Neues Jahr, neue Zielgruppen

Die­ses Blog ist ja rela­tiv breit auf­ge­stellt, was die The­men angeht. Erst­mals habe ich auch etwas an ande­rer Stel­le ver­öf­fent­licht und dabei sehr viel dar­über gelernt, wie man Lese­rin­nen und Leser nicht ver­grault – da bie­tet so man­cher Arti­kel hier doch eini­gen Optimierungsbedarf.

Word­Press hat den ent­schei­de­nen Vor­teil, dass es rela­tiv such­ma­schi­nen­freund­lich auf­ge­stellt ist. Da hier mitt­ler­wei­le eini­ges an Inhal­ten vor­han­den ist, wer­de ich dem­nächst ein paar Din­ge ver­än­dern – für die treu­en Feed­le­ser soll­te dabei alles beim Alten bleiben.

  1. Die Sei­te selbst wird sich mehr in Rich­tung eines Online­ma­ga­zins ent­wi­ckeln. Vie­le Arti­kel aus den ver­gan­ge­nen Jah­ren kann ich so etwas pro­mi­nen­ter prä­sen­tie­ren – man sieht schon etwas im Hea­der der Sei­te oder als Wid­get. Da wer­de ich aber noch viel expe­ri­men­tie­ren. Viel­leicht kann ich den einen oder ande­ren so etwas län­ger auf der Sei­te halten.
  2. Ich möch­te ver­su­chen im Zuge von Punkt 1 mehr mit Bil­dern zu arbei­ten. Das lockert die Tex­te ggf. etwas auf und macht es dem Lesen­den u.U. leich­ter, dem teil­wei­se doch recht mini­ma­lis­ti­schen Kau­der­welsch zu fol­gen. Ich wer­de dazu Bil­der unter CC0-Lizenz nut­zen, etwa von Pix­a­bay oder Jay Man­tri.
  3. Ich wer­de mei­ne Inhal­te alle­samt nach und nach hier im Blog zusam­men­zie­hen. Wun­dert euch also nicht, wenn hier dem­nächst auch viel Tech­nik­kram aus mei­nen Admi­nis­tra­ti­ons­er­fah­rung und der Ardui­no-AG hier hin­ein­dif­fun­diert. Wenn ich das Ver­öf­fent­li­chungs­da­tum fri­sie­re, soll­te da eigent­lich nicht so viel in den Feed hineinwirken.
  4. Uneins bin ich mir noch, ob ich mich über Twit­ter hin­aus in sozia­len Netz­wer­ken enga­gie­ren soll­te. Mich machen die meis­ten Sachen und Dis­kus­sio­nen dort nicht beson­ders glück­lich. Mei­ne Twit­ter­welt besteht ja fast aus­schließ­lich aus der Edu-Welt-Fil­ter­bla­se, die ich sehr berei­chernd fin­de, die aber auch eine recht geschlos­se­ne ist.

Die­ses Blog bekommt sei­ne meis­ten Besu­cher über Such­ma­schi­nen, naja, eigent­lich über eine Such­ma­schi­ne. Die­se „belohnt“ Sei­ten mit Inhal­ten mit hohen Plat­zie­run­gen. Jeder neue Inhalt pro­fi­tiert damit von den bestehen­den, ist also u.U. in einem Wiki wie bis­her nicht gut aufgehoben.

Ich weiß, dass es nicht „statt­haft“ ist, so zu den­ken und zu schrei­ben – Geld gibt es aber kei­nes für die­ses Blog und Kom­men­ta­re oder direk­te Rück­mel­dun­gen auch eher wenig, d.h. ich möch­te ger­ne schau­en, wie ich moti­viert bei der Sache blei­ben kann und da blei­ben neben den altru­is­ti­schen, idea­li­sier­ten Ansät­zen eigent­lich nur nack­te Zahlen.

 

 

Netzneutralität und die Telekom

Weit­ge­hend unbe­ach­tet von vie­len Inter­net­nut­zern tobt im Hin­ter­grund gera­de ein Kampf zwi­schen Rechen­zen­trums­be­trei­bern und der deut­schen Tele­kom als größ­tem Anbie­ter von Internetanschlüssen.

Was ver­kauft die Telekom?

