Sollten Kinder bereits an der Grundschule chatten lernen?

In einer von Axel Krom­mer aus­ge­lös­ten Twit­ter­dis­kus­si­on zwi­schen Phil­ip­pe Wampf­ler und Sabi­ne Czer­ny ging es letz­te Woche heiß her. Struk­tu­rell tritt hier etwas auf, was mich zur Zeit mas­siv bei Dis­kus­sio­nen zum Ein­satz digi­ta­ler Mit­tel und Tech­ni­ken an der Schu­le stört. Das lässt sich gut an die­sem Bei­spiel zei­gen, weil da ganz unter­schied­li­che Ansät­ze auf­ein­an­der­tref­fen. Ich ver­kür­ze ein­mal die Argu­men­ta­ti­on von Phil­ip­pe Wampfler:

  1. Kin­der chat­ten in ihrer Frei­zeit bereits, los­ge­löst, ob Schu­le sich damit beschäf­tigt oder nicht.
  2. Der Chat (z.B. auch Whats­App) als Kom­mu­ni­ka­ti­ons­form ist eine eta­blier­te Form gesell­schaft­li­chen Informationsaustausches..
  3. Dazu gehö­ren auch ergän­zen­de chat­ty­pi­sche Aus­drucks­for­men wie etwa Smi­lies, Abkür­zun­gen etc. zum Aus­druck prag­ma­ti­scher Informationsanteile.
  4. Daher ist es not­wen­dig, bereits in der Grund­schu­le mit Kin­dern über die­se spe­zi­fi­sche Kom­mu­ni­ka­ti­ons­form zu spre­chen bzw. zu reflektieren

Phil­ip­pe Wampf­ler geht in sei­ner Argu­men­ta­ti­on von einem Inhalt bzw. einer Kom­pe­tenz aus. Sabi­ne Czer­ny geht von kon­kre­ten Erfah­run­gen mit Kin­dern aus. Da knallt es dann zwar eini­ger­ma­ßen höf­lich und rhe­to­risch hübsch ver­packt, aber den­noch recht schnell.

Wie das The­ma Chat für mich in die Grund­schu­le gehört

Wie oben bereits deut­lich wird, ist chat­ten für mich eine Form der mensch­li­chen Kom­mu­ni­ka­ti­on. Je nach Ansatz setzt sich Kom­mu­ni­ka­ti­on aus syn­tak­ti­schen, seman­ti­schen und prag­ma­ti­schen Ele­men­ten zusammen.

  1. Syn­tax: Wie ist eine Kom­mu­ni­ka­ti­on for­mal gestaltet?
  2. Seman­tik: Wel­che Bedeu­tung besit­zen ein­zel­ne syn­tak­ti­sche Elemente?
  3. Prag­ma­tik: Was wird über die syn­tak­ti­sche und seman­ti­sche Ebe­ne hin­aus transportiert?

Bei­spiel:

  1. Syn­tax: Es gibt das Wort „Tisch“, dass aus vier Zei­chen besteht.
  2. Seman­tik: Das Wort „Tisch“ ist einer Holz­plat­te mit meist vier Bei­nen zuge­ord­net, an der man z.B. essen kann.
  3. Prag­ma­tik: Wenn ich auf einen Stuhl mit etwas zu Essen auf einem Tel­ler sit­ze und und „Tisch?“ sage, könn­te ich z.B. zum Aus­druck brin­gen, dass ich ger­ne einen Tisch hätte.

Zur prag­ma­ti­schen Ebe­ne gibt es sehr vie­le Model­le, weil genau das ein Feld ist, wel­ches sich am schwers­ten in den Griff bekom­men lässt, z.B. das Vier-Sei­ten-Modell von Schulz von Thun. Twit­ter und Whats­App eska­lie­ren an vie­len Stel­len, weil z.B. Iro­nie aus unter­schied­li­chen Grün­den schlicht nicht erkannt wird – ein typi­sches  Schei­tern von Kom­mu­ni­ka­ti­on auf der prag­ma­ti­schen Ebe­ne. Ein Chat ist ledig­lich eine mög­li­che Aus­prä­gung von Kom­mu­ni­ka­ti­on – nicht mehr und nicht weniger.

Was man mei­ner Ansicht nach also in der Grund­schu­le bear­bei­ten und reflek­tie­ren „muss“, ist also schlicht Kommunikation.

