Warum Strukturformeln von Zuckermolekülen eigentlich keine Strukturformeln sind

Dazu muss man etwas aus­ho­len. Ich begin­ne ein­mal mit Gly­ce­rin, dass sich durch fol­gen­de Struk­tur­for­meln dar­stel­len lässt:

Vergleich Glycerindarstellungen

Bei­de Dar­stel­lun­gen sind abso­lut gleich­wer­tig. Schließ­lich ist die C‑C-Ein­fach­bin­dung frei dreh­bar, sodass sich die OH-Grup­pen fast belie­big aus­rich­ten kön­nen. Tat­säch­lich wer­den sie bevor­zugt im Raum den größt­mög­li­chen Abstand zuein­an­der ein­neh­men, da das die ener­gie­ärms­te Form darstellt.

Bei einem Oxi­da­ti­ons­pro­dukt des Gly­ce­rin, dem Gly­ce­ri­nal­ed­hyd, sieht das etwas anders aus:

Vergleich Glycerinaldehyddarstellungen

Um zu ver­ste­hen, wie es dazu kommt, dass hier von zwei ver­schie­de­nen For­men gespro­chen wird, muss man die Mole­kü­le etwas anders darstellen:


Ver­su­che Sie ein­mal, mit der Maus bei­de Mole­kü­le so zu dre­hen, das sie deckungs­gleich neben­ein­an­der­lie­gen. Es klappt natür­lich nicht, aber wor­an liegt das?
Die bei­den Mole­kü­len sind Ste­reoi­so­me­re. Bedingt wird dies durch das mitt­le­re C‑Atom, wel­ches an jeder sei­ner vier Bin­dungs­mög­lich­kei­ten eine ande­re Grup­pe, bzw. vier ver­schie­de­ne Sub­sti­tu­en­ten trägt. Ein der­ar­ti­ges C‑Atom wird asym­me­tri­sches Koh­len­stoff­atom genannt.
Es macht also einen Unter­schied, ob man bei asym­me­tri­schen C‑Atomen in Zucker­mo­le­kü­len die OH-Grup­pe nach rechts oder nach links schreibt. Bloß wie kommt man man von der Struk­tur­for­mel zum kor­rek­ten 3d-Molekülmodell?

Das ist sehr einfach:
Rich­ten Sie die Alde­hyd­grup­pe nach oben aus. Dre­hen Sie das asym­me­tri­sche C‑Atome (es ist das C‑Atom in der Mit­te) so, dass sowohl die OH-Grup­pe als auch das Was­ser­stoff­atom Ihnen „ent­ge­gen­schau­en“, also aus der Bild­schir­mebe­ne hin­aus­ra­gen. Steht nun die OH-Grup­pe rechts, muss sie auch in der Struk­tur­for­mel rechts ste­hen. Steht sie links, muss das auch in der Strukt­for­mel so rea­li­siert sein.
Daher sind Struk­tur­for­meln von Zuckern kei­ne ein­fa­chen Struk­tur­for­meln mehr, da sie zusätz­li­che Infor­ma­tio­nen über den geo­me­tri­schen Auf­bau ent­hal­ten. Man spricht daher von Pro­jek­tio­nen, bzw. genau­er von soge­nann­ten Fischer Pro­jek­tio­nen.

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