Literatur nach 1945 – Einstieg mit einer Facebook-Chronik

Die Schü­le­rin­nen und Schü­ler erhiel­ten fol­gen­de „Mini­bio­gra­phien“:

Ger­trud Hawlischek

  • gebo­ren 1931 in Königsberg
  • Bäue­rin auf einem Hof mit 20 Hektar
  • fünf Kin­der (eine Toch­ter, vier Söhne)
  • Flucht über das Haff
  • Ansie­de­lung auf Flücht­lings­hof in Schles­wig-Hol­stein ab 1951 (2 Hektar)

Egon Schmidt

  • gebo­ren 1942 in Dresden
  • Sohn eines Arbeiters
  • Voll­wai­se (Vater gefal­len, Mut­ter gestor­ben, als er 4 Jah­re alt war)
  • zwei Kin­der
  • bis zur Wen­de Ostbürger

Uwe Schulz

  • gebo­ren 1942 in Holstein
  • Sohn eines Arbeiters
  • zwei Kin­der (Toch­ter und Sohn)
  • bei­na­he ver­stor­ben an Scharlach
  • Haupt­schu­le, Leh­re als Maurer

Tim Schrö­der

  • gebo­ren 1956
  • bewuss­te Wahr­neh­mung der 68er-Bewegung
  • zwei Kin­der (Toch­ter und Sohn)
  • Eltern Beam­te am Gericht
  • Wirt­schaft­wun­der­zeit

Peter Meck­len­burg

  • gebo­ren 1974
  • Kind von Arbeitern
  • Jugend in den 80er Jahren
  • Stu­di­um des höhe­ren Lehramts
  • einen Sohn

Anna­bel Tensing

  • gebo­ren 1995
  • wächst auf in klein­bür­ger­li­chen Verhältnissen
  • besucht das Gym­na­si­um in einer Kleinstadt
  • Ehe der Eltern zerrüttet
  • Sport­le­rin

Dazu gab es fol­gen­de Auf­ga­be (arbeits­tei­lig, Gruppenarbeit):

Stel­len Sie sich vor, Ihre Per­son hät­te schon zu ihrer Zeit über Zugang zu sozia­len Netz­wer­ken gehabt und die­se auch genutzt. Wie hät­te Ihrer Mei­nung nach eine Face­book-Chro­nik aus­ge­se­hen? Nut­zen Sie alle Ihnen zur Ver­fü­gung ste­hen­den Quel­len, um eine mög­lichst authen­ti­sche Chro­nik auf einer der aus­ge­leg­ten Papier­rol­len zu erstel­len. Beschrän­ken Sie sich dabei auf die ers­ten 25 Lebens­jah­re die­ser Per­son. Set­zen Sie pro Lebens­jahr 10cm auf der Papier­rol­le an (Zeit: 60 Minuten).

Die Aus­wer­tung erfolg­te nicht im Ple­num, son­dern in Klein­grup­pen. Dabei wur­den die Chro­ni­ken unter den Grup­pen aus­ge­tauscht. Auf Basis des ent­spre­chen­den Wiki­pe­dia-Arti­kels (per­so­na­le Iden­ti­tät) soll­te auf ca. 1/2 Sei­ten (getippt) die Iden­ti­tät der Per­son umris­sen wer­den. Die­se Ergeb­nis­se wur­den dann vor­ge­stellt und im Kurs­blog veröffentlicht.

Hin­ter­grund:

Faser­land“ (Kracht) und Aus­zü­ge aus „Gene­ra­ti­on Golf“ (Illies) sind die ver­bind­li­chen The­men­schwer­punk­te für das Abitur im Fach Deutsch im Jahr 2013. Ich fin­de bei­de Tex­te lite­ra­risch nichts beson­ders stark. Zudem sind es über­haupt nicht die Tex­te, die in irgend­ei­ner Form die Lebens­welt der heu­ti­gen Jugend­li­chen wider­spie­geln, son­dern mit Glück allen­falls die ihrer Eltern. Das zen­tra­le The­ma sowohl der Nach­kriegs­li­te­ra­tur als auch das der heu­ti­gen Jugend­li­chen ist für mich immer wie­der die Iden­ti­tät. Iden­ti­tät wie­der­um wird zum gro­ßen Teil mit­be­stimmt durch die Lebens­um­stän­de, in der ein Indi­vi­du­um auf­wächst. Die­ser Ein­stieg soll ein Bewusst­sein dafür schaf­fen, dass das Lebens­ge­fühl und damit die Iden­ti­tät von Per­so­nen immer durch exter­ne Ein­flüs­se deter­mi­niert und auch nur so begreif­bar ist. Autoren der Trüm­mer­li­te­ra­tur schrei­ben anders als die 68er. Es gibt unter­schied­li­che Ent­wick­lung in Ost- und Westdeutschland.

