Von Visionären und Praktikern

Die­ser Bei­trag wur­de schon als Gast­bei­trag in Chris­ti­an Span­nagels Blog ver­öf­fent­licht. Ich assi­mi­lie­re ihn jetzt nur noch und füge ihn der Kul­tur die­ses Blogs hinzu. 

Der Prak­ti­ker

Weißt du Visio­när eigent­lich, woher ich dich als Prak­ti­ker ken­ne? Gar nicht. Aber ich ken­ne dei­ne Pro­duk­te, die z.B. Ein­gang in die amt­li­chen Vor­ga­ben für mei­nen Unter­richt gefun­den haben. Und ich ken­ne dei­ne Ant­wor­ten auf mei­ne Kri­tik an dir. Wer „du“ eigent­lich bist, das weiß ich nicht. Ernst neh­men kann ich kaum eines dei­ner Pro­duk­te der letz­ten Jah­re. Außer­dem kann ich nur ahnen, wie du in Kom­mis­sio­nen dei­ne Ideen durch­setzt. Aber ich den­ke mich dir so: Du Visio­när sitzt an irgend­ei­ner Fach­hoch­schu­le oder Uni­ver­si­tät. Wenn du gut bist, betreust du didak­ti­sche Semi­na­re von ange­hen­den Leh­re­rin­nen und Leh­rern. Wenn du bes­ser bist, hast du seit dei­ner eige­nen Schul­zeit auch hin und wie­der unter­rich­tet – aber das ist eher sel­ten. Als ganz schlimm erle­be ich oft Men­schen aus dei­nen Krei­sen, die selbst ein­mal Leh­rer gewe­sen sind und mei­nen, die Lage an den Schu­len daher zu ken­nen. Das tust du nicht. Das kon­stru­ierst du dir allen­falls aus dei­nen Kon­tak­ten in die Schul­welt. Aber auf jeden Fall weißt du aber, wor­an unse­re Schu­le heu­te krankt. Das bele­gen dir zahl­rei­che Sta­tis­ti­ken und Eva­lua­tio­nen. Des­we­gen ent­wi­ckelst du neue Metho­den und Ansät­ze. Die­se lässt du von wil­li­gen Lehr­kräf­ten oder Prak­ti­kan­ten unter dei­nen Stu­den­ten im Unter­richt erpro­ben. Mit ihren Rück­mel­dun­gen ver­fasst du ein Paper. Vie­le Visio­nä­re wie du tref­fen in Kom­mis­sio­nen der Kul­tus­mi­nis­te­ri­en zusam­men und erar­bei­ten auf Basis von vie­len Papie­ren und gemein­sam mit Lehr­kräf­ten das neue Cur­ri­cu­lum für den neu­en Unter­richt – ach was, für die neue Schule!

Die von dir mit erar­bei­te­ten Vor­ga­ben wer­den in einem Bun­des­land ver­bind­lich und es geschieht – nichts. Im Gegen­teil: Du musst mit anse­hen, wie das Sys­tem Schu­le dei­ne Ideen so in sei­nen All­tag ein­baut, dass sie mög­lichst wenig stö­ren. Das Sys­tem hat dar­in Übung. Es hat vie­le Visio­nä­re vor dir gese­hen. Du fin­dest das Sys­tem Schu­le dar­auf­hin doof. Du sagst, was es machen soll, aber kei­ner tut es. Du weißt, wie man guten Unter­richt erkennt, du kannst aber nicht erklä­ren, wie man ihn macht. Du willst doch nur hel­fen. Du hegst den Gedan­ken, dass es mit­tel­fris­tig ohne Zwang und Aus­tausch von Per­so­nal wohl nicht gehen wird.

Ich pran­ge­re dich an, du Visionär…

… weil du für dich das Recht bean­spruchst, es bes­ser zu wis­sen, aber oft nicht die Not­wen­dig­keit siehst, es sel­ber umzusetzen.

… weil du von Din­gen sprichst, die du misst oder mes­sen las­sen hast ohne zu rea­li­sie­ren, dass dei­ne Stich­pro­ben­grö­ßen sel­ten in den Bereich mathe­ma­tisch fun­dier­ter Aus­sa­ge­kraft kom­men. Das begrün­dest du übri­gens oft mit „feh­len­den Mit­teln“, „wenig Per­so­nal“, „flä­chen­de­ckend unmög­li­cher Durchführbarkeit“

… weil du im Erfolgs­fall die Lor­bee­ren für dich bean­spruchst und im Fal­le des Schei­terns das Sys­tem oder die man­geln­de Bereit­schaft der Prak­ti­ker ver­ant­wort­lich machst.

