Tenside: Wiederholungsstunde im Zeitalter des Internets

Um es vor­weg­zu­neh­men: Es gibt Hin­wei­se dar­auf, dass die in der Schu­le gelehr­te und in unzäh­li­gen Lehr­bü­chern dar­ge­stell­te Funk­ti­ons­wei­se von Ten­si­den wahr­schein­lich so nicht stimmt. Dum­mer­wei­se ste­hen in den Quel­len­an­ga­ben auch noch „unbe­deu­ten­de Namen“ wie das Max-Planck-Insti­tut oder das Jour­nal of the Ame­ri­can Che­mi­cal Socie­ty – von letz­te­rer Fach­zeit­schrift sind durch­aus nicht ein­fa­che Akzep­tanz­kri­te­ri­en für Arti­kel bekannt.

Es kann also gut sein, dass die fol­gen­de Auf­ga­be wie auch unge­zähl­te Che­mie­stun­den in deut­schen Klas­sen­zim­mern bald Maku­la­tur sein könn­ten. Aber da gibt es noch wei­te­re Bei­spie­le auf dem Prüf­stand (d‑Orbitale bei der Schwe­fel­säu­re)… Bei den Ten­si­den ist es eigent­lich scha­de – die Theo­rie ist so ein­leuch­tend und fügt sich her­vor­ra­gend in das Vor­wis­sen der SuS aus der Mit­tel­stu­fe ein.

Vor­wis­sen der SuS:

Die SuS wuss­ten bereits den grund­sätz­li­chen Auf­bau eines Sei­fenan­ions, kann­ten sei­nen Her­stel­lungs­pro­zess mit Mecha­nis­mus (Ver­sei­fungs­re­ak­ti­on), wuss­ten, wie der Rei­ni­gungs­pro­zess grund­sätz­lich abläuft. Sie wuss­ten noch nichts über die Grenz­flä­chen­ak­ti­vi­tät von Sei­fen und den genaue­ren Ablauf des Disper­gie­rungs­pro­zes­ses, ins­be­son­de­re nichts über das „Zer­bre­chen“ der Schmutz­teil­chen durch die Absto­ßung der pola­ren Seifenmolekülareale.

Die Fil­me



Die Auf­ga­be

Die SuS soll­ten für jeden Film Aspek­te notie­ren, deren Dar­stel­lung sie für gelun­gen bzw. nicht so gelun­gen hiel­ten sowie zusätz­lich für sie neue Infor­ma­tio­nen stich­punkt­ar­tig herausstellen. 

Erläu­te­rung

Jeder Film hat sei­ne Stär­ken und Schwä­chen. In zen­tra­len Punk­ten über­lap­pen sie sich inhalt­lich. Gera­de durch den unter­schied­li­chen Zugang zum Stoff habe ich mir eine Fes­ti­gung des bereits ein­ge­führ­ten Unter­richts­stof­fes erhofft. Die Fil­me durf­ten sich die SuS zwei­mal anschau­en: Ein­mal kon­su­ma­tiv zur Ori­en­tie­rung, ein­mal mit dem kon­kre­ten Arbeits­auf­trag. Vie­le che­mi­sche Zusam­men­hän­ge sind im zwei­ten Film übri­gens unkor­rekt zur bis­her noch gül­ti­gen Lehr­mei­nung bear­bei­tet, jedoch stellt er die his­to­ri­schen Gewin­nung von Sei­fen als ein­zi­ger in die­ser Brei­te dar. Der Ers­te setzt bei der Dar­stel­lung des Wasch­pro­zes­ses stark auf Makro­auf­nah­men, die 3d-Ani­ma­tio­nen des Letz­ten sind die ausgereiftesten.

Coffeinbestimmung in Getränken

Die Bestim­mung des Cof­fein­ge­halts in Geträn­ken ist eine der Metho­den, SuS Prin­zi­pi­en eines Ana­ly­se­la­bors näher­zu­brin­gen. PTAs und CTAs schla­gen sich in der Rea­li­tät zwar weit­aus mehr mit Auto­ma­ten her­um, aber die grund­sätz­li­chen Ver­fah­ren­schrit­te blei­ben doch immer gleich – auch wenn da eine Black­box steht, die wir in der Schu­le mit ihren „pri­mi­ti­ven tech­ni­schen Metho­den“ aber ein Stück­chen öff­nen kön­nen. Das Ver­fah­ren funk­tio­niert foto­me­trisch, sodass man eine Coff­ein­lö­sung mit einem Spek­trum im sicht­ba­ren Bereich benö­tigt – die meis­ten Schu­len werden,wenn über­haupt, ledig­lich VIS-Foto­me­ter her­um­ste­hen habe – die­se Din­ger lie­gen schon im Kilo­eu­ro­be­reich. Schon des­we­gen soll­te man sie nicht ver­stau­ben las­sen, son­dern wirk­lich auch einsetzen.

