Der böse Datenschutz

Teil 1: „Moral ist, wenn man mora­lisch ist.“

Nein, man darf Schü­le­rin­nen und Schü­ler als Leh­rer nicht dazu brin­gen, im Netz Pro­duk­te unter dem jewei­li­gen Klar­na­men zu ver­öf­fent­li­chen. Man darf auch nicht Pro­duk­te von Schü­le­rin­nen und Schü­ler der Netz­öf­fent­lich­keit zugäng­lich machen. Bil­der ver­öf­fent­li­chen? Fehl­an­zei­ge, wenn Per­so­nen den Motiv­schwer­punkt bil­den – das gilt auch für z.B. Klas­sen­fo­tos. Man darf so erst­mal im Unter­richt kei­ne Web2.0‑Tools mit ihnen nut­zen und man darf auch Face­book oder Twit­ter nicht zu unter­richt­li­chen Zwe­cken einsetzen.

Dass man das alles nicht darf, liegt an denen im Ver­gleich zur übri­gen Welt recht eng gefass­ten Daten­schutz­ge­set­zen, an die wir als ver­be­am­te­te Lehr­kräf­te in ganz beson­de­rer Wei­se gebun­den sind. Das ist schlimm, oder? Es behin­dert uns gemein­sam mit dem Urhe­ber­recht in unse­rer täg­li­chen Arbeit, es behin­dert uns dabei, zeit­ge­mäß mit digi­ta­len Medi­en im schu­li­schen Kon­text umzu­ge­hen. Das könn­te doch alles viel leich­ter sein!

Ein Auf­schrei ertönt in der Gesell­schaft, wenn Bür­ger­rech­te beschnit­ten wer­den, wenn pri­va­te Unter­neh­men z.B. ohne Rich­ter­vor­be­halt per­so­nen­be­zo­ge­ne Daten abfra­gen kön­nen – dann ist es ganz schnell aus mit der Anony­mi­tät – als anonym blog­gen­der Kol­le­ge jeman­dem zivil­recht­lich auf die Füße tre­ten? Der Klar­na­me ist dann nur einen Klick ent­fernt – übri­gens wahr­schein­lich sogar auf Jah­re noch nach­weis­bar. Des­we­gen so rich­tig nach Daten­schutz schrei­en? Aber der Staat hat gefäl­ligst dafür zu sor­gen, dass mei­ne Daten und mei­ne Rech­te geschützt wer­den! Und das bit­te­schön auch prak­ti­ka­bel! Und umsetzbar.

Was waren Beam­te noch ein­mal? Ach ja – Bediens­te­te und damit Ver­tre­ter des Staa­tes. Wenn per­sön­li­che Frei­hei­ten bedroht sind, ruft man laut. Wenn Geset­ze, die dafür da sind, per­sön­li­che Frei­hei­ten Drit­ter zu schüt­zen, von uns Lehr­kräf­ten umge­setzt wer­den sol­len, ruft man auch laut.

The­se 1: Ist man selbst als Per­son betrof­fen, fin­det man Daten­schutz super. Soll man Daten­schutz in der Rol­le des Staa­tes umset­zen, fin­det man das doof.

Teil 2: „Die Daten von Schü­lern sind für nie­man­den rele­vant. Die Sor­gen der Daten­schüt­zer sind übertrieben.“

Elek­tro­ni­sche Klas­sen­bü­cher sind eine fei­ne Sache. Unter­richts­pro­to­kol­le, Krank­mel­dun­gen, Beur­lau­bun­gen, Tadel, ver­ges­se­ne Haus­auf­ga­ben – alles kom­for­ta­bel über die Web­schnitt­stel­le oder per Syn­chro­ni­sa­ti­on auf dem Mobil­ge­rät abruf­bar. Lern­platt­for­men mit Leis­tungs­da­ten und Schü­ler­pro­duk­ten – end­lich eine Über­sicht zu den ein­zel­nen Leis­tungs­stän­den, end­lich die Mög­lich­keit, indi­vi­du­ell zu för­dern. Port­fo­lio­sys­te­me? Sehr bequem und trans­pa­rent. Und vor allem: Jeder sieht nur die Daten, die er auch sehen darf! Die­se Daten wer­den meist bei exter­nen Anbie­tern gehos­tet und sind dort zen­tral zugäng­lich. Das ist auch kein Pro­blem. Schließ­lich sind die­se Daten dort sicher und für nie­man­den inter­es­sant – zumin­dest wird das ger­ne kommuniziert.

