Das geht alles nicht und es ändert sich nichts!

Immer noch reden alle von den „10 best apps for edu­ca­ti­on“, immer noch ver­harrt das Schul­sys­tem im bil­dungs­bür­ger­lich-kon­ser­va­ti­vem Duk­tus, immer noch pas­siert nichts bei der Medi­en­austat­tung der Schu­len, immer noch ist mein Medi­en­be­griff falsch (oder wahl­wei­se nicht weit genug ent­wi­ckelt) und immer noch begreift Poli­tik nicht, wie es eigent­lich funk­tio­niert und immer noch gibt es kei­ne Lösun­gen. Schon schlimm, die­se Welt.

Ich stand letz­te Woche vor der Auf­ga­be, acht Kubik­me­ter Erde und vier Kubik­me­ter Schutt aus dem Haus schaf­fen zu müs­sen. Ich hät­te stun­den­lang dar­über sin­nie­ren kön­nen, wie schlimm das ist – vor allem mit­ten im All­tag in einem bewohn­ten Haus. Aber durch das Sin­nie­ren wur­de die Auf­ga­be nicht klei­ner. Nicht eine Schub­kar­re Schutt fuhr aus dem Haus. Nicht ein Con­tai­ner lie­fer­te sich von selbst.

Mir kom­men die Her­aus­for­de­run­gen im Bil­dungs­sys­tem momen­tan vor wie die­ser Schutt­berg. Ideell, poli­tisch, ideo­lo­gisch.  Ein Hau­fen Anzug­trä­ger und Wis­sen­schaft­ler läuft mehr oder min­der kra­kel­end um ihn her­um: „Schaut her, es ist schlimm, er muss aus dem Haus!“ Es wer­den Vor­trä­ge gehal­ten, Blog­posts wie die­ser geschrie­ben, die immer glei­chen Ste­reo­ty­pe von den bil­dungs­bür­ger­li­chen Ängs­ten und Vor­be­hal­ten gegen­ber digi­ta­len Medi­en beklagt, die immer glei­chen Argu­men­te bemüht. Der Schutt­berg liegt immer noch. Und das liegt natür­lich dar­an, dass ihn kei­ner der Ver­ant­wort­li­chen weg­räumt. Meist, weil die­se halt nicht begrei­fen, dass er weg­ge­räumt wer­den muss. Reden ist eine Hand­lung, Den­ken ist eine Hand­lung. Lei­der küm­mert sich der Schutt­berg einen Scheiß­dreck dar­um und bleibt ein­fach liegen.

Ein schö­ner Rand bis jetzt, aber was macht der Riecken eigent­lich? Ich hand­le nach bestimm­ten Stra­te­gien, die bis­her inso­fern funk­tio­nie­ren, als dass der loka­le Schutt­berg hier vor Ort schwin­det. Lang­sam. Sehr langsam.

