Herr Riecken, im Rahmen von Veranstaltung x möchte ich Sie anfragen, ob …“

Tja. Das Los eines medi­en­päd­ago­gi­schen Bera­ters in NDS ist hart bezüg­lich Din­gen wie der Honorartätigkeit.

1. Auf­ga­ben der Lehr­kräf­te als medi­en­päd­ago­gi­sche Bera­te­rin­nen und Bera­ter in den kom­mu­na­len Medienzentren

 

Die Lehr­kräf­te als Bera­te­rin­nen und Bera­ter für Schu­len in den kom­mu­na­len Medi­en­zen­tren haben aus­schließ­lich medi­en­päd­ago­gi­sche Auf­ga­ben zu erfüllen:
1.1 Bera­tung der Schul­trä­ger, Schu­len und Kindertagesstätten
1.1.1 bei der kon­zep­tio­nel­len Wei­ter­ent­wick­lung der Medienausstattung,
1.1.2 bei der Erstel­lung von Medi­en­ent­wick­lungs­plä­nen sowie
1.1.3 bei der Ein­rich­tung und bei der Betreu­ung von Computernetzwerken.
1.2 Unter­stüt­zung der Schu­len und Kin­der­ta­ges­stät­ten bei der Ent­wick­lung und Umset­zung von Qua­li­täts­stan­dards für die Ver­mitt­lung von Medienkompetenz.
1.3 Ermitt­lung und Koor­di­nie­rung des Medienbedarfs.
1.4 Gewähr­leis­tung und Unter­stüt­zung der medi­en­päd­ago­gi­schen Fort­bil­dung durch Lehr-gän­ge, schul­in­ter­ne Fort­bil­dung und Tagungen.
1.5 För­de­rung akti­ver Medi­en­ar­beit, Medi­en­kul­tur­ar­beit und Medi­en­pro­duk­ti­on in Schulen.
1.6 Koope­ra­ti­on mit regio­na­len und über­re­gio­na­len Medienanbietern.
1.7 Ent­wick­lung von Vor­schlä­gen zu Kreis über­grei­fen­der Zusam­men­ar­beit mit den ande­ren Medi­en­zen­tren in Abspra­che mit den kom­mu­na­len Trägern.

 

https://www.nibis.de/uploads/1chaplin/files/Erlass_MZ_19_06_06.pdf

Wenn ich jetzt „neben­bei“

  • Apple Distin­gu­is­hed Edu­ca­tor / Micro­soft­pen­dant gegen Honorar
  • auf Ver­an­stal­tun­gen kom­mer­zi­el­ler Art als Refe­rent zu die­sen The­men gegen Honorar
  • usw.

her­um­hop­sen will, muss ich das als Neben­tä­tig­keit hier in NDS zumin­dest anzei­gen. Die geneh­mi­gen­de Stel­le weiß auf­grund von behör­den­in­ter­nen Abläu­fen in der Regel gar nicht, dass ich medi­en­päd­ago­gi­scher Bera­ter bin und wird sich auf die Unter­schrift mei­ner Schul­lei­tung ver­las­sen, die wie­der­um den Erlass wahr­schein­lich nicht jedes­mal vor­her liest – außer­dem kann ich in der Anzei­ge der Neben­tä­tig­keit Din­ge ja auch mög­lichst offen las­sen. Damit dürf­te ich das for­mal alles machen. Fer­tig. Es lebe das Beamtentum.

Aber neben­bei ver­stößt eine sol­che Tätig­keit inhalt­lich natür­lich ein klitz­klei­nes Biss­chen gegen das Neu­tra­li­täts­ge­bot. Ein Bera­ter, der neben­bei für Apple Deutsch­land / Micro­soft / Goog­le / Ama­zon / Face­book / wha­te­ver arbei­tet und Trä­ger bei der Aus­wahl von Hard­ware­sys­te­men berät (natür­lich ein extrem kon­stru­ier­ter und hypo­the­ti­scher Fall) – hm… . Wenn das irgend­ei­ne vor­ge­setz­te Stel­le irgend­wann mal genau so sieht, wird bzw. muss mir die­se Tätig­keit unter­sagt werden.