Nur: Abso­lu­te Daten­si­cher­heit gibt es nicht, obwohl jeder Anbie­ter alles dar­an set­zen wird, den maxi­ma­len Stan­dards gerecht zu wer­den. Lei­der sind zen­tral vor­lie­gen­de Daten immer recht attrak­tiv, da sie in der Regel struk­tu­riert und in ein­heit­li­chen For­ma­ten vor­lie­gen­den, die sich sehr leicht aus­wer­ten las­sen. Die Attrak­ti­vi­tät beschränkt sich dabei nicht auf „die bösen Hacker“. Vor­stell­bar sind auch Aus­wer­tun­gen für künf­ti­ge Arbeit­ge­ber und Ver­si­che­rungs­ge­sell­schaf­ten. Die Rele­vanz von Daten für zukünf­tig denk­ba­re Kon­tex­te ist heu­te nicht vor­her­seh­bar. Daher ist die Aus­sa­ge „Die Daten von Schü­lern sind für nie­man­den rele­vant“ m.E. sehr mutig, weil eine gehö­ri­ge Por­ti­on „Glas­ku­gel“ ein­ge­dacht wird.

Und ich weiß nicht, ob sowas nie gesche­hen wird. Ich sehe, dass es Men­schen gibt, die bei EC-Kar­ten­za­hun­gen vor mir an der Kas­se bei jedem noch so klei­nen Betrag ihre PIN ein­ge­ben müs­sen, wäh­rend ande­re bei wesent­lich höh­re­ren Sum­men einen Wisch unter­schrei­ben. Das liegt natür­lich nicht dar­an, dass die Zah­lung per PIN dem Händ­ler garan­tiert wird, wäh­rend die Ein­tei­lung der Ein­zugs­er­mäch­ti­gung per Unter­schrift weni­ger Kos­ten ver­ur­sacht, aber das Risi­ko eines unge­deck­ten Kon­tos birgt. Es kom­men auch nie Zugangs­da­ten gro­ßer Web­diens­te in Umlauf. Auch Kre­dit­kar­ten­da­ten wer­den nicht in ent­spre­chen­den Foren gehan­delt. Unse­re Daten sind sicher. Alle. Immer.

The­se 2: Die Attrak­ti­vi­tät bzw. Rele­vanz von Daten für die Zukunft ist heu­te nicht vor­her­sag­bar. Aus­sa­gen wie „Damit wird schon nichts pas­sie­ren!“ erschei­nen gera­de im Kon­text der heu­te schon beob­acht­ba­ren Ent­wick­lun­gen mutig. 

Teil 3: „Die Klas­sen­bü­cher lie­gen in den Pau­sen frei aus. Im Leh­rer­zim­mer trei­ben sich auch SuS her­um. Da ist es doch gera­de­zu hirn­ris­sig zu sagen, dass Daten in einer geschütz­ten IT-Umge­bung bei einem Anbie­ter nicht viel siche­rer auf­ge­ho­ben sind!“

Rechen­zeit ist nicht teu­er. Auch das Algo­rith­men­schrei­ben nicht son­der­lich. Daten auf Papier sind einem Algo­rith­mus nur mit erheb­li­chem Auf­wand zugäng­lich. Ein Klas­sen­buch muss Sei­te für Sei­te gescannt wer­den, um einer Daten­ver­ar­bei­tung zugäng­lich zu wer­den – auf­grund der indi­vi­du­el­len Klas­sen­buch­füh­rung dürf­ten auch OCR-Ver­su­che einer erheb­li­chen Nach­be­ar­bei­tung bedür­fen. Und dann habe ich immer noch nur die Daten einer Klas­se. Der Auf­wand rech­net sich in der Regel nicht – Leh­rer­ka­len­der und Klas­sen­bü­cher sind Daten­schutz­ka­ta­stro­phen – ohne Fra­ge. Aber nur in einem eng begrenz­tem Kon­text. Eine Daten­bank liegt immer in einem For­mat vor, was einem Algo­rith­mus direkt zugäng­lich ist. Daten auf Papier nicht. Dass die­se bei­den Medi­en so unter­schied­lich behan­delt wer­den, hat also tech­ni­sche Gründe.