  1. Ich habe mich dar­um bemüht, mit einem Teil der Stun­den für ande­re Auf­ga­ben abge­ord­net zu wer­den. Es ist ein Glück, dass das hier in Nie­der­sach­sen mög­lich ist.
  2. Ver­wei­ge­rer im Bereich des Digi­ta­len haben gute Grün­de für ihre Ver­wei­ge­rung. Und ein guter Grund darf auch Selbst­schutz sein. Ein Leh­rer, der anwe­send ist und guten ana­lo­gen Unter­richt macht, ist für mich einem digi­ta­len Flip­pie vor­zu­zie­hen, der unter sei­nen Enga­ge­ment zusam­men­bricht oder durch eben­die­ses sel­ten vor Ort ist.
  3. Ich arbei­te poli­tisch. Ich hel­fe Schul­amts­mit­ar­bei­tern, Vor­stel­lun­gen im ent­schei­den­den Gre­mi­um zu prä­sen­tie­ren oder rede dort selbst. Ich knüp­fe Ban­de mit poli­tisch akti­ven Men­schen. Ich hal­te Poli­tik für eine anspruchs­vol­le Auf­ga­be und bewun­de­re Men­schen, die die­se Auf­ga­be wahr­neh­men. Ich bewun­de­re dabei nicht jede Ein­stel­lung und Hal­tung. Und das sage ich auch bei­des: Das eine wie das andere.
  4. Ich stel­le Schu­len selbst mit mei­nen Hän­den auf zeit­ge­mä­ße­re Tech­nik um. Von der Hard­ware­emp­feh­lung bis zur Raum­aus­stat­tung. Ich habe mir über Jah­re ein klei­ne­res Netz­werk aus Fir­men und Händ­lern dafür auf­ge­baut. Men­schen rufen mich an, wenn sie unsi­cher sind. Ich kann mich dar­auf ver­las­sen, dass die Arbeit fach­ge­recht erle­digt wird und von mir ver­zapf­ter Stuss auch direkt the­ma­ti­siert ist.
  5. Ich habe Geduld und ertra­ge auch her­be Rück­schlä­ge, die es dabei gibt. Das ist so im Leben. Ins­be­son­de­re ist es so in beamti­schen Strukturen.
  6. Ich bera­te und schu­le nicht mein eige­nes Sys­tem. Ich ent­schei­de und bestim­me dort in Hard­ware- und Netz­werk­fra­gen, stel­le Fra­gen, äuße­re Struk­tur­ideen, höre Bedar­fe und habe eine Ziel­vor­stel­lung vom Netz­aus­bau und der Medi­en­aus­stat­tung. Ich orga­ni­sie­re ger­ne exter­ne Bera­tung und Schu­lung, wenn die­se gewünscht und ange­for­dert wird. Ich unter­stüt­ze Kol­le­gen, die etwas zu orga­ni­sie­ren haben tech­no­lo­gisch mit geeig­ne­ten Sys­te­men. Die­ser Punkt mit dem eige­nen Sys­tem ist für mich sehr wich­tig. Ins­be­son­de­re die­se kla­re Grenz­zie­hung. Wenn Kol­le­ge z.B. das SMART­Board so nutzt, dass er einen Zet­tel unter den Pre­sen­ter legt und dar­auf sein Tafel­bild malt, dann ist das so.
  7. Ich ent­wick­le mich wei­ter. Ich ler­ne dazu. Ich blei­be nicht bei einer Stra­te­gie ste­hen, son­dern hin­ter­fra­ge ihre Wirk­sam­keit spä­tes­tens nach 1,5 Jah­ren. Die Wirk­sam­keit der Rede und des Den­kens war bis­her im Hin­blick auf den Schutt­berg eher ein wenig schlecht bis mies.
  8. Ich tei­le Ideen und Stra­te­gien, z.B. hier im Blog, aber auch mit Fir­men. Ich tei­le sie noch so, dass dar­aus für mich kei­ne Ver­bind­lich­kei­ten oder Ver­pflich­tun­gen erwach­sen. Wenn Geld fließt, ent­ste­hen immer die­se Verbindlichkeiten.
  9. Ich bedie­ne außer hier mit die­sem Blog und ein wenig auf Twit­ter kei­ne Öffent­lich­keit. Wenn eine Öffent­lich­keit bedient wer­den muss, bin­det das Resour­cen, die mir hier vor Ort feh­len wür­den. Die Erfol­ge hier in der Regi­on sind für mich der Motor. Aus ihnen ent­ste­hen die ein­zig für mich wich­ti­gen Wäh­run­gen wie Ver­trau­en oder das Gespräch beim gemein­sa­men Bierchen.

Das Schutt­berg­bei­spiel hinkt. Dafür könn­te man sich näm­lich durch­aus Dienst­leis­tun­gen ein­kau­fen. Im Bereich des Digi­ta­len muss man die­se Dienst­leis­tun­gen vor allem in der Flä­che erst noch ent­wi­ckeln oder sogar selbst erbrin­gen. Das wird irgend­wann ein­mal anders sein. Viel­leicht wenn genug gere­det und sin­niert wor­den ist.

