Abi in NDS: Deutsche Sprache der Gegenwart
Mit diesem thematischen Schwerpunkt haben wir seit langem wieder einmal ein germanistisches Thema auf dem Zettel stehen. Das finde ich eigentlich gar nicht so schlecht. Mich nervt daran zur Zeit eigentlich nur das Wort „Gegenwart“. Ich glaube, dass man nicht so einfach sagen kann: „Och, schauen wir uns einmal Varietäten (z.B. innere Mehrsprachigkeit) oder die Rolle der deutschen Sprache im europäischen Kontext an“ (genau auf diesem Level macht der vorgesehene thematische Schwerpunkt Schluss) ohne dabei zumindest in Grundzügen auf Prinzipien der Sprachgeschichte und Phonetik einzugehen. Das Erstere ohne das Letztere passt natürlich trefflich in die Kompetenzschiene, fraglich bleibt jedoch für mich dann der ebenso wichtige wissenschaftpropädeutische Anspruch der gymnasialen Oberstufe.
Klar kann man trefflich über Dialekte oder Gruppensprache „reden“, schlaue Sachtexte dazu lesen von Leuten, die dieses oder jenes Sprachempfinden haben. Das ist in meinen Augen aber ein „Drüber-Sprechen“, mit dem man allenfalls argumentatives Schreiben und den Umgang mit Sachtexten übt – eben Kompetenzen, die aber auch mit jedem anderen beliebigen Inhalt zu erreichen sind. Aber wäre es nicht netter – und meiner Meinung nach auch motivierender – wenn man nebenbei auch noch lernt, warum es eigentlich z.B. Dialekte gibt, warum wir Isländisch sogar ein wenig lesen können, z.B. bei Polnisch aber passen müssen? Bei der Herausbildung der Dialekte sind schließlich ähnliche Mechanismen am Werke gewesen, wie sie bei der heutigen Ausdifferenzierung in den Jargonssprachen immer noch wirksam sind. Auch die Parallelen von „open“ (engl.) und „offen“ (dt.) bedürfen nur einen Hauch Sprachgeschichte zur Erklärung.