Als Lehr­kraft? Kein Pro­blem. Steht alles nicht in den Auf­ga­ben im ent­spre­chen­den Erlass. In mei­nem schon.

Des­we­gen mache ich das nicht. Aller­dings mache ich neben­bei etwas für einen Schul­buch­ver­lag (Autoren­tä­tig­keit, Bera­tung bei der Erstel­lung von Lern­me­di­en usw.) – das steht nicht in mei­nem Erlass. Und trotz­dem: Wer­de ich auf dienst­li­chen Ver­an­stal­tun­gen nach emp­feh­lens­wer­ten Lehr­wer­ken gefragt, lege ich die­se Ver­bin­dung offen und sage, dass ich genau aus dem Grund dazu nicht bera­ten wer­de – weil ich nicht neu­tral bin – trotz der ver­gleichs­wei­se lächer­li­chen Sum­men, die da fließen.

Ver­bin­dun­gen und Ver­diens­te offen­le­gen – es dürf­te kaum ein grö­ße­res Tabu­the­ma in der Leh­rer­di­gi­sze­ne geben – ver­schämt per DM vielleicht.

Das Gan­ze hat eine Kehr­sei­te: Auf kom­mer­zi­el­len Ver­an­stal­tun­gen bestimmt so der jewei­li­ge kom­mer­zi­el­le Anbie­ter ganz allein über die Inhal­te. Natür­lich kann ich „under­co­ver“ als Teil­neh­mer mit dort­hin­ge­hen, aber ich kann Inhal­te und Hal­tun­gen nicht set­zen, kei­ne ande­ren Per­spek­ti­ven durch z.B. Key­notes oder Work­shops öff­nen usw..  Das ist der Preis. Und der Preis ist auch, dass Kom­mer­zi­el­le über erheb­lich grö­ße­re Res­sour­cen zum Set­zen von Inhal­ten und Hal­tun­gen ver­fü­gen. Ob die­se Rege­lung im bestehen­den Sys­tem also unter dem Strich ihren Zweck erfüllt … For­mal bestimmt.

 

 

 

Niedersachsen überarbeitet sein Schulgesetz hinsichtlich den Erfordernissen der DSGVO

Yeah. Wer es ganz genau nach­le­sen möch­te, fin­det den heu­te ver­ab­schie­de­ten Gesetz­ent­wurf in vol­ler Län­ge hier: http://www.stk.niedersachsen.de/portal/live.php?article_id=180273&_psmand=6.

Da das Lesen echt kei­nen Spaß macht, das aus mei­ner Sicht Wich­tigs­te kurz zusammengefasst:

Lernplattformen und Schulclouds

Kurz­fas­sung: Man wird in Nie­der­sach­sen nach mei­ner Ein­schät­zung jetzt Lern­platt­for­men und Schul­clouds noch abge­si­cher­ter als vor­her ohne Ein­wil­li­gung der Betrof­fe­nen ein­set­zen kön­nen. Die ent­spre­chen­de Rechts­norm lau­tet im geän­der­ten Schul­ge­setz folgendermaßen:

§31, Absatz 5, Satz 1–2: (1) Inter­net­ba­sier­te Lern- und Unter­richts­platt­for­men dür­fen nur ein­ge­setzt wer­den, soweit die­se den Anfor­de­run­gen der Daten­schutz-Grund­ver­ord­nung ent­spre­chen und die Schul­lei­tung dem Ein­satz zuge­stimmt hat. (2) Die Schu­le darf für den Ein­satz digi­ta­ler Lehr- und Lern­mit­tel per­so­nen­be­zo­ge­ne Daten der Schü­le­rin­nen und Schü­ler, der Lehr­kräf­te und der Erzie­hungs­be­rech­tig­ten ver­ar­bei­ten, soweit dies für die Auf­ga­ben der Schu­le erfor­der­lich ist.

