Moodle: Historisches Dokument

Auf dem Edu­Camp in Bre­men wird es eine Ses­si­on zum The­ma Medi­en­päd­ago­gi­sche Wett­be­wer­be als Unter­stüt­zung digi­ta­ler Bil­dung in … geben. Zusam­men mit dem nicht ganz pas­sen­den Arti­kel in der Zeit ver­moch­te dies eine Erin­ne­rung an das Jahr 2005 aus­zu­lö­sen. Damals war die gan­ze Mood­le­ge­schich­te für mich noch völ­lig neu, sodass ich mich im ers­ten Extrem­wert der Hype­kur­ve befand. Mood­le war damals in Deutsch­land noch brand­neu und unbekannt.

Da wur­de mir eine aus­ge­druck­te E‑Mail zu einem loka­len Wett­be­werb ins Fach geflat­tert. Miss­trau­isch war ich schon immer, aber damals habe ich mich schon ein wenig ange­strengt Her­aus­ge­kom­men ist die­se klei­ne Arbeit:

Wett­be­werbs­bei­trag

Das Ding ist sogar kom­plett durch­ge­TeXt – soll­te man mal wie­der kul­ti­vie­ren – der Schrift­satz im Web und von Word & Co. ist dage­gen eine ech­te Katastrophe.

Wer dar­in liest, fin­det eine gan­ze Men­ge Hoff­nun­gen und auch Kon­zep­te, die sich heu­te in Zusam­men­hang mit Mood­le vie­ler­orts eta­bliert haben – und auch eine schi­cke Mood­le­ein­füh­rung neben­bei. Eini­ges klingt in der abge­brüh­ten Rück­schau fast ein wenig nied­lich – aber zu dem Text kann ich noch immer gut stehen.

Gewon­nen hab ich natür­lich nichts – schließ­lich haben das ja kei­ne Schü­ler gemacht (obwohl aus­drück­lich in der Aus­schrei­bung stand, dass …). Ich habe seit­dem Wett­be­wer­be gemie­den. Auf­wand und Nut­zen ste­hen für mich in kei­nem ver­nünf­ti­gen Ver­hält­nis – obwohl ich es damals schon „ein wenig“ über­trie­ben habe. Wenn ich mir bei heu­ti­gen Aus­schrei­bungs­tex­ten die Regu­la­ri­en so anschaue, so sind da häu­fig Din­ge, die ich merk­wür­dig finde:

  • unent­geld­li­che Rech­te­über­tra­gung auf den Aus­rich­ter (so kommt man güns­tig an Inhalte)
  • didak­ti­sche und metho­di­sche Begrün­dung (am bes­ten noch an Lite­ra­tur ange­bun­den) – schwie­rig, gera­de bei Web2.0‑Tools. Klar kann ich da was hin­sei­ern, was sich nett liest, aber eben doch letzt­lich nur net­tes Gesei­er ist (das Ver­fah­ren bewährt sich bei der Erstel­lung von Haus­cur­ri­cu­la außer­or­dent­lich – die zugrun­de­lie­gen­den Kern­cur­ri­cu­la ändern sich ja eh alle zwei bis drei Jahre).
  • zeit­auf­wen­di­ge Auswahlverfahren

Wür­de ich alles ger­ne au mich neh­men – allein es fehlt die Zeit. Außer­dem stürzt jede Woche eine neue Aus­schrei­bung auf mich ein – ist wahr­schein­lich recht medi­en­gän­gig. Nett wäre ein schö­ner Preis – z.B. eine Run­de Net­books (Klas­sen­satz) oder mei­net­we­gen auch die­se iDin­gens (wer­den jetzt ja güns­ti­ger wegen des neu­en iDin­gens). Lust bekom­men habe ich ange­sichts des ver­staub­ten, ring­ge­bun­de­nen Heft­chen aus den Tie­fen des IVAR-Regals schon…

Schule und das Kommunikationsproblem

Zet­tel über­flu­ten mein Fach. Weg­wer­fen kann ich unge­öff­net nur den Ver­lags­wer­be­mist – wür­den die mir ein­mal im Jahr ein Buch schen­ken, käme es sie güns­ti­ger und ich sähe mich in der  dadurch aus­ge­lös­ten posi­ti­ven Stim­mung viel­leicht auch mal wirk­lich auf deren Web­sei­ten um.