The­se 3: „Das Vor­han­den­sein von Daten­schutz­lü­cken auf Papier­me­di­en ist kein Argu­ment für die Daten­ver­ab­ei­tung in Rechenzentren.“

Was macht der Datenschutz?

  1. Er for­dert eine gesetz­li­che Grund­la­ge zur Ver­ar­bei­tung von per­so­nen­be­zo­ge­nen Daten, da dies ein Ein­griff in die Grund­rech­te des Ein­zel­nen darstellt.
  2. Er for­dert Daten­spar­sam­keit: Nur für den jewei­li­gen Zweck erford­li­che Daten dür­fen erho­ben wer­den. Im Fal­le einer tech­ni­schen Pan­ne sind so die offen­ge­leg­ten Daten in ihrer Men­ge von vorn­her­ein begrenzt.
  3. Er schreibt Rech­te fest: Man hat z.B. das Recht, Aus­kunft über die durch eine Fir­ma oder Behör­de ver­ar­bei­te­ten Daten zu verlangen.
  4. Er schützt in beson­de­rer Wei­se die Rech­te von Per­so­nen, die nicht in aus­rei­chen­dem Maße über tech­ni­sche Kom­pe­ten­zen ver­fü­gen, um mög­li­chen Stol­per­stei­ne auszuweichen.
  5. Er nervt, wenn man selbst mit Daten Drit­ter umge­hen möchte.
  6. Er ist viel­leicht jetzt schon voll­kom­men über­flüs­sig, weil eh schon alle Daten über uns frei ver­füg­bar sind. Die Fra­ge ist, ob wir das in eini­gen Jah­ren immer noch den­ken wer­den. Naja. Der Mensch ist von Natur aus gut.

Wer mehr über die Grund­la­gen des Daten­schut­zes im Kon­text von Schu­len hier in Nie­der­sach­sen wis­sen möch­te, sei auf eine Pre­zi ver­wie­sen, die ich nach einer Schu­lung durch Mit­ar­bei­ter des Lan­des­da­ten­schutz­be­auf­trag­ten erstellt habe.

Wie gehe ich als explo­ra­ti­ve Lehr­kraft damit um?

  1. Ich erzeu­ge öffent­lich kei­ne per­so­nen­be­zo­ge­nen Daten (mehr). Ent­spre­chen­de Ein­trä­ge lösche ich zur Zeit aus die­sem Blog. Ich kann im Netz Schü­ler­na­men pseud­ony­mi­sie­ren. Es ist wich­tig, dass ICH das tue. SuS nei­gen oft dazu, gän­gi­ge Nicks aus sozia­len Netz­wer­ken weiterzuverwenden.
  2. Ich kann mir die Ein­wil­li­gung des Erzie­hungs­be­rech­tig­ten für die Ver­ar­bei­tung von Daten holen, die nicht durch Geset­ze oder Erlas­se abge­seg­net ist. Am bes­ten ent­wi­ckelt dabei die Schu­le selbst Richt­li­ni­en und Ein­wil­li­gungs­er­klä­run­gen, die dann ein­fach im Rah­men der Schul­an­mel­dung mit unter­zeich­net wer­den – das macht ja eh jede Schu­le schon für die Ver­wen­dung von Schü­ler­fo­tos, oder? An so eine Ein­wil­li­gungs­er­klä­rung sind aber bestimm­te for­ma­le Regu­la­ri­en geknüpft. Viel­leicht gibt es ja einen Juris­ten in der Elternschaft.
  3. Mit exter­nen Anbie­tern müs­sen zwin­gend Ver­ein­ba­run­gen zur Auf­trags­da­ten­ver­ar­bei­tung geschlos­sen wer­den (Bun­des­da­ten­schutz­ge­setz).  Es gibt die Unsit­te, z.B. Lern­platt­for­men oder Web­diens­te für die Schul­or­ga­ni­sa­ti­on ein­fach als Erwei­te­rung des „Ver­wal­tungs­net­zes“ zu dekla­rie­ren, des­sen Daten­ver­ar­bei­tung meist durch z.B. hier in Nie­der­sach­sen das Schul­ge­setz gere­gelt ist. Aber auch da gilt der Grund­satz der Erfor­der­lich­keit – hier für Verwaltungsaufgaben.
  4. Die Daten dezen­tral spei­chern, z.B. indem ich eige­ne Schul­clouds auf­baue. Die Daten lie­gen dort meist nicht struk­tu­riert und in einem Umfang vor, der es son­der­lich loh­nend machen wür­de, die­sen Daten­be­stand von außen anzu­grei­fen. Für Angrif­fe von innen hat man ggf. ganz ande­re foren­si­sche Mög­lich­kei­ten.  Neben­ef­fekt: Für einen „staat­li­chen Ser­ver“ gel­ten vie­le Rege­lun­gen nicht, die ein pri­va­ter Anbie­ter umzu­set­zen hat – z.B. die Schaf­fung von „Abhör­schnitt­stel­len“ ab einer gewis­sen Nutzerzahl.