Bei jeder Kurz­ge­schich­te, beim jedem Text hof­fe ich nun im Unter­richt auf die Chro­ni­ken und Iden­ti­täts­be­schrei­bun­gen zurück­kom­men zu kön­nen: Wo ver­or­tet ihr die­sen Text? Wel­ches Lebens­ge­fühl kommt dar­in zum Aus­druck? War­um ist das so?

Grundwissen Deutsch – Überprüfung

Vie­le Deutsch­leh­rer kla­gen, dass SuS in der Ober­stu­fe die ein­fachs­ten Grund­be­grif­fe nicht beherrsch­ten. Ich habe mich in die­sem Jahr ent­schlos­sen, eini­ge wich­ti­ge Tech­ni­ken und Wis­sens­ge­bie­te gezielt zu wie­der­ho­len und in einem klei­ne Test „abzu­prü­fen“.  Eini­ge Text­bei­spie­le sind lei­der nicht unter einer frei­en Lizenz zu bekom­men und muss­ten für die Web­ver­si­on des Tests eli­mi­niert wer­den. Ich den­ke, dass sich da leicht ein Ersatz beschaf­fen lässt.

Hier der Test zum Down­load: ODTDOC | PDF

Der Test ent­hält Fra­gen zu:

  • rhe­to­ri­schen Stilfiguren
  • Erzähl­per­spek­ti­ve
  • klas­si­schem und epi­schem Drama
  • Gedicht­ana­ly­se
  • indi­rek­ter Rede
  • Zitier­tech­nik

Wei­ter­hin habe ich in einem Mate­ri­al grund­le­gen­des zur Anla­ge von Text­ana­ly­sen bzw. Inter­pre­ta­tio­nen zusam­men­ge­tra­gen. Sehr aus­führ­lich und tref­fend fin­det man das m.E. auch hier. In mei­nem Mate­ri­al befin­den sich zwei feh­len­de Refe­rem­zen, die man aber am bes­ten den eige­nen Vor­lie­ben ent­spre­chend mit der Lern­grup­pe zusam­men erstellt. Erar­bei­tet habe ich es an Musils Text „Das Fliegenpapier“:

Hier das Mate­ri­al zum Down­load: ODTDOC | PDF

Theaterbesuch nachbereiten

Kaba­le und Lie­be“ ist ver­pflich­ten­de Lek­tü­re für das Abitur 2013. Das Olden­bur­gi­sche Staats­thea­ter spielt schon seit meh­re­ren Jah­ren zufäl­lig abitur­re­le­van­te Dra­men, so auch das zu unter­rich­ten­de Bür­ger­li­che Trau­er­spiel Schil­lers. Also haben wir uns am Diens­tag mit drei Kur­sen auf erhöh­ten und einem Kurs auf grund­le­gen­dem Niveau auf den Weg nach Olden­burg gemacht, um dort eine drei­stün­di­ge Insze­nie­rung zu genie­ßen. Natür­lich woll­te das aus­ge­wer­tet wer­den – es ist erstaun­lich, wie sinn­voll auch hier­bei Anlei­hen aus der Theo­rie der sys­te­mi­schen Bera­tung waren.

Schritt 1:

Notiert drei Aspek­te der Insze­nie­rung, die euch beson­ders befremd­lich in Erin­ne­rung geblie­ben sind.

Schritt 2:

Sam­meln an der Tafel (ein­fa­che Liste)

Schritt 3:

Sucht euch aus der Lis­te einen Aspekt her­aus, der euch beson­ders beschäf­tigt. For­mu­liert fünf Hypo­the­sen, war­um der Regis­seur bzw. der Dra­ma­turg das in der gezeig­ten Form umge­setzt hat.