… weil man dich oft genug zufrie­den­stel­len kann mit irgend­wel­chem unge­leb­ten Kon­zept­ge­sei­er. Man neh­me dei­ne Buz­zwords, set­ze sich einen Nach­mit­tag hin und ver­fas­se mit dem Impe­tus eines Par­odis­ten für dich ein wenig Meta­ge­sei­er – und schon bist du des Lobes voll.

Der Visio­när

Weißt du Prak­ti­ker eigent­lich, woher ich dich als Visio­när ken­ne? Gar nicht. Aber ich ken­ne dei­ne Pro­duk­te, die sich z.B.  nie­der­schla­gen in deso­la­ten Erfolgs­zah­len von deut­schen Schu­len, die sich nie­der­schla­gen in wach­sen­der sozia­ler Unge­rech­tig­keit in unse­rem Land. Und das in Zei­ten, in denen sich eine Volks­wirt­schaft wie unse­re kein Kind leis­ten kann, was zurück­bleibt – schließ­lich lebt die­ses Land von Krea­ti­vi­tät und Ideen – Boden­schät­ze sind eher rar. Ich schütt­le den Kopf über
dich. Ich stel­le mich dir so vor:

Du Prak­ti­ker sitzt an irgend­ei­ner Schu­le in die­sem Land. Wenn du gut bist, schaust immer wie­der ein­mal über den eige­nen Tel­ler­rand hin­aus und nimmst aus Fort­bil­dun­gen von mir und Kol­le­gen Din­ge mit in dei­nen Unter­richt. Wenn du bes­ser bist, pro­bierst du neue Lern­ar­ran­ge­ments aus, auch auf die Gefahr hin, dass dich irgend­wer sank­tio­nie­ren könn­te – aber das ist eher sel­ten. Du begeg­nest mir mit Skep­sis, du glaubst in der Regel nicht, dass sich durch mei­ne Ideen im Schul­sys­tem etwas bewegt. Du begrün­dest das gebets­müh­len­ar­tig mit „schwie­ri­gen Umstän­den“, „schlech­ter Aus­stat­tung“, zuneh­men­der „emo­tio­na­ler Ver­wahr­lo­sung“ im Eltern­haus oder über­bor­den­der Büro­kra­tie – für die du mich auch noch ver­ant­wort­lich machst und dabei dei­ne eige­ne Ver­ant­wor­tung für das Sys­tem Schu­le ver­gisst. Du bist krea­tiv – krea­tiv im Umge­hen der von mir mit erar­bei­te­ten Vor­ga­ben für guten Unter­richt, ach nein, für eine gute Schu­le! Du struk­tu­rierst dich ein­fach so um, dass du das Neue mög­lichst lan­ge ver­mei­dest. Dabei gerätst du mehr und mehr ins Hin­ter­tref­fen, weil der Berg, den du irgend­wann auf­ho­len musst, immer grö­ßer wird. Eigent­lich tust du mir Leid, weil du dir letzt­end­lich selbst scha­dest, indem du dich der Freu­de und des Spa­ßes an dei­nem Beruf durch dei­ne Schutz­me­cha­nis­men beraubst. Und dann tust du mir nicht Leid, weil du schließ­lich neben dir selbst auch unse­re Kin­der beraubst.

Ich pran­ge­re dich an, du Prak­ti­ker â€¦

… weil du dir in dei­nem zur Schau getra­ge­nen Lei­den gefällst und es oft genug an die wei­ter­gibst, die nichts dafür kön­nen: unse­re Kinder!

… weil du nichts als Miss­trau­en für neue Ideen übrig hast, weil du grund­sätz­lich annimmst, dass etwas undurch­führ­bar sei, ohne es zumin­dest ver­sucht und erlebt zu haben.

… weil du in dei­ner Begrenzt­heit – Redest du auf Par­tys eigent­lich auch über ande­re Din­ge als Schu­le? – gar nicht mehr erken­nen kannst, dass dich vie­le Ideen ganz kon­kret in dei­nem Beruf unter­stüt­zen kön­nen, die du von vorn­her­ein ablehnst.