 

Blog & Wiki im Unterricht: Die Rezeptionsherausforderung

Blogs und Wikis sind neue For­men der pro­duk­ti­ons­ori­en­tier­ten Gestal­tung. Sie kön­nen kol­la­bo­ra­tiv orga­ni­siert wer­den und besit­zen eine pro­zes­sua­le Dyna­mik: Immer wie­der las­sen sie sich über­prü­fen, ergän­zen, nach­be­ar­bei­ten, evo­lu­tio­när ver­bes­sern. Ich erle­be es auf Twit­ter gele­gent­lich, dass um Kom­men­ta­re für Schü­ler­blogs gebe­ten wird – auch ich habe mich schon dazu hin­rei­ßen las­sen, das Blog eines mir völ­lig unbe­kann­ten Schü­lers zu kom­men­tie­ren, habe dabei jedoch sehr schnell die Lust ver­lo­ren. Ohne irgend­ei­ne Form der Bin­dung fehlt mir dabei sehr schnell die Motivation.

Blogs und Wikis wer­den ja oft als pro­duk­ti­ons­ori­en­tier­te For­men mit immensem Mehr­wert im Duk­tus der Web2.0‑Sprache bewor­ben. Für mich gilt das nur unter ganz bestimm­ten Vor­aus­set­zun­gen, die m.E. alle LuL erkannt haben, die um exter­ne Kom­men­ta­re für der­ar­ti­ge Pro­duk­te von SuS werben:

Der Mehr­wert ent­steht für mich erst durch Rück­mel­dun­gen, die so moti­vie­rend sind, dass sie den Ver­bes­se­rungs- und Über­ar­bei­tungs­pro­zess anzu­trei­ben ver­mö­gen. Des­we­gen ver­sau­ern m.E. nach einer ers­ten eupho­ri­schen Anfangs­pha­se so vie­le Schü­ler­blogs. Ich blog­ge ja auch u.a. des­we­gen, weil dabei ideel­ler Lohn her­aus­springt – im ein­fachs­ten Fall sind das Zugriffs­zah­len, die anstei­gen, im bes­ten Dis­kus­sio­nen, die sich um mei­ne Gedan­ken her­um durch Kom­men­ta­re ent­wi­ckeln. Das ist bei Schü­ler­pro­duk­ten schwie­rig – es gibt Aus­nah­men, die sehr gut lau­fen und sich her­vor­ra­gend ent­wi­ckeln – Schu­le bedeu­tet für mich jedoch die Inte­gra­ti­on mög­lichst vie­ler Men­schen – schwa­che Leis­tun­gen in der Schu­le, oft schwa­che Leis­tun­gen im Blog oder Rand­da­sein in der „Blog­ar­beits­grup­pe“ – das sind aber dann oft sozia­le Her­aus­for­de­run­gen – seufz, der ganz­heit­li­che Ansatz mal wieder…

Wei­ter­le­sen

Schulische Evaluation

Selbst­eva­lua­ti­on von Schu­le ist in Nie­der­sach­sen gera­de im Fahr­was­ser der Schul­in­spek­ti­on ein ganz gro­ßes The­ma. Da wer­den Stel­len geschaf­fen, Ver­fah­ren erprobt und Eva­lua­ti­ons­kon­zep­te ein­an­der gegen­über­ge­stellt und dis­ku­tiert. Im Grun­de läuft es auf viel Arbeit hin­aus: Allein Fra­gen und mög­li­che Ant­wort­mög­lich­kei­ten zu erar­bei­ten dau­ert eine gan­ze Wei­le. Dazu kommt wie so oft die bit­te­re Erkennt­nis, dass eine Eva­lua­ti­on nur in klei­nen Tei­len wirk­li­che Über­ra­schun­gen bie­ten wird. Weit­aus nie­der­schmet­tern­der ist die Tat­sa­che, dass man Defi­zi­ten in der Regel nur durch Geld- oder Per­so­nal­ein­satz begeg­nen kann – von bei­dem ist ja bekann­ter­ma­ßen eine Unmen­ge vorhanden.