  • Was von dem, was ande­re zu mir sagen, ver­letzt mich?
  • Was von dem, was ande­re zu mir sagen, macht ein schö­nes Gefühl?
  • Macht es für mich einen Unter­schied, ob mir jemand etwas schönes/hässliches schreibt oder es mir sagt?
  • Wie füh­le ich mich, wenn es mir nicht gelingt, in eine Grup­pe zu kom­men, weil die nicht mit mir reden?
  • Wie sieht jemand aus, der wütend, fröh­lich, gelang­weilt […] ist?
  • […]

Spä­ter, in der Über­tra­gung auf digi­tal ver­mit­tel­te Kommunikationssituationen:

  • Wann sage ich jeman­den etwas direkt ins Gesicht?
  • Was habe ich auf Whats­App schon Schö­nes und Komi­sches erlebt?
  • Mit wem spre­che ich in einem Chat­room eigent­lich? Ist das immer auch ein Kind?
  • Was macht Whats­App leich­ter, was ist total nervig?
  • […]

In der Aus­ein­an­der­set­zung mit sol­chen oder ähn­li­chen Fra­gen wer­den bes­ten­falls Kom­mu­ni­ka­ti­ons­mus­ter erkenn­bar, die sich in unter­schied­li­chen Kom­mu­ni­ka­ti­ons­for­men wie­der­fin­den las­sen bzw. auf sie über­trag­bar sind. In der Beschäf­ti­gung mit Chats allein nicht. Im Ori­en­tie­rungs­rah­men Medi­en­bil­dung, den ich mit­ge­stal­ten durf­te, steht für die Grund­schu­le unter ande­rem dies:

Schü­le­rin­nen und Schü­ler kom­mu­ni­zie­ren und koope­rie­ren unter Ein­hal­tung von Umgangs­re­geln mit Hil­fe ver­schie­de­ner digi­ta­ler Kommunikationsmöglichkeiten

… und das kann ich u.a. erst machen, wenn ich all­ge­mei­ne Umgangs­re­geln für Kom­mu­ni­ka­ti­on dis­ku­tiert, erprobt und erfah­ren habe, bzw. ist die­ser Schritt dann ein mar­gi­na­ler bzw. kommt er doch ganz auto­ma­tisch mit hin­ein, wenn ein Ver­trau­ens­ver­hält­nis zwi­schen Lehr­kraft und Kin­dern besteht. Viel­leicht gibt es die eine oder ande­re gera­de im Netz sehr flui­de und damit schu­lisch kaum sinn­voll zugäng­li­che syn­tak­ti­sche Erwei­te­rung in Form von Codes, Smi­lies etc. – aber da kön­nen Lehr­kräf­te meist mehr von SuS ler­nen als umgekehrt.

Fazit:

  1. Die For­de­rung, in der Grund­schu­le über das The­ma Chat­ten zu arbei­ten, ist ein stark ver­ein­fach­te, die in die­ser iso­lier­ten, nicht sys­te­misch gedach­ten Form auf Wider­stand sto­ßen muss und das ist gut so.
  2. Basis muss für mich das kind­ge­mä­ße Reflek­tie­ren über Kom­mu­ni­ka­ti­on an sich sein – und das geschieht an vie­len mir bekann­ten Grund­schu­len ganz selbstverständlich.
  3. Digi­tal ver­mit­tel­te Kom­mu­ni­ka­ti­on besitzt ande­re Kon­tex­te und vor allem auf der Ebe­ne der Prag­ma­tik Her­aus­for­de­run­gen, die auch vie­le Erwach­se­ne kom­plett über­for­dern – u.a. weil man wun­der­bar prag­ma­ti­sche Ele­men­te faken und instru­men­ta­li­sie­ren kann. Daher ist zu prü­fen, wel­che Vor­aus­set­zun­gen im Grund­schul­al­ter ent­wick­lungs­psy­cho­lo­gisch bereits sinn­voll erfahr­bar zu machen sind – und wel­che nicht.