Es gab dazu bis­her in Nie­der­sach­sen bereits eine geleb­te Rechts­pra­xis, du nun aus mei­ner Sicht noch­mal kon­kre­ti­siert und an die DS-GVO ange­passt wur­de. Im Wesent­li­chen hat man sich vor­her allein auf das Erfor­der­lich­keits­kri­te­ri­um gestützt.  Nicht freu­en wird kri­ti­sche Men­schen, dass die Schul­lei­tung hier als qua­si „geneh­mi­gen­de Instanz“ auf­ge­führt ist (über Aus­wahl digi­ta­ler Lehr- und Lern­mit­tel befin­det trotz­dem noch die Fach­kon­fe­renz, in der Eltern sowie SuS unter­re­prä­sen­tiert sind) und – soll­te z.B. Office365 die DS-GVO-Kon­for­mi­tät beschei­nigt wer­den – natür­lich auch kom­mer­zi­el­le Anbie­ter zur Wahl ste­hen (poli­tisch wird es m.E. eher dar­um gehen, die Nie­der­sach­sen­cloud recht­lich zu legitimieren).

Da Unter­richts­ent­wick­lung jedoch stets eng mit mög­lichst vie­len Betei­lig­ten an einer Schu­le ver­bun­den ist, wird man an Schu­len schon sehr dar­auf ach­ten, das The­ma mög­lichst breit zu diskutieren.

Span­nend ist die wie­der­um die doch recht wei­te Rechts­aus­le­gung des neu­en Absatz 5 auf S.23 der Ent­wurfs­fas­sung in „Beson­de­ren Teil“:

Satz 2 sichert die Zuläs­sig­keit des Ein­sat­zes digi­ta­ler End­ge­rä­te und stellt klar, dass die­se im Unter­richt und ins­be­son­de­re in schrift­li­chen Arbei­ten und Prü­fun­gen ver­wen­det wer­den dür­fen, auch wenn dabei per­so­nen­be­zo­ge­ne Daten ver­ar­bei­tet werden.

Über­haupt gebe ich dem „beson­de­ren Teil“ eine Lese­emp­feh­lung. Für jeman­den, der wie ich schon lan­ge mit den Dis­kus­sio­nen auf Lan­des­ebe­ne ver­traut ist, liest sich das stel­len­wei­se wie ein Kri­mi­nal­ro­man, weil man eben die Hand­schrift ein­zel­ner Play­er wie­der­zu­er­ken­nen glaubt – für Unein­ge­weih­te dann doch eher tro­cken. In der Grund­ten­denz sind aus mei­ner Sicht aber Eltern­rech­te beschnit­ten worden.

Mit Sicher­heit wer­den wir dem­nächst ergän­zen­de Erlas­se sehen. Es bleibt spannend.

 

 

Für den Philologenverband – Fremdschämen ist angesagt

Ich bin schon vor Jah­ren aus dem Phi­lo­lo­gen­ver­band aus­ge­tre­ten. Das hat­te im Wesent­li­chen mit den Inhal­ten der Ver­bands­mit­tei­lun­gen zu tun. Inno­va­tio­nen und ande­re Per­spek­ti­ven konn­te man mei­ner Mei­nung nach stets mit der Lupe suchen.

In letz­ter Zeit gab es wie­der einen abso­lu­ten Klop­fer: Ein Mit­glied äußer­te sich in der Ver­bands­zeit­schrift kri­tisch gegen­über der Fri­days4­Fu­ture-Bewe­gung. Das gehört zu einem gesun­den demo­kra­ti­schen Pro­zess und zur frei­en Mei­nungs­äu­ße­rung. Aber ein Name stand da nicht. Über die Grün­de lässt sich spekulieren.