Auch schwie­rig ist die Tat­sa­che, dass die Men­schen, die dann tat­säch­lich kon­kret die Eva­lua­ti­on durch­füh­ren, in der Regel dafür kei­ner­lei Schu­lung oder Aus­bil­dung an die Hand bekom­men. Leh­rer kön­nen sowie­so alles, ihr Tag hat 24 Stun­den und geschla­fen wird nachts. Viel schwie­ri­ger wird es für Eltern und Schü­lern sein, für ihre Ziel­grup­pe Fra­gen sowie sinn­vol­le Ant­wort­mög­lich­kei­ten zu ersinnen.

Dabei mei­ne ich mitt­ler­wei­le eini­ge beson­de­re Fall­stri­cke für die Pla­nen­den erkannt zu haben:

  1. Ver­mei­den Sie Frei­text­fel­der wenn irgend mög­lich. Nicht nur, dass sie schwer auto­ma­ti­siert aus­zu­wer­ten sind – sie ber­gen die Gefahr von SuS dafür genutzt zu wer­den, unter Nen­nung von Namen von Lehr­kräf­ten zum Dampf­ab­las­sen benutzt zu wer­den. Daten­schutz­tech­nisch kön­nen Sie in Teu­fels Küche kom­men, wenn z.B. die Schul­lei­tung die unzen­sier­te Her­aus­ga­be die­ser Daten ver­lan­gen sollte.
  2. Ver­wen­den Sie eine kon­se­quen­te und für die Betei­lig­ten trans­pa­ren­te Anony­mi­sie­rung – ich wer­de noch spä­ter blog­gen, wie so etwas tech­nisch rea­li­sier­bar ist.
  3. Eine grund­sätz­li­che Schwie­rig­keit ber­gen all­ge­mein gehal­te­ne Fra­gen, z.B. „Mit der Unter­richts­ge­stal­tung an er Schu­le xy bin ich zufrie­den.“ SuS wer­den berech­tigt ein­wen­den, dass die­se Fra­gen über alle Lehr­kräf­te gebo­gen nicht beant­wort­bar  sind und sich auf die aus ihrer Sicht nichts­sa­gen­dens­te Ant­wort­mög­lich­keit zurück­zie­hen, die eine spä­te­re Aus­wer­tung stark ver­zerrt. Die Alter­na­ti­ve von per­so­na­li­sier­ten Feed­backs zu einer Lehr­kraft birgt Spreng­stoff für den Schul­frie­den und ver­letzt wahr­schein­lich Daten­schutz­richt­li­ni­en. Net­tes Dilem­ma. Ich per­sön­lich wür­de mich die­ser Her­aus­for­de­rung stel­len, weil ich das span­nend fin­de. Pro­ble­ma­tisch ist natür­lich, dass jede Lehr­kraft  (natür­lich auch ein Herr Riecken) bei einer gelun­ge­nen Anony­mi­sie­rung irgend­wie ihr Fett weg­be­kom­men wird – span­nend wird es dann wei­ter­hin, ob eine Schul­lei­tung auf der­ar­ti­ge Daten Zugriff erhal­ten dürf­te und wel­chen rea­lis­ti­schen Aus­sa­ge­wert  (der Mensch ansich über­treibt ja ger­ne) eine sol­che Eva­lua­ti­on gera­de bei une­lieb­ten Lehr­kräf­ten hät­te, die ihren Mythos schon über Jah­re mit sich her­um­schlep­pen. Noch ein net­tes Dilemma.
  4. Ver­mei­den Sie Fra­gen, die zwei Kri­te­ri­en abprü­fen, etwa: „XY ist ansprech­bar und freund­lich.“. Das sind zwei ver­schie­de­ne Aspek­te. Ich kann zwar freund­lich, jedoch sel­ten erreich­bar sein oder umge­kehrt, z.B. muss ja auch das Schul­lei­tungs­team hin und wie­der unter­rich­ten und ist dann nicht ansprech­bar für SuS oder Eltern.
  5. Sie wer­den es nie­man­dem Recht machen kön­nen. Es wird immer an irgend­ei­ner Stel­le irgend­ei­nen Ärger oder Ver­lan­gen nach Daten geben. Machen Sie sich also drin­gend im Vor­we­ge mit den in Ihrem Land gül­ti­gen Dat­zen­schutz­ge­set­zen ver­traut, um in einem spä­te­ren Dis­kurs ange­mes­sen reagie­ren zu können.

