Unterricht ist eine Illusion

Das hört sich wie­der ein­mal böse an, aber ich hal­te klas­si­schen Unter­richt, sei er koope­ra­tiv, fron­tal oder sonst­wie geführt für eine sol­che. In Lehr­pro­ben und Unter­richts­be­su­chen, also da, wo es dar­auf ankommt, wird es für mich beson­ders deutlich.

  1. Es ist eine Illu­si­on zu glau­ben, dass SuS einer Lern­grup­pe zur glei­chen Zeit das Glei­che ler­nen wol­len. Des­we­gen sind Din­ge wie Moti­va­ti­on und Dis­zi­pli­nie­rung über­haupt erst erfor­der­lich. Moti­va­ti­on kann ich durch Metho­den, inter­es­san­te Impul­se u.ä. gene­rie­ren, Dis­zi­plin haupt­säch­lich durch Authen­ti­zi­tät und Auto­ri­tät (das will ich drin­gend „auto­ri­tär“ unter­schie­den wissen).
  2. Es ist eine Illu­si­on zu glau­ben, dass Unter­richt frei ist. Der Leh­ren­de gibt bedingt durch z.B. cur­ri­cu­la­re Vor­ga­ben Inhal­te für die Stun­de vor und er ver­folgt ein Ziel mit einer Unter­richts­stun­de, wel­ches zunächst für die Lern­grup­pe ver­deckt ist – sonst wäre die Stun­de bereits zer­brö­selt, wenn ich z.B. den Satz des Pytha­go­ras geo­me­trisch nach­wei­sen möch­te und den Beweis an den Anfang stel­le. Natür­lich kann ich mei­ne Stun­de so anle­gen, dass meh­re­re Wege zum Ziel füh­ren. Gleich­wohl zwin­ge ich der Lern­grup­pe die Stadt auf, in die sie zu gehen haben. Sie kön­nen allen­falls ent­schei­den, ob sie das sin­gend oder tan­zend, auf direk­tem oder indi­rek­tem Weg, am Fluss ent­lang oder über das Gebir­ge hin­weg tun wollen.

Ket­ze­risch könn­te man behaup­ten, dass eine Stun­de dann beson­ders gut gelingt, wenn ich es als Lehr­kraft voll­brin­ge, die Illu­si­on von Frei­heit zu schaf­fen und gleich­zei­tig die SuS nicht mer­ken zu las­sen, dass sie mit einer Illu­si­on kon­fron­tiert sind. Das Urteil nach einer Lehrprobe/Unterrichtsbesichtigung lau­tet dann: „Die SuS haben sich den Sach­ver­halt durch eine zweck­dien­li­che Metho­dik und her­vor­ra­gen­de Mate­ria­len moti­viert und selbst­stän­dig erar­bei­tet!“. Aber das, was sie sich erar­bei­ten soll­ten, stand mit den mög­li­chen Wegen, die die SuS gehen konn­ten, bereits im Ent­wurf. Des­we­gen möch­te ich sol­che Stun­den nicht „frei“ nen­nen und Men­schen, son­dern es han­delt sich in mei­nen Augen dann um eine inten­dier­te, mög­lichst per­fek­te Illusion.

Was ist dar­an schlimm?

Nichts. Wir leben von und mit Illu­sio­nen. Schlimm fin­de ich nur, wenn wir in die­sem Zusam­men­hang von „frei­en Unter­richts­for­men“ spre­chen. Sie sind es nicht, weil sie immer dazu die­nen, SuS in eine bestimm­te Stadt zu locken (in Mathe, Che­mie, Phy­sik, Bio­lo­gie aller­dings weit mehr als in Deutsch, Geschich­te und Poli­tik). SuS müs­sen bestimm­te Städ­te ken­nen ler­nen, um sich spä­ter für eine ent­schei­den zu kön­nen oder sich gar eine neue zu bau­en. In die­ser Pha­se hal­te ich Frei­heit für eine Illusion.

Kann man etwas so Grund­sätz­li­ches ändern?