Cof­fe­in ist in Was­ser recht gut lös­lich und als rei­ner Stoff im Che­mi­ka­li­en­han­del zu mode­ra­ten Prei­sen zu bekom­men. Bei uns habe ich eine jung­fräu­li­che 500g Packung im Gift­schrank ent­deckt. Gän­gi­ge Ver­suchs­vor­schrif­ten for­dern die Zube­rei­tung von fünf Lösun­gen zur Erstel­lung der Eich­kur­ve mit fol­gen­den Massenkonzentrationen:

  1. 100mg/L
  2. 200mg/L
  3. 300mg/L
  4. 400mg/L
  5. 500mg/L

Man braucht eine gute Waa­ge und am bes­ten auch fünf 1L-Maß­kol­ben, damit man die ent­spre­chen­den Men­gen ein­wie­gen kann. Ein übli­che Schul­waa­ge weist eine maxi­malöe Genau­ig­keit von d=0,01g (=10mg) auf, sodass man bei der Lösung mit der kleins­ten Mas­sen­kon­zen­tra­ti­on schon von vorn­her­ein einen saf­ti­gen Wäge­feh­ler macht, oder den Maß­kol­ben noch eine Num­mer grö­ßer wäh­len muss. Die­se Lösun­gen sind farb­los und damit einer foto­me­tri­schen Unter­su­chung nicht zugänglich.

Des­we­gen nutzt man aus, dass Cof­fe­in in sau­rer Lösung bei Anwe­sen­heit von Iod­id schwer­lös­li­ches Peri­odid bil­det und als sol­ches spe­zi­fisch aus­fällt. Hier sieht man zwei Cof­fe­in-Lösun­gen (V=10mL), die mit jeweils 1mL Jod/Kaliumiodidlösung (c=0,05mol/L) ver­setzt wur­den, nach dem Ansäu­ern mit ca. 1mL 25%iger Schwefelsäure:

Wei­ter­le­sen

Radikalische Polymerisation

Ange­regt von Herrn Lar­bigs Arti­kel ist mir eben doch glatt noch eine Auf­ga­be ein­ge­fal­len, die gut zu mei­ner Che­mie­stun­de mor­gen passt. Es geht dabei um die radi­ka­li­sche Poly­me­ri­sa­ti­on – erst­mal an Ethen.

Dazu gibt es drei Vide­os auf You­Tube sowie einen Text aus dem Schulbuch:

Video 1:

Video 2:

Video 3:

Auf­ga­be:

Stel­len Sie tabel­la­risch die fach­li­chen Vor­zü­ge und Nacht­tei­le des jewei­li­gen Vide­os zusam­men. Ver­wen­den Sie dabei sowohl den Ihnen vor­lie­gen­den Text aus dem Schul­buch als auch den ent­spre­chen­den Wiki­pe­dia­ar­ti­kel.

Kom­men­tar:

Das dau­ert natür­lich etwas, das Zeug zusam­men­zu­su­chen und auch im Vor­we­ge zu sich­ten. Aber ich fin­de, dass so eine medi­al (oder: bes­ser neu „mit­te­al“) auf­be­rei­te­te Auf­ga­be ein­fach mehr Gehirn­zel­len zu akti­vie­ren ver­mag und eben eine selbst­stän­di­ge Aus­ein­an­der­set­zung mit dem Stoff ver­langt. Das Ergeb­nis müss­te jetzt nur noch in Goo­g­le­Docs oder in einem Blog fest­ge­hal­ten wer­den und dann noch durch die Grup­pe aufbereitet/zur Essenz ein­ge­dampft werden.

Ach so:

Wenn The­men durch das Minis­te­ri­um für das Abitur ver­bind­lich vor­ge­ge­ben wer­den, ist das mit der frei­en The­men­wahl irgend­wie doof. Die radi­ka­li­sche Poly­me­ri­sa­ti­on ist vor­ge­ge­ben für 2011…

Arbeitsblatt: Umgang mit Messwerten

Das Arbeits­blatt

Auf­ga­be 1:

Bei der Sie­de­punkts­be­stim­mung von Metha­nol wur­den die Wer­te ermit­telt, die in der unten ste­hen­den Tabel­le ver­zeich­net sind.