Ins­ge­samt kann das alles eine span­nen­de Erfah­rung wer­den. Es kön­nen ja auch z.B. Leh­re­rin­nen und Leh­rer z.B. die Eltern- und Schü­ler­schaft einer Schu­le evaluieren…

Das leidige Thema Rauchen auf Jugendfreizeiten

Mei­ne ver­klär­te Sicht
Der Glimms­ten­gel stört oft in der Jugend­ar­beit. Mal sind es die 13 oder gar 12jährigen Teil­neh­mer, die sich im tro­cke­nen Hoch­som­mer in den Wald ver­zie­hen, um dort „cool“ zu sein. Mal sind es die Mit­ar­bei­ter, die sich als Rau­cher immer zwi­schen­durch eine berech­tig­te (?) Pau­se erlau­ben und dann die­se doch ein wenig län­ger aus­deh­nen, weil das Rau­chen schließ­lich Gemein­schaft schafft.
Alles in allem ist das Rau­chen oft ein lei­di­ges The­ma und bie­tet reich­lich Anlaß zu Dis­kus­sio­nen mit recht merk­wür­di­gen Argu­men­ten von sonst ganz ver­nünf­ti­gen Leu­ten… Tja, wie soll ich nun als unwis­sen­der Nicht­rau­cher die­se The­ma mög­lichst neu­tral ange­hen? Ich grei­fe auf einen alten rhe­to­ri­schen Trick zurück: Ich fan­ge mal mit Vor­ur­tei­len gegen­über Rau­chern an! Rau­cher sind:

  • Grund­sätz­lich rück­sichts­los gegen­über Nichtrauchern
  • Immer in Hor­den in der Rau­cher­ecke anzutreffen
  • Poten­ti­el­le Lungenkrebskandidaten
  • Nicht umwelt­be­wußt, wenn sie ihre Kip­pen entsorgen
  • Eine Belas­tung für die Krankenkassen
  • Als Säug­lin­ge nicht gestillt worden
  • Ganz eklig zu küssen
  • Immer zu einer Pau­se aufgelegt
  • Steu­er­zah­lend und finanzstark
  • Nicht zu einer objek­ti­ven Dis­kus­si­on bereit
  • Eine Ver­füh­rung für jedes Kind
  • Ja und die Nicht­rau­cher? Das sind die Lie­ben! Nun­ja, da wären wir bereits beim ers­ten Knack­punkt. Man hat ja als mus­ter­gül­ti­ger Jugend­lei­ter stets das Wohl sei­ner Teil­neh­mer vor Augen – und irgend­wie stört da die­ser Rauch! Vie­le von den oben genann­ten Vor­ur­tei­len tau­chen immer wie­der in zähen Dis­kus­sio­nen auf, wo sich oft Fron­ten ver­här­ten, anstatt man sich ernst­haft um eine Lösung zu bemüht.