… weil dein Argu­ment, ich hät­te kei­ne Ahnung, weil ich nicht im Sys­tem Schu­le leb­te, kolos­sal nervt. Man kann Din­ge bes­ser wis­sen, ohne sie selbst zu machen.

Ich sage:

Die Visi­on ist kei­ne Arbeit im Ver­gleich zum Manage­ment des Chan­ge. Wenn wir unse­re Rol­len bei­de ernst neh­men, dann ver­wen­den wir 10% unse­rer Zeit auf die Visio­nen und 90% auf das Chan­ge-Manage­ment, weil das die Arbeit ist, bei der der Prak­ti­ker Hil­fe braucht und der Visio­när zei­gen kann, dass auch er Beton­sä­cke zu schlep­pen vermag.

Facebook, die Schufa und die Daten

Ges­tern schwapp­te eine Wel­le der Empö­rung durch das Netz, die bis heu­te anhält: Die Schufa forscht zusam­men mit dem HPI dar­an, frei ver­füg­ba­re Infor­ma­tio­nen aus dem Social­me­dia­be­reich mit in ihre Scoring­al­go­rith­men zu inte­grie­ren.  Kris­ti­an Köhn­topp sieht das als Ver­such der Schufa, sich selbst abzu­schaf­fen. Sei­ne These:

Gelingt es auf Basis von frei ver­füg­ba­ren Infor­ma­tio­nen eine von der der Wirt­schaft als ähn­lich ver­läss­lich emp­fun­de­ne Scoring­in­fra­struk­tur auf­zu­bau­en, so kann das mit der heu­te zur Ver­fü­gung ste­hen­den Rechen­ka­pa­zi­tät eigent­lich jeder mit­tel­mä­ßig mit Kapi­tal aus­ge­stat­te­te Inves­tor machen.

Noch­mal: Es geht nicht dar­um, ob ein sol­ches Scoring irgend­was Sinn­vol­les abbil­det. Es geht allein dar­um, dass das, was es abbil­det, von den Kun­den als ver­läss­lich emp­fun­den wird. Die Dis­kus­si­on in sei­nen Blog ist bemer­kens­wert und wirft eigent­lich alles an Fra­gen auf, was dazu gestellt wer­den muss:

  • Ist eine Regu­lie­rung der Daten­ver­ar­bei­tung durch Geset­ze mög­lich, ohne dass es zu immensen gesell­schaft­li­chen Kol­la­te­ral­schä­den kommt?
  • Ist eine Offen­le­gung der Scoring­al­go­rith­men gesetz­lich gegen die gesam­mel­ten Inter­es­sen der Wirt­schaft durchsetzbar?
  • Ist Kom­mu­ni­ka­ti­on auf Twit­ter und Co. „pri­vat“ und z.B. mit einem Tele­fon­ge­spräch ver­gleich­bar, das nur unter hohen gesetz­li­chen Hür­den durch Drit­te ver­wert­bar wird?

Ich den­ke:

Mit frei ver­füg­ba­ren Daten, d.h. Daten, die durch eine offe­ne Schnitt­stel­le abge­saugt wer­den kön­nen, wird tech­nisch das gemacht wer­den, was tech­nisch mög­lich ist.

Wenn nicht hier, dann eben an einem Ort, der nicht regu­liert ist. Das Netz kennt kei­ne Schran­ken oder Gren­zen. Goog­le macht es vor – Goog­le macht vie­le Sachen, weil Goog­le es kann, nicht weil es auf den ers­ten Blick sinn­voll ist.

Moral als Instanz greift nicht, allen­falls zur Bewer­tung, die aber nie­man­den in die­sem Kon­text etwas nützt.

Man kann Din­ge mora­lisch ver­werf­lich fin­den und etwas anpran­gern – nur ändern wird man dadurch nichts. Man kann Geset­ze und Regu­lie­run­gen schaf­fen. Nur ändern wird man dadurch nichts, solan­ge es nicht welt­weit gül­ti­ge Regeln gibt. Das ist das Neue. Es wird vor­erst kein Meis­ter kom­men, der den ver­rückt spie­len­de Besen, den wir selbst ver­zau­bert haben, wie­der in die Schran­ken weist.