Alles Quatsch und realitätsfern …

… es sind doch eh alle in sozia­len Netz­wer­ken. Post-Pri­va­cy! Es gibt schon jetzt kein Zurück. Mei­ne kur­ze Ant­wort: Was Men­schen selbst durch die Gegend pus­ten, pus­ten sie selbst durch die Gegend. Ich fin­de es nicht immer schlecht, Beruf­li­ches und Pri­va­tes zu tren­nen. Immer­hin erwar­te ich auch von mei­nem Arbeit­ge­ber, dass er sich in bestimm­te Ange­le­gen­hei­ten nicht ein­mischt. Und natür­lich sorgt die Vor­la­ge von Ein­wil­li­gungs­er­klä­run­gen für sozia­len Stress, wenn z.B. eini­ge Eltern oder SuS nicht unter­schrei­ben wol­len. Die­ser Stress erzeugt nach mei­ner Erfah­rung aber auch eine Aus­ein­an­der­set­zung mit dem The­ma Daten­schutz. In der Schul­cloud kann man durch­aus die Ertei­lung eines Accounts von die­ser Erklä­rung abhän­gig machen. Ist es gar nicht zu lösen, arbei­te ich eben mit der gan­zen Grup­pe pseud­ony­mi­siert und bin dann durch nichts ein­ge­schränkt, weil ich – etwas Umsicht vor­aus­ge­setzt – kei­ne per­so­nen­be­zo­ge­nen Daten erzeuge.

 

 

Wie motiviert man Unmotivierte?

Wal­ter Böh­me fragt: „Wie moti­viert man Unmo­ti­vier­te?“ und lädt zu einer Blog­pa­ra­de ein. Zu Blog­pa­ra­den bin ich selbst meis­tens gar nicht moti­viert, weil das ja qua­si eine „exter­ne Auf­trags­ar­beit“ dar­stellt, was im völ­li­gen Wider­spruch zu mei­nem Trei­ben auf die­ser Web­site steht.

Die­ses Blog dient haupt­säch­lich dem Fest­hal­ten von Erfah­run­gen und Inhal­ten für mich selbst – mitt­ler­wei­le bestrei­te ich einen Groß­teil mei­ner Unter­richts­stun­den mit den Arti­keln aus mei­nem Blog: „Maik, da war doch schon­mal was!“ – Suche ange­wor­fen und los geht es. Die Arti­kel sind natür­lich so auf­ge­macht, dass sie ein brei­te­res Publi­kum errei­chen – viel Mühe kos­tet das vom Schreib­auf­wand her für mich eigent­lich nicht, weil ich wahr­schein­lich auf­grund mei­nes Lebens­we­ges Fähig­kei­ten mit­brin­ge, die zuge­be­ner­ma­ßen auch mit viel Mühe, Arbeit und Übung erwor­ben wor­den sind. Dass mir dar­aus ein Nut­zen ent­steht, wuss­te ich in eini­gen Pha­sen noch nicht – ich habe sogar zeit­wei­se das Schrei­ben gehasst.