Von der Augenhöhe in pädagogischen Situationen

Ges­tern ging es auf Twit­ter eigent­lich um die Nut­zung von Whats­App im Unter­richt. Glück­li­cher­wei­se ging es sehr schnell weg von Daten­schutz­fra­gen hin zu päd­ago­gi­schen Erwä­gun­gen. Die Grund­fra­ge dabei war: „Soll man als Lehr­per­son Mit­glied in einer Whats­App-Klas­sen­grup­pe prä­sent sein?“

Die zen­tra­le Über­le­gung steckt für mich in Chris­ti­ans ers­tem Tweet, den ich so verstehe:

Wenn ich mich auf SuS zube­we­ge, mich auf ihre Kom­mu­ni­ka­ti­ons­ka­nä­le ein­las­se, neh­me ich sie ernst und gewin­ne päd­ago­gi­schen Hand­lungs­spiel­raum, weil ich Infor­ma­tio­nen erhal­te, die ich auf ande­rem Wege nicht erhalte.“

Ich glau­be per­sön­lich nicht, dass das so ist. Dazu zwei Anekdoten:

Ich hat­te einen Kol­le­gen in der Schul­lei­tung, der sich selbst auf Fach­kon­fe­ren­zen immer nur als Kol­le­ge mit einer Stim­me sah, es aber ver­stand, sich inhalt­lich stets im Sin­ne einer Bewahr­lo­gik durch­zu­set­zen. Das hat­te sehr viel damit zu tun, dass ihn vor allem jun­ge Kol­le­gen als Schul­lei­tungs­mit­glied wahr­ge­nom­men haben. Er ver­bat sich stets die­sen Kri­tik­an­satz. Er kön­ne schließ­lich bestim­men, in wel­cher Rol­le er jeweils auf­tre­te. Mei­ne Beob­ach­tun­gen dazu wären grundfalsch.

Vor Jah­ren habe ich gro­ße Zelt­frei­zei­ten (Neben­schau­platz: nach diver­sen Besu­chen in der Gedenk­stät­te Ausch­witz haben wir das Wort „Lager“ aus unse­ren Frei­zei­ten kon­se­quent getilgt)  erst als Betreu­er, dann im Lei­tungs­team eines Zelt­dor­fes und schließ­lich als Frei­zeit­lei­tung beglei­tet. Bei mei­ner ers­ten Zelt­dorf­lei­tung wur­de ich von mei­nen Tel­neh­men­den nahe­zu gehasst – das nie zuvor pas­siert, alle hat­ten mich immer lieb. Ich war näm­lich der­je­ni­ge, der das mit den manch­mal not­wen­di­gen Regeln und Ver­ein­ba­run­gen durch­setz­te. Aus Stu­di­en­grün­den muss­te ich für drei Tage weg. Als ich wie­der­kam, wur­de ich freu­dig begrüßt (wohl weil in der Zwi­schen­zeit auch für die Teil­neh­mer erkenn­bar eini­ges aus dem Ruder gelau­fen war).

Kern ist: Ich kann mir nie aus­su­chen, in wel­cher Rol­le oder wie mich mein Gegen­über wahr­nimmt. Ich kann durch Ver­hal­ten bestim­me Vor­aus­set­zun­gen schaf­fen, die gegen­sei­ti­ges Ver­trau­en för­dern, trotz­dem blei­be ich z.B. immer Erwach­se­ner und Lehr­kraft (oder in ande­ren Kon­tex­ten Sohn, Vater, Kol­le­ge, Medi­en­be­ra­ter, graue Emi­nenz etc.). Es gibt da kei­ne Augen­hö­he für mich. Es ist für mich auf Basis mei­ner Erfah­run­gen und mei­nes Han­delns, des­sen Grund­la­ge die huma­nis­ti­sche Päd­ago­gik war und hof­fent­lich bleibt,  gera­de bei SuS rei­nes Wunsch­den­ken. Dar­aus erwächst ja für mich erst die beson­de­re Ver­ant­wor­tung, weil ich letzt­lich mit Macht umge­he. In der Schu­le gebe ich Zen­su­ren und bewer­te – viel­leicht wird das mal anders – das ist zur­zeit noch eine Machtposition.

Dar­aus ergibt sich zweierlei:

  • Ich weiß nicht, wie mei­ne Prä­senz in What­App-Grup­pen von den ein­zel­nen SuS wahr­ge­nom­men wird. Auch in Schul­klas­sen gibt es sozia­le Gefü­ge, die z.B. Zwän­ge auf­bau­en oder die Äuße­rung von Befind­lich­kei­ten erschwe­ren – auch in gut funk­tio­nie­ren­den Klassen.
  • Ich weiß nicht, ob die sich mir offen­ba­ren­de Kom­mu­ni­ka­ti­on letzt­lich authen­tisch ist, also so abläuft, als wäre ich nicht präsent.