Alle Jah­re wie­der kom­men die glei­chen Zet­tel: Eltern­sprech­tag, Hin­wei­se zur Lei­tung von Zeug­nis­kon­fe­ren­zen, irgend­was unter­schrie­ben Ein­zu­sam­mel­des, eine freund­li­cher­wei­se enga­giert orga­ni­sier­te Thea­ter­auf­füh­rung in der Schu­le, Abmel­dun­gen vom Unter­richt, abzu­ge­ben­de Zusatz­auf­ga­ben, Zet­tel­chen mit Auf­ga­ben für zu beauf­sich­ti­gen­de Klas­sen, teil­wei­se aus­ge­druck­te(!) E‑Mails irgend­wel­cher Web-Start­ups, die Abrech­nung der Bei­hil­fe, Post vom der OFD bei Besol­dungs­än­de­run­gen, Hil­fe­ru­fe der KuK zum Schul­netz­werk, Ver­band­sin­fos, hin und wie­der Pro­be­ex­em­pla­re von Übungs­heft­chen und und und… Ich muss es lee­ren, ich muss es anschau­en, ich muss es gewich­ten und ich muss immer wie­der zum Papier­müll ren­nen. Scha­de um die Bäu­me, die dafür ver­ar­bei­tet wur­den. Die­se Form der Kom­mu­ni­ka­ti­on ist nicht lust­brin­gend, weil sie ein­sei­tig bleibt und ich abge­se­hen von der not­wen­di­gen Hie­ar­chi­sie­rung zur Pas­si­vi­tät ver­dammt bin.

Ich habe die Tage mit mei­nen SuS oft vor Maha­ra geses­sen. Da gibt es ein Dash­board. Er stellt mir über­sicht­lich dar, was es an Neu­ig­kei­ten seit mei­nem letz­ten Besuch gibt. Das meis­te könn­te ich auch per RSS in mei­nen Feed­rea­der prü­geln und ich kom­me ange­regt durch Felix‘ letz­ten Arti­kel ins Träumen…

Ers­te Woche im Schuljahr

Der Admi­nis­tra­tor hat eine fri­sche Maha­ra­in­stal­la­ti­on auf­ge­setzt. Alle Lehr­kräf­te log­gen sich über das Lehr­kräf­te-Mood­le via SSO ein und fin­den durch Fach­ob­leu­te ein­ge­rich­te­te geschlos­se­ne Grup­pen vor, in denen sie ihre Mit­glied­schaft bean­tra­gen. Jeder Klas­sen­leh­rer rich­tet eine Grup­pe für sei­ne Klas­se ein, der alle KuK in der Lern­grup­pe bei­tre­ten. Wei­te­re Grup­pen bil­den sich im Schul­jahr nach Bedarf.

Im Schul­jahr

In den Foren der Grup­pen wer­den Infor­ma­tio­nen bekannt­ge­ge­ben, die für die jewei­li­ge Grup­pe rele­vant sind – wenn z.B. ein­zel­ne SuS feh­len, wenn ein päd­ago­gi­sches Pro­blem auf­tritt, wenn es gemein­sa­mes Ver­hal­ten in der Lern­grup­pe oder Fach­schaft abzu­stim­men gilt, wenn gemein­sam durch die Fach­schaft im Schulether­pad ein Kon­zept zu erstel­len ist, Anla­gen zu den immer noch stat­fin­den­den Fach­schafts­sit­zun­gen – eben alles Din­ge, für die man sich meist müh­sam syn­chron tref­fen müss­te. Auch kön­nen Ansich­ten erstellt wer­den zu Unter­richts­kon­zep­ten, Mate­ria­li­en usw. – ein inhalt­li­cher Aus­tausch. Der Ver­tre­tungs­plan ist als Teaser per Plug­in mit in die Dash­boardan­sicht inte­griert. Die Schul­lei­tung kann Infor­ma­tio­nen gezielt an die jewei­li­gen Grup­pen z.B. durch einen Foren­ein­trag wei­ter­ge­ben – z.B. eine Ände­rung im Stun­den­plan oder im Klas­sen­kol­le­gi­um. Sie muss genau wie das Büro nicht mehr müh­sam das Leh­rer­zim­mer nach dem betrof­fe­nen Kol­le­gen durch­fors­ten und z.B. sei­ne Pau­sen­zeit in Anspruch nehmen.

Wei­te­re Visionen

  • Ver­net­zung über MNET mit einem Eltern- und Schü­ler­sys­tem
  • Nut­zung der Kalen­der­funk­ti­on (Grup­pen­ter­mi­ne)

Wor­an wird das scheitern?