    Noch nicht 18jährige Teil­neh­mer und das Rauchen
    Das ein­fachs­te, was man hier tun kann, ist sich hin­ter dem berühm­ten Para­gra­phen des Jugend­schutz­ge­set­zes zu ver­ste­cken, der besagt, daß sel­bi­ge Per­so­nen nicht in der Öffent­lich­keit rau­chen dür­fen. Das Ergeb­nis sind ziem­lich oft nächt­li­che Jagd­sze­nen im Wald und uner­laub­te Gän­ge zum nächs­ten Dorf. Das Dilem­ma: Man darf den Teil­neh­mer das Rau­chen nicht erlau­ben, obwohl sich die Rechts­ge­lehr­ten strei­ten, ob eine Frei­zeit eine „Öffent­lich­keit“ dar­stellt oder nicht.
    Neben der Geset­zes­vor­ga­be gibt es für mich aber noch einen ande­ren, weit gewich­ti­ge­ren Grund, mich gegen das Rau­chen in die­ser Alters­grup­pe aus­zu­spre­chen: Ich tue mich schwer mit der spä­te­ren Erkennt­nis, daß Jugend­li­che auf einer mei­ner Frei­zei­ten mit dem Rau­chen ange­fan­gen haben. Dabei ist es mir egal, ob bestimm­te Teil­neh­mer mit elter­li­cher Erlaub­nis rau­chen dür­fen. Poten­ti­ell gefähr­den sie in der beson­de­ren Situa­ti­on einer Frei­zeit ande­re Teil­neh­mer mit ihrem Glimms­ten­gel. Was soll man also tun?
    Ich gin­ge fol­gen­der­ma­ßen vor: Nach Mög­lich­keit emp­feh­le ich ein Frei­zeit-Vor­tref­fen auf dem ich klar dar­le­ge, wie mei­ne Ein­stel­lung zum The­ma Rau­chen in die­ser Alters­grup­pe aus­sieht (wobei man natür­lich kei­ne Vor­tref­fen orga­ni­se­ren soll­te, um nur Restrik­tio­nen zu ver­brei­ten, das ist dann doch zu scha­de). Damit gebe ich den Teil­neh­mern not­falls die Mög­lich­keit, sich wie­der abzu­mel­den, wenn sie par­tout nicht auf den Glimms­ten­gel ver­zich­ten wol­len (oder kön­nen?). Ich wür­de sogar soweit gehen, um Hand­zei­chen zu bit­ten, wenn sich jemand nicht auf die von mir getrof­fe­nen Rege­lun­gen ein­las­sen kann. Eine Dis­kus­si­on braucht ihr in der Regel kaum zu scheu­en, da die Geset­zes­vor­ga­be not­falls immer ein Tot­schlag­ar­gu­ment ist. Ich wür­de aller­dings vor­her immer die Lei­er mit der Gefähr­dung ande­rer auf­le­gen. Wich­tig ist, daß ihr mit den Teil­neh­mern eine kla­re Abspra­che trefft, auf die man sich auf der Frei­zeit immer wie­der beru­fen kann.
    Auf der Frei­zeit gin­ge ich als Jugend­lei­ter nie­mals soweit, jeman­den auf­grund eines Ver­sto­ßes gegen die­se Regel nach Hau­se zu schi­cken. Es ist mei­ner Erfah­rung nach gera­de in den ers­ten Tagen sehr wich­tig, die Abspra­che vehe­ment durch­zu­set­zen und den Teil­neh­mern wenig Gele­gen­heit zu geben, „sich in den Wald zu ver­drü­cken“. Das bedeu­tet Streß, puren Streß, der sich mei­ner Erfah­rung nach aber lohnt. Rauch­wa­ren wür­de ich hem­mungs­los ein­kas­sie­ren, da der finan­zi­el­le Arm von Teil­neh­mern in der Regel recht schwach ist. Bei immer­wäh­ren­den Vor­komm­nis­se emp­feh­le ich immer wie­der Gesprä­che und zwar nicht nur mit den „Böse­wich­tern“, son­dern auch mit der betrof­fe­nen Teil­neh­mer­grup­pe zusam­men (das ist Streß, purer Streß für die Teil­neh­mer). In den aller­meis­ten Fäl­len soll­ten die­se Maß­nah­men eigent­lich ausreichen…