Schritt 4:

Tut euch zu zweit zusam­men und stellt euch eure Hypo­the­sen gegen­sei­tig vor. Wählt jeweils eine Hypo­the­se aus, die euch am plau­si­bels­ten erscheint.

Schritt 5:

Eine Grup­pe beginnt und stellt ihre Hypo­the­sen vor. Wenn wei­te­re Grup­pe Hypo­the­sen zum glei­chen Aspekt erar­bei­tet haben, schal­ten sie sich direkt in das Gespräch mit ein.

Erfah­run­gen:

Es gab vor dem eigent­lich Stück eine Ein­füh­rung durch den lei­ten­den Dra­ma­tur­gen im Foy­er. Unter ande­rem wur­de erklärt, dass in der Insze­nie­rung eine Figur („Wurm“) sei­ne Pul­lun­der ent­spre­chend des Kon­tex­tes wech­selt, um sei­ne Anpas­sungs­fä­hig­keit zu ver­deut­li­chen. Trotz die­ser Erklä­rung war der Pul­lun­der Gegen­stand ganz ande­rer Hyop­the­sen, z.B. der­je­ni­gen, dass Wurm von den Pul­lun­dern gleich­zei­tig sei­ne Schuld abstreift bzw. es so gewirkt hat. Es rück­ten zusätz­lich voll­kom­men ande­re Fra­ge­stel­lun­gen als in der Behand­lung des Stü­ckes im Unter­richt in den Mit­tel­punkt – etwa die Funk­ti­on von Lui­ses Mut­ter (schließ­lich the­ma­ti­siert das Stück eigent­lich nur die Lie­be zwi­schen Vater und Tochter).

Dar­an ließ sich dann eini­ges erar­bei­ten, z.B. dass der Text trotz einer kla­ren Inten­ti­on durch die Gestal­ten­den noch lan­ge nicht so wir­ken muss, wie sich das eben­die­se Gestal­ten­den vor­her gedacht haben – d.h. dass For­mu­lie­run­gen wie „Schil­ler woll­te…“ u. U. auf wis­sen­schaft­lich ziem­lich wack­li­gen Bei­nen stehen.

Kern­stück bei die­ser Stun­de ist die Hypo­the­sen­fin­dung: Die Hypo­the­sen dür­fen ruhig weit her­ge­holt sein. Sie die­nen „ledig­lich“ der Gestal­tung des Gesprä­ches und geben die­sem eine gewis­se schü­ler­zen­trier­te Struk­tur, weil sie den Blick­win­kel manch­mal recht unkon­ven­tio­nell verändern.

Hypo­the­sen spie­len in der sys­te­mi­schen Bera­tung eine gro­ße Rol­le – näm­lich die glei­che: Der Bera­ter erwei­tert sei­nen Blick­win­kel und auch das bera­ten­de Sys­tem wird dazu ange­regt, im Sys­tem erlern­te Denk­struk­tu­ren zu ver­las­sen. Das war an unse­rem Sys­tem „Deutsch­kurs“ sofort zu beobachten…

Berichtigungen

Ich habe sie als Schü­ler gehasst, abgrund­tief gehasst. Mit dem Ver­fas­sen und der Abga­be der Klas­sen­ar­beit war das Ding eigent­lich für mich gelau­fen. Ich woll­te nicht noch ein­mal mit mei­nen Feh­lern kon­fron­tiert wer­den. Oft hat­te ich zudem nicht ver­stan­den, was der Leh­rer mit sei­nem Feh­ler­zei­chen über­haupt mein­te. Beson­ders hoch im Kurs der Fra­ge­zei­chen waren immer Anstrei­chun­gen wie „A/W“ – O‑Ton einer mei­ner Kol­le­gin­nen heu­te: „Das passt immer!“.  Recht hat sie.

