Es ist eine Minderheit…

… die im Netz auf­be­gehrt gegen eine Zen­sur­in­fra­struk­tur und Kon­troll­be­dürf­nis­se poli­ti­scher Insti­tu­tio­nen. Aber die­se Min­der­heit erzeugt zur Zeit ein der­ma­ßen gro­ßes Auf­merk­sam­keits­po­ten­ti­al, wie ich es sel­ten erlebt habe. Die­se Min­der­heit hat sich jetzt poli­tisch im Netz orga­ni­siert. Selbst die Zeit, die ich bis­her für eine gemä­ßig­te, abge­klär­te und poli­tisch recht breit auf­ge­stell­te Wochen­zei­tung hal­te, bie­tet Kom­men­ta­to­ren ein Forum, deren Rhe­to­rik for­mal doch stark zu wün­schen übrig lässt. Da wer­den Grä­ben zwi­schen „den Ana­lo­gen“ und den­je­ni­gen gezo­gen „die ihr eige­nes Leben per Social Net­work und Twit­ter beden­ken­los vor aller Welt aus­brei­ten.“ – ste­reo­ty­per geht’s nim­mer. Da wird davor gewarnt, dass die größ­te Gefahr für die Par­tei aus den eige­nen Rei­hen kommt.

Alle die­se Gedan­ken sind nicht neu. Es liegt mir fern, an die­ser Stel­le eine Lobes­re­de für die Pira­ten­par­tei zum Bes­ten zu geben. Als Par­tei soll­te man in der Lage sein, auf allen wich­ti­gen poli­ti­schen Fel­dern sicher zu agie­ren und das sehe ich bei den Pira­ten in der Tat noch nicht – aber immer­hin hat man das auch ein­mal über die Grü­nen gesagt, die sich spä­tes­tens mit Josch­ka Fischer auch außen­po­li­tisch eta­blie­ren konn­ten. Der Weg dahin war lang und ob die Pira­ten ihn bestehen wer­den, bleibt abzuwarten.

Ich habe mich an einem Satz fest­ge­dacht, der als Unter­ti­tel den Leit­ge­dan­ken von Bernd Ulrich markiert:

Die größ­te Gefahr für die neue Par­tei droht nicht vom Staat, son­dern aus den eige­nen Reihen“

War­um eigent­lich für die „neue Par­tei“? In mei­ner beschei­de­nen Wahr­neh­mung sind vie­le Wah­len für Par­tei­en ver­lo­ren­ge­gan­gen auf­grund per­sön­li­cher Ver­feh­lun­gen ein­zel­ner Kan­di­da­ten, also von Men­schen aus den eige­nen Rei­hen. Affä­ren um Lan­des­ban­ken, Bespit­ze­lungs­af­fä­ren, per­sön­li­che Aus­schwei­fun­gen der Füh­rungs­rie­ge, Ver­wick­lun­gen in Inter­es­sens­kon­flik­te – das soll schon alles vor­ge­kom­men sein. Das Nach­se­hen hat­te stets die Basis, die etwas errei­chen woll­te. Das wird auch den Pira­ten – soll­ten sie sich je eta­blie­ren – nicht anders gehen.

Die­se Basis erhält durch das Inter­net aber zuneh­mend die Mög­lich­keit des gegen­sei­ti­gen Aus­tau­sches, die Mög­lich­keit von Abspra­chen über Frak­tio­nen­zwang hin­weg. Das ist eine Bedro­hung von Macht und die teil­wei­se hef­ti­gen Reak­tio­nen auf die – ansich völ­lig bedeu­tungs­lo­se – Pira­ten­par­tei zeigt, in wel­chen Kern­be­reich die­se Men­schen vor­sto­ßen, in wel­chen Wun­den unse­rer Gesell­schaft sie bohren.

Geht es wirk­lich um die Abschaf­fung von Zen­sur? Geht es allein um das freie Kopie­ren geis­ti­gen Eigen­tums? Mit ein wenig Intel­li­genz und neu­en Geschäfts­mo­del­len bekommt man die­se Pro­ble­me bestimmt bes­ser in den Griff.

Ich gewin­ne manch­mal den Ein­druck, dass die Angst eine ganz ande­re ist: Kon­troll­ver­lust. Wo ich  (wir neh­men jetzt für die­sen Arti­kel fik­tiv ein­mal an, ich sei ein ste­reo­ty­per, ana­lo­ger Poli­ti­ker) poli­tisch Mei­nung nicht mehr kon­trol­lie­ren kann, bekom­me ich ein Pro­blem. Wenn ich dazu noch ein „Ana­lo­ger“ bin, bekom­me ich noch viel grö­ße­re Pro­ble­me, weil ich nicht ein­mal mit­be­kom­me, dass ich die Kon­trol­le verliere.

Was mich bedroht ist kei­ne Par­tei der Pira­ten – kaum 1% bei der Euro­pa­wahl – also bit­te… Was mich bedroht ist viel­mehr mei­ne Wei­ge­rung anzu­er­ken­nen, dass ich mich in unse­ren Zei­ten per­ma­nent ent­wi­ckeln und dazu­ler­nen muss. Dazu gehört lei­der(?) auch der Kon­takt zu den „Digi­ta­len“, die – gera­de im Bereich der Ver­hin­de­rung kin­der­por­no­gra­phi­scher Sei­ten – viel zu sagen und auch schon man­ches durch per­sön­li­che Initia­ti­ve erreicht haben.

Und immer im Hin­ter­kopf behal­ten: Es ist eine Minderheit!

PS: Ich glau­be es nicht, dass ich gera­de einen poli­ti­schen Arti­kel ver­fasst habe.

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