Die Tele­kom ver­kauft i.d.R. an Pri­vat­kun­den soge­nann­te asym­me­tri­sche Inter­net­zu­gän­ge, d.h. man kann z.B. Fil­me sehr schnell aus dem Netz strea­men, jedoch z.B. Fotos zu sei­nen Foto­dienst nur lang­sa­mer hoch­la­den, z.B. hat man bei VDSL50 einen Down­stream von 50Mbit/s und einen Upstream von 10Mbits/s. Bei den mobil­funk­ba­sier­ten Pro­duk­ten sieht das ähn­lich aus. Natur­ge­mäß laden die Tele­kom­kun­den damit mehr Daten aus dem Netz her­un­ter als herauf.

Das hat zu einen tech­ni­sche Grün­de, weil man so mehr Kun­den einen guten Down­load bie­ten kann, zum ande­ren auch einen stra­te­gi­schen: Wäre jeder Haus­halt gut sym­me­trisch an das Inter­net ange­bun­den, bestün­de irgend­wann kaum noch eine Not­wen­dig­keit, sei­ne Web­sei­te bei einem Pro­vi­der hos­ten zu las­sen und zudem wäre das eige­ne Netz dann sehr schnell voll mit angreif­ba­ren Ser­vern, die nicht pro­fes­sio­nell gewar­tet werden.

Wie kom­men die Daten aus dem Inter­net zur Telekom?

Net­ze ver­schie­de­ner Anbie­ter wer­den an bestimm­ten Stel­len über Kno­ten­punk­te gekop­pelt, damit z.B. Daten US-ame­ri­ka­ni­scher Anbie­ter wie You­Tube, Goog­le oder Micro­soft auch im Netz der Tele­kom ankom­men. Übli­cher­wei­se wer­den die Kno­ten ent­spre­chend des Bedar­fes der End­kun­den aus­ge­baut. Wenn mehr Men­schen z.B. HD- oder gar 4K-Inhal­te anschau­en möch­ten, muss einer­seits der­je­ni­ge, der die Fil­me anbie­tet, bes­ser an das übri­ge Inter­net ange­bun­den sein, ande­rer­seits muss der Kno­ten­punkt zur Tele­kom auch über aus­rei­chend Kapa­zi­tät ver­fü­gen – das Rohr muss also dick genug sein – das kos­tet Geld.

Und wo tobt jetzt der Kampf?

Die Tele­kom baut ihre Kno­ten­punk­te zu ande­ren Anbie­tern mitt­ler­wei­le nicht mehr dem Bedarf ent­spre­chend aus, z.B. zum Rechen­zen­trum von Hetz­ner, ein grö­ße­rer Play­er im deut­schen Rechen­zen­trums­markt. Ange­bo­te, die Hetz­ner gehos­tet sind, lau­fen damit gera­de zur Prime­time nur noch sehr lang­sam über die Telekomleitungen.

Die Tele­kom sagt: Jahaa! Wenn du Hetz­ner Daten per­for­mant zu uns schie­ben willst, dann musst du dafür extra bezah­len, so ein dickes Rohr kos­tet halt Geld! Bri­san­ter­wei­se lau­fen die ent­spre­chen­den Ange­bo­te der Tele­kom schnell durch die Lei­tun­gen (z.B. Enter­tain). Die meis­ten Rechen­zen­trums­be­trei­ber bezah­len anstands­los dann Geld an die Tele­kom und geben die Kos­ten an ihre Kun­den weiter.

Hetz­ner macht das auch, aber anders: Hetz­ner sagt dem Kun­den: „Wenn du Daten schnell zur Tele­kom schie­ben willst, zahlst du dafür einen Auf­preis, weil nur die Tele­kom so han­delt – alle ande­ren Anbie­ter bau­en ihre Kno­ten­punk­te ja aus!“ – Hetz­ner geht es nach eige­ner Aus­sa­ge dar­um, auf die Pro­ble­ma­tik der Poli­tik der Tele­kom auf­merk­sam zu machen und geht dabei auch das Risi­ko ein, Kun­den zu verlieren.

Mit Ange­bo­ten von You­Tube, Goog­le, Net­flix etc. macht die Tele­kom das nicht bzw. ist anzu­neh­men, dass da wohl für die „digi­ta­le Über­hol­spur“ auch Geld fließt. Die Tele­kom kas­siert damit dop­pelt: Ein­mal von den Kun­den für den Inter­net­an­schluss, der ohne unge­brems­ten Zugriff zum Inter­net ja irgend­wo blöd ist und zum zwei­ten von den Anbie­tern, die das Inter­net zu Inter­net und damit das Pro­dukt der Tele­kom zum Pro­dukt machen.