Ich has­se heu­te Berich­ti­gun­gen immer noch und ich for­de­re sie nicht mehr ein – zumin­dest nicht in der klas­si­schen Form. Berich­ti­gun­gen sol­len ja eigent­lich dafür sor­gen, dass sich SuS noch ein­mal inten­siv mit Feh­ler­schwer­punk­ten aus­ein­an­der­set­zen und die­se dann gezielt bear­bei­ten – qua­si sowas wie Bin­nen­dif­fe­ren­zie­rung. Pro­ble­ma­tisch fin­de ich dar­an, dass man dabei immer Distanz zu sei­ne eige­nen Text auf­bau­en muss. Ob das klappt, wenn das wäh­rend der Arbeit selbst schon nicht gelun­gen ist? Bie­tet ein rot und grün gemal­ter Text von sich aus eine Distanz? Was macht das arme Würst­chen, wel­ches 15 Feh­ler zu berich­ti­gen hat, wäh­rend die 1er-Kan­di­da­tin dann kei­ne Haus­auf­ga­ben erle­di­gen muss?

Hier kom­men mei­ne Alternativen.

1. Ent­per­so­na­li­sie­rung (Dik­ta­te)

Das klappt nur bei Dik­ta­ten und ist hier beschrieben.

2. Feh­ler­schwer­punk­te

Ich strei­che alles ein, umkrei­se bei jedem jedoch 3–5 Feh­ler – auch bei den Ein­sern – da meist aber sti­lis­ti­sche oder sprach­li­che Äuf­fäl­lig­kei­ten. Dabei ach­te ich dar­auf, nur einen Feh­ler­aspekt zu beto­nen, den ich dann auch noch expli­zit im bei­gefüg­ten Gut­ach­ten erwäh­ne – etwas das/dass oder den Gebrauch unter­schied­li­cher Kon­junk­tio­nen. So hat jeder etwas zu tun und es muss nicht einer mehr arbei­ten als der andere.

3. Peer-Review

Jeder liest sich sei­nen Auf­satz bzw. sei­ne Klas­sen­ar­beit noch ein­mal durch und mar­kiert drei Anstrei­chun­gen mit Blei­stift, die er nicht ver­steht. Dann wird in Tisch­grup­pen das Heft getauscht. Der Part­ner ver­sucht nun zu ver­ste­hen, was ich mit der Anstrei­chung gemeint habe und erklärt es im Abschluss dem Ver­fas­ser. Auch jetzt noch unkla­re Anstrei­chun­gen wer­den im Ple­num bespro­chen. Ich ver­su­che dabei zu nut­zen, dass SuS sehr wohl Tex­te hin­sicht­lich ihrer Qua­li­tät beur­tei­len kön­nen – bloß nicht ihre eige­nen, weil ihnen dazu die Distanz fehlt – das ken­nen wir Leh­rer auch, wenn wir nach dem drit­ten Durch­le­sen immer noch ein Arbeits­blatt mit Typos kopieren.

Beim Peer-Review kommt für mich noch ein Lern­pro­zess hin­zu. Durch die direk­te Rück­mel­dung ler­ne ich, wie ich bes­ser kom­men­tie­ren und anstrei­chen muss. Durch „mit­ge­lausch­te“ Erklä­run­gen aus den Tisch­grup­pen bekom­me ich Ideen, wie ich die­ses oder jenes auch noch erklä­ren kann, auf die ich allei­ne nie gekom­men wäre.

Die Welt muss romantisiert werden!

Die Welt muß roman­ti­siert wer­den. So fin­det man den ursprüng­li­chen Sinn wie­der. Roman­ti­sie­ren ist nichts, als eine qua­li­ta­ti­ve Poten­zie­rung. Das nied­re Selbst wird mit einem bes­sern Selbst in die­ser Ope­ra­ti­on iden­ti­fi­ziert. (…) Indem ich dem Gemei­nen einen hohen Sinn, dem Gewöhn­li­chen ein geheim­nis­vol­les Ansehn, dem Bekann­ten die Wür­de des Unbe­kann­ten, dem End­li­chen einen unend­li­chen Schein gebe so roman­ti­sie­re ich es. (Nova­lis)

So ein Dich­ter und Theo­re­ti­ker der roman­ti­schen Lite­ra­tur­epo­che. Den­ken wir heu­te an Roman­tik, mei­nen wir meist so etwas:

titt­tel / pixelio.de

Ein Roman­ti­ker der Epo­che konn­te aber auch so etwas damit meinen:

Gerd Alt­mann / pixelio.de

Geblie­ben von dem Begriff  „Roman­tik“ ist eigent­lich nur die „Ker­zen­schein – Son­nen­un­ter­gang – Säu­sel­mu­sik – Natur – Lie­bes­paar“- Kon­no­ta­ti­on. Wie pas­sen bei­de Bil­der zusammen?