Der Gewinn ist für mich heu­te aber rie­sig, weil es so stets zu inter­es­san­ten Kon­tak­ten und Dis­kus­sio­nen gekom­men ist, teil­wei­se auch zur Auf­de­ckung von gro­ben Schnit­zern, die sich unkor­ri­giert und unkom­men­tiert viel­leicht über Jah­re in mei­nem Unter­richt ver­fes­tigt hät­ten – mit ent­spre­chen­den Aus­wir­kun­gen für die Schü­le­rin­nen und Schü­ler. Die Moti­va­ti­on, mei­ne Gedan­ken öffent­lich zu machen, ist also die erhöh­te Effi­zi­enz, die mit Pap­p­ord­nern und DINA4-Zet­teln, mei­net­we­gen auch Ever­no­te­samm­lun­gen für mich nicht erzie­len lässt – also ein im Grun­de ego­is­ti­sches Motiv.

Die­ses Blog stif­tet also für mich einen per­sön­li­chen Sinn, der mich auch Hand­lun­gen aus­füh­ren lässt, zu denen ich bei einer ober­fläch­li­chen Abwä­gung nicht bereit wäre, z.B. die Teil­nah­me an die­ser Blogparade.

Was oder wer hat mich nun dazu gebracht in die­sem Sin­ne „moti­viert zu sein“?

  1. Sinn für mich selbst
  2. Die Rezep­ti­on mei­ner Gedan­ken durch ande­re Menschen
  3. Die Reak­ti­on ande­ren Men­schen auf mei­ne Gedanken
  4. Eine inne­re Hal­tung, die Ent­wick­lungs­wil­lig­keit mit ein­schließt (das wird aber all­mäh­lich erkenn­bar weniger…)
  5. Fähig­kei­ten, die nicht nur lust­be­tont erwor­ben wur­den und sich jetzt als nütz­lich herausstellen
  6. Bil­dungs­na­he Kon­tex­te, die von Wert­schät­zung aber auch Wer­tun­gen geprägt waren und so Ori­en­tie­rung gaben

Das funk­tio­niert für mich so ganz gut. Für ein Gegen­über muss das so nicht gel­ten. Ohne ent­spre­chen­des sozia­les Umfeld wer­den z.B. Hal­tun­gen, Fähig­kei­ten und per­sön­li­cher Sinn ande­re Aus­prä­gun­gen erhal­ten. Das ist eine der Her­aus­for­de­run­gen unse­res Bil­dungs­sys­tems: Die Her­kunft bestimmt meist den Lebens­er­folg, nicht das Bildungssystem.

Schu­le stört da auf den ers­ten Blick, weil sie Inhal­te vor­gibt, bei denen vie­le Men­schen wenig Sinn sehen. Ein Aus­weg ist viel­leicht die stär­ke­re Fokus­sie­rung auf die Inter­es­sen der Ler­nen­den, also das selbst­ge­steu­er­te Ler­nen. Ich sage „viel­leicht“, weil ich vie­le Men­schen im wahrs­ten Sin­ne des Wor­tes als „ver­rückt“ wahr­neh­me: Ver-rückt, also weg­ge­rückt von den eige­nen Inter­es­sen und über­frem­det von teil­wei­se auch medi­al ein­ge­re­de­ten Interessen.

Ein Schlüs­sel zu Gene­rie­rung von Moti­va­ti­on ist für mich daher die Klä­rung der Fra­ge: „Was inter­es­siert dich eigent­lich? Wor­in siehst du für dich Sinn?“ – Die Beant­wor­tung erle­be ich oft oft als ein ganz schö­nes Stück Arbeit. Die Ant­wort für mich habe ich übri­gens nicht in der Schu­le gefun­den. Die Ant­wort ist aber  für mich die Basis, auch Mühe, Arbeit und Biss aufzuwenden.

