Wann ist eine Vergleichsarbeit eine Vergleichsarbeit?

In zahl­rei­chen Bun­des­län­dern sind mitt­ler­wei­le Ver­gleichs­ar­bei­ten in bestimm­ten Jahr­gän­gen obli­ga­to­risch – hier in Nie­der­sach­sen ist sogar eine zen­tra­le Auf­ga­ben­stel­lung ange­dacht. Das kann wahr­schein­lich dann ganz gut funk­tio­nie­ren, wenn die Schu­len selbst ent­schei­den kön­nen, wie sie die Anfor­de­run­gen einer Ver­gleichs­ar­bei­ten bewäl­ti­gen wol­len und nicht durch fach­li­che und metho­di­sche Vor­ga­ben meist ideo­lo­gisch ein­ge­färb­ter Prä­gung der jewei­li­gen Kul­tus­po­li­tik aus­ge­setzt sind.

Stei­ge­rung von Qua­li­tät hat zumin­dest für mich immer etwas mit ste­tig eva­lu­ier­ter Kon­ti­nui­tät zu tun. Des­we­gen träu­men wir mal davon, dass die Aus­ge­stal­tung der Cur­ri­cu­lums irgend­wann Sache der Schu­le sein wird – selt­sa­mer­wei­se ist das in den bei PISA erfolg­rei­chen Län­dern meist der Fall. In Deutsch­land wird man dar­auf wahr­schein­lich lan­ge war­ten müs­sen – Kul­tus­po­li­tik ist schließ­lich ein Kon­kur­renz­pro­dukt und Ländersache.

Zurück zum bis­he­ri­gen All­tag in NIe­der­sach­sen: Bis­her müs­sen Ver­gleichs­ar­bei­ten geschrie­ben wer­den. Die Aus­ge­stal­tung erfolgt schul­in­tern in den Fach­schaf­ten. Ver­gleich­bar wird eine Arbeit für mich durch fol­gen­de Rahmenbedingungen:

  1. Die Arbeit wird von einer Lehr­kraft gestellt, die nicht im jewei­li­gen Jahr­gang unterrichtet.
  2. Die Arbeit rekur­riert auf Kern­kom­pe­ten­zen eines Faches – im Fach Deutsch z.B. auf die Erschlie­ßung von Tex­ten anhand einer Inhaltsangabe.
  3. Die Kor­rek­tur erfolgt in gemisch­ten Klas­sen­sät­zen, d.h. bei vier ver­gli­che­nen Klas­sen erhält jeder Kol­le­ge 75% der zu kor­ri­gie­ren­den Arbei­ten aus ande­ren Klas­sen nach dem Zufalls­prin­zip – idea­ler­wei­se sind die Arbei­ten dabei anony­mi­siert, d.h. der Name ist irgend­wie verschlüsselt.
  4. Die Arbeit wird am glei­chen Tag unter den glei­chen Bedin­gun­gen geschrie­ben – die Auf­sicht des jewei­li­gen Fach­leh­rers ist nicht unbe­dingt von­nö­ten, da es ja um Kern­kom­pe­ten­zen geht.
  5. Die Arbeit wird auf ihre Stär­ken und Schwä­chen hin evaluiert.
  6. Die jewei­li­ge Fach­schaft setzt resul­tie­ren­de Kon­se­quen­zen intern um oder berät darüber.

Nur unter die­sen Bedin­gun­gen wür­de für mich eine Ver­gleichs­ar­beit prak­ti­ka­bler und ver­gleich­ba­rer Ernst. Für den Kol­le­gen, der die Auf­ga­ben­vor­schlä­ge erstellt – nicht jeder wird sich dafür glei­cher­ma­ßen eig­nen – ent­steht dabei ein gewis­ser Mehr­auf­wand, wäh­rend sich in der eigent­li­chen Kor­rek­tur kaum eine zusätz­li­che Belas­tung erge­ben wird. Immer­hin muss der betref­fen­de Kol­le­ge kei­ne Arbeit ent­wer­fen, sodass ein wenig Eva­lua­ti­on in Form eines Fra­ge­bo­gens zumut­bar sein dürf­te – viel­leicht sogar mit ein­ge­schränk­tem Fokus auf einen inter­es­san­ten Aspekt.

Ich den­ke, dass sowas in die­ser Form kaum Rea­li­sie­rungs­chan­cen hat. Vie­le von uns Leh­rern haben oft ein sen­si­bles Ver­hält­nis zu Eva­lua­ti­on: MIss­erfol­ge – die es auch bei phä­no­me­nal guten Kol­le­gen geben wird, wenn sie an die „fal­sche Klas­se“ gera­ten – gehen bei unse­rem Berufs­stand wahr­schein­lich oft und sehr stark auf die Leh­rer­see­le sowie die Ehre. Nie­mand setzt sich ger­ne der Ver­mu­tung aus, schlecht zu unter­rich­ten.  Dar­an ist auch die Öffent­lich­keit schuld, die Ver­sa­gen vier zu oft allein der Lehr­kraft zuschreibt.

Dar­um lei­det durch eine der­ar­ti­ge Durch­füh­rung wahr­schein­lich zunächst das Schul­kli­ma emp­find­lich. Ich glau­be aber, dass auf lan­ge Sicht gera­de die regio­na­le Öffent­lich­keit die­ses Bemü­hen um eini­ger­ma­ßen objek­ti­vier­ba­re Ver­gleichs­ar­bei­ten hono­rie­ren wird und dass dar­in eine Chan­ce liegt zur ech­ten Zusam­men­ar­beit unter den Lehr­kräf­ten – letzt­endlch führt das allein mit­tel­fris­tig zu immensen Entlastungen.

Träu­men wir weiter…

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