Hm. Selbst LdL ist hier nur bedingt illu­si­ons­ab­bau­end, weil Inhal­te und Zie­le immer noch die Lehr­kraft vor­gibt. Metho­disch nimmt LdL jedoch das Indi­vi­du­um in sei­nen Fähig­kei­ten sehr ernst. Man „lockt“ weni­ger in die Stadt, son­dern sagt viel­leicht: „So, hier ist ein GPS-Gerät, hier ist dein Ziel, du schaffst das!“. Wenn man das oft macht, sagen SuS irgend­wann viel­leicht: „Hm, ich habe ein GPS-Gerät, jetzt gehe ich außer­halb der Schu­le damit mal an die Koor­di­na­te xy!“. Das ist dann Frei­heit und kei­ne Illu­si­on. Auch die oft so ver­hass­ten Semi­nar­fä­cher eig­nen sich nach mei­ner Erfah­rung für Illu­si­ons­ab­bau, Pro­jekt­un­ter­richt mit selbst gewähl­ten Inhal­ten…  Ein Grup­pen­puz­zle hin­ge­gen hat eher was von Geo­caching mit vor­ge­be­nen Koor­di­na­ten, auch die Mys­tery­me­tho­de, weil hier die Wege doch irgend­wie stär­ker mit Weg­punk­ten ver­se­hen sind, die gera­de in einer Lehrprobe/in einem Unter­richts­be­such als Kon­troll­punk­te dienen.

Es gibt päd­ago­gi­sche Ansät­ze – haupt­säch­lich von Reform­päd­ago­gen – die übri­gens die­sen inhalt­li­chen Ziel­zwang, die­se Unfrei­heit bewusst ver­mei­den, z.B. die Montesso­ri-Päd­ago­gik. Die­se mei­ne Erkennt­nis­se und Ergüs­se sind also mit­nich­ten „neu“.

Die Rela­ti­vie­rung

In der Den­ke die­ses Arti­kels könn­te man natür­lich auch sagen, dass Bücher den Lesen­den „zwin­gen“, weil sie Hand­lung und Hand­lungs­ziel vor­ge­ben. Das wird nur ein Pro­blem, wenn man aus­schließ­lich bestimm­te Bücher mit bestimm­ten Hand­lun­gen und Hand­lungs­zie­len liest – das hal­te ich für das Wesen und die Quel­le von Fun­da­men­ta­lis­mus, sei es reli­giö­ser oder poli­ti­scher oder sonst­wel­cher. Des­we­gen brau­chen wir nach mei­nem Dafür­hal­ten „bun­ten“ und ver­schie­den­ar­ti­gen Unter­richt und da dür­fen dann auch ger­ne Illu­sio­nen eine Rol­le spielen.

Ich war­te aber auf den Tag, an dem ein Bewer­ter sagt: „Die­se Stun­de bot eine per­fek­te Illu­si­on, an der ich mich gewei­det habe, weil sie mei­nem per­sön­lich mensch­li­chen Bedürf­nis ent­spricht!“ Oder so ähnlich.…

Neue Formelfreunde (Calc||Excel)

Ich mag manch­mal nicht ger­ne mit der Maus arbei­ten –  stel­len­wei­se unge­nau und ineff­zi­ent. Eine schö­ne Bat­ch­rou­ti­ne mit hohem nice im Hin­ter­grund tut All­tags­din­ge wie Bild­kon­ver­tie­run­gen o.ä. meist viel bes­ser als Klickibunti.Es gibt aber natür­lich auch Aus­nah­men: Zu Fens­ter­zei­ten war das MS Access (Klein­weich kann auch anders), heu­te ist sind es Brow­ser, Mail­cli­ents, neu­er­dings Tweet­deck und natür­lich zuneh­mend ger­ne OpenOffice.

In Open­Of­fice habe ich in den letz­ten Tagen zwei neue Freun­de ken­nen und schät­zen gelernt: Es han­delt sich um die Funk­tio­nen ZÄHLENWENN() und SUMMENPRODUKT(). Fol­gen­de Auf­ga­ben­stel­lung galt es mit nach­fol­gen­der Tabel­len­struk­tur im Rah­men unse­rer Eva­lua­ti­ons­aus­wer­tung zu bewältigen:


A B C D E
1 Daten­satz-Id Merk­mal 1 Merk­mal 2 Fra­ge 1 Fra­ge 2
2 1 w 5 1 2
3 2 w 7 4 3
4 3 m 8 3 4
5 4 w 5 2 2
6 5 m 11 1 4
7 6 m 13 4 3
8 7 w 10 3 3
9 8 m 6 2 2
10 9 w 5 2 1
11

