Es gibt nichts außer Meinungen

Wenn ich aktu­el­le Dis­kus­sio­nen rund um Bil­dung lese, wird mir mitt­ler­wei­le spei­übel – so wie­der hier:

http://www.zeit.de/zeit-wissen/2010/03/Das-perfekt-Schulsystem

Ich fin­de den Arti­kel weder gut noch schlecht, eini­ges gefällt mir, eini­ges nicht. Allein: Die­se Dis­kus­si­on (Kom­men­ta­re) fin­det genau auf dem Niveau schon seit Jah­ren statt. Die Ste­reo­ty­pen, die bedient wer­den, sind auch seit Jah­ren die glei­chen. Am schärfs­ten fin­de ich die Leu­te, die wie­der mal für Reförm­chen A oder Ideo­lo­gie­an­satz B wer­ben und sich gegen­sei­tig Unwis­sen­schaft­lich­keit und Igno­ranz vor­wer­fen. Es dreht sich für mich im Kreis – seit Jahren.

Reden ist Sil­ber, Schwei­gen ist Gold. Machen, ein­fach mal machen. Vor Ort – und dann erzäh­len. Von jedem ver­öf­fent­lich­ten Schü­ler­auf­satz ler­ne ich mehr über eine Bil­dung, die für mich eine kon­kre­te prak­ti­sche Rele­vanz hat – völ­lig unwis­sen­schaft­lich, fern ab von bewie­se­nen und unbe­wie­se­nen Theo­rien. Und wenn irgend­wer mich in nächs­ter Zeit dabei erwischt, wie ich mich an die­sem Gere­de ein­mal mehr betei­li­ge ohne mich zu poli­ti­sie­ren, der schrei­be mir bit­te eine bit­ter­bö­se Mail.

Auf Wiedersehen, Frau Heister-Neumann!

Es ist nun schon eini­ge Tage her, seit­dem Chris­ti­an Wulff sein Kabi­nett umge­bil­det hat. Schlag­zei­len mach­te eine neue Sozi­al­mi­nis­te­rin mit ihrer Anre­gung, reli­giö­se Sym­bo­le aus den Schu­len zu ver­ban­nen, kei­ne oder weni­ge Schlag­zei­len mach­te der Weg­gang von Frau Heis­ter-Neu­mann aus dem Kultusministerium.

Ich habe in der Begrün­dung für die­se Ent­schei­dung oft den Duk­tus der „Herausnahme einer ange­schla­ge­nen, tap­fe­ren Spie­le­rin aus dem Feld“ ver­nom­men. Mei­ner Mei­nung nach stimmt das.

Frau Heis­ter-Neu­mann war aus ver­schie­de­nen Grün­den hier in Nie­der­sach­sen nicht sehr beliebt, im Kon­text mit der Ver­la­ge­rung des Stun­den­kon­tos (LAz­Ko) direkt vor die Pen­si­on kam es zum ers­ten Mal zu Pro­tes­ten von Leh­re­rin­nen und Leh­rern vor dem Land­tag – eigent­lich ein Wider­spruch in sich: Leh­rer soli­da­risch(!) auf der Straße.

Aber auch sonst hat­te Frau Heis­ter-Neu­mann für die mit der Macht­über­nah­me der schwarz-gel­ben Koali­ti­on ein­ge­führ­ten, umfas­sen­den Schul­re­for­men (Abschaf­fung der Ori­en­tie­rungs­stu­fe, zen­tra­le Abitur­prü­fun­gen, Pro­fil­ober­stu­fe, G8, selbst­stän­di­ge Schu­len usw.) gera­de­zu­ste­hen. Neid und Ver­ant­wor­tung sind mit Macht immer sehr stark ver­bun­den – das muss man in der Poli­tik aus­hal­ten. Und es ist ein Zei­chen der Stär­ke, die damit ein­her­ge­hen­de, teils hef­ti­ge Kri­tik auch zu ertragen.

Die meis­ten Refor­men wur­den unter dem ers­ten Kul­tus­mi­nis­ter der schwarz-gel­ben Koali­ti­on, Bernd Buse­mann ein­ge­führt. Die­ser über­nahm nach eini­ger Zeit im Amt das Jus­tiz­mi­nis­te­ri­um von Frau Heis­ter-Neu­mann, die ihrer­seits Kul­tus­mi­nis­te­rin wur­de (Tausch). Ob dabei Sach­zwän­ge eine Rol­le spiel­ten, oder die sich regen­den Her­aus­for­de­run­gen an den Schu­len und der damit ver­bun­de­ne Druck auf den Minis­ter, ist rei­ne Spekulation.