Und das ist erst der Anfang. Es gibt noch viel mehr Daten in sozia­len Net­zen, die für irgend­wen einen Wert haben. Das ist das Geschäfts­mo­dell. Viel­leicht sehen wir bald pri­va­ten Kran­ken­kas­sen, die aus Tweets das Ver­si­che­rungs­ri­si­ko bestim­men? Viel­leicht sehen wir Fir­men, die aus Zeit­punk­ten von Tweets Leis­tungs­da­ten von poten­ti­el­len Mit­ar­bei­ten­den errechnen.

Kris­ti­an Köhn­topps Lösung ist Ver­hal­ten und zwar Ver­hal­ten vor dem Hin­ter­grund des Wis­sens um die tech­ni­schen Mög­lich­kei­ten der Daten­ver­ar­bei­tung. Einem Kris­ti­an Köhn­topp traue ich das zu. Einem tou­ch­en­den Anwen­der nicht. Der möch­te nicht ver­ste­hen, der möch­te nut­zen. Zum Ler­nen zwin­gen kann man nie­man­den. Je wei­ter man den Men­schen von der Tech­nik ent­fernt, des­to leich­ter wird Bedie­nung – kei­ne Fra­ge. Aber Ver­hal­ten vor dem Hin­ter­grund tech­ni­scher Mög­lich­kei­ten wird immer unmög­li­cher. Das hal­te ich für eine gelun­ge­ne, wirt­schaft­li­che Stra­te­gie zur Gewinn­ma­xi­mie­rung und Kundenbindung.

Dage­gen: Geset­ze? Moral? Ethik? Ich bin gespannt auf die Zukunft und küm­me­re mich auf jeden Fall immer wie­der um Technik.

BYOD – Gedankensplitter

Die Situa­ti­on:

  • es gibt Han­dys an Schu­len, die von SuS mit­ge­bracht werden
  • die Han­dys unter­schei­den sich stark in ihrer Funk­tio­na­li­tät und Ver­trags­mo­da­li­tä­ten ent­spre­chend des sozia­len Sta­tus der Elternhäuser
  • nicht alle SuS ver­fü­gen über ein Han­dy, wel­ches inter­net­fä­hig ist
  • in der Regel ist die Ver­wen­dung auf dem Schul­ge­län­de per Haus­ord­nung untersagt
  • die Regel wird nicht ein­ge­hal­ten und ist kaum durchzusetzen
  • es lan­den Fotos, Film­do­ku­men­te usw. aus der Schu­le in sozia­len Netzwerken
  • bei Cyber­mo­bing spie­len digi­ta­le End­ge­rä­te eine Schlüsselrolle
  • das schu­li­sche WLAN steht SuS in der Regel nicht offen

Per­sön­li­che Gedanken:

Die posi­ti­ven Aspek­te der Ver­wen­dung von Han­dys im Unter­richt sind nicht nach­ge­wie­sen. Jubel­schreie und Erfolgs­mel­dun­gen im Inter­net zei­gen kei­ne Pro­duk­te im Ver­gleich zu Pro­duk­ten klas­si­scher Lern­ar­ran­ge­ments, son­dern besit­zen in der Regel einen tech­no­iden Fokus, z.B. den „Bild­schirm­in­halt des iPads an einen Bea­mer über­tra­gen“, Appemp­feh­lun­gen, Admi­nis­tra­ti­ons­er­leich­te­run­gen, Datei­ex­port aus dem Tablet (Sei­ten­hieb: der ohne exter­ne Diens­te nicht fun­kio­niert). Es gibt ers­te, zöger­li­che Vor­rei­ter auf die­sem Gebiet. Ich mei­ne aber zu erken­nen, dass wesent­li­che Effek­te nicht mit iDin­gens, son­dern in der Kom­bi­na­tio­nen von iDin­gens mit kol­la­bo­ra­ti­ven Web2.0‑Tools erzielt wer­den. Fin­de ich alles wich­tig und gut – es hat aber nichts, bzw. für mich noch viel zu wenig mit Unterichts­qua­li­tät zu tun.

Die Zukunft

  • mobi­le End­ge­rä­te wer­den in der Gesell­schaft mehr und mehr zur Selbst­ver­ständ­lich­keit werden
  • andro­id­be­trie­be­ne Gerä­te ermög­li­chen den Bau güns­ti­ge­rer Devices und damit den Zugang von mehr Men­schen zur digi­ta­len Welt
  • für mich ist es eine Fra­ge der Zeit, bis ein gene­rel­les Han­dy­ver­bot an Schu­len von Ver­wal­tungs­ge­rich­ten kas­siert wird (sogar in Bay­ern). Das wird über (Großstadt-)Elternrechte laufen.