Gera­de in der Schu­le geht genau das momen­tan noch nicht so gut. Genau­ge­nom­men geht es eigent­lich grund­sätz­lich nicht, wenn ande­re Men­schen in dem, was sie ler­nen „sol­len“ kei­nen Sinn sehen. Wo es immer mög­lich ist, ver­su­che ich daher Trans­pa­renz dar­über zu schaf­fen, war­um genau die­ser Stoff jetzt wich­tig und sinn­voll ist oder war­um ich metho­disch jetzt so oder so vor­ge­he – es gibt ganz schon sel­ten Lern­grup­pen, bei denen das teil­wei­se gelingt, bei denen mitt­ler­wei­le fra­gen kann: „Wie könn­te es jetzt sinn­voll im Unter­richt weitergehen?“

Etwas kon­kre­ter: Es gibt z.B. sehr vie­le Par­al­le­len zwi­schen mei­nen bei­den Fächern Deutsch und Che­mie. Wenn ich SuS eine Vor­gangs­be­schrei­bung für ein Expe­ri­ment vor­le­ge, geht immer eine Men­ge schief. Das was man man dar­an auf die Vor­gangs­be­schrei­bung schie­ben kann, lässt sich im Rah­men von Deutsch bear­bei­ten. Jemand, der ger­ne expe­ri­men­tiert, sieht so viel­leicht einen Sinn in einer Vor­gangs­be­schrei­bung, spä­tes­tens dann wenn er im Rah­men eines Pro­jek­tes Expe­ri­men­te für Drit­te vor­be­rei­tet. Das im Ide­al­fall inter­es­sen­ge­lei­te­te Pro­jekt hängt dann u.U. auch von einer blö­den Text­form ab.

Die Fra­ge lau­tet ja völ­lig rich­tig: Wie moti­viert man Unmo­ti­vier­te? Die eigent­li­che Bedeu­tung von „man“ (= jeder belie­bi­ge Mensch) ist im Deut­schen durch Femi­nis­mus­de­bat­ten etwas über­la­gert, im Eng­li­schen z.B. in „man­kind“ noch voll erhal­ten. Ich kann im Rah­men mei­ner Mög­lich­kei­ten nur einen Bei­trag dazu leis­ten „Unmo­ti­vier­te zu moti­vie­ren“. Die Auf­ga­be liegt aber m.E. bei „man“ in der ursprüng­li­chen Bedeu­tung, was auch den „Unmo­ti­vier­ten“ selbst einschließt. 

Per­sön­lich­keits­bil­dung ist dabei ein wich­ti­ger Schlüs­sel, aber gera­de unter Lehr­kräf­ten bei sich selbst oft gera­de­zu ver­pönt, oder?

 

BYOD – Gedankensplitter

Die Situa­ti­on:

  • es gibt Han­dys an Schu­len, die von SuS mit­ge­bracht werden
  • die Han­dys unter­schei­den sich stark in ihrer Funk­tio­na­li­tät und Ver­trags­mo­da­li­tä­ten ent­spre­chend des sozia­len Sta­tus der Elternhäuser
  • nicht alle SuS ver­fü­gen über ein Han­dy, wel­ches inter­net­fä­hig ist
  • in der Regel ist die Ver­wen­dung auf dem Schul­ge­län­de per Haus­ord­nung untersagt
  • die Regel wird nicht ein­ge­hal­ten und ist kaum durchzusetzen
  • es lan­den Fotos, Film­do­ku­men­te usw. aus der Schu­le in sozia­len Netzwerken
  • bei Cyber­mo­bing spie­len digi­ta­le End­ge­rä­te eine Schlüsselrolle
  • das schu­li­sche WLAN steht SuS in der Regel nicht offen

Per­sön­li­che Gedanken:

Die posi­ti­ven Aspek­te der Ver­wen­dung von Han­dys im Unter­richt sind nicht nach­ge­wie­sen. Jubel­schreie und Erfolgs­mel­dun­gen im Inter­net zei­gen kei­ne Pro­duk­te im Ver­gleich zu Pro­duk­ten klas­si­scher Lern­ar­ran­ge­ments, son­dern besit­zen in der Regel einen tech­no­iden Fokus, z.B. den „Bild­schirm­in­halt des iPads an einen Bea­mer über­tra­gen“, Appemp­feh­lun­gen, Admi­nis­tra­ti­ons­er­leich­te­run­gen, Datei­ex­port aus dem Tablet (Sei­ten­hieb: der ohne exter­ne Diens­te nicht fun­kio­niert). Es gibt ers­te, zöger­li­che Vor­rei­ter auf die­sem Gebiet. Ich mei­ne aber zu erken­nen, dass wesent­li­che Effek­te nicht mit iDin­gens, son­dern in der Kom­bi­na­tio­nen von iDin­gens mit kol­la­bo­ra­ti­ven Web2.0‑Tools erzielt wer­den. Fin­de ich alles wich­tig und gut – es hat aber nichts, bzw. für mich noch viel zu wenig mit Unterichts­qua­li­tät zu tun.