Jedoch sah sich Frau Heis­ter-Neu­mann in mei­nen Augen nun mit Wir­kun­gen von Refor­men kon­fron­tiert, die sie im Kern nicht zu ver­ant­wor­ten hat­te. Frau Heis­ter-Neu­mann ging mei­ner Mei­nung nach sach­lo­gisch vor: Das Gelin­gen von G8 und dabei gera­de der Dop­pel­jahr­gang waren mas­siv von der Ver­sor­gung mit Lehr­kräf­ten abhän­gig. Und just in die­sem Zeit­raum soll­te das Arbeits­zeit­kon­to in die Rück­zah­lungs­pha­se kom­men. Von einem ver­wal­tungs­tech­ni­schen Stand­punkt aus ist es abso­lut logisch, durch eine Ver­la­ge­rung der Rück­zah­lungs­pha­se des Arbeits­zeit­kon­tos das Gelin­gen der Reform per­so­nell sicherzustellen.

Die ent­schei­den­de Fra­ge mit Blick auf die Leh­rer­ver­sor­gung in der Zukunft war für mich bereits damals, war­um die Aus­zah­lung „am Stück“ direkt vor der Pen­sio­nie­rung damit ein­her­ge­hen soll­te und nicht direkt ein Modell ange­strebt wur­de, wie wir es jetzt in Nie­der­sach­sen (erstrit­ten) haben: Die Aus­zah­lungs­pha­se wird auf die Zeit nach dem Dop­pel­jahr­gang ver­scho­ben und es gibt Anrei­ze für KuK, die bereits in die Aus­gleichs­pha­se gekom­men wären, den Ein­tritt in sel­bi­ge zu ver­schie­ben mit teil­wei­se sehr fle­xi­blen Rege­lun­gen. Hat Frau Heis­ter-Neu­mann wirk­lich nicht gewusst, dass sie genau an die­sem Punkt mas­si­ven Wider­stand evo­zie­ren wür­de? Oder lagen dem Kul­tus­mi­nis­te­ri­um Zah­len vor, die die­ses doch recht rabia­te Vor­ge­hen sach­lo­gisch recht­fer­ti­gen können?

Es ist ja viel zuge­sagt wor­den: Z.B. die Sen­kung der Klas­sen­fre­quen­zen (per­so­nal­in­ten­siv) durch Ver­bleib der durch die „Überwindung des Doppeljahrgangs“ neu geschaf­fe­nen Stel­len an den Gym­na­si­en, deren Schü­ler­zahl wahr­schein­lich wei­ter leicht stei­gen wird. Dem ent­ge­gen steht die Aus­gleichs­pha­se des LAz­Ko, die ab dem 1.8.2012 begin­nen wird.

Neh­men wir ein­mal an, dass von 60 KuK an einer Schu­le 20 davon pro­fi­tie­ren, fal­len an die­ser Schu­le ein­mal eben 20x4=80 Stun­den (mehr als drei vol­le Stel­len) weg – die Kol­le­gen unter­rich­ten ja die zwei LAz­Ko-Stun­den nicht mehr und bekom­men zusätz­lich pro Jahr zwei ange­spar­te LAz­Ko-Stun­den ver­gü­tet. Wei­ter­hin geht das Gerücht, dass in den nächs­ten sechs Jah­ren der eine oder ande­re Kol­le­ge bzw. die eine oder ande­re Kol­le­gin in Pen­si­on gehen wird. Ob die ange­dach­te Ver­kür­zung des Vor­be­rei­tungs­diens­tes auf 1,5 Jah­re und der Aus­bau der Stu­di­en­se­mi­na­re die­se Effek­te kom­pen­sie­ren kön­nen, wäre auf Basis von kon­kre­tem Zah­len­ma­te­ri­al zu über­prü­fen. Außer­dem soll es ja in Nie­der­sach­sen auch leich­ter wer­den, als Quer­ein­stei­ger – gera­de in Man­gel­fä­chern – den Beam­ten­sta­tus zu erlangen.