Reak­ti­ons­op­tio­nen

Man kann sagen: „Das ist alles so schreck­lich. Wir reden nie mehr mit­ein­an­der, son­dern kom­mu­ni­zie­ren bald nur noch über Face­book & Co. Ich als Leh­rer bin bald Frei­wild und muss mich immer und über­all fil­men und foto­gra­fie­ren las­sen. Die Welt is schlecht“ - das kann man alles sagen. Ori­gi­nal­zi­tat aus dm Leh­rer­zim­mer ges­tern: „Du kannst den Pira­ten ja nicht nahe­ste­hen, du redest ja noch mit uns.

Ich habe auf dem letz­ten Modul mei­nes Trai­ner-Trai­nings etwas erprobt. Die Grund­idee besteht dar­in, zu sagen: „Ja. Es gibt Han­dys. Ja. Die Ver­brei­tung die­ser Gerä­te wird zuneh­men. Ja. Wir wer­den das Zeug bald nicht mehr ver­bie­ten dürfen.“

Ich möch­te ger­ne einen Ver­trag mit Schü­lern, Eltern und Lehr­kräf­ten erar­bei­ten, der wesent­li­che Din­ge der Nut­zung digi­ta­ler End­ge­rä­te an der Schu­le regelt und in einer Art „Fest­akt“ von allen Betei­lig­ten Gre­mi­en unter­schrie­ben wird. Wer an der Schu­le ein Gerät ein­schal­tet, erkennt damit den Ver­trag an. So ein Ver­trag kann:

  1. Regeln, wann und wie die Nut­zung digi­ta­ler Gerä­te erwünscht ist
  2. Wel­che Kon­se­quen­zen bei Fehl­ver­hal­ten ein­tre­ten (SuS könn­ten bei der Art der Kon­se­quenz natür­lich mitbestimmen)
  3. Über­le­gun­gen dazu anstel­len, inwie­weit sol­che Gerä­te dann auch in der Schu­le ver­si­chert sind, wenn sie als „Unter­richts­mit­tel“ zuge­las­sen werden
  4. In der Ver­hand­lungs­pha­se ein Bewusst­sein für die Ängs­te und Chan­cen schaf­fen, die mit die­sen Gerä­ten ver­bun­den sind.
  5. Eine päd­ago­gi­sche und kei­ne recht­li­che Dis­kus­si­ons­grund­la­ge im Fal­le von Grenz­über­schrei­tun­gen ermöglichen
  6. Bis­her demo­kra­ti­sche gemein­te Struk­tu­ren real­de­mo­kra­tisch an Schul­ent­wick­lung betei­li­gen – des­we­gen soll­te es schon ernst gemeint und kein Fei­gen­blatt zum Trans­port der aus­schließ­li­chen Bedürf­nis­se von Lehr­kräf­ten sein
  7. Ein­bli­cke in poli­ti­sche Arbeit geben
  8. Die Schu­le in der Öffent­lich­keit als „modern“ daste­hen lassen
  9. […]

Nein, ein sol­cher Ver­trag ist nicht recht­lich bin­dend. Aber dar­um geht es ja auch gar nicht. Es geht dar­um, mit einem nicht durch­setz­ba­ren, recht­li­chen Rah­men päd­ago­gisch umzu­ge­hen. Ich wür­de da auch kei­nen Juris­ten heranlassen.

Ich selbst…

… baue ja ein WLAN für unse­re Schu­le auf. Ich habe das Glück, über eine Schul­ser­ver­lö­sung zu ver­fü­gen, mit der ich Schrit­te gehen kann zwi­schen: „Kei­ner darf!“ und „Jeder darf sofort alles!“. Das Bedürf­nis nach einem offe­nen WLAN mag für den moder­nen Web2.0‑Lehrer zwar indi­vi­du­ell groß sein – wenn das Sys­tem aber ggf. eigen­mäch­ti­ge „Öff­nun­gen“ im Fal­le von Miss­brauch nicht auf­fan­gen kann, ist u.U. Erde für Jah­re ver­brannt. Ich habe vor, fol­gen­de Schrit­te zu gehen:

  1. Offe­nes WLAN für Lehr­kräf­te und Schul­ge­rä­te in mög­lichst allen Gebäudeteilen
  2. Zugriff auf das Intra­net der Schu­le für Schü­ler mit Anmel­dung an einem Hotspot
  3. Frei­ga­be weni­ger aus­ge­wähl­ter Sei­ten für Schüler
  4. Prin­zi­pi­el­le Frei­schal­tung des Inter­net in bestimm­ten Gebäu­de­tei­len für SuS. Dabei kann die Lehr­kraft bestim­men, wel­cher Schü­ler­ac­ces­s­point ein- oder abge­schal­tet wird.
  5. Einen Ver­trag aushandeln
  6. Das WLAN gene­rell öffnen

Mauern ist eine Form von Gewalt

Anfang der Woche hat das zwei­te Modul mei­nes Trai­ner-Trai­nings statt­ge­fun­den – ich hat­te schon an ande­rer Stel­le dar­über berich­tet. Dies­mal ging es unter ande­rem um das The­ma Kon­flik­te und ein wenig Change-Management.

Wenn man Schu­len berät, ist es gar ein­mal so sel­ten, dass man mit­ten in einen Kon­flikt hin­ein­ge­rät. Vor­der­grün­dig mag es um Medi­en­kon­zep­te und Tech­nik gehen – hin­ter­grün­dig toben Gra­ben­kämp­fe: Han­dys erlau­ben oder nicht? WLAN öff­nen oder nicht? Web2.0 – und was ist mit dem Daten­schutz? Sor­gen die­se Din­ger nicht für eine unglaub­li­che Entfremdung?

Natür­lich dringt man als Bera­ter ver­meint­lich auch in Refu­gi­en ein: Der Sys­tem­be­treu­er macht es seit Jah­ren so und es hat sich bis­her noch nie­mand beschwert. Die Video­kas­set­te passt ein­fach nicht in den USB-Slot. Sind Film, Over­head­pro­jek­tor und Tafel etwa kei­ne Medi­en? Und eigent­lich geht das alles doch viel zu langsam.

Die Men­schen, die an der Schu­le im Bereich der neu­en Medi­en und Unter­richts­for­men etwas bewe­gen wol­len, sehen viel­leicht in mir den Ver­bün­de­ten. Die Bewah­rer sehen viel­leicht die Bedro­hung ihrer alten Struk­tu­ren in mir personifiziert.

Ver­bün­de­te sind gut, Bewah­rer schlecht – soll­te man mei­nen. Die Ver­ein­nah­mung mei­ner Per­son durch einer die­ser bei­den Grup­pen macht mich in der Logik sys­te­mi­schen Den­kens zu eine Teil des Sys­tems. Ein erfolg­rei­cher Bera­tungs­pro­zess erfor­dert aber in die­sem Kontrukt vor allem eins: Neu­tra­li­tät. Das war die­ses Mal in Etel­sen in unse­rer klei­nen Grup­pe ein zen­tra­les Thema.

  • Was mache ich als Bera­ter mit über­grif­fi­gen Ber­mer­kun­gen? (Was soll das schon brin­gen! Sie haben ja kei­ne Ahnung, was hier los ist!)
  • Wie sind Kon­flik­te struk­tu­riert und wie erken­ne ich die ein­zel­nen Pha­sen? Wann hat es z.B. auch schlicht kei­nen Sinn?
  • Wie wer­de ich den Was­ser­fall­red­nern Herr?
  • Was mache ich mit Schweigern?
  • Wie wah­re ich die Distanz zum System?
  • Wie las­se ich mei­ne eige­nen Vor­stel­lun­gen (zunächst) außen vor?
  • Was bedeu­tet Ver­än­de­rung für das Sys­tem einer Schule?

Auch die­ses Mal war die Kame­ra dabei. Die Set­tings der Rol­len­spie­le und Übun­gen wur­den anspruchs­vol­ler und her­aus­for­dern­der. Die Tagung bau­te auf den Kom­pe­ten­zen auf, die wir in dem vor­an­ge­hen­den Modul erwor­ben haben.  Dabei geschieht so eini­ges inner­halb einer Grup­pe. Gren­zen wer­den erreicht und über­schrit­ten. Und der Lap­top war drei Tage nicht ein­ge­schal­tet, das WLAN-Netz zwar gut aus­ge­baut, aber den­noch unwichtig.