Heu­te:

https://www.news4teachers.de/2019/08/a13-fuer-alle-lehrer-philologen-kuendigen-widerstand-an-sie-beharren-auf-mehr-geld-fuer-gymnasiallehrer/amp/?__twitter_impression=true

Grund­schul­lehr­kräf­te sol­len nicht höher besol­det wer­den – sagt der hes­si­sche Bil­dungs­mi­nis­ter. Und der deut­sche Dach­ver­band der Phi­lo­lo­gen steigt dar­auf ein:

https://www.dphv.de/aktuell/nachrichten/details/article/zur-eingruppierung-von-grund-und-gymnasiallehrkraeften-wertschaetzung-aller-lehrkraefte-ja-untersc.html

Ich bin Gym­na­si­al­leh­rer – zumin­dest noch der Aus­bil­dung nach. Ich bil­de mir ein, Men­schen zu soli­da­ri­schem Han­deln und demo­kra­ti­schen Den­ken befä­hi­gen zu sol­len. Das ich für mich der Kern des Gym­na­si­ums. Den sehe ich in die­sem Stan­des­den­ken nicht. Es zeugt von abso­lu­ter Ahnungs­lo­sig­keit bezüg­lich des ste­tig wach­sen­den Anspruchs an den Grund­schu­len. Ich habe nicht einen Cent weni­ger in der Tasche, nur weil Grund­schul­leh­rer mehr bekom­men – mei­net­we­gen zahlt die all­ge­mei­ne Stel­len­zu­la­ge dann nur den Gymnasiallehrkräften.

Nicht mei­ne Inter­es­sen­ver­tre­tung. Gute Ent­schei­dung damals.

Medienentwicklungsplanung & Medienbildungskonzepte – Basics

Dies ist ein Aus­zug aus mei­nem gera­de ent­ste­hen­den Buch („Schu­le im Zeit­al­ter der Digitalisierung“).

Was ist überhaupt ein Medienentwicklungsplan?

Medi­en­ent­wick­lungs­pla­nung ist ein Pro­zess, des­sen Kom­ple­xi­tät immer wie­der unter­schätzt wird – vor allem im Bereich der Mode­ra­ti­on. Er ist eng ver­knüpft mit einem wei­te­ren Pro­zess: Dem der Medi­en­bil­dungs­kon­zept­ent­wick­lung an den Schu­len. Sie wer­den in die­sem Kapi­tel mei­nen mühe­vol­len Ver­such sehen, bei­de Pro­zes­se ein­zeln abzu­han­deln, obwohl sie eigent­lich sehr eng mit­ein­an­der ver­knüpft sind.

Zen­tra­le Begrif­fe wie Medi­en­kon­zept, Medi­en­ent­wick­lungs­plan und Medi­en­bil­dungs­kon­zept wer­den zur­zeit in ver­schie­de­nen Bun­des­län­dern noch unter­schied­lich mit Bedeu­tung gefüllt. Durch­zu­set­zen schei­nen sich mitt­ler­wei­le fol­gen­de Definitionen:

Ein Medi­en­kon­zept umfasst einen meist regio­na­len Medi­en­ent­wick­lungs­plan und die dazu­ge­hö­ri­gen Medi­en­bil­dungs­kon­zep­te der Schu­len. Es ist qua­si der Oberbegriff.

Ein Medi­en­ent­wick­lungs­plan ist ein Kon­zept zur Aus­stat­tung von Schu­len in gemein­sa­mer Trä­ger­schaft oder in einer Region.

Medienentwicklungsplanung

Wenn der Trä­ger aktiv in den Pro­zess der Medi­en­ent­wick­lungs­pla­nung ein­steigt, dann müs­sen die Schu­len sich nicht mehr dar­um küm­mern, Haus­halts­mit­tel für die Aus­stat­tung mit digi­ta­len Gerä­ten ein­zu­wer­ben. Die­se Haus­halts­mit­tel ste­hen bereits über einen gewis­sen Zeit­raum hin­weg fest zur Verfügung.

Die Schu­len müs­sen nicht mehr Ange­bo­te für das ein­ho­len, was sie sich wün­schen – das macht der Trä­ger ent­spre­chend den päd­ago­gi­schen Vor­ga­ben – spä­ter im Pro­zess idea­ler­wei­se auf Basis sich ste­tig ent­wi­ckeln­der Medienbildungskonzepte.