Und ja: Wenn ich nicht in einer Klas­sen-Whats­App-Grup­pe bin, muss ich in bestimm­ten Situa­tio­nen dar­auf ver­trau­en, dass mich päd­ago­gisch rele­van­te Infor­ma­tio­nen auf ande­rem Wege errei­chen und ich muss dafür im Unter­richt oder bei ande­ren Akti­vi­tä­ten dafür die Vor­aus­set­zun­gen geschaf­fen haben.

Genau die Her­stel­lung die­ses Ver­trau­ens ist eines mei­ner päd­ago­gi­schen Zie­le – z.B. dass man offen im Unter­richt Kri­tik an mir übt (erfolg­rei­cher kann man als Lehr­kraft m.E. kaum wer­den). Das gelingt mal bes­ser und mal schlech­ter, aber die Prä­senz in einer Klas­sen-Whats­App-Grup­pe ändert dar­an für mich erst­mal nichts.

Nun ist mein Kon­text i.d.R. ein gym­na­sia­ler. Da ich auch ande­re Schul­for­men zumin­dest durch eige­nen Unter­richt und Hos­pi­ta­tio­nen ken­ne, wür­de ich über­all, wo es z.B. pri­mär um Lebens­hil­fe geht, noch ein­mal anders argu­men­tie­ren – ten­die­re aber auch hier dazu, Räu­me in der per­sön­li­chen Begeg­nung dafür zu öffnen,

 

 

 

Servicepost für #molol18 und #educampX

Sowohl auf dem #molol18 als auch auf dem #edu­campX habe ich eine Ses­si­on zum The­ma „Medi­en­bil­dung unplug­ged“ ange­bo­ten. Dabei stan­den zwei The­men­schwer­punk­te im Mittelpunkt:

  1. Scoring / Tracking
  2. Infor­ma­ti­sche Grund­la­gen (haupt­säch­lich Protokolle)
Scoring

Zunächst eine klei­ne Übung. Jeder Teil­ge­ben­de erhält ein wei­ßes DINA4-Blatt mit der Auf­ga­be, es mit fol­gen­den Ele­men­ten zu füllen:

  • eine Son­ne zeichnen
  • das Wort „Lie­be“ gra­fisch gestalten
  • die größ­te, dem jewei­li­gen Teil­ge­ben­den bekann­te Prim­zahl notieren

Es darf kein Name auf dem Blatt ste­hen und alles muss auf einer Blatt­sei­te Platz fin­den! Man soll­te unbe­dingt dicke Stif­te (Wachs­ma­ler oder Eddings) bereit­sstel­len. Die Blät­ter wer­den nach Abschluss die­ser Auf­ga­be ein­ge­sam­melt und gut durchgemischt.

Danach wird auf dem Boden des Rau­mes eine Ska­la von 1–4 aus­ge­legt (1 = trifft nicht zu, 2 = trifft weni­ger zu, 3 = trifft zu, 4 = trifft voll zu).

Die Grup­pe bekommt nun die Auf­ga­be, die Blät­ter auf der Ska­la nach vor­ge­ge­be­nen Kri­te­ri­en nach­ein­an­der in Durch­gän­gen anzu­ord­nen, z.B.:

  • krea­ti­ver Mensch
  • tech­nisch inter­es­sier­ter Mensch
  • enga­giert
  • gebil­det (Vor­sicht! Geht nicht bei jeder Grup­pe – außer­halb jeder Komfortzone)
  • faul (Vor­sicht! Geht nicht bei jeder Grup­pe – außer­halb jeder Komfortzone)
  • schwul (nicht machen las­sen, nur andeuten!)

Man kann dazu die Blät­ter neu ver­tei­len oder auf den Boden legen und auf das Enga­ge­ment der Grup­pe ver­trau­en. Nach jedem Durch­lauf soll jeder Teil­ge­ben­de sein Blatt auf der Ska­la suchen und in sich hin­ein­hor­chen, ob die Lage des Blat­tes „etwas mit ihm macht“.