Die Tele­kom sagt: Jahaa, ihr Anbie­ter! Ihr lie­fert ja viel mehr Daten an unser Netz als wir an euer. Das ist kein Tei­len mehr, das ist Tran­sit.

Wir erin­nern uns an die­ser Stel­le dar­an, dass die Tele­kom asym­me­tri­schen Anschlüs­se ver­kauft. Und es wäre ja doof, wenn die tele­kom­ei­ge­nen Ange­bo­te dann super lau­fen, aber der Steam­ing­dienst aus Pusemuckel ruckelt. Für den Schlicht­kun­den ist dann klar: Dann kau­fe ich doch das Telekomprodukt!

Die Tele­kom sagt dann: Jahaa, du Strea­ming­sdienst aus Pusemuckel, kannst ja extra zah­len! (nun­ja, sie haben es dann hin­ter­her ja gar nicht so gemeint …).

Die Pro­ble­ma­tik

Die Tele­kom bestimmt somit, wel­che Diens­te in ihrem Netz per­for­mant lau­fen und wel­che nicht. Das hat mit Netz­neu­tra­li­tät und frei­em Inter­net ganz wenig zu tun. Es sind die Kun­den der Tele­kom, wel­che Daten anfor­dern und die Tele­kom muss m.E. schau­en, wie sie da kos­ten­de­ckend arbei­tet. Da sie ihre End­kun­den nicht die Preis­er­hö­hun­gen ver­schre­cken will, ver­sucht sie es halt anders. Jeder soll­te sich über­le­gen, ob ein sol­ches Gebah­ren unter­stüt­zens­wert ist.

PS: Ich bin Hetz­ner- und Kabeldeutschlandkunde.

Bastard Operator from Hell (BOFH)

Als Admi­nis­tra­tor schwelgt man hin und wie­der in All­machts­fan­ta­sien. Wenn man sei­ne User soweit erzo­gen hat, dass sie die vage Mög­lich­keit ver­wer­fen, der Admi­nis­tra­tor sei fehl­bar und statt­des­sen de Feh­ler bei sich selbst suchen, hat man eini­ges erreicht. Man ist Zau­be­rer, geni­al und die User wun­dern sich, wie ein ein­zel­ner Mensch so viel hin­be­kom­men kann. Aber es ist kei­ne Zau­be­rei – es ist infor­ma­ti­sche Grund­bil­dung, bzw. basiert darauf.

Die­se Situa­ti­on ist eine ihrer Struk­tur nach auto­ri­tä­re und basiert auf Wis­sens- und Kom­pe­tenz­un­ter­schie­den. Die­se Struk­tur ist sehr, sehr gefähr­lich und nicht umsonst hat auch an Schu­len der Gesetz­ge­ber Instan­zen erson­nen, die die Arbeit von Admi­nis­tra­to­ren kon­trol­lie­ren soll­ten – z.B. Daten­schutz­be­auf­trag­te oder Schul­lei­tun­gen. Wahr­schein­li­cher scheint mir, das vie­le Admi­nis­tra­to­ren an Schu­len im Prin­zip Stake­hol­der in ideel­len Macht­po­si­tio­nen sind, deren Ein­fluss in den nächs­ten Jah­ren expan­die­ren wird. Auch das ist ein Pro­blem. Vor allem auch für die Schul­ent­wick­lung, für die ich ohne IT-gestütz­te Ver­fah­ren kei­nen Frei­raum sehe.

Ich arbei­te daher in mei­nem Land­kreis mit an einem Pro­jekt, die­ses Pro­blem zu ent­schär­fen durch Struk­tu­ren, die nicht auf dem Prin­zip der ideel­len Macht basie­ren. Ich arbei­te im Prin­zip mit dar­an, mich selbst in der Funk­ti­on eines Admi­nis­tra­tor abzuschaffen.

Wenn ich sehr böse wäre, könn­te ich viel­leicht ver­sucht sein, fol­gen­de Din­ge zu tun (in jeder Geschich­te sind Feh­ler eingebaut).