Die Lösung liegt für mich in dem Begriff „ver­rückt“, der ja vom Wort­sinn her nicht ande­res bedeu­tet als etwas von dem ange­stamm­ten Platz weg­zu­rü­cken. Genau das machen wir, wenn wir uns zu zweit eine Ker­ze anzün­den, schö­ne Musik lau­fen las­sen oder bei Son­nen­un­ter­gang im Som­mer an den Strand gehen: Wir geben einer ganz gewöhn­li­chen All­tags­si­tua­ti­on („zwei Men­schen unter­hal­ten sich“) – Nova­lis sagt: „Dem Gemei­nen“ – einen höhe­ren Sinn, indem wir etwas schaf­fen wol­len, an das man sich erin­nert. „Gehen sie doch mal wie­der mit ihrer Frau schön essen“ – da ist sie, die For­de­rung nach der „Wür­de des Unbe­kann­ten“. Max Frisch hat auf sei­ne Wei­se gesagt, wie wich­tig die­se Wür­de für roman­ti­sche Bezie­hun­gen ist.

Es ist bemer­kens­wert, daß wir gera­de von dem Men­schen, den wir lie­ben, am min­des­ten aus­sa­gen kön­nen, wie er sei. Wir lie­ben ihn ein­fach. Eben dar­in besteht ja die Lie­be, das Wun­der­ba­re an der Lie­be, daß sie uns in der Schwe­be des Leben­di­gen hält, in der Bereit­schaft, einem Men­schen zu fol­gen in allen sei­nen mög­li­chen Ent­fal­tun­gen. Wir wis­sen, daß jeder Mensch, wenn man ihn liebt, sich wie ver­wan­delt fühlt, wie ent­fal­tet, und daß auch dem Lie­ben­den sich alles ent­fal­tet, das Nächs­te, das lan­ge Bekann­te. Vie­les sieht er wie zum ers­ten Male. Die Lie­be befreit es aus jeg­li­chem Bild­nis. Das ist das Erre­gen­de, das Aben­teu­er­li­che, das eigent­lich Span­nen­de, daß wir mit den Men­schen, die wir lie­ben, nicht fer­tig­wer­den; weil wir sie lie­ben, solan­ge wir sie lie­ben. (Max Frisch)

Die Roman­tik ver­engt ihr Prin­zip des „ver-rückens“ nicht wie wir heu­te auf das Wort­feld Lie­be / Natur. Die Roman­tik ist die Epo­che der Schau­er- und Detek­tiv­ge­schich­ten eben­so wie die Aus­ein­an­der­set­zung mit den Tie­fen unse­res Geis­tes, die bis in den Wahn­sinn füh­ren kann. Durch das lite­ra­ri­sche Rin­gen mit Phä­no­me­nen wie Geis­tes­krank­hei­ten, z.B. in den Novel­len E.T.A. Hoff­manns, wei­tet die Roman­tik den Blick auf aus einer All­tags­sicht „ver-rück­te“ Din­ge. Das Prin­zip ist das glei­che wie bei unse­rem Abend am Strand. Die Welt ist „ver-rückt“ – in einem auf­ge­klär­ten Umfeld darf genau das nicht sein.  Und noch heu­te pral­len die Geis­tes­hal­tun­gen von Auf­klä­rung und Roman­tik auf­ein­an­der. Gut so.

Denn mei­ner Mei­nung nach brau­chen bei­de Prin­zi­pi­en ein­an­der. Ohne den auf­ge­klär­ten Geist ent­steht wahr­schein­lich nicht das Bedürf­nis nach etwas, was jen­seits des Ver­stan­des liegt. Ohne das Land hin­ter dem Ver­stand hät­te der Geist gera­de bei der Erfor­schung des mensch­li­chen Daseins wahr­schein­lich nicht genug, um zu einer nüch­ter­nen Ana­ly­se zu kommen.

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