Aus­wer­tungs­mög­lich­kei­ten:

  • die Grup­pe Erleb­nis­se erzäh­len lassen
  • ein­zel­ne Grup­pen­mit­glie­der ihre indi­vi­du­el­len Kri­te­ri­en für eine Zuord­nung offen­le­gen las­sen („Der kann­te eine hohe Prim­zahl, das muss ein Tech­ni­ker sein“, „Die Son­ne war so hübsch …“)
  • Was wäre mit Kri­te­ri­en wie „schwul“?
  • Refle­xi­on auf Meta­ebe­ne durch­füh­ren („Wo sind die­se Mecha­nis­men wirksam?“)
  • Kri­ti­sche Refle­xi­on – Scoring wird durch die­se Metho­de ein­sei­tig dar­ge­stellt („Wo ist Scoring nütz­lich?“ Wel­che Regeln soll­ten beim Track­ing gel­ten?“ „Wer soll­te die­se Regeln wie definieren?“)

Meta:

Die Grup­pe über­nimmt bzw. ein­zel­ne Grup­pen­mit­glie­der über­neh­men die Funk­ti­on eines Bewer­tungs­al­go­rith­mus, kön­nen aber im Gegen­satz zu einen „wirt­schaft­li­chen Algo­rith­mus“ ihre Kri­te­ri­en offen­le­gen, die momen­tan in Ein­zel­fäl­len auf­wän­dig rekon­stru­iert wer­den müs­sen.

Tracking

vgl. https://riecken.de/index.php/2016/12/eine-medienpaedagogische-kurzgeschichte/ (nicht alles unplug­ged mög­lich, aber das meis­te).

Protokolle

Auch hier­für gibt es eine klei­ne Übung. Die Teil­ge­ben­den schlie­ßen sich zu Paa­ren zusam­men und erhal­ten eine lee­re 5x5 Matrix und einen Kartensatz.

Der Kar­ten­satz besteht aus DINA5-Kar­ten, im einzelnen:

  • Zah­lenkar­ten (1–5)
  • Punk­te­kar­ten (2,4,8,16)
  • einer wei­ßen (ein­fach eine Punk­te- oder Zah­lenkar­te umdre­hen) und einer schwar­zen Kar­te (nicht mit im Set)

Jedes Paar erhält spä­ter(!) zusätz­lich eine DINA5-Kar­te mit einer klei­nen 5x5-Pixel­gra­fik aus einem Set ( PDF ODT ). Die­se soll­te auf nicht durch­schei­nen­dem Papier gedruckt sein.

Die Auf­ga­be besteht dar­in, zunächst im Paar jeman­den zu bestim­men, der die Rol­le des Sen­ders über­nimmt und einen, der die Rol­le des Emp­fän­gers spielt.

Der Sen­der soll dem Emp­fän­ger eine Pixel­gra­fik (5x5) durch den Raum allein mit Hil­fe des Kar­ten­sat­zes über­mit­teln. Der Emp­fän­ger notiert das Ergeb­nis in der lee­ren Matrix.

Dabei gilt:

  • es darf wäh­rend der Über­tra­gung nicht gespro­chen werden
  • es darf immer nur eine Kar­te zur­zeit hoch­ge­hal­ten werden
  • das Spiel endet, wenn die ers­ten drei Paa­re fer­tig sind
Phase 1:

Die Paa­re eini­gen sich auf ein Ver­fah­ren bzw. ent­wi­ckeln ein sol­ches und stel­len sich im Raum gleich­zei­tig mit den ande­ren Paa­ren gegen­über auf.

Phase 2:

Die Sen­der erhal­ten nun ver­deckt ihre Pixel­gra­fik. Auf ein Start­si­gnal begin­nen sie, das Bild durch den Raum zu ermit­teln. Wenn die ers­te drei Paa­re fer­tig sind, endet das Spiel.

Phase 3:

Die Paa­re bekom­men kurz Gele­gen­heit, ihr Ver­fah­ren zur über­ar­bei­ten. Danach geht es wie­der in Pha­se 2.

Aus­wer­tung­mög­lich­kei­ten:

  • Offen­le­gung eines „per­for­man­ten“ Ver­fah­rens (Gewin­ner) und eines „untaug­li­chen“ Verfahrens.
  • Dis­kus­si­on von Opti­mie­rungs­stra­te­gien – man muss mit mög­lichst wenig Kar­ten auskommen
  • ggf. Tausch der Part­ner ohne Offen­le­gung der Absprachen
  • Modi­fi­ka­ti­on: Über­tra­gung durch Töne / Sil­ben – dann wei­ter: Wo ist das Pro­blem, wenn das alle machen? (Anwen­dungs­fall: WLAN-Stö­run­gen in Ballungsgebieten)
  • Dis­kus­si­on auf Basis des Ori­gi­nal­ma­te­ri­als
  • Vor­stel­lung des Fax-Algo­rith­mus zur Datenübertragung

Meta:

Die Paa­re ent­wi­ckeln ein Pro­to­koll zur Daten­über­tra­gung. Die­ses Pro­to­koll muss man z.B. auch im Brow­ser immer vor die Adres­se stel­len ( http ftp https ftps … ). Wenn man die Paa­re ohne „Pro­to­koll­of­fen­le­gung“ durch­tauscht, gibt es Pro­ble­me, die ganz typisch auch bei der Inter­ak­ti­on von IT-Sys­te­men auf­tre­ten. Dann fand eine Opti­mie­rung des Algo­rith­mus in Pha­se 3 statt, der im Prin­zip meist auf Daten­kom­pres­si­on hin­aus­läuft – und schon haben wir einen bun­ten Rei­gen von infor­ma­ti­schen und all­tags­re­le­van­ten The­men auf dem Tisch – durch­aus auch auf Grundschulniveau.

 

 

 

 

Liebenswerte Störenfriede

Es gibt Hal­tun­gen und Ansät­ze, die mir mei­ne Arbeit als medi­en­päd­ago­gi­scher Bera­ter extrem erschweren.

Wir als Bera­tungs­sys­tem sind stän­dig lob­by­is­ti­scher Ein­fluss­nah­me aus­ge­setzt. Gähn. Ken­nen wir all­mäh­lich. Ich hal­te per­sön­lich z.B. wenig von Cal­lio­pe – da gibt es m.E. eta­blier­te­re Mikro­con­trol­ler (aller­dings ohne Lob­by dahin­ter)  und mehr von inte­grier­ten Ansät­zen. Mei­ne Kin­der bekom­men erst ein Smart­phone ab 12 Jah­ren, ich bin gegen Coding in der Grund­schu­le und ich erzie­he mei­ne Kin­der so lan­ge wie mög­lich außer­halb digi­ta­ler Sphären.

In den letz­ten Tagen ging die­ser Kom­men­tar durch Twit­ter. Die Autorin ver­tritt die Auf­fas­sung, dass Coding­kennt­nis­se im Zeit­al­ter der Arbeits­tei­lung nicht not­wen­dig sind und es wird ein­mal mehr das gute, alte Auto­ar­gu­ment ange­führt: „Man muss kei­nen Motor ver­ste­hen, um Auto zu fah­ren.“ (mit die­sem Argu­ment wären eine gan­ze Rei­he von jet­zi­gen schu­li­schen Inhal­ten übri­gens nicht not­wen­dig). Dann wird noch schnell der Digi­tal­pakt mit dem Coden der­art ver­knüpft, dass damit die Vor­aus­set­zun­gen geschaf­fen wer­den sol­len, das „lob­by­is­ti­sche Coding““ end­lich in die Schu­len zu brin­gen. Und Ste­ve Jobs sprach mit sei­nen Kin­dern über Lite­ra­tur (Sagt das irgend­was dar­über aus, wie in der Fami­lie Jobs mit infor­ma­ti­scher Bil­dung umge­gan­gen wor­den ist?). Und am Schluss wird dann gut­bür­ger­li­cher Stoff­ka­non (dort übri­gens kein Wort über Medi­en­kom­pe­tenz) vor das Coden gestellt, Joseph Krauss ist der Ret­ter des Schul­sys­tems, wenn er for­dert, Com­pu­ter aus Grund­schu­len zu ver­ban­nen  und fertig.

Kann man so machen – muss man aber nicht. Von einem „Qua­li­täts­me­di­um“ wie der F.A.Z. erwar­te ich irgend­wie mehr. Ich ver­ste­he außer­dem nicht, woge­gen die Autorin agi­tiert – selbst der Umgang mit dem momen­tan sehr hip­pen Cal­lio­pe hat zunächst nichts mit Coding zu tun – gar nichts, eher mit infor­ma­ti­schen bzw. logi­schen Grund­kon­zep­ten (Ja, man kann mit dem Ding theo­re­tisch logi­sches Den­ken ler­nen, aber eine quell­of­fe­ne Platt­form wie Scratch wür­de es zuge­ge­be­ner­ma­ßen auch tun.).

Die in dem Kom­men­tar auf­tre­ten­den „Kau­sal­ket­ten“ höre ich dann wie­der und wie­der in Bera­tungs­pro­zes­sen zu Medi­en­bil­dungs­kon­zep­ten. Jahaaa – Lesen, Schrei­ben, Rech­nen, Lite­ra­tur und kri­tisch Den­ken – so unver­meid­li­ches Zeug wie Jugend­me­di­en­schutz sourcen wir dann aus an freie Medi­en­päd­ago­gen und ansons­ten bleibt Schu­le halt so, wie sie bleibt.