Es soll­te nun z.B. ermit­telt wer­den, wie oft das Merk­mal 1 über­haupt vor­kommt. Das geht sehr hübsch mit der Funktion

ZÄHLENWENN(Bereich; Kri­te­ri­en)

Als Bereich kommt z.B. Zel­le B1 bis Zel­le B10 in Betracht. Es soll geprüft wer­den, wie oft das Merk­mal „w“ (weib­lich) vor­kommt. Dann lau­tet die Syn­tax, bzw. der not­wen­di­ge Zellinhalt:

=ZÄHLENWENN(B1:B10; „=w“)

Bei Open­Of­fice Calc darf übri­gens zwi­schen den Anfüh­rungs­zei­chen bei Kri­te­ri­en auch ein regu­lä­rer Aus­druck ste­hen – sehr mäch­tig und praktisch.

Nur unwe­sent­lich schwie­ri­ger ist fol­gen­de Auf­ga­be: Wie vie­le Jun­gen haben bei Fra­ge 1 mit „1“ geant­wor­tet? Das geht mit der Funktion

SUMMENPRODUKT(MATRIX1;MATRIX2;…)

Sieht von der Syn­tax erst­mal abschre­ckend aus, ist aber eigent­lich recht ein­fach. Für unse­re Auf­ga­be lau­tet der kor­rek­te Zellinhalt:

=SUMMENPRODUKT((B1:B10=„m“)*(D1:D10=„1“))

Das Spiel­chen lässt sich belie­big erwei­tern, z.B. so:

=SUMMENPRODUKT((B1:B10=„m“)*(C1:C10=„5“)*(D1:D10=„2“))

Damit wer­den alle Daten­sät­ze gezählt, für die gilt männ­lich („m“), Klas­sen­stu­fe 5 („5“) und bei Fra­ge 1 die zwei­te Ant­wort­mög­lich­keit gewählt. Natür­lich klappt das auch über meh­re­re Tabel­len­blät­ter hin­weg. Bei vier Kri­te­ri­en wird es aber unüber­sicht­lich, ins­be­son­de­re wenn man noch auf rela­ti­ve Ver­hält­nis­se (Pro­zent­an­ga­ben) nor­miert. Toll, so eine Tabellenkalkulation…

Free Hugs – kostenlose Umarmungen

Jaja, die­se „Onli­ner“ sind schon eine Bedro­hung. Ein­mal etwas Net­tes mit schön umge­setz­ter fil­mi­scher Geschich­te von you­tube ganz ohne geis­ti­gen Erguss mei­ner­seits dazu. Mit Dank für die Emp­feh­lung an eine Frau Unbe­kannt. Sor­ry, sie heißt wirk­lich mit Nach­na­men so…

Wer mehr über die Geschich­te des Vide­os wis­sen möch­te (Hil­fe, ich bin Leh­rer und kann nicht anders…), fin­det etwas bei Wiki­pe­dia. Ob ich ich sowas mal mit SuS bei uns in der Fuß­gän­ger­zo­ne – lie­ber nicht…

Mit WordPress Hausaufgaben einsammeln

Mich nervt die kolos­sal umständ­li­che Auf­ga­ben­ver­wal­tung in z.B. Mood­le. Bis ich mich da ein­zeln durch­ge­klickt habe, las­se ich mir den Kram lie­ber als Zet­tel auf den Tisch legen. Daher expe­ri­men­tie­re ich gera­de mit einem Fea­ture von Word­Press her­um. Es erlaubt per E‑Mail zu pos­ten. Man schickt dazu ein­fach eine Mail an eine E‑Mailadresse und ruft peri­odisch wp-mail.php auf (etwa per cron­job). Der Betreff der Mail wird der spä­te­re Titel des Arti­kels und der Body dann der eigent­li­che Text. Man kann sogar HTML und Bil­der in die Mail ein­fü­gen. Jeder per Mail ein­ge­trof­fe­ne Arti­kel bekommt zunächst den Sta­tus „Ent­wurf“, erscheint also nur im Admin-Inter­face. Dort könn­te man ihn kor­ri­gie­ren, kom­men­tie­ren und über ein enspre­chen­des Plug­in per Klick an den Ein­rei­cher zurück­sen­den. Archi­vie­ren lässt sich die Geschich­te durch die Mas­sen­be­ar­bei­tung auch sehr gut: Jede Klas­se bekommt eine Kate­go­rie, jeder Schü­ler und jede Schü­le­rin eine Unter­ka­te­go­rie. Am Schluss gibt es dann ein net­tes klei­nes Port­fo­lio mit Tex­ten von jedem.