Die Zukunft

  • mobi­le End­ge­rä­te wer­den in der Gesell­schaft mehr und mehr zur Selbst­ver­ständ­lich­keit werden
  • andro­id­be­trie­be­ne Gerä­te ermög­li­chen den Bau güns­ti­ge­rer Devices und damit den Zugang von mehr Men­schen zur digi­ta­len Welt
  • für mich ist es eine Fra­ge der Zeit, bis ein gene­rel­les Han­dy­ver­bot an Schu­len von Ver­wal­tungs­ge­rich­ten kas­siert wird (sogar in Bay­ern). Das wird über (Großstadt-)Elternrechte laufen.

Reak­ti­ons­op­tio­nen

Man kann sagen: „Das ist alles so schreck­lich. Wir reden nie mehr mit­ein­an­der, son­dern kom­mu­ni­zie­ren bald nur noch über Face­book & Co. Ich als Leh­rer bin bald Frei­wild und muss mich immer und über­all fil­men und foto­gra­fie­ren las­sen. Die Welt is schlecht“ - das kann man alles sagen. Ori­gi­nal­zi­tat aus dm Leh­rer­zim­mer ges­tern: „Du kannst den Pira­ten ja nicht nahe­ste­hen, du redest ja noch mit uns.

Ich habe auf dem letz­ten Modul mei­nes Trai­ner-Trai­nings etwas erprobt. Die Grund­idee besteht dar­in, zu sagen: „Ja. Es gibt Han­dys. Ja. Die Ver­brei­tung die­ser Gerä­te wird zuneh­men. Ja. Wir wer­den das Zeug bald nicht mehr ver­bie­ten dürfen.“

Ich möch­te ger­ne einen Ver­trag mit Schü­lern, Eltern und Lehr­kräf­ten erar­bei­ten, der wesent­li­che Din­ge der Nut­zung digi­ta­ler End­ge­rä­te an der Schu­le regelt und in einer Art „Fest­akt“ von allen Betei­lig­ten Gre­mi­en unter­schrie­ben wird. Wer an der Schu­le ein Gerät ein­schal­tet, erkennt damit den Ver­trag an. So ein Ver­trag kann:

  1. Regeln, wann und wie die Nut­zung digi­ta­ler Gerä­te erwünscht ist
  2. Wel­che Kon­se­quen­zen bei Fehl­ver­hal­ten ein­tre­ten (SuS könn­ten bei der Art der Kon­se­quenz natür­lich mitbestimmen)
  3. Über­le­gun­gen dazu anstel­len, inwie­weit sol­che Gerä­te dann auch in der Schu­le ver­si­chert sind, wenn sie als „Unter­richts­mit­tel“ zuge­las­sen werden
  4. In der Ver­hand­lungs­pha­se ein Bewusst­sein für die Ängs­te und Chan­cen schaf­fen, die mit die­sen Gerä­ten ver­bun­den sind.
  5. Eine päd­ago­gi­sche und kei­ne recht­li­che Dis­kus­si­ons­grund­la­ge im Fal­le von Grenz­über­schrei­tun­gen ermöglichen
  6. Bis­her demo­kra­ti­sche gemein­te Struk­tu­ren real­de­mo­kra­tisch an Schul­ent­wick­lung betei­li­gen – des­we­gen soll­te es schon ernst gemeint und kein Fei­gen­blatt zum Trans­port der aus­schließ­li­chen Bedürf­nis­se von Lehr­kräf­ten sein
  7. Ein­bli­cke in poli­ti­sche Arbeit geben
  8. Die Schu­le in der Öffent­lich­keit als „modern“ daste­hen lassen
  9. […]

Nein, ein sol­cher Ver­trag ist nicht recht­lich bin­dend. Aber dar­um geht es ja auch gar nicht. Es geht dar­um, mit einem nicht durch­setz­ba­ren, recht­li­chen Rah­men päd­ago­gisch umzu­ge­hen. Ich wür­de da auch kei­nen Juris­ten heranlassen.

