Kein Tablet! Oder: Warum nutze ich immer noch Laptop und Desktop?
Die Idee zu diesem Beitrag habe ich bei Herrn Larbig bekommen, der darüber schreibt, warum das Tablet für ihn ein immer wichtigeres Werkzeug geworden ist. Er kommt dabei beeindruckenderweise Weise ohne Abwertung anderer Geräte aus. Ob ich das beim Tablet schaffen werde, weiß ich so nicht :o)…
Ich bin mit Tablets nie warm geworden – das verhindert aber nicht, dass ich für Schule und Unterricht diese Geräte beschaffe, sie auch schon verschenkt oder empfohlen habe und es es verhindert vor allem nicht, dass ich in von mir konzipierten Schulnetzwerken die besonderen Belange von Tablets mit berücksichtige. Nur für die didaktisch-methodische Arbeit mit den Geräten verweise ich dann auf meine in diesem Bereich wesentlich kompetenteren Kolleginnen und Kollegen.
Ich empfinde die Arbeit am Einzelplatz mit Programmen in kommunikativen(!) Situationen von Unterricht als antiquiert. Ob diese Programme jetzt Programme oder Apps heißen, macht für mich keinen großen Unterschied. Wesentlich für meine Arbeit mit digitalen Endgeräten ist der Austausch und die Zusammenarbeit. Dafür gibt es nach meinem Dafürhalten zurzeit viele hervorragende Webanwendungen, die lediglich einen Browser voraussetzen. Um nur als Plattform für einen Browser zu dienen, sind insbesondere Tablets von Markenherstellern viel zu teuer. Ich würde im Unterricht mit Tablets nicht anderes als Webanwendungen nutzen – gerade weil wir perspektivisch auf eine sehr heterogene Technikausstattung zusteuern (einen Browser haben alle Geräte, oder man kann zumindest – sogar bei Applegeräten – einen brauchbaren nachinstallieren).
Jede Art, etwas Analoges digital machen zu wollen, finde ich überflüssig. Dazu gehört für mich z.B. das Abfotografieren von Schülerarbeiten mit anschließender Projektion und Korrektur am Beamer oder das Filmen von Experimenten (die mache ich lieber analog ohne Sinnesreduktion). Wenn ich so etwas vorhabe, arbeite ich eben digital mit z.B. digitalen Arbeitsblättern. Gibt es die nicht oder habe ich nicht die Zeit für die Erstellung, dann eben analog, nur analog. Ich habe eine tiefe Abneigung gegen Medienbrüche, weil die immer Zeit kosten und ineffektiv sind. Interaktive Tafelsysteme sind für mich Prototypen des Versuchs, ursprüngliche analoge Tätigkeit möglichst äquivalent digital abzubilden, vom Wartungsaufwand für diese teuren Ungetüme mal ganz abgesehen.
Wenn ich arbeite, mache ich viele Dinge gleichzeitig: Auf einem Server läuft vielleicht via SSH ein Installations- oder Updatescript. Im Hintergrund ein Onlinespiel, im nächsten Tab WordPress, in einem weiteren vielleicht irgendein Nachschlagewerk und darüberhinaus nebenbei eine Officeanwendung. Ich arbeite sehr viel mit der Zwischenablage und tausche Dateien mit anderen Systemen über verschiedene, meist verschlüsselte Protokolle aus. Auch muss ich mich oft via SSH durch lokale Firewalls durchtunneln, um in anderen Einrichtungen das Internet wie gewohnt nutzen zu können. Immer wieder ist auch ein Video zu transkodieren. Und dann setze ich auch privat grundsätzlich nur Gebrauchtware aus dem Businessbereich ein, was neben finanziellen auch ökologische Gründe hat – immerhin gibt es dafür noch viele günstige Ersatzteile.
Kurzum: Für meinen persönlichen Workflow ist ein fünf Jahre altes Businessnotebook mit neuem Akku genau richtig. Schon von der Rechenleistung her sehen auch aktuelle Tablets dagegen wenig Land. Ich hatte schon verschiedene Tablets über mehrere Wochen hier bei mir. Als Spielzeug auf dem Sofa waren sie für mich ganz brauchbar – aber dafür dann auch zu teuer. Völlig genervt war ich oft von den Fehlermeldungen, die wenig aufschlussreich waren. Dann musste man im Web suchen und fand mit Glück irgendeinen Touchweg, der das Problem zwar löste, aber keinen Hinweis auf die eigentliche Ursache gab. Was ich nicht vernünftig debuggen und damit verstehen kann, ist für mich unbrauchbar.
Viele Tablets speichern Daten irgendwie lokal oder auch nicht. Kurzum: Man weiß eigentlich nicht so genau, was mit Daten geschieht, die auf einem Tablet verarbeitet werden. Das ist aus Anwendersicht auch überhaupt nicht notwendig. Es verstößt aber massiv gegen Grundsätze des technischen oder juristischen Datenschutzes, z.B. gegen das Transparenzgebot. Deswegen lehnt unser Landesdatenschutzbeauftragter hier in Niedersachsen die Verwendung von Tablets zur Verarbeitung von personenbezogenen Daten auch ab (z.B. Teachertool o.ä.).
Tablets sind von der Konzeption her 1:1‑Geräte. Daher sind 1:many-Lösungen mit diesen Geräten immer schwierig, weil sich auch diese Geräte nur mit einigem administrativen Aufwand so verrammeln lassen, dass einem beim nächsten Start eines von mehreren Personen genutzten Geräts nicht ein buntes Bouquet von individuellen Anpassungen entgegenleuchtet. Es gibt einige Ansätze mit MDM-Lösungen – keine reicht jedoch in meinen Augen an die Möglichkeiten heran, die ich unter Linux oder Windows habe.
Ich bereite gerade einen Kompromiss mit Windows 8.1‑Pro-Tablets vor, die sich in die IT-Landschaft meiner Schule wohl ganz gut integrieren lassen werden.
Nicht zuletzt halte ich Tablets für Kompetenzverhinderungsmaschinen (für mich kann es keine Medienkompetenz ohne eine informatische Grundkompetenz geben), wenn es darum geht, die digitale Welt zu verstehen. Mir scheint das in Zeiten von #prism nicht so unwesentlich, auch technisches Wissen zum Netz der Netze stärker gesellschaftlich zu verankern. Biologie, Chemie und Physik lehren wir ja auch, obwohl man die Welt mittlerweile ja einfach „benutzen“ kann – was gerade wir in den westlichen Gesellschaften offenbar zunehmend gerne tun.
Natürlich schaue ich überhaupt nicht aus Anwendersicht auf Tablets, sondern eher administrativ. Deswegen ist meine Meinung dazu eben auch sehr speziell genau wie mein Anspruchsprofil. Zudem habe ich bis jetzt sehr wenig Unterrichtseinsatz mit Tablets gesehen, der mich didaktisch-methodisch überzeugt hätte. Ich denke mir den Unterricht dann immer abzüglich des „Motivationsfaktors durch ein digitales Gerät“ – für SuS werden solche Geräte in hoher Qualität bald alltäglich sein und sie werden dann irgendwann sehr genau erkennen, ob sich Paradigmen oder Geräte geändert haben.