Nach­tei­le:

Man muss die Ein­sen­de­adres­se in der Lern­grup­pe publik machen und eine stan­dar­di­sier­te Sub­ject­zei­le vor­ge­ben, damit man die Auf­ga­be auch einem Schü­ler zuord­nen kann – etwa:

MAIK RIECKEN: Titel der Hausaufgabe

Wenn sich die Adres­se her­um­spricht, hat man sehr bald sehr viel Müll im Interface…Das eigent­li­che Blog muss man dann natür­lich mit .htac­cess oder so vor Bots und ande­rem Geschmeiß verrammeln.

Vor­tei­le:

Man kann Jäger und Samm­ler spie­len, sehr schnell und über­all kor­ri­gie­ren und hat die kom­for­ta­blen Mas­sen­ver­wal­tungs­funk­tio­nen von Word­Press zur Ver­fü­gung. Ich arbei­te ger­ne mit dem Backend von WP. Man kann sogar Haus­auf­ga­ben zum Kom­men­tar durch die Klas­se frei­ge­ben oder klei­ne Mini­port­fo­li­os als Argu­men­ta­ti­ons­hil­fe für den Eltern­sprech­tag anle­gen. Auch „vorher“-„nachher“-Spiele sind mög­lich: Wie schreibt jemand nach einem Jahr Riecken die glei­che Text­form. Und: Kein Log­in – kei­ne Ober­flä­chen. Ein­fach nur eine Mail verfassen.

Wie akti­vie­re ich das Ganze?

Unter Ein­stel­lun­gen => Schrei­ben fin­det sich die Rubrik „per E‑Mail blog­gen“. Mit dem Stan­dard­re­per­toire von Word­Press kann man nur die Kate­go­rie fest­le­gen, in die neue Bei­trä­ge auf­ge­nom­men wer­den. Wei­te­re Hin­wei­se fin­den sich direkt bei den Einstelloptionen.

Kristian Köhntopp und die Netzpolitik

Ich möch­te auf einen zwar recht emo­tio­na­len und radi­ka­len, aber in sei­ner Kern­aus­sa­ge abso­lut inspi­rie­ren­den Arti­kel hin­wei­sen. Es ist erstaun­lich, dass die aktu­el­len Ereig­nis­se in der „Inter­net­po­li­tik“ immer mehr Men­schen in die poli­ti­sche Debat­te zie­hen – selbst mich. Kris­ti­an ist zu diver­sen tech­ni­schen The­men ein wesent­li­cher Pflock, der mich schon sehr lan­ge beglei­tet und von dem ich viel, viel über Linux und Ser­ver­diens­te gelernt habe, dabei ken­nen wir uns nicht und haben uns auch noch nie geschrie­ben, sei es in Foren oder per Mail. Kur­ze Lese­pro­be sei­ner Gedanken:

Unse­re Net­ze sind Kopier­ma­schi­nen. Wir sagen wir ’sen­den eine Nach­richt‘, aber das Wort ist falsch. ‚Sen­den‘ impli­ziert, daß die Nach­richt sich bewegt und für den „Ab“-Sender nicht mehr da ist. Das ist in der rea­len Welt so, aber nicht im Netz: Wir kopie­ren eine Nach­richt an die Empfänger.

Kris­ti­an ver­tritt oft unkon­ven­tio­nel­le Ansich­ten, etwa zum The­ma Fire­wall und RAID, die – wenn man sei­ne Ideen offen wei­ter­trägt – bei vie­len eta­blier­ten Tech­ni­kern und Admi­nis­tra­to­ren auf Kopf­schüt­teln und Unver­ständ­nis sto­ßen (gera­de aktu­ell trat wie­der genau des­we­gen Funk­stil­le mit jeman­dem ein). Ich mag Kris­ti­an – Pseud­onym: iso­topp (auch auf Twit­ter). Lohnt sich, genau wie sein Blog.

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