Ich selbst…

… baue ja ein WLAN für unse­re Schu­le auf. Ich habe das Glück, über eine Schul­ser­ver­lö­sung zu ver­fü­gen, mit der ich Schrit­te gehen kann zwi­schen: „Kei­ner darf!“ und „Jeder darf sofort alles!“. Das Bedürf­nis nach einem offe­nen WLAN mag für den moder­nen Web2.0‑Lehrer zwar indi­vi­du­ell groß sein – wenn das Sys­tem aber ggf. eigen­mäch­ti­ge „Öff­nun­gen“ im Fal­le von Miss­brauch nicht auf­fan­gen kann, ist u.U. Erde für Jah­re ver­brannt. Ich habe vor, fol­gen­de Schrit­te zu gehen:

  1. Offe­nes WLAN für Lehr­kräf­te und Schul­ge­rä­te in mög­lichst allen Gebäudeteilen
  2. Zugriff auf das Intra­net der Schu­le für Schü­ler mit Anmel­dung an einem Hotspot
  3. Frei­ga­be weni­ger aus­ge­wähl­ter Sei­ten für Schüler
  4. Prin­zi­pi­el­le Frei­schal­tung des Inter­net in bestimm­ten Gebäu­de­tei­len für SuS. Dabei kann die Lehr­kraft bestim­men, wel­cher Schü­ler­ac­ces­s­point ein- oder abge­schal­tet wird.
  5. Einen Ver­trag aushandeln
  6. Das WLAN gene­rell öffnen

Chemiematerial schülerzentriert

Man sieht es schon an der Auf­ma­chung der Sei­te, dass hier jemand am Wer­ke ist, der einer­seits über viel Erfah­rung, ande­rer­seits über ein gehö­ri­ges Maß an Prag­ma­tis­mus ver­fü­gen muss. Aus­drück­lich emp­foh­len sei hier­mit die Sei­te von Arne Pönitz. Ich mache gera­de sein Part­ner­puz­zle zu dem Stoff­ge­mi­schen und bes­te Erfah­run­gen. Ich habe noch nicht viel Mate­ri­al gesich­tet, aber das, was ich gese­hen habe, hal­te ich für gut ein­setz­bar – z.B. auch vie­le ande­re Ver­su­che, die mich auf ande­re Glei­se und Zugän­ge set­zen – mit den Jah­ren neigt man ja doch dazu, man­ches, was gut funk­tio­niert, immer wie­der zu wie­der­ho­len. Es gibt dort auch Mate­ri­al zu Mathe und Infor­ma­tik, was ich habe nicht beur­tei­len kann.

Luftanalyse über Brenndauer [update]

Öhm, ja – ich hat­te die Geschich­te dazu schon ein­mal hier beschrie­ben. Heu­te habe ich den Ver­such tat­säch­lich mit den SuS im Unter­richt durch­ge­führt. Fol­gen­de Brenn­dau­ern sind ermit­telt worden:

Luft: 8,5s / 10s /7,5s / Mit­tel­wert: ca. 8,5s

Sau­er­stoff: 54s / 50s / Mit­tel­wert: 52s

Damit ergibt sich ein Ver­hält­nis der Brenn­dau­ern von 8,5 : 52 bzw. 16,3 : 100. So wur­de expe­ri­men­tell ein Sau­er­stoff­ge­halt von 16,3% (Theo­rie­wert: 21%) bestimmt, also beträgt der Feh­ler etwa 22%. Nun­ja – der Auf­bau ist ja noch opti­mier­bar (Ver­mei­dung von Ver­wir­be­lun­gen, stets eine fri­sche Ker­ze, exakt glei­che Ein­tauch­tie­fe usw.)  – man kommt also recht gut in die Nähe des tat­säch­li­chen Sauerstoffgehalts.

Die Schü­le­rin mit der Idee zu die­sem Ansatz war schon recht stolz und ich muss mit mei­nem klas­si­schen Auf­bau dage­gen erst­mal anstin­ken. Span­nend, was man in der Schu­le alles ler­nen kann…

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