Warum Creative Commons?

Lan­ge Zeit dach­te ich, groß­zü­gig zu sein, mei­ne Mate­ria­li­en und Tex­te hier unter der Crea­ti­ve Com­mons Lizenz zur Ver­fü­gung zu stel­len. Es geht mir dabei dar­um, mei­ne Ideen auch für Drit­te nutz­bar zu machen und gleich­zei­tig dafür zu sor­gen, dass es dabei fair zugeht – nichts ande­res ist die Crea­ti­ve Com­mons – ein leicht zusam­men­fass­ba­rer, fai­rer Ver­trag zur Wah­rung gegen­sei­ti­ger Interessen.

In letz­ter Zeit schrei­ben mich immer wie­der ein­mal Start­ups von Por­ta­len an, die Lehr­ma­te­ria­li­en an Lehr­per­so­nen ver­mark­ten wol­len. Dabei gibt es ver­schie­de­ne Facet­ten: Die einen ver­ste­hen sich genau wie Ebay ledig­lich als Ver­mitt­lungs­platt­form zwi­schen Ver­käu­fer und Käu­fer. Die ande­ren gehen wei­ter und wol­len sich gleich selbst in ihren AGB so ziem­lich alle Rech­te an den hoch­ge­la­de­nen Mate­ria­li­en sichern – qua­si poten­ti­el­le „Zulie­fer­be­trie­be“ für Verlage.

Auf Nach­fra­ge erhal­te ich Ant­wor­ten wie „bran­chen­üb­lich“, „nicht anders rea­li­sier­bar“, „Abde­ckung aller Even­tua­li­tä­ten“ usw. Für mich sind das Aus­re­den. Es geht anders. Jede Foto­sei­te bie­tet ein abge­stuf­tes Lizenz­mo­dell an. Der Autor kann wäh­len, wel­ches er für sei­ne Wer­ke ver­wen­den möch­te. Der Diens­te­an­bie­ter benö­tigt streng­ge­nom­men über­haupt kei­ne Rech­te an den Inhal­ten außer den­je­ni­gen, die für die tech­ni­sche Bereit­stel­lung unab­ding­bar sind – Ver­wer­tungs­rech­te sind nicht, Modi­fi­ka­ti­ons­rech­te sind nur in sehr begrenz­tem Umfang nötig.

So wie es jetzt oft läuft, geht es in mei­nen Augen größ­ten­teils nicht: Man las­se sich eine AGB von einer renom­mier­ten Kanz­lei erstel­len und lege dann los. Dazu muss man wis­sen, dass AGB  „by design“ nur ein­sei­tig dazu da sind, Anbie­ter z.B. von Haf­tun­gen aus­zu­schlie­ßen oder sonst­wie die Pflich­ten mehr auf den Kun­den zu ver­la­gern – was teil­wei­se auch legi­tim  und unum­gäng­lich ist, weil eben auch nicht alle Kun­den fair sind.

Von Autoren hin­ge­gen zu ver­lan­gen, vor dem Upload sicher­zu­stel­len, dass sein Werk frei von Rech­ten Drit­ter ist und im Fal­le von Regress­for­de­run­gen Drit­ter dafür gene­rell zu haf­ten, geht dann in mei­nen Augen doch ein biss­chen weit. Bei gro­ber Fahr­läs­sig­keit oder Vor­satz (jemand lädt eine kom­mer­zi­el­le Vor­la­ge hoch und gibt sie als sei­ne eige­ne aus) müs­sen wir dar­über nicht spre­chen. Bei Grenz­fäl­len ist es selbst für Anwäl­te schwer, Urhe­ber­schaf­ten zu prüfen.

Wenn ich als Start­up eine Kanz­lei mit der Erstel­lung rechts­si­che­rer AGB beauf­tra­ge, hat die­se im Sinn, mich recht­lich abzu­si­chern, das ist ihr Job. Um den Kun­den geht es erst in zwei­ter Linie – da Con­tent­ge­schäft Ver­trau­ens­sa­che ist, kann sich die­se Vor­ge­hens­wei­se  schnell als Bume­rang für das eigent­li­che geschäft­li­che Vor­ha­ben erwei­sen, wenn Ver­ant­wor­tung ein­sei­tig auf den Autoren abge­wälzt wird – oder nur der Ein­druck entsteht.