Auch das steht, dies­mal aller­dings in einem Kom­men­tar zu Felix‘ Arti­kel: Eini­ge KuK wer­den sich schlicht wei­gern, denn:

  • sie wol­len nicht zeit­nah infor­miert sein
  • sie wol­len nicht täg­lich den Rech­ner anwerfen
  • sie wol­len sich nicht in das neue Sys­tem einarbeiten
  • sie bezwei­feln des­we­gen in einem Stell­ver­tre­ter­krieg die recht­li­che Ver­bind­lich­keit die­ses elek­tro­ni­schen Verfahrens
  • ihr Blick ist auf die anfäng­li­che hohe Lern­kur­ve und nicht auf den resul­tie­ren­den Zeit­ge­winn und die Ent­las­tung fokussiert
  • sie emp­fin­den den per­sön­li­chen Kon­takt mit Men­schen als angenehmer
  • sie sehen nicht, dass gera­de durch ein sol­ches Sys­tem mehr Raum für per­sön­li­che Kon­tak­te besteht
  • sie haben Angst, in die­sem Sys­tem Feh­ler zu machen, die Schwä­chen zei­gen – das hat Schu­le stets bestraft

Ach­so:

  • Wir haben SuS und KuK in getrenn­ten LDAP-Bäu­men organisiert
  • Wir haben Maha­ra via SSO mit dem Schul­mood­le gekoppelt
  • Wir haben einen Ver­tre­tungs­plan im Netz, das Script zum Pipen für Maha­ra ist so auf­wen­dig nicht
  • Wir haben auto­ma­ti­siert gene­rier­te Schul-E-Mail­ac­counts via LDAP (SuS und KuK)
  • Wir haben ein Schuletherpad
  • Wir haben zu wenig Res­sour­ce Mensch, um KuK zu schu­len und zu beglei­ten, ihnen Ängs­te zu neh­men und ihnen die Vor­tei­le erfahr­bar zu machen. Damit wer­den wir an den Ein­wän­den scheitern.

Bevor es kommt…

Ich glau­be nicht, dass das mit Mood­le ähn­lich gut funk­tio­niert, die Mood­le kaum Frei­heit bei der Gestal­tung sei­ner Struk­tur und Nut­zer­or­ga­ni­sa­ton gewährt. Das muss fast immer der Admin erle­di­gen. Damit fällt ein Spaß­fak­tor kom­plett weg.

Ich traue mich gar nicht…

… euch das zu erzäh­len: Wir haben bis Weih­nach­ten kei­nen Unter­richt mehr. Nein, es gibt kei­ne Fotos von den zen­ti­me­ter­ho­hen Schnee­mas­sen, um nicht den Spott der Süd­deut­schen her­auf­zu­be­schwö­ren. Was­ser ken­nen wir hier nur im flüs­si­gen Aggre­gat­zu­stand, in ande­rer Form beherr­schen wir das Scheiß­zeug nicht. Mor­gen gibt es noch eine kur­ze Dienst­be­spre­chung und das war es dann.

Alle Sta­pel sind durch­kor­ri­giert, neue Ter­mi­ne für die drei noch aus­ste­hen­den Dik­ta­te ein­ge­tra­gen. Die Dik­ta­te sind alle auch schon kon­zi­piert. Was mache ich denn jetzt nur in den Weih­nachts­fe­ri­en? Buuuhuuuu.… Gar nichts Schu­li­sches mehr auf dem Tisch.

Alle sagen gera­de: Dann denk doch ein­mal an dich! Aber wie geht denn sowas? Ich glau­be, ich baue lie­ber den Dach­bo­den aus – dann muss ich mir zwar über­le­gen, was ich Ostern mache, aber das ist ja noch eine Wei­le hin.

Burnout

Wenn du…

  • dei­ne Zynik zum Selbst­zweck erklärst, d.h. du kannst gar nicht mehr über Schu­le und vor allem Schü­ler reden, ohne zynisch zu werden
  • Kri­tik mehr wahr­nimmst, als Offen­heit und Interesse
  • dich zuneh­mend von dei­nen Kol­le­gin­nen und Kol­le­gen zurückziehst
  • Stell­ver­tre­ter­krie­ge auch gegen die führst, die dir wohl­ge­son­nen sind
  • Freund und Feind nicht mehr aus­ein­an­der­hal­ten kannst
  • du nicht mehr siehst, dass es SuS gibt, die etwas leisten
  • du nicht mehr siehst, dass an dei­ner Schu­le Din­ge gut laufen
  • du Enga­ge­ment – vor allem päd­ago­gi­sches – ins­ge­heim belä­chelst, da es ja eh kei­nen Zweck hat
  • wenn du dei­ne Erfah­rung, nicht getra­gen wor­den zu sein, nun qua­si als Lebens­auf­ga­be auch noch ande­ren ver­mit­teln willst

… dann such‘ dir einen ande­ren Beruf oder einen The­ra­peu­ten. Dei­ne Gesund­heit und vor allem dein Herz wer­den es dir danken.

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