Die ent­schei­den­de Fra­ge ist, ob die­se Maß­nah­men aus­rei­chend sind oder ob der ein­zi­ge Aus­weg doch in einer Erhö­hung des Stun­den­de­pu­ta­tes bestehen wird. Dafür bie­tet sich die Aus­gleichs­pha­se ja nahe­zu an, weil die KuK durch auch noch einer Depu­tats­er­hö­hung um zwei Stun­den unter dem Strich noch zwei Stun­den weni­ger als vor­her unter­rich­ten… Außer­dem hat Nie­der­sach­sen ohne­hin bun­des­weit eines der kleins­ten Stun­den­de­pu­ta­te (wenn man Sei­ten­ef­fek­te wie Stel­len­schlüs­sel und Klas­sen­fre­quen­zen nicht berück­sich­tigt). Die Lob­by von Leh­rern in der Öffent­lich­keit ist – u.U. auch selbst mit­ver­schul­det – klein… Zwei Stun­den – was ist das denn schon? 30–33 SuS mehr. Fällt bei den bis 180 – je nach Fächer­kom­bi­na­ti­on – , die man mit vol­ler Stel­le zu betreu­en hat, auch kaum auf.

Soll­te Herr Alt­hus­mann, unser neu­er Kul­tus­mi­nis­ter, die­se Ent­schei­dung aus Sach­zwän­gen her­aus tref­fen müs­sen und dadurch unter Druck gera­ten, so hof­fe ich wenigs­tens, dass er die­se Schlacht dann sel­ber schla­gen kann und nicht ein ande­res Minis­te­ri­um sei­ner Hil­fe bedarf.

Schö­ner wäre es natür­lich, wenn das Kul­tus­mi­nis­te­ri­um die vor­lie­gen­den Zah­len trans­pa­rent ver­öf­fent­li­chen wür­de… Dann könn­te man gemein­sam über etwas Kon­kre­tes reden, bila­te­ral, kol­le­gi­al und auf Augen­hö­he. Und da Leh­re­rin­nen und Leh­rer in der Sum­me kei­ne Unmen­schen sind, ergä­be sich viel­leicht sogar ein nach­hal­ti­ges Kon­zept für die Zukunft und zurück­ge­won­ne­nes Ver­trau­en – es geht um eines der wert­volls­ten Güter, die wir besitzen.

Molekülbau und Siedepunkt

Eine typi­sche Auf­ga­be im Anfangs­un­ter­richt in orga­ni­scher Che­mie (für die mich jeder Mole­ku­lar­che­mi­ker auf­grund der immensen didak­ti­schen Reduk­ti­on kil­len wür­de) könn­te fol­gen­der­ma­ßen aussehen:

Ihnen lie­gen fünf orga­ni­sche Ver­bin­dun­gen vor, deren Sie­de­punkt jeweils über dem Mole­kül ange­ge­ben ist. Begrün­den Sie nach­voll­zieh­bar anhand der Mole­kül­ei­gen­schaf­ten, war­um die Sie­de­punk­te vom Methan bis zum Was­ser in die­ser Rei­he ansteigen! 

Methan
Sie­de­punkt: ‑162°C


Tetraf­lu­or­ethan
Sie­de­punkt: ‑128°C


2‑Methylbutan
Sie­de­punkt: 28°C


n‑Pentan
Sie­de­punkt: 36°C


Was­ser
Sie­de­punkt: 100°C


Mus­ter­ant­wort:

Ent­schei­dend für den Sie­de­punkt sind im Wesent­li­chen zwei Fak­to­ren: Die Mole­kül­mas­se und inter­mo­le­ku­la­re Wech­sel­wir­kun­gen. Bei den Wech­sel­wir­kun­gen ist fer­ner zu unter­schei­den zwi­schen Van-der-Waals-Kräf­ten, elek­tro­sta­ti­schen Wech­sel­wir­kun­gen auf­grund von pola­ren Atom­bin­dun­gen im Mole­kül und Was­ser­stoff­brü­cken­bin­dun­gen. Dabei gel­ten fol­gen­den Gesetzmäßigkeiten:

  1. Je grö­ßer die Mole­kül­mas­se, des­to mehr kine­ti­sche Ener­gie ist erfor­der­lich, um ein Mole­kül aus dem Flüs­sig­keits­ver­band in die Gas­pha­se zu über­füh­ren und des­to höher wird der Sie­de­punkt der Ver­bin­dung liegen.
  2. Je grö­ßer die inter­mo­le­ku­la­ren Wech­sel­wir­kun­gen, des­to schwie­ri­ger ist es, die Mole­kü­le von­ein­an­der zu tren­nen. Die­se Tren­nung ist jedoch erfor­der­lich für den Über­gang in die Gas­pha­se. Daher sind bei gro­ßen inter­mo­le­ku­la­ren Wech­sel­wir­kun­gen höhe­re Tem­pe­ra­tu­ren zur deren Über­win­dung erforderlich.
  3. Die Van-der-Waals-Kraft ist die schwächs­te inter­mo­le­ku­la­re Kraft. Sie ist direkt abhän­gig von der Kon­takt­flä­che, mit der sich zwei Mole­kü­le berüh­ren kön­nen. Die Van-der-Waals-Kraft steigt mit der Län­ge der Ket­te und sinkt mit einem wach­sen­den Ver­zwei­gungs­grad des Moleküls.
  4. Elek­tro­sta­ti­sche Wech­sel­wir­kun­gen (pola­re Anzie­hungs­kräf­te) kön­nen nur bei Mole­kü­len wir­ken, die über eine oder meh­re­re pola­re Atom­bin­dun­gen ver­fü­gen. Dabei bil­den sich Par­ti­al­la­dun­gen aus. Ent­ge­gen­ge­rich­te­te Par­ti­al­la­dun­gen bedin­gen eine elek­tro­sta­ti­sche Anzie­hungs­kraft. Die Kraft der elek­tro­sta­ti­schen Anzie­hungs­kräf­te über­wiegt gera­de bei klei­nen Mole­kü­len mit wenig Kon­takt­flä­che in ihrer Stär­ke oft die Van-der-Waals-Kraft, weil sie eben dau­er­haft (= sta­tisch) auf­tre­ten und nicht wie die Van-der-Waals-Kräf­te tem­po­rär indu­ziert und damit von sta­tis­ti­schen Gege­ben­hei­ten abhän­gig sind. Bei gro­ßen Mole­kü­le kann der Betrag der Van-Der-Waals-Kraft jedoch beträcht­li­che Grö­ßen­ord­nun­gen aufweisen.
  5. Was­ser­stoff­brü­cken­bin­dun­gen sind sehr star­ke inter­mo­le­ku­la­re Wech­sel­wir­kun­gen und in ihrer Stär­ke den Van-der-Waals- und elek­tro­sta­ti­schen Kräf­ten über­ge­ord­net Für ihre Aus­bil­dung muss Was­ser­stoff polar gebun­den und min­des­tens ein frei­es Elek­tro­nen­paar vor­han­den sein.

Die zu bespre­chen­den Mole­kü­le besit­zen fol­gen­de Molekülmassen:

Methan: 16u

Tetraf­lu­or­me­than: 88u

2‑Methylbutan: 72u

n‑Pentan: 72u

Was­ser: 18u

1.) Methan:

Methan besitzt die kleins­te Mole­kül­mas­se bei einer sehr gerin­gen Ket­ten­län­ge, sodass inter­mo­le­ku­la­re Bin­dungs­kräf­te nur äußerst schwach wir­ken. Daher hat Methan den gerings­ten Siedepunkt.

2.) Tetraf­lu­or­me­than

Tetraf­lu­or­me­than hat eine höhe­re Mole­kül­mas­se als Methan oder n‑Pentan und 2‑Methylbutan und müss­te daher den zweit­höchs­ten Sie­de­punkt besit­zen. Offen­bar über­wie­gen bei den bei­den letzt­ge­nann­ten Ver­bin­dun­gen offen­bar die Van-der-Waals-Kräf­te die bei Tetraf­lu­or­me­than auf­tre­ten­den elek­tro­sta­ti­schen Anzie­hungs­kräf­te auf­grund der pola­ren Atom­bin­dung zwi­schen dem Koh­len­stoff- und dem Flu­or­atom. Dies ist durch die grö­ße­re Ket­ten­län­ge begründ­bar. Daher sie­det Tetraf­lu­or­me­than vor 2‑Methylbutan und n‑Pentan.

3.) 2‑Methylbutan & n‑Pentan

Bei­de Mole­kü­le besit­zen zwar die glei­che Mole­kül­mas­se, jedoch kann die Van-der-Waals-Kraft beim n‑Pentan durch die weni­ger ver­zweig­te Ket­te stär­ke­ren Ein­fluss gewin­nen. Daher sie­det n‑Pentan etwas spä­ter als 2‑Methylbutan.