Der Trä­ger stellt sei­nen Schu­len im Rah­men sei­ner Medi­en­ent­wick­lungs­pla­nung Men­schen an die Sei­te, die sich um Pfle­ge und War­tung der vor­han­de­nen Gerä­te kümmern.

Der Schul­trä­ger wird aber auch im Rah­men von soge­nann­ten Jah­res­in­ves­ti­ti­ons­ge­sprä­chen mit sei­nen Schu­len gemein­sam die Anschaf­fun­gen des letz­ten Jah­res und die der kom­men­den durchsprechen.

Ein Medi­en­ent­wick­lungs­plan dient pri­mär dem Schul­trä­ger dazu, sei­nen Ausstattungs‑, Ver­wal­tungs- und Sup­port­auf­ga­ben gemäß der jeweils gül­ti­gen Ver­ein­ba­run­gen mit dem zustän­di­gen Bun­des­land gerecht zu werden.

Er garan­tiert den Schu­len ver­läss­li­che Unter­stüt­zung bei auf­tre­ten­den Hard­ware- und Netz­werk­pro­ble­men, schränkt u.U. aber die Aus­wahl von Soft- und Hard­ware zuguns­ten einer bes­se­ren Wart­bar­keit etwas ein, wobei eine sich ent­wi­ckeln­de Medi­en­ent­wick­lungs­pla­nung sich immer auch an die Bedürf­nis­se der Schu­len anpas­sen wird.

Es ist aber etwas voll­kom­men ande­res, inner­halb einer Trä­ger­schaft z.B. drei ver­schie­de­ne Betriebs­sys­tem­platt­for­men für Tablets mana­gen zu müs­sen als Schu­len mit unter­schied­li­chen Robo­ter­bau­sät­zen zu beden­ken. Das ers­te ist sup­port­tech­nisch nicht beherrsch­bar, das zwei­te für exter­ne IT-Betreu­ung fast vernachlässigbar.

So ein­leuch­tend die­ser Umstand sein mag, so schwie­rig ist er in der Fol­ge tat­säch­lich zu rea­li­sie­ren. Jeder Ruf nach „ein­heit­li­cher“ (und damit erst wart­ba­rer) Aus­stat­tung sieht unwei­ger­lich aus­schrei­bungs­recht­li­che Pro­ble­me (Stich­wort: anbie­ter­neu­tra­le Aus­schrei­bung) mit sich und ruft Kri­ti­ker auf den Plan, die „lob­by­is­ti­sche Ein­fluss­nah­me“ über den Trä­ger auf die Schu­len wit­tern. Daher sind Gesprä­che und Aus­tausch in jeder Pha­se einer Medi­en­ent­wick­lungs­pla­nung unerlässlich.

Medi­en­ent­wick­lungs­pla­nung ist fol­ge­rich­tig zwar immer Auf­ga­be des Schul­trä­gers, hat aber stets in enger Abspra­che mit den von ihm betreu­ten Schu­len zu erfol­gen (man kann es nicht oft genug wie­der­ho­len …), um Pro­jekt­ri­si­ken zu mini­mie­ren. Die Vor­aus­set­zun­gen für ein an einer Schu­le wirk­lich geleb­tes Medi­en­bil­dungs­kon­zept sind durch einen vor­han­de­nen Medi­en­ent­wick­lungs­plan wesent­lich bes­ser. Zumin­dest in Nie­der­sach­sen sind Bera­tungs­leis­tun­gen zur Erstel­lung eines Medi­en­ent­wick­lungs­plan als „beglei­ten­de Maß­nah­men“ zudem über den Digi­tal­pakt för­der­fä­hig https://digitaleschule.niedersachsen.de/startseite/faqs/faqs_antragswesen/faqs-zum-antragswesen-179333.html.

Wenn in einem Bereich die Medi­en­ent­wick­lungs­pla­nung anläuft, soll­ten die Schu­len ihrer­seits bereit sein, sich an die­sem Pro­zess zu betei­li­gen und ihn auf­merk­sam in der Pres­se ver­fol­gen. Auch die Anwe­sen­heit von Schul­ver­tre­tern im Kul­tur- und Schul­aus­schüs­sen scha­det nicht.