Für uns geht es im Som­mer auf Schloss Puch bei Linz auf der Stu­di­en­wo­che der IAKM wei­ter – in den Feri­en. Der Zug ist schon gebucht. Ich bin sicher, dass auch die­se Zeit inten­siv wird.  Eigent­lich soll­ten Bera­tungs­kom­pe­ten­zen ein ganz fes­ter Teil der Lehr­amts­aus­bil­dung wer­den… Sie hel­fen auch im Unter­richt und auf Konferenzen.

Von Harvestern, Aggregierern, Denkern und Contentern

Ich tei­le mich heu­te für euch auf in ver­schie­de­ne Per­sön­lich­kei­ten, die mei­ne Netz­iden­ti­tät betref­fen. Dar­auf gekom­men bin ich durch Her­um­le­sen in mei­nem Blog. Je nach Stim­mung und Pha­se scheint mir mal die eine, mal die ande­re Per­sön­lich­keit stär­ker prä­sent. Ich habe ver­sucht, alle Per­sön­lich­kei­ten mit Schwä­chen und Stär­ken dar­zu­stel­len. Das ist nur teil­wei­se neu­tral gelun­gen… Völ­lig fehlt, dass jede die­ser Per­sön­lich­kei­ten im Netz natür­lich inter­agiert – und zwar nicht nur mit sich selbst. Der Duk­tus ist ein wenig nega­tiv bis kri­tisch. Das liegt vor allem dar­an, dass ich zur­zeit dem Netz sehr distan­ziert gegen­über bin, weil ich so viel vor Ort kon­kret han­deln kann, bzw. in hand­lungs­re­le­van­te Struk­tu­ren ein­ge­bun­den bin.

Der Har­ves­ter

Der Har­ves­ter in mir zieht aus dem Netz, was ihm per­sön­lich nutzt. Er schafft kei­ne eige­nen Inhal­te, er erwar­tet jed­we­de Dienst­leis­tung kos­ten­los oder extrem güns­tig. Der Har­ves­ter kauft wohl das eine oder ande­re im Netz, erle­digt sei­ne Bank­ge­schäf­te usw. – aber eben nur, weil er davon einen per­sön­li­chen Nut­zen hat. Der Har­ves­ter, der in Foren unter­wegs sind, erwar­tet umfas­sen­de Indi­vi­du­al­lö­sun­gen für sein spe­zi­fi­sches Pro­blem und zwar schnell. Nor­ma­ler­wei­se gibt der Har­ves­ter nichts zurück. Allen­falls reagiert er gereizt oder unge­hal­ten, wenn ihm eine Leis­tung nicht mehr im bis­he­ri­gen Umfang zur Ver­fü­gung steht. Der Har­ves­ter hat in der Regel kei­ne Ein­sicht in wirt­schaft­li­che Zusam­men­hän­ge, z.B. die Kos­ten von Per­so­nal und von IT-Infrastruktur.

Der Har­ves­ter lie­fert kein oder nur indi­rek­tes ideel­les Kapi­tal für den Den­ker und Con­ten­ter, da er allein durch Zugriffs­sta­tis­ti­ken quan­ti­ta­tiv wahr­nehm­bar ist. Der Har­ves­ter neigt dazu, Inhal­te aktiv zu suchen, anstatt sie zu sich kom­men zu las­sen, z.B. über Social Net­works oder RSS-Feeds.

Der Agg­re­gie­rer

Ein Eldo­ra­do für den Agg­re­gie­rer in mir wäre zur Zeit paper.li scoop.it. scoop.it fasst Links, Tweets usw. zu einer Art Zei­tung zusam­men, die sich qua­si von selbst schreibt. Die Leis­tung des Agg­re­gie­rers besteht dar­in, dass er die Inhal­te sei­ner „Zei­tung“ aus­wählt und selek­tiert. Der Agg­re­gie­rer in mir unter­liegt immer der Ver­su­chung, sein Blog oder sei­ne Time­line durch Dritt­quel­len fast voll­stän­dig befül­len las­sen. Der Agg­re­gie­rer col­la­giert. Sei­ne Col­la­ge ist zwar ein Pro­dukt, jedoch ein der­art indi­vi­du­el­les, dass es kei­ne rele­van­te Ziel­grup­pe mehr besitzt. Der Agg­re­gie­rer in mir weiß das ziem­lich genau, da er einen eige­nen Link­ver­kür­zungs­dienst nutzt und die Klicks auf die­se Links sta­tis­tisch auswertet.