Die Crea­ti­ve Com­mons Lizenz geht von  ihrer Grund­kon­zep­ti­on einen völ­lig ande­ren Weg. Sie basiert auf Fair­ness und Ver­trau­en. Sie gibt dem Autoren zusätz­lich Kon­trol­le über sei­ne eige­nen Inhal­te zurück. Sie ist getra­gen von Ver­ant­wor­tung: Ich erstel­le alle Fotos und Bil­der auf die­ser Sei­te selbst, weil ich weiß, dass ich Drit­ten erlau­be, die­se Mate­ria­li­en für sich zu nut­zen. Ich möch­te dabei ver­hin­dern, dass die­se Drit­ten in Recht­schwie­rig­kei­ten kom­men – das ist Ver­ant­wor­tung. Bei jedem CC-lizenz­si­er­tem Doku­ment, wel­ches ich nut­ze, bin ich ich weit­aus siche­rer um die recht­li­che Unbe­denk­lich­keit, weil ich Men­schen, die ihre Inhal­te CC-lizenz­sie­ren, von vorn­her­ein anders ein­schät­ze – sie haben sich zumin­dest Gedan­ken um ihre Inhal­te gemacht. Sicher sein kann man auch hier nicht.

Ver­la­ge und Por­ta­le set­zen mit ihren AGB nach mei­nem Emp­fin­den oft auf Miss­trau­en und Kon­troll­ver­lust für den Autor. Außer­dem ver­ste­he ich das recht­li­che Kau­der­welsch kaum noch und wür­de schon allein des­we­gen kei­nen Ver­trag schlie­ßen,  geschwei­ge denn hier in Form von Links oder Arti­keln dafür werben.

Für sie muss die Crea­ti­ve Com­mons ein rotes Tuch sein: Sie dür­fen CC-lizenz­si­er­te Inhal­te je nach Rech­te­mo­dell nicht ver­wer­ten, ja nicht ein­mal auf ihre Web­sei­te stel­len. Durch ihr Ver­hal­ten – gera­de in den USA – sind sie aber genau die­je­ni­gen, die die Idee der Crea­ti­ve Com­mons erst gebo­ren haben – so erklärt sich für mich die völ­lig kon­trä­re Aus­rich­tung der CC gegen­über den alten Verlagsmodellen.

Eines erlaubt die CC, wie ich sie hier auf der Sei­te ver­wen­de, nicht: Ich kann mit Inhal­ten kein Geld ver­die­nen. Tut aber nichts zur Sache. Auch auf kom­mer­zi­el­len Platt­for­men dürf­te es zuneh­mend schwe­rer wer­den, als Autor Geld zu machen, gera­de mit Mini­lern­mo­du­len: Allein die Tat­sa­che, dass die meis­ten geschlos­se­ne Ein­hei­ten und damit für Such­ma­schi­nen nicht indi­zier­bar sind, ver­nich­tet schon ein­mal „by design“ den Zugang für die größ­te poten­ti­el­le Käufergruppe.

Also, Ver­la­ge und Portale:

  1. Gestal­tet eure AGB so, dass Rech­te und Pflich­ten der Autoren in einem aus­ge­wo­ge­nen Ver­hält­nis stehen
  2. Gestal­tet eure AGB so, dass Nicht­ju­ris­ten sie ver­ste­hen oder lie­fert eine Zusam­men­fas­sung in all­ge­mein ver­ständ­li­cher Spra­che. Dazu gehö­ren fol­gen­de Aspek­te ganz beson­ders: Was für Pflich­ten hat der Autor? Was darf der Verlag/das Por­tal mit den Inhal­ten tun? Wel­che Rech­te erwirbt der Käu­fer in wel­chem Lizenz­mo­dell (s.u.)? Die CC kann es – war­um ihr nicht? Hebt euch ab durch Fairness.
  3. Bie­tet Autoren ver­schie­de­ne Rech­te­mo­del­le an, mit denen sie ihre Wer­ke ver­mark­ten kön­nen. Wer als Kun­de ver­brei­tet gekauf­te Inhal­te bit­te­schön über Satel­lit oder CD‑I?
  4. Unter­stützt Autoren bei der Druck­vor­stu­fe durch geeig­ne­te Inter­faces oder Man­power. Das schmä­lert eure Gewin­ne kurz­fris­tig, könn­te sich aber als nach­hal­ti­ge Stra­te­gie erwei­sen, weil ihr nur so auch die weni­ger tech­nik­af­fi­nen Men­schen gewinnt
  5. Auch mit CC lässt sich Geld ver­die­nen, da es an leicht benutz­ba­ren „Ver­mitt­lungs­por­ta­len“ fehlt
  6. Ent­wi­ckelt Ver­fah­ren dafür, dass eure Inhal­te aus­zugs­wei­se (sonst ver­dient ihr nichts) durch Such­ma­schi­nen indi­zier­bar und gut gerankt sind
  7. Macht euch end­lich klar, dass ihr eine Auf­hol­jagd begin­nen müsst, weil ihr jah­re­lang Ent­wick­lun­gen ver­pennt habt. Der wesent­li­che Motor wird dabei sein, dass ihr Ver­trau­en von den Autoren zurück­ge­winnt. Das wird zunächst eure Gewin­ne schmälern.

Mir ist kein Por­tal bekannt, bei dem ich mei­nen Kol­le­gin­nen und Kol­le­gen zum jet­zi­gen Zeit­punkt ernst­haft raten wür­de, Inhal­te ein­zu­stel­len. Ich ich froh, dass die CC-Lizenz mei­ne Inhal­te vor der Ver­wen­dung auf sol­chen Platt­for­men schützt und trotz­dem die Wei­ter­nut­zung ermög­licht. Das war eine gute Wahl in mei­nem Interesse.

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2 Kommentare

  • Jan

    Fin­de ich großartig!
    Ich kann mir vor­stel­len, dass sich (auch) in die­sem Bereich in den nächs­ten Jah­ren ein gro­ßer Wan­del vollzieht:
    Viel Werk und Wis­sen wird demo­kra­ti­siert und „ama­teu­ri­siert“. Wer eine Wiki­pe­dia hat, braucht kei­ne Enzy­klo­pä­die. Wer you­tube hat, braucht kein MTV. LEO ersetzt das Wör­ter­buch, die mp3-Samm­lung die CD-Samm­lung und flickr kos­ten­pflich­ti­ge Fotoarchive.
    Nicht für Pro­fis – aber für 97% der ande­ren. Und die­se Men­schen wol­len weni­ger für den Con­tent zah­len und war­um soll­te die­se Ent­wick­lung aus­ge­rech­net im Bil­dungs­sek­tor ausbleiben?

  • Wer eine Wiki­pe­dia hat, braucht kei­ne Enzyklopädie.“

    … also hier ste­hen noch Enzy­klo­pä­dien im Regal, weil sie oft­mals ein­fach bes­ser sind und schnel­ler rele­van­te Daten liefern. 

    In Ver­la­gen sitzt eine Men­ge Kom­pe­tenz, wenn es um die Beur­tei­lung von Inhal­ten und um die Auf­be­rei­tung geht. Dafür brau­chen sie aber Leu­te, die Inhal­te lie­fern und sol­che, die sie auch bezah­len. Die bekom­men sie nicht mit den Geschäfts­mo­del­len, die 1980 noch funk­tio­niert haben.

    Dar­um geht es mir. Wenn die Umstän­de ande­re (nach mei­nen Maß­stä­ben „fai­rer“ und „trans­pa­ren­ter“) wären, wür­de ich mir über­le­gen, das eine oder ande­re von mir zu ver­sil­bern. Und ich ken­ne Leu­te, die dann auch dar­über nach­den­ken würden.

    Allein auf frei­en Con­tent zu bau­en, kann m.E. markt­wirt­schaft­lich nicht auf Dau­er funk­tio­nie­ren und dann wird der Kat­zen­jam­mer groß sein, wenn die bis­he­ri­gen kom­mer­zi­el­len Con­tent­kee­per sich ent­we­der mono­po­li­sie­ren oder dicke Backen machen.

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