dienstnummer der Beamten, Ort, Zeitpunkt und das ermittelte Kennzeichen nach Bestätigung durch den Nutzer über eine gesicherte Verbindung an einen zentralen Server übermittelt, der dann die Mahnbescheide automatisiert erstellt und…
Ich weiß: Datenschutz, aber es geht mir nur um das Prinzip und um meinen leicht überheblichen Tonfall, der impliziert, dass die Idee mit der Digicam nicht reicht. Diesen Tonfall nehme ich im Web2.0 gegenüber etablierteren Institutionen sehr oft wahr und schließe mich da auch nicht aus.
Es ist das Spannungsfeld zwischen dem, was bereits da ist und dem was an Veränderungen erforderlich ist, um das Vorhandene zu bewahren bzw. zu entwickeln. Ich nehme war, dass einige Institutionen, auch solche, die schon lange im Web unterwegs sind, sich genau in diesem Spannungsfeld bewegen, auch die Zentrale für Unterrichtsmedien, die eigentlich jeder Lehrer kennt und inhaltlich schätzt – von deren Seiten aber viele Lehrkräfte in unserer Schule sagen, sie seien so „unstrukturiert“.
Das toll gelegene traditionelle Tagungszentrum der diesjährigen ZUM e.V Tagung „Lehrer spinnen Netze“ hat das Problem auch lösen müssen – beide Bilder sind vom gleichen Standpunkt aufgenommen – nur eine 180°-Drehung war erforderlich:
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Es gibt einen Altbau (Links) und einen Neubau (rechts). Man kann sich über die Architektur streiten, aber ich finde, dass beides irgendwie zueinander passt.
Ich war froh, im Gewölbekeller des Altbaus die wirklich weltbewegenden Probleme zu später Stunde diskutieren zu können, im Tagungsraum zuzuhören, zu begreifen, auch zu streiten, neue Menschen und Projekte kennenzulernen, z.B.:
- Ganz viele Menschen aus dem Verein ZUM e.V., die über die Jahre hinweg viel aufgebaut und mit unglaublichem Eifer und Einsatz inhaltlich fortentwickelt haben
- ein mir bisher unbekanntes Projekt aus Niedersachsen – das Vfl-Wiki – ein spannender Ansatz für eine Partnerschaft von Schule, gemeinnützigem Verein und Menschen, die auch bei ZUM e.V. aktiv sind
- Wiederentdeckt: lernmodule.net – und Uwe Kohnle, der diese gGmbH betreibt und auch schon auf MoodleMoots zu sehen war. Außerdem hat er Kontakte zu den Bildungsservern, zu meiner eigenen Beratungsstruktur hier in Niedersachsen usw.
- Neu kennen gelernt: Achim Burgermeister – er hat Kontakte nach Kasachstan und arbeitet auch zeitweise dort. Dazu muss man wissen, dass hier vor Ort durchaus auch Spätaussiedler aus Kasachstan leben, die vielleicht gerne einmal Projekte machen würden, wenn die Chance bestünde.
- Ganz vielen kompetenten und aufgeschlossenen Menschen tue ich Unrecht, wenn ich sie hier nicht erwähne, aber ich finde die Ausbeute für einen Nachmittag und Abend sowie einen halben Morgen schon überwältigend.
Natürlich ist ein Großteil dieser Kontakte auf „Pending“ gesetzt – aber ich weiß, dass die Zeit dafür kommen wird, z.B. wenn größere Teile des Netzwerks hier vor Ort dann endlich laufen. Soweit zum linken Bild.
Das rechte Bild steht dann mehr für ein f2f-Wiedersehen mit Menschen aus der Twitter-Edu-Szene. Da muss natürlich alles frisch und modern, aber auch technisch auf einem neueren Stand sein. Bezeichnenderweise fand man im Neubau des Erbacher Hofes allerdings die Treppenhäuser kaum, so dass man selbst für ein Stockwerk dann den Aufzug genommen hat. Mit dem Konkreten, Praktischen haben wir „digitalen Rampensäue“ (der Begriff wird sich in Bälde noch intrinsisch erklären) es dann manchmal etwas weniger.
Damit sich beides nachhaltig erhalten kann, muss man es vielleicht vernetzen und dabei das achten, was schon vorhanden und weitergedacht *ist*. Die Digicam des Polizisten ist eine gute Idee. Mein Ton in dem oberen Dialog war aber wohl kein verbindender. Ich habe einen anderen Blick auf das Bewahren bekommen. Deswegen bin ich dankbar für diese Einladung nach Mainz.