Medienbildungskonzepte

Medi­en­bil­dungs­kon­zep­te wer­den an den Schu­len ent­wi­ckelt. Die Schu­le bestimmt nach Kri­te­ri­en wie z.B.

  • didak­ti­schen Erfordernissen
  • metho­di­schen Entscheidungen
  • päd­ago­gi­schen Anforderungen
  • cur­ri­cu­la­ren Vorgaben

wie sie die Arbeit mit und über Medi­en in ihren schul­ei­ge­nen Arbeits­plä­nen bzw. Haus­cur­ri­cu­la verankert.

Ein Medi­en­bil­dungs­kon­zept erleich­tert die Argu­men­ta­ti­on gegen­über dem Trä­ger, aber auch gegen­über För­der­ver­ei­nen oder Spon­so­ren, wenn es um z.B. Beschaf­fung von Gerä­ten oder der Aus­stat­tung mit Netz­werk­tech­nik geht. Es kann ein öffent­lich­keits­wirk­sa­mes Instru­ment zur Dar­stel­lung der Schu­le sein. Auf Basis eines Medi­en­bil­dungs­kon­zep­tes ist z.B. die Emp­feh­lung von kon­kre­ter Hard- und Soft­ware durch ent­spre­chend qua­li­fi­zier­tes Per­so­nal, z.B. beim Schul­trä­ger, über­haupt erst möglich.

Bei der Aus­stat­tung von Schu­len ist grund­sätz­lich immer Infra­struk­tur die Basis (Inter­net­an­schluss, LAN, WLAN) – sie wird auch pri­mär durch den Digi­tal­pakt gefor­dert. Infra­struk­tur erfor­dert streng genom­men kein  ein­zi­ges fer­ti­ges Medi­en­bil­dungs­kon­zept – gleich­wohl setzt der Digi­tal­pakt bereits an die­ser Stel­le ein sol­ches vor­aus. Ich arbei­te in die­ser Pha­se ger­ne mit fer­ti­gen Mus­ter­kon­zep­ten, die die for­ma­len Anfor­de­run­gen des Digi­tal­pak­tes erfüllen.

Es soll­te die Zeit der auf­wän­di­gen Erstel­lung von digi­ta­ler Infra­struk­tur von den Schu­len genutzt wer­den, um in der Pro­zess der Medi­en­bil­dungs­kon­zept­ent­wick­lung ein­zu­stei­gen. Der Trä­ger kann auf die­ser Basis sei­ne Medi­en­ent­wick­lungs­pla­nung ent­wi­ckeln. Wie bereits ange­deu­tet, kön­nen aus prag­ma­ti­schen Erwä­gun­gen her­aus – z.B. des rea­lis­tisch in der Regi­on mög­li­chen Sup­ports – meist nicht alle indi­vi­du­el­len Wün­sche jeder ein­zel­nen Schu­le und Fach­schaft dabei Berück­sich­ti­gung fin­den. Das ist weit­aus weni­ger „schmerz­voll“ für alle Betei­lig­ten, wenn die­se Aspek­te bereits im Pro­zess gemein­sam bespro­chen, beglei­tet und auch gelenkt werden.

 

Buchprojekt „Digitalisierung und Schule“ – Streiflichter

Ich ent­lee­re gera­de mei­nen Kopf in ein LaTeX-Doku­ment, in dem ich in les­ba­rer Form mei­ner Erfah­rung aus der Bera­tung von Schul­trä­gern und Schu­len zusam­men­fas­se. Die Print­rech­te wer­den ver­kauft – die digi­ta­len wer­den wahr­schein­lich nach dem Mot­to „Do what you fuck­ing want with it“ gestal­tet sein. Vol­le DINA4-Sei­ten sind es momen­tan ca. 50 – bis zum Herbst könn­te der ers­te Teil ste­hen – da geht es erst­mal rund um alles Wich­ti­ge für die ers­te Pha­se des Digirtalpaktes.