Wer für das Coden in der Schu­le ist, der ist dem Lob­by­is­mus ver­fal­len. So ein­fach funk­tio­niert zur Zeit die Den­ke in die Feuil­le­tons und Feuil­le­tons sind immer noch das, was der gebil­de­te Leh­rer von heu­te oft liest.

Für Inter­net­gi­gan­ten und auch tota­li­tä­re Sys­te­me könn­te es nicht bes­ser lau­fen: Je weni­ger das gemei­ne Volk von den Grund­la­gen infor­ma­ti­scher Sys­te­me ver­steht und das „Auto ein­fach nur mög­lichst lust­be­tont fährt“, des­to bes­ser und des­to leich­ter las­sen sich z.B. Algo­rith­men imple­men­tie­ren, die – wie Phil­ip­pe Wampf­ler unlängst schrieb – „Frei­heits­mo­men­te […] in der höchs­ten Qua­li­tät“ anbie­ten. Ich stim­me dem sogar zu, wenn ich von star­ken Demo­kra­tien aus­ge­he, deren poli­ti­sche Sys­te­me für einen Inter­es­sen­aus­gleich zwi­schen Daten­samm­lern und Nut­zern sor­gen. Es läuft damit gera­de nicht so super in Chi­na oder der Türkei.

Dum­mer­wei­se sind star­ke Demo­kra­tien auf unse­rem Glo­bus nicht unbe­dingt die Regel. Und auch in einer star­ken Demo­kra­tie wäre es für die Beur­tei­lung von Algo­rith­men nicht ganz ver­kehrt, eini­ges dar­über zu wis­sen als sich mit Kom­pe­tenz­ge­sei­er alte Welt­bil­der zu bestätigen.

Es geht mir als Bera­ter gera­de nicht dar­um, Inter­net­gi­gan­ten kampf­los das Feld zu über­las­sen, son­dern ich den­ke, dass man Poli­tik – ganz gleich ob es z.B. Umwelt‑, Netz- oder Sozi­al­po­li­tik ist – auf Basis von rudi­men­tä­ren Wis­sens­be­stän­den nach­hal­ti­ger betrei­ben kann. Dazu sind Soft­ware und Gerä­te als Hilfs­mit­tel uner­läss­lich und die muss irgend­wer her­stel­len und ent­wi­ckeln. Das sind i.d.R. Fir­men und das ist genau so lan­ge kein Pro­blem, wie eben­die­se kei­nen inhalt­li­chen Ein­fluss auf Schu­le neh­men oder so lan­ge kein Pro­blem, wie die­ser Ein­fluss in Schu­le einen unab­hän­gi­gen Kon­ter­part hat. Es wäre schön, wenn das auf Dau­er nicht allein die Medi­en­be­ra­tung der Län­der wäre, son­dern infor­ma­ti­sche gebil­de­te Schü­le­rin­nen und Schü­ler sowie natür­lich auch Lehrkräfte.

Das hal­te ich aber noch für eine län­ge­ren Weg. Das ist ja genau das Pro­blem: Lob­by­is­mus trifft hier auf weit­ge­hend unbe­stell­te Fel­der, an denen der­ar­ti­ge Kom­men­ta­re nicht ganz unschul­dig sind.

Ich bin mir nicht sicher, ob sich die­ses Pro­blem wirk­lich dadurch lösen lässt, Gerä­te aus den Schu­len her­aus­zu­hal­ten – geht auch gar nicht, weil die in Form von Han­dys und wahr­schein­lich bald auch in Form von Weara­bles schon da sind.

Die Ant­wort dar­auf kann nur Bil­dung sein und dazu gehört für mich im Zeit­al­ter der Digi­ta­li­sie­rung auch infor­ma­ti­sche Bil­dung. Mög­lichst früh. Geht auch ohne Gerät und unter­stützt dann sogar Lesen, Schrei­ben, Rech­nen und logi­sches Denken.

Es geht dabei – rich­tig ange­packt – also schon um ein wenig mehr als dar­um, der IT-Indus­trie will­fäh­ri­ge Pro­gram­mie­rer zuzu­füh­ren. Lei­der bewegt sich die Debat­te m.E. oft auf unter­kom­ple­xem Niveau.

