LdL: Le deuxième effort

Die Vor­aus­set­zun­gen waren dies­mal nicht gut: Eine Mit­tel­stu­fen­klas­se – schwer zu füh­ren – in einem Fach ohne viel noten­tech­ni­sche Bedeu­tung (Che­mie). Ich weiß nicht, was mich an die­sem Mor­gen gerit­ten hat. Viel­leicht der Ver­such, der all­ge­mein schwie­ri­gen Unter­richts­si­tua­ti­on nicht allein päd­ago­gisch, son­dern auch metho­disch zu begegnen.

Grund­la­ge waren die ers­ten fünf Regeln des Kugel­wol­ken­mo­dells, wel­ches das Kugel­scha­len­mo­dell erwei­tert und die Lewis­schreib­wei­se vorbereitet.

In der Haus­auf­ga­be soll­ten die SuS die Ato­me des Was­ser­stoffs (H), des Koh­len­stoffs ©, des Phos­phors ℗ und des Argon (Ar) mit Hil­fe des Kugel­wol­ken­mo­dells dar­stel­len. Da kommt dann so etwas dabei heraus:

aufgabenbeispiel

An der Tafel ist es prag­ma­ti­scher, die Krei­se nicht zu fül­len, son­dern ein­fach nur in der jewei­li­gen Far­be zu umranden.

LdL-Ein­satz 1:

Die Haus­auf­ga­ben habe nicht ich, son­dern ein Schü­ler bespro­chen. Er hat den Pro­zess der Bespre­chung gelei­tet und Anmer­kun­gen aus dem Ple­num auf­ge­nom­men und orga­ni­siert. Nach sehr kur­zer Zeit und kei­ner­lei Impul­sen von mir stand das Ergeb­nis kor­rekt an der Tafel. Die Atmo­sphä­re in der Klas­se war deut­lich ent­spann­ter als sonst und es haben sich auch ansons­ten eher zurück­hal­ten­de SuS beteiligt.

LdL konn­te in die­ser Klas­se eigent­lich nicht funk­tio­nie­ren. Aber nun gut – ich habe danach noch gleich einen draufgesetzt:

Leh­rer­vor­trag:

Ich habe anhand des Tafel­bil­des eines Schü­lers die ver­kürz­te Schreib­wei­se des Kugel­wol­ken­mo­dells eingeführt:

Atom­rumpf = gesam­tes Atom mit Aus­nah­me der äußers­ten Kugel­scha­len dar­ge­stellt  durch Elementsymbol

zwei­fach besetzt Kugel­wol­ke = Strich

ein­fach besetz­te Kugel­wol­ke = Punkt

Das dau­er­te kei­ne acht Minu­ten inkl. Abschrift in die Ord­ner der SuS.

LdL-Ein­satz 2:

Auf­ga­be an die Gruppe:

Stellt die ers­ten 20 Ele­men­te des Peri­oden­sys­tems in der ver­kürz­ten Schreib­wei­se des Kugel­wol­ken­mo­dells dar.

Reges Trei­ben an der Tafel, ein Gehen und Kom­men, Dia­lo­ge in der Klas­se, gele­gent­li­che Ein­grif­fe von mei­ner Sei­te zur Art und Orga­ni­sa­ti­on des Kom­mu­ni­ka­ti­ons­pro­zes­ses (nie zum Fach­in­halt!) not­wen­dig. Riecken sitzt hin­ten und bekommt den Mund nicht mehr zu. Auf­ga­be gelöst nach 12 Minuten.