    18jährige Teil­neh­mer und das Rauchen
    Hier wird es nun rich­tig span­nend, da es kei­ner­lei gesetz­li­che Grund­la­ge gibt, hin­ter der man sich ver­ste­cken kann. Daher kann ich hier nur für mich selbst und mei­ne Erfah­run­gen sprechen.
    Ich bin der Mei­nung, daß es sich beim Rau­chen um eine (teu­re) Sucht han­delt, die auf gar kei­nen Fall von mir als Jugend­lei­ter belohnt wer­den darf. Mei­ner Erfah­rung nach kön­nen (!) mit rau­chen­den Teil­neh­mern fol­gen­de Pro­ble­me auftreten:

  • Abhän­ge­rei“ mit Gleich­ge­sinn­ten in der Raucherecke
  • Dadurch Tei­lung der Teilnehmergruppe
  • Ver­schmut­zung der Umge­bung mit Kippen
  • Ver­füh­rung ande­rer zum Rauchen
  • Ver­mehr­te Gän­ge ins Dorf, um Kip­pen zu kaufen
  • Teil­wei­se Dieb­stahl von Kip­pen und Geld
  • Auf unse­rer gro­ßen Som­mer­frei­zeit begeg­nen wir die­sen Pro­ble­men, indem wir das Rau­chen mit Sank­tio­nen ver­bin­den. Geraucht wer­den darf nur an bestimm­ten Plät­zen, an denen sich maxi­mal drei Leu­te gleich­zei­tig auf­hal­ten dür­fen, egal ob nur zwei oder einer rau­chen. Auch Mit­ar­bei­ter sind mit in die­se Rege­lung ein­ge­schlos­sen! (es gibt aller­dings einen zen­tra­le­ren Platz, an dem aus­schließ­lich Mit­ar­bei­ter auch in grö­ße­ren Grup­pen rau­chen dür­fen). Aus­nah­men von die­ser Rege­lung gibt es nur auf Tages­aus­flü­gen nach vor­he­ri­ger Abspra­che. Auf­grund unse­rer Mit­ar­bei­ter­struk­tur haben wir die Mög­lich­keit, das Ein­hal­ten die­ser Regeln rela­tiv gut zu kontrollieren.
    Das klingt jetzt natür­lich so, als ob wir Rau­cher dis­kri­mi­nie­ren. Es hat aber einen durch­aus nach­voll­zieh­ba­ren Hin­ter­grund: Eltern ver­trau­en uns ihre Kin­der im Glau­ben an, daß sie auf der Frei­zeit gut auf­ge­ho­ben sind. Ich fin­de es ganz wich­tig, daß Kin­der und Jugend­li­che die Erfah­rung machen, daß Rau­chen eine Sucht ist, die mit bestimm­ten Nach­tei­len ein­her­geht. Rau­cher gel­ten im nor­ma­len Leben ger­ne als „cool“ und läs­sig. Die Nach­tei­le die­ser Sucht ver­schwin­den im All­ge­mei­nen in der gesell­schaft­li­chen Aner­ken­nung. Durch eine der­ar­ti­ge Rege­lung wer­den die­se Nach­tei­le wie­der in das Bewußt­sein gerückt: Bestimm­te Leu­te „brau­chen“ in gewis­sen Abstän­den ihren Glimms­ten­gel. Bestimm­te Leu­te hus­ten mor­gens ganz komisch usw.. Auch die Rau­cher selbst machen sich dadurch zwar sel­ten, aber den­noch ein paar Gedanken.
    Des­wei­te­ren ver­mei­det man die Aus­bil­dung von Teil­neh­mer­hor­den an den Rauch­plät­zen und die Ver­schmut­zung der Umge­bung durch Kip­pen. (Die Rauch­plät­ze müs­sen von den Rau­chern selbst sau­ber­ge­hal­ten wer­den). Der Ein­stieg in das Rau­chen ist auch zumin­des­tens erschwert.
    Wir haben mit die­ser Metho­de recht gute Erfah­run­gen gemacht. Vor­aus­set­zung ist aller­dings, daß auch die Mit­ar­bei­ter dabei mit- und vor allem gemein­sam an einem Strang zie­hen. Dem ein­set­zen­den Teil­neh­mer­ge­mau­le läßt sich zwar kein Ende set­zen, aber man kann sich doch hin und wie­der an die­sem Indiz von zar­ten Anfän­gen per­sön­li­cher Selbst­re­fle­xi­on erfreu­en :o).