Die Struk­tur ist nicht so ganz ein­fach, eben­so die Inter­de­pen­den­zen zwi­schen den Kapi­teln, weil ich das Gefühl habe, dass ein Buch eher sowas wie ein Foto ist: Eine Moment­auf­nah­me von Sicht­wei­sen und Gedan­ken, wäh­rend schon wie­der neue Sicht­wei­sen und Gedan­ken entstehen.

Zwei Bil­der aus Shosha­na Zuboffs „Der Platt­form­ka­pi­ta­lis­mus“ wer­fen mich gera­de etwas durch­ein­an­der. Das ers­te Bild ist das des Bei­spiel­lo­sen:

Vor eini­gen Jah­ren schlug in einer stür­mi­schen Nacht der Blitz bei uns ein, und ich er­ fuhr die sich jedem Ver­ständ­nis sper­ren­de Kraft des Bei­spiel­lo­sen am eige­nen Leib. Weni­ge Augen­bli­cke nach dem Ein­schlag schon quoll dicker schwar­zer Rauch aus dem Erd­ge­schoß die Trep­pe her­auf. Als wir, end­lich hand­lungs­fä­hig, die Feu­er­wehr rie­fen, mein­te ich, ein, zwei Minu­ten zu haben, um noch etwas Nütz­li­ches zu tun, bevor ich mich der nach drau­ßen geflüch­te­ten Fami­lie anschloß. Zuerst lief ich nach oben und schloß alle Türen, um die Zim­mer vor dem Rauch zu schüt­zen. Als Nächs­tes rann­te ich wie­der hin­ab ins Wohn­zim­mer, wo ich so vie­le von unse­ren Foto­al­ben zusam­men­raff­te, wie ich nur tra­gen konn­te, um sie auf die Veran­da in Sicher­heit zu brin­gen. Just in dem Augen­blick, in dem der Rauch mich erreich­te, bekam der Ein­satz­lei­ter der Feu­er­wehr mich an der Schul­ter zu fas­sen und zerr­te mich aus dem Haus. Fas­sungs­los stan­den wir im strö­men­den Regen, als das Haus auch schon explo­si­ons­ar­tig in Flam­men aufging.

 ( Aus: „Der Platt­form­ka­pi­ta­lis­mus“, Shosha­na Zuboff, Cam­pus-Ver­lag, 2018 )

Zuboff konn­te die Gefähr­lich­keit der Situa­ti­on nicht ein­schät­zen, weil sie so etwas in ihrem Leben noch nicht erlebt hat­te. Die Stär­ke in ihrem gesam­ten Buch ist für mich das Anek­do­ti­sche: Sie beschreibt das Gesamt­bild nie ohne es auf sich selbst als Per­son zu bezie­hen (Step­ping out – Diving in, oder: Versatilität).

Für die Grund­struk­tur des Bei­spiel­lo­sen gibt es vie­le Bei­spie­le – hier eini­ge – und in der Twit­ter-Fil­ter­bla­se oft bemüh­te – aus dem tech­ni­schen Bereich: Hen­ry Fords Fließ­band­pro­duk­ti­on von Auto­mo­bi­len, die Ent­de­ckung des Erd­öls, die Erfin­dung des Per­so­nal Com­pu­ters, Apple­Mu­sic – das alles war zum Zeit­punkt des Ent­ste­hens bei­spiel­los für – hier – das bestehen­de wirt­schaft­li­che Sys­tem und das erklärt die aus eine geschicht­li­chen Per­spek­ti­ven res­tro­spek­tiv gro­tes­ken Fehl­ein­schät­zun­gen – teil­wei­se sogar von den Erfin­dern die­se Din­ge selbst.

Ste­ve Jobs wuss­te 100%ig nicht, was er mit dem iPho­ne geschaf­fen hat­te. Goog­le lehrt es uns heute.