Tabelle 1:

t [s] T [°C]
0 20
15 21
30 21,5
45 23
60 28
75 32
90 37
105 41,5
120 46
135 50
150 52,5
165 54
180 55,5
195 57
210 58,5
225 59,5
240 60,5
255 61
270 61,5
285 63
300 63,5
315 64
330 64,5
345 65
360 65
375 65
390 65,5
405 65
420 65
435 65

a) Über­tra­ge die Wer­te in ein Dia­gramm und zeich­ne die Sie­de­kur­ve ein.

b) Bestim­me mit Hil­fe dei­nes Dia­gram­mes den Sie­de­punkt von Metha­nol graphisch. 


Auf­ga­be 2:

Die Sie­de­punkts­be­stim­mung von Metha­nol wur­de von acht ver­schie­de­nen Grup­pen inner­halb einer Klas­se vor­ge­nom­men. Dabei ergibt sich fol­gen­des Ergebnis:

Grup­pe 1 2 3 4 5 6 7 8
Sdpkt. 66°C 62°C 57°C 64°C 66°C 80°C 65°C 66°C

Bestim­me aus die­sem Klassen­er­geb­nis den Sie­de­punkt von Methanol!

Down­load­mög­lich­leit

Link zum Down­load: PDF ODT

Erläu­te­run­gen

Bei Auf­ga­be 1 kommt es mir dar­auf an, dass die SuS eine geeig­ne­te Ska­lie­rung wäh­len (Aus­nut­zung des Blat­tes) und die Sie­de­kur­ve durch die Mess­punk­te gra­phisch inter­po­lie­ren. Es herrscht immer noch die Unsit­te, Mess­punk­te ein­fach stumpf zu ver­bin­den und damit zu unter­stel­len, es läge im Bereich von Mess­punkt 1 bis Mess­punkt 2 ein linea­rer Ver­lauf vor. 

Begüns­tigt wird dies durch Tabel­len­kal­ku­la­ti­ons­pro­gram­me, die das in der Grund­ein­stel­lung genau so machen und auch nicht immer per Default eine geeig­ne­te Ska­lie­rung vor­ge­ben. Wenn mei­ne SuS ihre gra­fik­fä­hi­gen Taschen­rech­ner in der Hand hal­ten (2. Halb­jahr der 7. Klas­se), dann wer­den wir natür­lich damit arbeiten…

Bei Auf­ga­be 2 sol­len die SuS offen­sicht­lich unplau­si­ble Ergeb­nis­se eli­mi­nie­ren und danach den Mit­tel­wert in ange­mes­se­ner Genau­ig­keit bestim­men (eine Nach­kom­ma­stel­le). So kann man in die­sem Fall die Türm­chen­rech­ne­rei an der zwei­ten Nach­kom­ma­stel­le abbrechen…

Natür­lich haben wir im Vor­we­ge Sie­de­tem­pe­ra­tu­ren expe­ri­men­tell bestimmt und dabei das grund­sätz­li­che Ver­fah­ren ken­nen gelernt – das Arbeits­blatt habe ich direkt nach den Herbst­fe­ri­en zur Wie­der­ho­lung hin­ein­ge­ge­ben und bin wäh­rend­des­sen von Schü­ler zu Schü­le­rin gegan­gen, um die „sons­ti­gen Leis­tun­gen“ zu bespre­chen und zu benoten.


Noch mehr Kugelteilchenmodell „over head“

… qua­si als Ergän­zung zu die­sem Arti­kel. Heu­te ging es dabei um eine Wie­der­ho­lung der Aggre­gat­zu­stän­de im Kugel­teil­chen­mo­dell. Das kann man auch sehr schön „inter­ak­tiv“ mit dem Over­head­pro­jek­tor machen:

In der Pro­jek­ti­on schaut es dann so aus:

Pri­ma fin­de ich, dass es so sim­pel ist, man so viel damit machen und erklä­ren kann und vor allem die Schü­le­rin­nen und Schü­ler denn gesam­ten Pro­zess in sei­ner Ent­wick­lung „live“ mit­be­kom­men: Einer legt das Gas, einer die Flüs­sig­keit, einer den Fest­stoff – Dis­kus­si­on: Stimmt das jetzt so mit der Flüs­sig­keit? Wel­chen Aspekt des Kugel­teil­chen­mo­dells zeigt die­ses „Modell des Modells“ nicht? Wie nennt man eigent­lich den Über­gang von flüs­sig zu fest etc.?

Für die Deu­tung der Volu­men­kon­trak­ti­on (Mischung von Alkohol/Wasser) war es auch nicht ver­kehrt – man braucht ledig­lich noch Kugeln in einer ande­ren Größe.

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