Anfänger-LdL

Ich woll­te es heu­te ein­mal wis­sen. Die Vor­aus­set­zun­gen waren sehr gut. Wir hat­ten ver­schie­de­ne Tex­te zum Sturm und Drang bespro­chen und Merk­ma­le der Epo­che her­aus­ge­ar­bei­tet, sodass eine kon­kre­te Anwen­dung die­ses Wis­sens auf einen unbe­kann­ten Text in mei­nen Augen Sinn machen konnte.

1. Stun­de der Doppelstunde

Um umfang­rei­che­re Haus­auf­ga­ben zu bespre­chen, arbei­te ich ger­ne mit arbeits­tei­li­gen Hör­auf­trä­gen  (Spra­che, Inhalt Auf­bau) oder der Lese­kon­fe­renz. Heu­te war ers­te­re Metho­de  zur Aus­wer­tung von Inter­pre­ta­tio­nen das Mit­tel der Wahl, da die Haus­auf­ga­ben­mo­ral sich so opti­mie­rungs­be­dürf­tig dar­stell­te, dass das mit der Lese­kon­fe­renz nicht hin­hau­en konnte.

Die Aus­wer­tung der Haus­auf­ga­ben klapp­te her­vor­ra­gend und ohne nen­nens­wer­te Ein­grif­fe mei­ner Per­son. Die SuS gaben sich gegen­sei­tig Feed­back, wenn­gleich natür­lich immer wie­der der Mecha­nis­mus der 3. Per­son („Also die Petra hat auf geho­be­nem…“) kor­ri­giert wer­den muss­te. Das ist für mich gefühl­mä­ßig schon metho­disch sehr nah an LdL (in Nie­der­sach­sen läuft so etwas unter „schü­ler­ak­ti­vie­ren­dem Unterricht“).

Im Anschluss habe ich die Metho­de gemein­sam mit den SuS reflek­tiert und mit der Gehirn­me­ta­pher erläu­tert, was die Vor­tei­le eines sol­ches Vor­ge­hens sind. Das mache ich auch nicht zum ers­ten Mal – ein­zig die Gehirn­me­ta­pher war neu.

Wei­ter­le­sen

Von deutscher Baukunst

Goe­the beschreibt inner­halb die­ses Tex­tes die Wahr­neh­mung eines Ich-Erzäh­lers in Bezug auf das Straß­bur­ger Müns­ter. Er nutzt die per­sön­li­chen Emp­fin­dun­gen sei­nes gene­rier­ten Erzäh­ler­fi­gur, um anhand die­ser das Ver­ständ­nis von Kunst im Sturm und Drang zu erläu­tern. Wir wol­len der Ein­fach­heit zunächst anneh­men, dass Ich-Erzäh­ler und Goe­the ein und die­sel­be Per­son sind, d.h. dass die­ser Text rein auto­bio­gra­phisch zu ver­ste­hen ist – mei­ner Mei­nung nach spricht da das eine oder ande­re gegen.

Goe­the betont zunächst, dass er wie alle zu sei­ner  „ein abge­sag­ter Feind der ver­wor­re­nen Will­kür­lich­kei­ten goti­scher Ver­zie­run­gen“ sei und somit auch das goti­sche Müns­ter des Bau­meis­ters Erwin von Stein­bach eigent­lich hät­te ableh­nen müs­sen. Doch Goe­the ist über­rascht von sei­nem Ein­druck die­ses Got­tes­hau­ses, weil sel­bi­ges „aus tau­send har­mo­nie­ren­den Ein­zel­hei­ten bestand“. Er rückt sei­ne Emp­fin­dun­gen sogar in die Nähe „himmlisch-irdische[r] Freu­de“, kon­no­tiert sie also durch­aus religiös.

Wei­ter­le­sen

Rock your Schweinehund – die freie Rede üben

Och men­no, Herr Riecken, stand das etwa in dem Buch, dass Sie jetzt hier neben­bei Musik im Hintergrund

Roch your Schweinehund!
Rock your Schweinehund!

lau­fen las­sen sollen?“

Das stand da natür­lich nicht, aber ich dach­te mir: „Wenn schon eso­te­ro, dann rich­tig eso­te­ro!“. Und jetzt im Ernst: Die­ses nicht ganz güns­ti­ge Paket ( ca. 35,- Euro ) zum Erler­nen und Üben der frei­en Rede lie­fert im Wesent­li­chen das, was Leh­rer braucht, näm­lich kei­ne fer­ti­gen Kon­zep­te, son­dern Ideen, Anre­gun­gen, wit­zi­ge Übun­gen und Tex­te, die sich als Stein­bruch für z.B. auch das so belieb­te Semi­nar­fach nut­zen las­sen. Da gibt es Theo­rie (Uni­ver­sal­quan­to­ren, Mil­ton) genau so wie Tex­te zum Spie­len mit der eige­nen Stim­me. Da gibt es ein wenig Psy­cho­lo­gie, wenn auf­ge­deckt wer­den soll, wel­che meist inhalts­lo­sen Lieb­lings­phra­sen auch wir Leh­ren­de manch­mal dre­schen, z.B. „Das war ein stres­si­ger Tag“. „Stress“ ist ein Sam­mel­be­griff für alle mög­li­chen Emo­tio­nen gewor­den und hat daher inner­halb einer frei­en Rede oder in einem Vor­trag kei­nen Platz.  Eigent­lich sprucht gegen die­se manch­mal etwas „mana­ger­haf­te“ Box nur der hohe Preis pro gelie­fer­tem Wort. Dafür ist der Druck sehr auf­wen­dig, weil sämt­li­ches Mate­ri­al, eine CD und drei wit­zi­ge Büch­lein bei­lie­gen. Aber eine Men­ge Semi­nar­fach­stun­den sind damit geret­tet… Bis­her mögen es die SuS. Und scha­den kann eine gut beglei­te­te Prä­sen­ta­ti­on auch nie…