 

 

 

Herzlos

Ich habe neu­lich einen mei­ner Schü­ler zum Wei­nen gebracht. Er war in der vor­an­ge­hen­den Stun­de lei­der krank gewe­sen und hat­te einen Zet­tel daher nicht erhal­ten. Ich hat­te kei­nen mehr dabei. Als er mich frag­te, was er nun machen sol­le – er wäre schließ­lich krank gewe­sen – habe ich geant­wor­tet, dass das nicht mein Pro­blem sei, wor­auf er in Trä­nen ausbrach.

Zuge­ge­ben: Viel­leicht war ich tonal nicht voll­stän­dig ent­spannt, weil es eine Stun­de mit einem Schü­ler­ex­pe­ri­ment war, was bei rund 30 Che­mie­an­fän­gern manch­mal doch for­dernd ist. Ende vom Lied: Ich habe ihn mir nach der Stun­de gemein­sam mit zwei­en sei­ner Freun­de bei­sei­te genom­men und wir haben gemein­sam über­legt, was er selbst im Wie­der­ho­lungs­fall tun könn­te, um an den Zet­tel zu kom­men. Herzlos.

Dann bin ich – für mich eher unty­pisch – in der glei­chen Klas­se regel­recht explo­diert. Wenn die Kin­der dort ein Bedürf­nis haben – und sei es auch noch so banal – haben sie die Ange­wohn­heit, ein­fach zum Pult zu kom­men, nicht zu war­ten und sofort ihre Fra­ge zu stel­len – völ­lig egal, was ich gera­de mache. Sie suchen nicht ein­mal den Blick­kon­takt, bevor sie anfan­gen zu reden – wohl­ge­merkt, es ist eine wei­ter­füh­ren­de Schul­form: Es scheint für sie in die­sem Moment nichts Wich­ti­ge­res zu geben, als die­se eine Fra­ge. Mehr­fach habe ich in der besag­ten Stun­de mit der Klas­se dar­über gespro­chen, war­um die­ses Ver­hal­ten für mich pro­ble­ma­tisch ist. Dann kam der Aus­bruch. Ein Aus­bruch von mir hat immer ziem­li­che Fol­gen – weil er recht sel­ten vor­kommt. Herzlos.

In Klas­sen­ar­bei­ten nervt mich kolos­sal, dass es immer SuS gibt, die mei­nen zu jeder Zeit eine Fra­ge zu den Auf­ga­ben­stel­lun­gen stel­len zu müs­sen. Damit rei­ßen sie regel­mä­ßig die arbei­ten­de Mehr­heit völ­lig aus der Kon­zen­tra­ti­on. Zudem wird die glei­che Fra­ge oft mehr­fach gestellt. Ein­zel­fra­gen beant­wor­te ich nicht im Zwei­er­ge­spräch wäh­rend der Klas­sen­ar­beit, weil ich das im Sin­ne der Chan­cen­gleich­heit für die ande­ren unfair fin­de. Daher gibt es bei mir fol­gen­de Rege­lung: Zunächst gibt es eine Zeit­span­ne zum Ein­le­sen und unmit­tel­bar danach eine Fra­ge­mög­lich­keit (ca. 10 Minu­ten spä­ter, je nach Auf­ga­ben­um­fang). Spä­te­re Fra­gen beant­wor­te ich nicht mehr – auch wenn dann geweint wird. Herzlos.

Zudem schi­cke ich mei­ne eige­nen Kin­der auch bei Regen mit dem Fahr­rad zur Schu­le – oder sonn­tags in der Früh allei­ne zu Fuß zum Bäcker. Herzlos.

Ich traue mei­nen SuS etwas zu.

Ich traue ihnen zu, dass sie eige­ne Wege fin­den, um an Arbeits­ma­te­ria­li­en zu kom­men, wenn sie krank waren.

Ich traue ihnen zu, dass sie sehen, wann man jeman­den bes­ser nicht anspricht und wartet.

Ich traue ihnen zu, dass sie Wege fin­den, ihre Bedürf­nis­se und Unsi­cher­hei­ten Stück für Stück nicht affekt­ge­steu­ert, son­dern dem Kon­text ange­mes­sen zu artikulieren.

Ich traue ihnen zu, dass sie trotz klei­ne­rer Unan­nehm­lich­kei­ten erle­ben, dass sie trotz­dem etwas allei­ne schaffen.

Damit schei­ne ich weit­aus herz­lo­ser zu sein als man­che Eltern und Kol­le­gen, die für das Kind erle­di­gen, was es selbst erle­di­gen könn­te und spä­ter dann bekla­gen, dass die Kin­der so unselbst­stän­dig und unkri­tisch sind.

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