    Mit­ar­bei­ter und das Rauchen
    Mei­ner Erfah­rung nach ist das mit rau­chen­den Mit­ar­bei­tern gar nicht so ein­fach. Oft­mals besteht immer Mit­ar­bei­ter­kreis gro­ße Einig­keit dar­über, daß das Rau­chen für Kin­der und Jugend­li­che „nicht gut ist“ und daß man das auf Frei­zei­ten irgend­wie „regeln“ muß. Die­se Rege­lun­gen sol­len aber nach Mög­lich­keit nicht bei den Rau­chern selbst ansetzen.
    Ein wich­ti­ges Argu­ment kommt da immer wie­der: Ich darf mich mit mei­ner Sucht vor den Kin­dern nicht ver­ste­cken und wenn mich jemand dar­auf anspricht, neh­me ich ihn bei­sei­te und erzäh­le, wie anhän­gig ich doch bin und wie schlecht es mir geht. Außer­dem wäre es unau­then­tisch, mich mit mei­ner Sucht in irgend­ei­ner Form zu ver­ste­cken. Wohl gespro­chen und dage­gen läßt sich wenig sagen.
    Für mich gehört zur Authen­ti­zi­tät immer auch das Prin­zip: Glei­ches oder wenigs­tens ähn­li­ches Recht für alle. Ent­we­der ich mei­ne es ernst mit mei­nem Anlie­gen, Kin­dern in Bezug auf das Rau­chen kein Vor­bild zu sein und neh­me Ein­schrän­kun­gen für mich selbst in Kauf, oder ich ris­kie­re bewußt, daß ich even­tu­ell ein schlech­tes Vor­bild bin, wor­an auch der wie­der­hol­te Hin­weis auf die Ver­werf­lich­keit des Rau­chens nicht viel ändern kann. McGy­ver sagt immer so schön: Auf jede Akti­on folgt eine Reak­ti­on. Ich kann mir nicht vor­stel­len, daß die Reak­ti­on auf einen Mit­ar­bei­ter, der sei­nen Glimms­ten­gel über den gan­zen Zelt­platz trägt, irgend­wie prä­ven­tiv aus­fällt (ich las­se mich dahin­ge­hend ger­ne beleh­ren). Als Jugend­lei­ter muß man halt manch­mal bereit sein, die eige­ne Frei­heit um der Teil­neh­mer wil­len etwas einzuschränken.
    Unse­rer Rau­cher im Mit­ar­bei­ter­kreis haben sich frei­wil­lig bestimm­te Regeln auf­er­legt. Fol­gen­de gehö­ren dazu:

  • An Orten, wo sich vie­le Teil­neh­mer ver­sam­meln, wird nicht geraucht
  • Jeder Rau­cher gibt sich Mühe, sei­ne Rauch­pau­sen (wenn nötig) mit betrof­fe­nen Per­so­nen abzusprechen
  • Kip­pen wer­den nicht auf den Boden geworfen
  • Wäh­rend wich­ti­ger Ein­hei­ten (Bibel­ar­beit, Sport­spie­le, Inter­es­sen­grup­pen, Gelän­de­spie­le) wird nicht geraucht
  • Auf Nicht­rau­cher wird Rück­sicht genommen
  • Eigent­lich sind das ja Selbst­ver­ständ­lich­kei­ten, aber wir haben das sogar in einem Pro­to­koll fest­ge­schrie­ben. Unse­re Rau­cher haben sich so nach und nach an ihre bösen nicht­rau­chen­den Kol­le­gen gewöhnt und ste­hen all­mäh­lich sogar mit einen drei­vier­tel Her­zen hin­ter der Sache.