Akt 1:

Das Ende der Som­mer­fe­ri­en naht. Ich habe kei­nen Bock auf Unter­richt. Mal über­le­gen. Ach, da gibt es ja die Schul­buch­aus­lei­he, die mitt­ler­wei­le kom­plett IT-gestützt arbei­tet. Ohne Bücher kein Unter­richt. Kli­cke­di­kli­cke­dik­lack – ein­fach mal ein MyS­QL-State­ment, wel­ches die Daten­bank von der Kon­so­le aus zer­fetzt. Hihi.

Der Anruf dau­ert nicht lan­ge: „Wir kön­nen über­haupt kei­ne Daten mehr abru­fen und ver­wal­ten! – Die SuS brau­chen ihre Bücher, drin­gend“ Ich so: „Oh. Da hat wohl die Fest­plat­te einen ihrer Schreib­feh­ler gemacht, die sta­tis­tisch ja immer auf­tre­ten. Da reicht ja schon ein Meson aus dem Welt­all.“ Sie so: „Aha, UND JETZT?“ Ich: „Oach, ich rufe mal den Chef an, damit der mich für zwei Tage frei­stellt, damit ich das wie­der fli­cken kann, das ist ja schon inte­gral für die Schule.“

Zwei Tage spä­ter habe ich den neu­en Ego­shoo­ter durch und spie­le dann inner­halb von fünf Minu­ten eine der Siche­run­gen ein. Natür­lich wird mir für mei­nen Ein­satz auf der nächs­ten Dienst­ver­samm­lung über­schwäng­lich gedankt. Man, ich sah aber auch echt gerä­dert nach den zwei durch­ge­zock­ten Näch­ten aus.

Akt 2:

Boah, was geht mir der Koor­di­na­tor da auf den Sack mit sei­ner Pene­tranz, was das Aus­fül­len die­ser idio­ti­schen Kurs­hef­te angeht. Na, dann wol­len wir mal sei­ne Pen­si­on etwas kür­zen. Sein häus­li­ches WLAN strahlt in kla­rer Win­ter­nacht recht weit in die Natur. Mal schnell einen klei­ne Raspi mit Akku vor sei­nem Haus in die Bota­nik gewor­fen und den WLAN-Schlüs­sel bru­teforcen. Lang­wei­lig. Dau­ert nicht mal zwei Tage. Jetzt noch die MAC-Adres­se sei­nes Rech­ners abfi­schen, ein wenig MAC-Spoo­fing und schon habe ich sei­ne IP, unter der ich dann mal ein­schlä­gi­ges Mate­ri­al auf den Schul­ser­ver in sei­nen Account lade – das mit dem Pass­wort war nicht wei­ter schwie­rig, weil er den Datei- und Mai­l­aus­tausch über unver­schlüs­sel­te Ver­bin­dun­gen abwickelt.

Mit betre­te­ner Mie­ne klop­fe ich zwei Tage spä­ter beim Chef. Das Moni­to­ring hät­te rou­ti­ne­mä­ßig die Datei­grö­ßen über­prüft und sei dabei auf eine HD-Datei gesto­ßen, die … Dau­er­te kei­ne Woche, dann saß der Kna­be beim Dienst­herrn. Sprach sich natür­lich auch im Ort her­um. Hat sich dann irgend­wann ver­set­zen las­sen. Die Ehe hat es wohl überlebt.

Akt 3:

Die haben da so ein Bezahl­ter­mi­nal gelie­fert und in der Men­sa auf­ge­stellt. War erst nicht in mei­nem Netz, bis dann raus­kam, dass eini­ge SuS das Ding zum Sur­fen nutz­ten. Jetzt steht das Ding in mei­nem VLAN und mein Chip zum Bezah­len des Mit­tag­essens ist ja chro­nisch leer. Mal ein wenig Wireshark lau­fen las­sen – hm, eine ver­schlüs­sel­te Ver­bin­dung. Oach, ich knal­le dem Gerät ein­fach den Root­key mei­ner eige­nen CA rein und kann so die Kom­mu­ni­ka­ti­on mit Man-in-the-midd­le auf­bre­chen. Was an eini­gen Schwei­zer Schu­len zum Fil­tern des Inter­net­ver­kehrs für SuS genutzt wird, kann ja nicht so böse sein. So. Der Mar­vin lädt gera­de sei­nen Chip auf. Dank der dil­le­tan­ti­schen Umset­zung des Ses­sion­ma­nage­ments kann ich das Geld etwas umlei­ten. Jetzt aber schnell abm­amp­fen, bevor Mar­vins Eltern mer­ken, dass der Bank­ein­zug nicht zur Auf­la­dung des Chips führte. 