Die Digi­ta­li­sie­rung selbst ist his­to­risch gese­hen bei­spiel­los – und zwar nicht allein im Bereich der Tech­no­lo­gie – son­dern kul­tu­rell, d.h. erheb­li­che Tei­le unse­res gewohn­ten Lebens umfas­send. Bis zu die­ser Erkennt­nis kom­men wir. Span­nend ist, wel­ches Ver­hal­ten bzw. wel­che Hal­tung dar­aus folgt – ich beob­ach­te zwei Grundhaltungen:

  1. Wir kön­nen noch gar nicht wis­sen, wo „es“ hin­geht, müs­sen aber offen und vor­ur­teils­frei damit umgehen.
  2. Das alles ist bedroh­lich für die Art unse­res bis­he­ri­gen Zusam­men­le­bens, wir müs­sen „es“ regu­lie­ren und in Zaum halten.

Bei­de Hal­tun­gen gibt es nie in Rein­form, son­dern stets para­dox gemischt: z.B. der Netz­ver­wei­ge­rer mit der Pay­back- oder Kre­dit­kar­te in der Tasche.

Aber was ist die­ses „Es“ eigent­lich? Das führt mich zum zwei­ten Bild, dem Bild des Pup­pen­spie­lers und der Pup­pe:

Unse­re Anstren­gun­gen, dem Bei­spiel­lo­sen zu begeg­nen, müs­sen mit der Erkennt­nis begin­nen, daß wir hin­ter dem Pup­pen­spie­ler her sind und nicht hin­ter der Pup­pe. Eine ers­te Hür­de vor einem Ver­ständ­nis ist die Ver­wechs­lung des Überwachungskapita­lismus mit den Tech­no­lo­gien, derer er sich bedient. Der Über­wa­chungs­ka­pi­ta­lis­mus ist kei­ne Tech­no­lo­gie; er ist viel­mehr die Logik, die die Tech­no­lo­gie und ihr Han­deln be­seelt. Der Über­wa­chungs­ka­pi­ta­lis­mus ist eine Markt­form, die außer­halb des digi­ta­len Milieus unvor­stell­bar ist, aber sie ist nicht mit »dem Digi­ta­len« gleichzusetzen.

( Aus: „Der Platt­form­ka­pi­ta­lis­mus“, Shosha­na Zuboff, Cam­pus-Ver­lag, 2018 )

Wir schau­en oft nur die Pup­pe an, etwa ein Online­spiel für Jugend­li­che. Wir (als Gesell­schaft) bekla­gen z.B. des­sen Sucht­po­ten­ti­al und bewun­dern und beschrei­ben fas­zi­niert gleich­zei­tig das Bei­spiel­lo­se hin­sicht­lich der Wir­kung die­ses Spiels auf Kul­tur (etwa die „Tanz­codes“, die durch Fort­ni­te ent­ste­hen). Allen vor­an der Journalismus.

Und wir gera­ten dar­über in Streit. Aber wir strei­ten letzt­lich um die Pup­pe. Bei­de oben beschrie­be­nen Hal­tun­gen zie­len allein auf die Pup­pe und ermög­li­chen dem Spie­ler die unge­stör­te Bei­be­hal­tung der Logik hin­ter sei­nem Puppenspiel.

Wir kön­nen die nega­ti­ven Aspek­te letzt­lich nur kon­trol­lie­ren, wenn wir ver­ste­hen, nach wel­cher Logik der Pup­pen­spie­ler arbei­tet und wer der Pup­pen­spie­ler eigent­lich ist. Den Pup­pen­spie­ler zu kon­trol­lie­ren, kann eigent­lich nur bedeu­ten, des­sen Logik z.B. unat­trak­tiv und eine ande­re dafür attrak­tiv zu machen. Aber wer bestimmt dar­über, was gut oder böse ist?

Har­ter Tobak, oder? Und übri­gens kei­ne Angst vor dem Buch: Auch die­se Gedan­ken hier sind nur eine Pup­pe. Aber die Logik hin­ter Zuboffs Gedan­ken fas­zi­niert mich immens. Und die kommt ins Buch. Ich weiß nur noch nicht wie …

Solan­ge sei euch Zuboffs Buch wärms­tens empfohlen.

 

 

 

 

 

 

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