Rück­schau:

Unnö­tig zu erwäh­nen, dass den SuS neben­bei auch noch die Unter­schie­de in der Elek­tro­nen­kon­fi­gu­ra­ti­on von Heli­um (He|)und z.B. Beryl­li­um (*Be*) deut­lich gewor­den sind und die Ein­sicht kam, dass Heli­um nach die­sem Modell tat­säch­lich kei­nes­wegs in die 2. Haupt­grup­pe gehört (mit dem Kugel­scha­len­mo­dell schwie­rig). Unnö­tig zu erwäh­nen, dass SuS sich dar­über beschwer­ten, der Tafel­an­schrieb der Mit­schü­ler sei nicht struk­tu­riert genug, das kön­ne man ja gar nicht zügig(!) abschrei­ben. Unnö­tig zu erwäh­nen, dass ich in die­ser Stun­de so gut wie sel­ten dis­zi­pli­nie­ren muss­te (sonst geht 1/3 der Stun­de dafür drauf). Unnö­tig zu erwäh­nen, dass 2/3 der Klas­se aktiv am Unter­richt teil­nahm. Unnö­tig zu erwäh­nen, dass ich den Leh­rer­vor­trag auch hät­te vor­be­rei­ten las­sen kön­nen. Unnö­tig noch­mals zu erwäh­nen, dass die Klas­se oft als schwie­rig wahr­ge­nom­men wird.

Ich brauch­te die gesam­te Pau­se, um mich eini­ger­ma­ßen von die­sen Erfah­run­gen zu erho­len. Die­se Stun­de strahl­te auch in die dar­auf fol­gen­de hin­über, indem ich metho­disch für eine sehr hohe Schü­ler­ak­ti­vi­tät gesorgt habe. Man hat ja ein wenig metho­di­sche Routine…

Ich wer­de nie ein Ver­fech­ter von LdL in Rein­kul­tur und für jede Lern­grup­pe wer­den.  Neue Metho­den haben auch für SuS immer einen Bonus des Neu­en – ande­re Stun­den wer­den anders lau­fen und nicht immer wer­de ich mir LdL-Metho­dik leis­ten kön­nen – so rea­lis­tisch den­ke ich schon.

Der päd­ago­gi­sche Impe­tus der Wert­schät­zung des Indi­vi­du­ums kommt aber anschei­nend doch irgend­wie unbe­wusst an, wenn sich die Indi­vi­du­en einen Rest von Selbst­an­nah­me bewahrt haben und Wert­schät­zung dadurch anneh­men können.

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5 Kommentare

  • Fee czisch sag­te ges­tern bei einer Lesung ihres Buches in einer Ingol­städ­ter Buch­hand­lung: man muss die Schü­ler lie­ben. So ist es. Aller­dings geht es nur, wenn man sie agie­ren sieht. Wenn sie sit­zen und zuhö­ren gibt es nichts zu lieben.

    • Man muss die Schü­le­rin­nen und Schü­ler lie­ben. Das bedeu­tet jedoch nicht, dass ich jede ihrer Ver­hal­tens­wei­sen lie­ben muss. Pro­fes­sio­na­li­tät im päd­ago­gi­schen Han­deln bedeu­tet viel­leicht die Fähig­keit, die­se bei­den Din­ge säu­ber­lich zu trennen.

  • jean-pol martin

    Der päd­ago­gi­sche Impe­tus der Wert­schät­zung des Indi­vi­du­ums kommt aber anschei­nend doch irgend­wie unbe­wusst an,“
    – „Man muss die Schü­ler lie­ben“ bezog sich auf dei­nen Satz und bestä­tig­te ihn. Klar, dass man nicht alles in ihnen lie­ben kann und muss. Natür­lich has­se ich bestimm­te Ver­hal­tens­wei­sen, aber ich bemü­he mich, den Men­schen als gan­zes zu mögen. Aber wir sind uns einig.

  • Ein schö­ner Bei­trag. Und ein schö­nes Blog, eine mei­ner zwei per­sön­li­chen Blog-Neu­ent­de­ckun­gen im Leh­rer­blog­be­reich – und wirk­li­che Neu­ent­de­ckun­gen sind selten. ;-)

    • Es freut mich immer sehr „ent­deckt“ zu wer­den und nicht nur auf „Wer­be­trom­meln“ ange­wie­sen zu sein. So soll­te es eigent­lich viel öfter lau­fen. Dan­ke für dei­ne Rückmeldung.

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