Die Geschich­ten machen aber klar, was ein gewief­ter Auto­di­dakt im Prin­zip tun könn­te. Die Opfer sind dem ohne infor­ma­ti­sches Grund­wis­sen wehr­los aus­ge­setzt. Beson­ders bit­ter fin­de ich die zwei­te Geschich­te. Ein Anwalt müss­te ver­su­chen, die „Bewei­se“ zu ent­kräf­ten und es steht die Aus­sa­ge einer „kom­pe­ten­ten Per­son“ und es ste­hen Log­da­tei­en dage­gen – zudem müss­te man erst auf die Idee kom­men, wie die­ser Angriff funk­tio­niert (es ist übri­gens wahr­schein­lich viel leich­ter, das über das Han­dy des Opfers zu machen). Außer­dem hät­te unser Admi­nis­tra­tor wahr­schein­lich sogar auch Zeit, sei­ne Taten noch wei­ter zu verschleiern.

Ich bin der Mei­nung, dass wir infor­ma­ti­sche Grund­bil­dung flä­chen­de­ckend benötigen.

Ich muss doch auch nicht ver­ste­hen, wie der Motor eines Autos funk­tio­niert, um von A nach B zu kommen!“

Das Argu­ment hal­te ich für falsch. Auto­fah­ren betrifft einen Teil­be­reich der Mobi­li­tät – das Digi­ta­le bestimmt mitt­ler­wei­le extrem vie­le Lebensbereich.

Die Stun­den­plä­ne sind doch jetzt schon total voll. Wel­ches Fach soll denn dafür entfallen?“

Kei­nes. Um es mit Gun­ter Dueck zu sagen: „Dafür muss nichts wei­chen, das müs­sen wir jetzt eben auch noch machen!“, weil 

  • Wis­sen und Kom­pe­ten­zen in die­sem Bereich Stand­ort­fak­to­ren für jede Regi­on in Deutsch­land sein werden.
  • Wis­sen und Kom­pe­ten­zen in die­sem Bereich wich­tig für die Teil­ha­be an demo­kra­ti­schen Pro­zes­sen sein wer­den – war­um leh­nen Infor­ma­ti­ker z.B. elek­tro­ni­sche Wah­len vehe­ment oft ab?
  • Infor­mel­le Selbst­be­stim­mung als Grund­recht ohne Wis­sen und Kom­pe­ten­zen in die­sem Bereich ein Witz ist.

Ich fin­de, das reicht auch schon an Begründung.

Noch ein Sei­ten­hieb: Medi­en­kom­pe­tenz erscheint offen­bar eini­gen Play­ern als Ersatz oder Mög­lich­keit, erst­mal „rea­lis­tisch“ zu begin­nen. Ich hal­te Kom­pe­ten­zen ohne soli­de Wis­sens­grund­la­ge für weit­ge­hend sinn­be­freit – Gesprä­che mit Aus­bil­dungs­be­trie­ben und Ver­wal­tun­gen bestär­ken mich in die­ser Annahme.

Blogparade: Lehrer von morgen heute denken.

Dejan Miha­j­lo­vic ruft zu einer Blog­pa­ra­de zum Pro­fil kom­men­der Lehr­kräf­te auf. Ich ver­su­che, das mal auf fünf Punk­te ein­zu­damp­fen. Die Lehr­kraft von morgen

  • ver­fügt über pro­fun­des, ver­netz­tes und stets hin­ter­frag­tes Fach­wis­sen und steht damit über dem Stoff, den sie vermittelt.
  • ist in der Lage, Schul­ent­wick­lung über die Bedürf­nis­se der eige­nen Per­son hin­aus mit­zu­ge­stal­ten oder mitzutragen.
  • ist in der Lage, eige­ne Denk- und Unter­richts­struk­tu­ren zu hin­ter­fra­gen und weiterzuentwickeln.
  • erkennt den Wert explo­ra­ti­ven und expe­ri­men­tier­freu­di­gen Ver­hal­tens und nimmt das nicht als Belas­tung wahr.
  • stelllt sich immer wie­der der Rück­mel­dung ande­rer Men­schen, mit denen es in einem Team arbeitet.