Der Agg­re­gie­rer hat eine enor­me Publi­ka­ti­ons­funk­ti­on für den Den­ker und den Con­ten­ter, da er für die not­wen­di­ge Wahr­neh­mung durch z.B. Dis­tri­bu­ti­on in sozia­len Netz­wer­ken sorgt. Der Agg­re­gie­rer hat in der Regel heim­li­che Regeln, die Inhal­te zwi­schen „gut“ und „schlecht“ selek­tie­ren. Die Linie wird in bestimm­ten Grup­pen gezo­gen – im Edu-Bereich gilt z.B. oft das Gym­na­si­um als unbe­streit­bar selek­tie­ren­de Schul­form als „schlecht“, gemein­sa­mes Ler­nen als „gut“.

Der Den­ker

Der Den­ker in mir sam­melt Ideen. Er schnürt aus den Ideen Drit­ter neue Ideen­pa­ke­te und möch­te durch sei­ne Ana­ly­se­fä­hig­keit Dis­kur­se vor­an­brin­gen, sieht sich manch­mal als Inspi­ra­ti­on für ande­re und ver­än­dert und beein­flusst im bes­ten Fall Gedan­ken. Der Den­ker lie­fert dem Agg­re­gie­rer und Har­ves­ter Input. Ohne den Agg­re­gie­rer ist der Den­ker umge­kehrt recht ein­fluss­los, weil er einer­seits selbst auf exter­nen Input ange­wie­sen ist, um Sach­ver­hal­te zu rekom­bi­nie­ren, ander­seits aber auch sei­ne Ideen ver­brei­tet wer­den müs­sen, damit der Den­ker im Netz als Den­ker erkenn­bar ist. Für den Den­ker ist „den­ken“ eine Hand­lung und ein Wert an sich. Der Den­ker hat den Hang, umfas­sen­de Kon­zep­te zu ent­wi­ckeln, deren Rea­li­sa­ti­on er aber oft nicht in sei­ner indi­vi­du­el­len Ver­ant­wor­tung sieht. „Visi­on“ ist eines der gän­gi­gen Lieb­lings­wor­te des Den­kers. Der Den­ker in mir läuft immer Gefahr, selbst­re­fle­xi­ves Meta­ge­sei­er zu pro­du­zie­ren, wenn es ihm nicht gelingt, die eige­ne Echo­kam­mer zu über­win­den. Der Den­ker ist in der Regel nicht team­fä­hig. Die Wahr­neh­mung der eige­nen Per­son im Netz ist ihm meist wich­ti­ger, als sich einem bestimm­ten, kon­kre­ten Pro­jekt zuzuordnen.

Der Con­ten­ter

Der Con­ten­ter lie­fert alle Arten von Arte­fak­ten. Das kön­nen Infor­ma­tio­nen, Arti­kel zu Sach­the­men, Bil­der und Vide­os sein. Der Con­ten­ter ist in sozia­len Netz­wer­ken sel­ten stark prä­sent, son­dern hält sich eher im Hin­ter­grund. Der Con­ten­ter ver­fügt hin und wie­der über einen altru­is­ti­schen, welt­ver­bes­se­ri­schen Habi­tus, weil in sei­nem Bewusst­sein das Netz nichts ist ohne sei­ne  Arbeit. Er agiert nativ selbst­los, kämpft hart im das „Wah­re und Schö­ne“. Tech­nisch ist das Forum als Hil­fe­ge­ben­der oft eine Platt­form für den Con­ten­ter. Dazu passt, dass der Con­ten­ter ist fast zwangs­läu­fig in grö­ße­ren Pro­jek­ten orga­ni­siert ist, zu denen sein eige­ner Bei­trag klein genug ist, um nicht öffent­lich in Erschei­nung zu tre­ten. Der Zusam­men­schluss zu einem grö­ße­ren Gan­zen ist zwin­gend not­wen­dig, um von dem  Har­ves­ter, Agg­re­gie­rer und Den­ker wahr­ge­nom­men zu wer­den. Die Legi­ma­ti­on bzw. der Lohn der eige­nen Arbeit besteht weni­ger aus kon­kre­ten Rück­mel­dun­gen, son­dern viel­mehr aus sta­tis­ti­schen Daten wie Zugriffszahlen.

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