Tschepp, Kirchmey­er: Rock Your Schwei­ne­Hund!? , bei: Jung­fer­mann

Die letzte Welt

Die Schne­cken wan­den und krümm­ten sich unter der furcht­ba­ren Wir­kung der Säu­re und stie­ßen zu ihrem Todes­pfei­fen Trau­ben von Schaum her­vor, Schaum­blü­ten, glit­zern­de, win­zi­ge Bla­sen. Dann fie­len die Tie­re ster­bend ab, stürz­ten, glit­ten, rann umarmt den Stein hin­ab und gaben ihn frei.

Die letzte Welt

Die letz­te Welt

Die­ser Aus­zug aus Chris­toph Rans­mayrs Roman „Die letz­te“ Welt stellt stell­vers­t­re­tend für ein Grund­prin­zip des Tex­tes: Des Ästhe­ti­sie­rung des Häss­li­chen. Damit und auf vie­len ande­ren Schau­plät­zen spielt die­ser post­mo­der­ne Roman auf oft­mals wun­der­vol­le Wei­se mit dem Gegen­satz von Rea­lis­mus und Idea­lis­mus. Ganz natür­lich hat in die­sem Roman das Häss­li­che, das Gewöhn­li­che sei­nen fes­ten Platz und sei­ne Berech­ti­gung, wie auch z.B. im Natu­ra­lis­mus. Ganz natür­lich wird die­ses Häss­li­che in der Tra­di­ti­on idea­lis­ti­scher Sprach­kunst, idea­lis­ti­scher Rhe­to­rik ästhe­ti­siert. Somit muss der Text aus bei­den Posi­tio­nen her­aus abso­lut absurd wirken.

Der römi­sche Dich­ter Ovid wird in das abge­le­ge­ne, dunk­le, archai­sche Tomi in die Ver­ban­nung geschickt. Cot­ta, ein jun­ger Römer wan­delt weni­ge Zeit spä­ter auf den Spu­ren des nun­mehr ver­schwun­de­nen Dich­ters. Dabei muss er fest­stel­len, dass sich die ihn umge­ben­de Welt ver­än­dert. Nach und nach keimt in ihm die unbe­wuss­te Ahnung, dass sich an die­sem Ort „Tomi“ alle Merk­wür­dig­keit von Ovids Meta­mor­pho­sen rea­li­siert und damit Wirk­lich­keit und Fik­ti­on auf nicht nur ange­neh­me Wei­se mit­ein­an­der ver­schwim­men. Dabei spannt Rans­mayr ein Geflecht aus Sym­bo­len und immer wie­der auf­ge­nom­me­nen Bil­dern, bei dem am Schluss kaum ein Faden her­aus­hängt. Der Text irri­tiert durch moder­ne Ele­men­te in einer anti­ken Welt: So ver­keh­ren BUs­se oder ein Film­vor­fü­her erfreut sein Publi­kum mit Hil­fe eines elek­tri­schen Projektors.

Rans­mayr hebt damit die Geset­ze tra­di­tio­nel­ler Erzähl­tech­nik aus. Der Text befrem­det einer­seits auf gan­zer Linie und ander­seits lie­fert er eine Fül­le von Ansatz­punk­ten für die gelun­ge­ne „Kür­ein­heit“ inner­halb eines Deutsch­leis­tungs­kur­ses, denn ohne ein gewis­ses Maß an epo­cha­ler – und jetzt ganz neu anwend­ba­rer  – Vor­bil­dung und lese­tech­ni­scher Lei­dens­fä­hig­keit wird kein Schü­ler den beschwer­li­chen Weg die­ses Wer­kes mit­ge­hen oder sich auch nur pro­duk­tiv an ihm rei­ben können.

Outputorientierung (Planung auf das Ziel hin)

Wir hat­ten gera­de eine Fort­bil­dung Deutsch an unse­rer Schu­le zum neu­en Kern­cur­ri­cu­lum (KC) Deutsch hier in Nie­der­sach­sen. Kern­cur­ri­cu­lum heißt das jetzt, weil – so mein beschränk­ter Hori­zont – jetzt nicht mehr der Inhalt, son­dern die ver­mit­tel­ten Kom­pe­ten­zen im Mit­tel­punkt schu­li­scher Aus­bil­dung ste­hen. Da passt fol­gen­der – völ­lig aus dem Zusam­men­hang geris­se­ner Satz – gut, der vom iso­lier­ten Gedan­ken her ziem­lich das aus­drückt, wovon ich über­zeugt bin:

Erst das sub­jek­ti­ve Erle­ben von Kom­pe­tenz­zu­wachs ver­mag Moti­va­ti­on zu ver­ste­ti­gen. Der indi­vi­du­ell erleb­te Erfolg schu­li­scher Arbeit sichert also die Vor­aus­set­zun­gen wei­te­rer erfolg­rei­cher schu­li­scher Bemühungen. 

Jür­gen Bau­mert: Deutsch­land im inter­na­tio­na­len Bil­dungs­ver­gleich (2001)

Ich glau­be aber nach der Fort­bil­dung, dass mei­ne „Cur­ri­culum­ma­cher“ den Modus des Kom­pe­tenz­auf­baus gänz­lich anders fül­len als ich es auf Basis die­ses Sat­zes tue.

Wei­ter­le­sen

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