Ich glau­be, das reicht dann auch schon. Es zeigt aber auch den Kern der Problematik:

  1. Wie wäh­le ich Lehr­per­so­nen dann aus?
  2. Wel­che die­ser Eigen­schaf­ten sind ver­mit­tel­bar und wel­che nicht?
  3. Wer ver­mit­telt wie?
  4. Ist das dahin­ter­ste­hen­de Men­schen­bild realistisch?

Wasmanie und Komplexitätsreduktion

Bei der Dis­kus­si­on um Ver­än­de­run­gen in der Schu­le wer­den m.E. zwei schwer­wie­gen­de Feh­ler gemacht:

  1. Es gibt vie­le Defi­ni­tio­nen (z.B. Wis­sens­be­griff, Lern­be­griff, Medi­en­be­griff) und For­mu­lie­run­gen „wie Schu­le sein soll“. Ich nen­ne die­se Kon­zep­te „Was­ma­tisch“ – die beschrei­ben, was gesche­hen soll. Es gibt so gut wie kei­ne Trans­for­ma­ti­ons­for­schung dazu, wie man dahin­kommt. Das über­lässt man dem Sys­tem selbst und wun­dert sich, ja ist manch­mal sogar nahe­zu kind­lich-ver­bockt, wenn da nichts passiert.
  2. Man greift sich Aspek­te aus dem Sys­tem her­aus: „Was macht den guten Leh­rer aus?“, „Wie muss ein Klas­sen­raum aus­ge­stat­tet sein?“, „Die zehn bes­ten Apps für den Unter­richt – übri­gens jede Woche gibt es zehn neue“ usw. – eine iso­lier­te Ver­än­de­rung einer Kom­po­nen­te wird im Sys­tem nichts ändern, weil sich sel­bi­ges ein­fach so umkon­fi­gu­riert, dass die Aus­wir­kun­gen der Stö­rung mini­miert wer­den. Man kann z.B. „Tablet­klas­sen“ nicht erfolg­reich iso­liert den­ken. Das ist Komplexitätsreduktion.

Ich docke mit die­sem Arti­kel an Herr Lar­bigs lesens­wer­te Gedan­ken zum Aus­blei­ben der Revo­lu­ti­on im Schul­sys­tem an. Span­nend ist für mich sei­ne Abkehr von z.B. dem Kon­zept „iPad-Klas­se“, weil mei­ne Ein­stel­lung zu sol­chen Set­tings über die Jah­ren ben­falls grund­le­gend anders gewor­den ist und sich mitt­ler­wei­le mit der von Thors­ten deckt.

Was heißt „das System definiert sich um“?

Mir fällt zur Erklä­rung kein bes­se­res Bei­spiel als das Che­mi­sche Gleich­ge­wicht ein – ein fun­da­men­ta­les natur­wis­sen­schaft­li­ches Konzept.

Aus­gangs­si­ta­ti­on:

Wir haben ein Bäl­le­bad, wel­ches in der Mit­te geteilt ist. Ein jedem Bäl­le­bad befin­det sich eine Anzahl von Wer­fern – ein Team. Die Auf­ga­be besteht dar­in, die Bäl­le aus der eige­nen Hälf­te mög­lichst voll­stän­dig in die geg­ne­ri­sche zu wer­fen. Das grü­ne Team ist das stärkere.

syst_gleichgewicht_01

Nach einer Weile:

syst_gleichgewicht_02

Das grü­ne Team ist zwar die stär­ke­re, jedoch hat es nach einer Wei­le im Schnitt weni­ger Bäl­le im Feld, die es län­ger suchen muss. Daher kann es die Bäl­le nicht so schnell zurück­wer­fen wie das blaue Team, das zwar schwä­cher ist, aber viel schnel­ler Bäl­le zum Wer­fen findet.

Es kann Situa­tio­nen geben, in denen die Bäl­le anders ver­teilt sind, aber über die Zeit wird sich ein Mit­tel­wert ein­pen­deln – in die­sem Fall von 15 Bäl­len im blau­en und 5 Bäl­len im grü­nen Feld. In der Che­mie wür­de man jetzt die Anzahl der Bäl­le im grü­nen Feld durch die Anzahl der Bäl­le im blau­en Feld tei­len und fest­stel­len, dass über die Zeit gese­hen eine Kon­stan­te dabei her­aus­kommt ( 5:15 = 1/3 ).