4.) Was­ser

Was­ser besitzt mit 18u die zweit­nied­rigs­te Mole­kül­mas­se, kann aber pro Mole­kül vier sehr star­ke Was­ser­stoff­brü­cken­bin­dun­gen aus­bil­den. Daher über­wiegt hier der Ein­fluss der inter­mo­le­ku­la­ren Bin­dungs­kräf­te den Ein­fluss der Mole­kül­mas­se erheb­lich, sodass Was­ser den höchs­ten Sie­de­punkt aufweist.

Hin­weis:

Noch schwie­ri­ger wird es, wenn man kei­ne Sie­de­punk­te angibt. Dann müs­sen die SuS auf Basis ihres Wis­sens näm­lich eine in sich geschlos­se­ne Argu­men­ta­ti­on ent­wi­ckeln, die sprach­lich um eini­ges schwie­ri­ger umzu­set­zen ist…

Deutsch kollaborativ mit GoogleDocs

René Schepp­ler hat kürz­lich ent­deckt, dass sich in Goo­g­le­Docs ange­leg­te Doku­men­te wie in Wave von meh­re­ren Leu­ten gleich­zei­tig bear­bei­ten las­sen und dass es dafür bei SuS mit­nich­ten einen Goog­le-Account für die SuS braucht – ein ein­fa­cher Link, abge­legt in z.B. einem Mood­le­kurs, reicht völ­lig aus. Einen Ein­druck, wie so etwas aus­se­hen könn­te, kann man über die­ses klei­ne Video (schlech­te Qua­li­tät) bekommen:

Jeder, der an die­sem Doku­ment arbei­tet, sieht fast in Echt­zeit die ande­ren Leu­te, die auch in die­sem Doku­ment unter­wegs sind. Sehr schön erkennt man auch die Pro­ble­me an die­sem Set­up: Irgend­wer löscht ein­fach mit­ten­drin den gesam­ten Text, alle erschei­nen stets als „anonym“ (was schon ein wenig zu Van­da­lis­mus ein­lädt) usw. Das bekommt man aber recht gut in den Griff. Daher mei­ne Tipps für die kon­kre­te Arbeit:

  1. Fin­ger weg vom Inter­net Explo­rer. Zumin­dest die Ver­si­on 8 wirft bei uns irgend­wann mit Java­script­feh­lern um sich oder muss neu gestar­tet wer­den. Fire­fox läuft ein­wand­frei ab Ver­si­on 3.5.
  2. Maxi­mal vier SuS gleich­zei­tig in einem Dokument
  3. Grund­re­gel: Nie­mand darf in einer ers­ten Pha­se Text­tei­le löschen
  4. Kei­ne Tex­te aus „dem nichts“ schrei­ben las­sen. Immer kon­kre­te Vor­ga­ben und Struk­tur im Arbeitsprozess
  5. Wit­zig: In der Grup­pen­ar­beit bei arbeits­tei­li­gem Auf­trag die Auf­ga­ben nur über das Doku­ment abspre­chen – lässt sich ja auch zum Simul­tanchat nutzen
  6. Nicht zu unter­schät­zen: Es dau­ert, bis SuS mit der Metho­de ver­traut sind und auch Zutrau­en zu ihr ent­wi­ckeln. Es ent­spricht nicht unse­rer Gewohn­heit, dass man gleich­zei­tig mit Drit­ten auf einem „Papier“ malt oder jeder Ver­tip­per und jedes Backspace in Echt­zeit auf drei ande­ren Moni­to­ren erscheinen.

Ich habe es anhand einer Auf­ga­be zum Diskutieren/Argumentieren so versucht:

Die SuS haben zu Hau­se Argu­men­te gesam­melt. Jeder aus der Grup­pe soll­te nun sei­ne zwei bes­ten Argu­men­te in das Doku­ment ein­tra­gen (Pha­se 1 – jeder am eige­nen PC). Die Grup­pe hat danach die Argu­men­te so hin- und her­ko­piert, dass sie sich inhalt­lich stei­gern (Pha­se 2 – alle am glei­chen PC). Danach Arbeits­tei­lung: Zwei aus der Grup­pe über­prü­fen die Argu­men­te auf den Auf­bau (Behaup­tung – Begrün­dung – Bei­spie­le) und nut­zen dafür die Kom­men­tar­funk­ti­on von Docs, die ande­ren zwei gestal­ten mög­li­che Über­gän­ge zwi­schen den Argu­men­ten (Pha­se 3). Danach Über­ar­bei­tung unter Berück­sich­ti­gung der Kom­men­ta­re (Pha­se 4). Expor­tie­ren als PDF oder ODF – prä­sen­tie­ren, per Mail an alle ver­tei­len – fer­tig ist die Grup­pen­ar­beit, in der jeder aktiv sein kann.

