Subjektivismus und ideologische Barrieren
Momentan grüble ich noch sehr stark auf der Shakespeare-Rede von Goethe herum. Dieser Text entzieht sich eigentlich kognitiven Zugriffen, da er nicht kognitiv sein will, sondern die Empfindung eines Originalgenies während des Rezeption von Shakespeares Dramen zum Ausdruck bringen will. Damit kreist der Text subjektivistisch gleich den Stürmern und Drängern selbstreferenzierend nur um sich, abgesehen von einigen einigermaßen logisch zusammenhängenden Aussagen zum klassischen französischen Drama.
Währendeiner heutigen Klaususaufsicht ist dank eines Netbooks folgende Grafik entstanden:
Dabei kam für mich optisch die Trennung zwischen der Welt der Stürmer und Dränger und der sie umgebenden bürgerlichen Schicht deutlich heraus.
Bloch bezeichnet ebendiese Trennung als ideologische, nicht als inhaltliche. Zusammenfassend: Von den grundsätzlichen Zielen her sind beide Gruppen so unterschiedlich nicht, wohl aber von der Art und Weise des Herangehens. Beide Gruppen werden allein deshalb einander nie solidarisch sein und damit ihre Ressourcen im Kampf für ihre Ziele nie vereinen.
Das erinnert mich stark an die laufende Bildungsdebatte, die meiner Meinung nach primär ideologisch geführt wird. Im ZIel sind sich alle Gruppen einig: Sie wollen dieses Land zukunftsfähig machen und sie wollen die bestmögliche Ausbildung für unsre Kinder. Warum darf es dann so oft keinen Pluralismus, keinen Wettbewerb verschiedener Systeme geben?
Sollen doch die Eltern entscheiden, ob die Gesamtschule, die Jenaplanschule, die Montessorischule, die Waldorfschule, das private Internat, das humanistische Gymnasium usw. der richtige Weg ist. Vielleicht schadet uns der Bildungspluralismus auf lange Sicht weit weniger, sondern bildet eine Mischung verschiedener Profile, verschiedener Stärken und Schwächen heraus.Vielleicht reguliert er sich sogar systemisch selbstständig.
Ich empfinde es so, dass wir uns primär an den ideologischen Barrieren die Köpfe einrennen, die einen stürmisch und anderen besonnen, die einen laut die anderen zurückhaltend. Was für eine Verschwendung an Ressourcen, die dem konkreten Handeln, der Arbeit am Schüler fehlen!
Zur Zeit der Restauration muss sich der damalige Adel angesichts der ideologischen Grabenkämpfe im einzig einigermaßen ernstzunehemden, innerstaatlich-gegnerischen Lager – dem deutschen Bürgertum – scheckig gelacht haben.