Noch ein Nach­trag, der mir im Kon­text von Dis­kus­sio­nen der letz­ten Tage zu die­sem Arti­kel wich­tig erscheint: Bezo­gen auf Schu­le han­delt es sich bei den Spie­lern im Feld NICHT um Men­schen, z.B. Digi-Leh­rer gegen Ana­log-Leh­rer oder ande­re Ste­reo­ty­pe. Viel­mehr sind abs­trak­te Kräf­te am Werk, z.B. „Reform­druck“ und „Bewah­rungs­stra­te­gien“. Die Kräf­te sind lei­der oft kon­trär. Das darf man ger­ne leug­nen, aber das ändert dar­an nichts. Ein wün­schens­wer­tes Mit­ein­an­der basiert dann auf Din­gen wie Ver­ständ­nis, Ernst­neh­men, Inter­es­se auf bei­den Sei­ten – d.h. es geht dar­um, abs­trak­te Kräf­te zu beein­flus­sen. Bezo­gen auf die Che­mie ist die­ses Bild völ­lig neu­tral. Teil­chen haben eine Natur, sie „wol­len“ nichts, son­dern stre­ben ledig­lich nach der Erfül­lung phy­si­ka­li­scher Geset­ze (z.B. einem ener­ge­tisch güns­ti­gen Zustand) – Was u.U. aber auch für Men­schen gilt – aber das ist eine ande­re Geschichte.

 

Das Wesent­li­che:

In unse­rem klei­nen Sys­tem pas­siert ganz viel – stän­dig flie­gen Bäl­le hin und her (manch­mal mag es sogar schei­nen, als gewän­ne Team grün), aber trotz­dem bleibt das Anzahl­ver­hält­nis der Bäl­le in den jewei­li­gen Fel­dern im Mit­tel kon­stant. Das Sys­tem befin­det sich in einer Art Gleich­ge­wicht. Wir Che­mi­ker nen­nen das ein dyna­mi­sches Gleichgewicht.

Die Stö­rung:

Nun kann es sein, dass ein Spie­ler des blau­en Teams eine Tak­tik ent­wi­ckelt, mit der es mög­lich ist, die Bäl­le schnel­ler ins ande­re Feld zu wer­fen. Die­se Tak­tik wird nun von allen Team­mit­glie­dern adap­tiert. Dadurch ändert sich die Bäl­le­ver­tei­lung. Aber die­se Tak­tik­än­de­rung hat auch Fol­gen für die Stra­te­gie des grü­nen Teams, das sich auf die nun ver­än­der­ten Bedin­gun­gen ein­stellt und ja immer noch gewin­nen will. Da die Bäl­le­ver­tei­lung in den Fel­dern für die Geschwin­dig­keit des Zurück­wer­fens immer noch eine Rol­le spielt, kehrt das Sys­tem irgend­wann in sei­ne Aus­gangs­la­ge zurück.

Auch ein ein­zel­ner Team­play­er, der sich ganz beson­ders anstrengt, ver­liert irgend­wann sei­ne Kraft und wird in sei­nen Leis­tun­gen dann von dem ande­ren Team mit dann mehr kon­di­tio­nel­len Reser­ven kompensiert.

Das Sys­tem kon­fi­gu­riert sich bei Stö­run­gen also immer so um, dass die Aus­wir­kun­gen der Stö­rung mini­miert werden.

Das Digitale als Störung

Das Digi­ta­le ist eine Stö­rung im (Schul-)System, mit der es (noch) nicht gut umge­hen kann. Mit dem Digi­ta­len ist – genau wie z.B. mit einem beson­ders enga­gier­ten Spie­ler – oft die Hoff­nung auf eine Sys­tem­än­de­rung ver­bun­den. Das Sys­tem sucht aber nach Kom­pen­sa­ti­ons­mög­lich­kei­ten – nicht aus Bos­haf­tig­keit, son­dern weil genau das sei­ne Natur ist. Typi­sche Kom­pen­sa­ti­ons­mög­lich­kei­ten sind:

  • Ver­bo­te
  • In mei­nen Augen viel schlim­mer: Über­tra­gung ana­lo­ger Arbeits­for­men in den digi­ta­len Raum

Es gibt m.E. kei­nen Mehr­wert, statt eines Schul­hef­tes ein Blog zu füh­ren, solan­ge man die ver­än­der­ten kol­la­bo­ra­ti­ven Mög­lich­kei­ten des Blogs (z.B. Peer-Review, asyn­chro­ne Feed­back­pro­zes­se etc.) nicht nutzt.