Sehr gut kann ich mir das auch in Che­mie wäh­rend Grup­pen­ex­pe­ri­men­ten vor­stel­len: Jede Grup­pe erhält ein Lap­top und trägt ihre Mess­wer­te in eine Goo­gle­Ta­bel­le ein. Das lässt sich dann direkt zu z.B. einem Dia­gramm wei­ter­ver­ar­bei­ten – jeder kann sich das zu Hau­se aus­dru­cken oder vor der Klas­sen­ar­beit noch ein­mal nach­schla­gen oder…

Resistance is futile (Widerstand ist zwecklos) – Teil 1

Vor­ein­lei­tung

Ich woll­te einen Arti­kel schrei­ben. Es wird eine Serie. Heu­te mit dem ers­ten Teil.

Ein­lei­tung

Kris­ti­an Köhn­topp schreibt in sei­nem Blog, dass jeder Arbeit­neh­mer zwei Ver­trä­ge mit sei­nem Arbeit­ge­ber abschließt. Ich zitie­re eine kur­ze Pas­sa­ge, weil ich es nicht bes­ser aus­zu­drü­cken vermag:

Der eine exis­tiert auf dem Papier. Er regelt Geld, Urlaub, Daten­schutz, Kün­di­gungs­recht und sol­che Din­ge. Den ande­ren hat man im Kopf. Er regelt ‚Was erwar­te ich von mei­ner Fir­ma und mei­nen Kol­le­gen?‘ und ‚Was bin ich bereit an Ände­run­gen hin­zu­neh­men bis ich gehe?‘.“

Ich ken­ne sehr weni­ge Leh­rer, die tat­säch­lich äußer­lich gegan­gen sind und sich dem frei­en Stür­men des Arbeits­mark­tes aus­set­zen. Erstaun­li­cher­wei­se sind die weni­gen, die ich ken­ne. sehr, sehr glück­lich mit die­ser Ent­schei­dung (aber meist auch ander­wei­tig mate­ri­ell gut ver­sorgt). Trotz­dem glau­be ich, dass es eine Rei­he von Leh­rern gibt, die inner­lich gehen., d.h. den zwei­ten Ver­trag kün­di­gen, den ers­ten aber behal­ten. Dabei for­mu­lie­re ich meh­re­re Ste­reo­ty­pen, die Extrem­fäl­le(!) dar­stel­len, zwi­schen denen es natür­lich Gra­du­ie­run­gen gibt.

Ste­reo­typ I

Man kann im Extrem­fall nur noch das Not­wen­digs­te tun und dem Dienst­her­ren nur das unbe­dingt Nöti­ge ablie­fern  – wenn man sich for­mal kor­rekt ver­hält, hat man da in der Regel wenig Ärger von „oben“ zu befürch­ten. Das ist in die­ser radi­ka­len Form in mei­nen Augen aber unso­li­da­risch, weil unter der Ein­stel­lung des einen u.U. ande­re KuK lei­den – u.a. durch in mei­nen Augen fast unver­meid­ba­re Stellvertreterkriege.

Es ist für mich aber auch eine stil­le Form des Wider­stands gegen ein Sys­tem, wel­ches Loya­li­tät (Treue­pflicht) for­dert und dabei sogar so weit geht, dem Recht auf freie Mei­nungs­äu­ße­rung teil­wei­se einen Dienst­weg zu ver­ord­nen. Bestimm­te Vor­gän­ge unter­lie­gen der Schwei­ge­pflicht, weil Per­sön­lich­keits­rech­te von SuS gewahrt wer­den müs­sen oder das Sys­tem selbst eine Stö­rung des Schul­frie­dens fürch­tet. Mar­kus Han­sen, ein wie­der­ent­deck­ter Freund aus alten Tagen, schreibt:

Der posi­ti­ve Loya­li­täts­aspekt klappt dabei nur, wenn er mul­ti­la­te­ral ist, d.h. von allen Betei­lig­ten eben­falls Loya­li­tät gegen­über den ande­ren bei­getra­gen wird.“

Der Deal klappt also, wenn der Dienst­herr auch sei­nen Teil der Ver­tra­ges ein­hält, z.B. öffent­li­che Zusa­gen umsetzt, sei­ner Für­sor­ge­pflicht ent­spre­chend ali­men­tiert, sei­ne Beam­ten im Rah­men der Bei­hil­fe nicht gegen­über Kas­sen­pa­ti­en­ten benach­tei­ligt, trans­pa­ren­te Bewer­bungs­ver­fah­ren durch­führt, einen gewis­sen Stan­dard bei den Arbeits­be­din­gun­gen garan­tiert usw. – also ganz pro­fa­ne Din­ge, für die er Treue erwar­ten darf. Han­delt der Dienst­herr in der Wahr­neh­mung(!) sei­ner Beam­ten nicht loy­al, so evo­ziert er viel­leicht erst die hier beschrie­be­ne, mög­li­che Form des inne­ren Wider­stands, der nach mei­ner Mei­nung ein immenses Pro­blem darstellt:

  1. Die Fol­gen die­ses stil­len Wider­stands spürt der Dienst­herr nicht direkt. Schul­lei­tungs­mit­glie­der bekom­men das pri­mär ab – das ist in einem hier­ar­chi­schen Sys­tem halt so, sekun­där ande­re Kol­le­gin­nen und Kol­le­gen (s.u.). Das ent­so­li­da­ri­siert und stärkt indi­rekt die Rol­le des Dienstherren.
  2. Die­se Art des inne­ren Wider­stand erle­be ich in Pha­sen, in denen ich mich dar­in befin­de, als extrem unbe­frie­di­gend. Ich muss viel von mei­ner Kraft ein­set­zen, das „Sys­tem“ abzu­weh­ren, mei­ne Arbeits­leis­tung und per­sön­li­che Zufrie­den­heit sin­ken. Man kann bedingt durch Pri­vat­le­ben kom­pen­sie­ren, bedingt.
  3. Es kann für die Schul­ge­mein­schaft zu einem erns­ten Pro­blem wer­den. Der Zorn und die Ent­täu­schung gehen in die­sem Sta­tus meist ja nicht ver­lo­ren, son­dern suchen sich nur ande­re Wege. Da sie sich nicht offen gegen den Dienst­her­ren rich­ten kön­nen (oder wol­len), suchen sie sich wahr­schein­lich ein ande­res Ziel. Ich habe vor eini­gen Jah­ren das Wort „Stell­ver­tre­ter­krieg“ gelernt, wel­ches ich immer noch als tref­fend anse­he. Stell­ver­tre­ter­krie­ge tref­fen grund­sätz­lich die schwächs­ten Glie­der – dumm, wenn das Kol­le­gin­nen und Kol­le­gen, noch düm­mer, wenn es Schü­le­rin­nen und Schü­ler sind.

Da der Dienst­herr nichts oder sehr ober­fläch­lich oder nur sehr wenig „spürt“, setzt er fröh­lich nach: mit Refor­men, mit Spar­plä­nen, mit inhalt­li­chen Vor­ga­ben. Han­delt er dabei in der Wahr­neh­mung sei­ner Beam­ten nicht loy­al, zu kommt es ledig­lich zu einer Modi­fi­ka­ti­on die­ses inne­ren Wider­stands. Dum­mer­wei­se kom­men Regie­run­gen und gehen Regie­run­gen, die Ver­ant­wort­li­chen dort müs­sen weit weni­ger Jah­re „durch­hal­ten“ als ein Leh­ren­der – und wenn des­sen Res­sour­cen der Modi­fi­ka­ti­ons­fä­hig­keit die­ses sei­nes inne­ren Wider­stan­des auf­ge­braucht sind, dann gibt es Pro­ble­me in Form von sich ver­stär­ken­den Stell­ver­tre­ter­krie­gen. Des­we­gen hal­te ich die­se Form des Wider­stan­des für sinn­los. Sie ver­mei­det wahr­schein­lich lang­fris­tig  nicht ein­mal ernst­haf­te per­sön­li­che Kri­sen oder erhält die phy­si­sche Gesund­heit, obwohl sie ursprüng­lich genau dafür „gedacht“ ist.

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