Komplexitätsreduktion

Das Sys­tem von oben ist unglaub­lich sim­pli­fi­ziert, da es nur eine Sor­te an Bäl­len gibt und das Spiel ziem­lich ein­fach struk­tu­riert ist. Es könn­te ja z.B. auch so sein, dass ein jedem Feld Beu­tel mit bestimm­ten Anzah­len ver­schie­den­far­bi­ger Bäl­le gepackt wer­den müs­sen, die man dann ins geg­ne­ri­sche Feld wirft, wo dann die Beu­tel wie­der­um umsor­tiert zurück­ge­wor­fen wer­den. Dann ist die Sys­tem­kon­stan­te nicht mehr durch ein ein­fa­che Zäh­lung bzw. Quo­ti­en­ten­bil­dung zu bestim­men, son­dern viel­leicht durch sowas hier:

    \[ K\textsubscript{(Ausstattung, gesellschaftliche Anerkennung)}=\frac{Ressourcen^4 \cdot Reformabwehr}{Innovationsf{\"a}higkeit \cdot Selbstschutz} \]

Wenn ich in die­sem nicht zuen­de gedach­ten Bei­spiel z.B. die Res­sour­cen erhöh­te, wächst eben der Selbst­schutz­fak­tor zur Kom­pen­sa­ti­on. K selbst bleibt kon­stant – die Aus­wir­kung der „Stö­rung“ ist minimiert.

Man tut aber oft so, als wür­de sich durch Kon­zep­te, die einen bestimm­ten Bereich beackern, irgend­et­was Sub­stan­ti­el­les ändern. Damit ver­kennt man in mei­nen Augen die Kom­ple­xi­tät und die Kom­pen­sa­ti­ons­kom­pe­tenz des Sys­tems vollkommen.

Wenn ich z.B. über eine Prä­sen­ta­ti­ons­lö­sung Arbeits­blät­ter vom Platz der Schü­ler aus­fül­len und prä­sen­tie­ren las­se, mache ich ja nichts Neu­es, son­dern ledig­lich etwas Ana­lo­ges 1:1 digi­tal. Die Denk­wei­se hin­ter dem Arbeits­blatt ändert sich dadurch ja nicht – es wird halt nur etwas beque­mer und ver­spiel­ter im Klas­sen­raum. Die Aus­stat­tung wird ver­bes­sert, aber ande­re Din­ge regu­lie­ren sich dann ein­fach anders ein.

Was tun?

Ein­stein soll angeb­lich gesagt haben:

Pro­ble­me kann man nie­mals mit der­sel­ben Denk­wei­se lösen, durch die sie ent­stan­den sind.

Wenn Schu­le sich ver­än­dern soll, rei­chen alte geis­tes­wis­sen­schaft­li­che Stra­te­gien wie „Begriffs­bil­dung“, „Beschrei­bung“, „Ana­ly­se“ nicht aus, um den Ver­än­de­rungs­pro­zess nach­hal­tig zu imple­men­tie­ren. Es braucht neue Ansät­ze, auf übri­gens sehr vie­len gesell­schaft­li­chen Ebe­nen, z.B. For­schung dar­über, wie Trans­for­ma­ti­ons­pro­zes­se gelin­gen kön­nen, die man bis­her ger­ne dem Sys­tem selbst über­lässt und die­sem dann vor­wirft, es „begeg­ne“ den „neu­en Her­aus­for­de­run­gen“ nicht hin­läng­lich. Wann wird nicht umhin­kön­nen, die beque­me (und risi­ko­lo­se) „Was­ma­nie“ zu ver­las­sen und sich dem „Wie“ zuzu­wen­den. Ich kann mir natür­lich ger­ne ein neu­es Sys­tem wün­schen oder eben mit dem arbei­ten, was nun­mal da ist.

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