Nachdenkliches zu Schulschließungen und allgemein

Als medi­en­päd­ago­gi­scher Bera­ter mit mei­nen Fähig­kei­ten bin ich gera­de in vie­le Pro­zes­se ein­ge­bun­den – eben gera­de habe ich sogar län­der­über­grei­fend bera­ten. Es gibt über­all glei­che Pro­ble­me – Poli­tik möch­te ver­kün­den und Lösun­gen für alle Schu­len schaf­fen und ist es gewohnt, dass man gegen Her­aus­for­de­run­gen nur genug Geld schmei­ßen muss und dann ist es gelöst.

Video­kon­fe­renz­lö­sun­gen – landesweit

Das ist gera­de ein unglaub­lich gro­ßes The­ma, auf Twit­ter, in den Medi­en – über­all. Und der Druck ist groß. Er wird grö­ßer, wenn klar wer­den soll­te, dass es nach Ostern nicht mit der Schu­le wei­ter­ge­hen kann. Video­kon­fe­renz­lö­sun­gen sind mei­ner Mei­nung nach das, was Fron­tal­un­ter­richt am nächs­ten kommt. Man kann sie auch anders nut­zen, wie z.B. die groß­ar­ti­ge Maria Kruse:

https://köpfchenkunde.de

Das was ich hier vor Ort machen und anbie­ten kann, ist ein Witz. Das lan­des­wei­te Aus­spie­len einer Bil­dungs­cloud oder eines Lern­ma­nage­ment­sys­tems ist Regio­nal­klas­se (und selbst da: Sup­port­et sowas mal lan­des­weit …) gegen die tech­ni­schen Anfor­de­run­gen beim Aus­spie­len einer Video­kon­fe­renz­lö­sung für ein gan­zes Bun­des­land. Selbst Teams hat­te immense Pro­ble­me, Goog­le und M$ lau­fen die Clouds voll – nicht wegen der Schulen.

Man kann jetzt auch nicht zu einem Dienst­leis­ter gehen und sagen: „Ent­wi­ckelt mal eine Cluster­lö­sung dafür!“ – die Dienst­leis­ter dürf­ten bis oben hin voll mit Auf­trä­gen sein und die Mit­ar­bei­ten­den sind alle im Home­of­fice. Big­BlueBut­ton gibt einen Band­brei­ten­be­darf von 250 Mbit/s für 150(!) par­al­le­le Video­streams an. Ser­ver kann man mit einer Anbin­dung von 1Gbit/s mie­ten. Wenn man mehr will, geht die Misch­kal­ku­la­ti­on des Anbie­ters nicht auf und es wird teu­er. Big­BlueBut­ton wird in die nie­der­säch­si­sche Bil­dungs­cloud inte­griert sein und es gibt auch ein Ska­lie­rungs­sze­na­rio. Ich war erstaunt, dass sich dabei mei­ne Idee mit der eines pro­fes­sio­nel­len Anbie­ters deckte.

Es wird aber mit dau­ern­der Län­ge der Schul­schlie­ßung kein Weg dar­an vor­bei­füh­ren, Unter­richt und Ler­nen asyn­chron zu den­ken und anzu­le­gen, d.h. zu den gan­zen Schwie­rig­kei­ten, die vie­le Lehr­kräf­te mit Tools haben, kom­men jetzt auch noch not­wen­di­ge struk­tu­rel­le Ver­än­de­run­gen dazu. Nicht allei­ne, weil Grals­hü­ter das schon lan­ge for­dern, son­dern ganz schnö­de wegen der tech­ni­schen Schwie­rig­kei­ten. Es ist schön, dass alles mit Jit­si und Zoom auf indi­vi­du­el­ler Ebe­ne so toll klappt. Aber wir ste­hen am Anfang einer Kri­se. Und mal ehr­lich: Mit mehr als 5–7 Leu­te par­al­lel in einer Videokonferenz?

Das Pro­blem Video­kon­fe­renz­lö­sung für Schu­len, daten­schutz­kon­form und lan­des­weit ist ein typi­sches, gegen das man nicht ein­fach Geld wer­fen kann. Lamen­tie­ren über Ver­säum­nis­se der Ver­gan­gen­heit taugt gut für die Empör­ten, in der aktu­el­len Lage sehe ich dar­in kei­nen Gewinn.

Behind the Scenes

Ich habe die­se Woche Video­kon­fe­ren­zen, Tele­fon­ge­sprä­che, E‑Mailkontakte mit dem Kul­tus­mi­nis­te­ri­um, dem Lan­des­in­sti­tut und mir for­mal ganz klei­nem Licht gese­hen. Auf Augen­hö­he, part­ner­schaft­lich, nichts mit Dienst­we­gen, lösungs­ori­en­tiert, ehr­lich, kon­struk­tiv, der Sache zuge­tan. Ich weiß nicht, ob das über­all so ist. Ich bin fast schon gerührt, weil das im Nor­mal­be­trieb so sel­ten sicht­bar wird. Ich bin mir sicher, dass wir für eini­ge Bun­des­län­der bald Lösun­gen sehen wer­den. Die wer­den nicht so toll wie Teams sein. Sie wer­den nicht so vie­le Fea­tures bie­ten wie Mood­le oder its­lear­ning. Aber für 80%-90% des­sen, was vie­le Lehr­kräf­te jetzt und heu­te „digi­tal“ abbil­den und umset­zen kön­nen, wird es mei­ner Mei­nung nach erst­mal rei­chen. Ein Anfang, der nur „falsch“ ist, wenn das Ziel nicht stimmt. Jetzt ist m.E. die Stun­de der Wege, nicht der Zie­le, die die Grals­hü­ter pro­mo­ten. Und auch auf die­sem nied­ri­gen Niveau wer­den Kolleg*innen zurück­blei­ben. Wie wer­den wir denen gerecht? Guter Unter­richt ist kei­ne Fra­ge von Gerä­te­ein­satz und Tech­ni­sie­rung, son­dern eine von Hal­tung. Von Men­schen mit der ent­spre­chen­den Hal­tung kann jeder digi­ta­le Flip­pie viel lernen.

Und sonst so?

Alle im Home­of­fice. Auch ich meis­tens. Ich sit­ze sonst ziem­lich allei­ne im Medi­en­zen­trum – zumin­dest einen hal­ben Tag in einem Ein­zel­bü­ro mit Hand­des­in­fek­ti­ons­spen­der und guter Belüf­tung. Vie­le Ein­zel­be­ra­tun­gen von enga­gier­ten Kolleg*innen aus der Regi­on per Tele­fon, Video­kon­fe­renz, E‑Mail. Die Schu­len gehen in den Feri­en­mo­dus – müs­sen aber auch in der Feri­en­zeit die Kin­der­not­be­treu­ung gewähr­leis­ten. In den letz­ten sechs Tagen bin ich ins­ge­samt 33km (3x11) gelau­fen. Eige­ne Kin­der ohne Sport­mög­lich­keit pro­fi­tie­ren davon, aber es ist auch echt anstren­gend – tut aber dem Stress­hor­mon­le­vel sehr gut. Und ges­tern konn­ten wir einen 20er-Pack Klo­pa­pier ergat­tern. Der Land­kreis Clop­pen­burg steht coro­na­mä­ßig sehr gut da. Viel­leicht flie­gen hier aber bald die Helis von Bre­men und Vech­ta zum Krankenhaus.

Bera­tun­gen zum Digi­tal­pakt und mein Dau­er­bren­ner „Buch­pro­jekt“ sind ja net­te Ideen. Momen­tan lei­der nur „nett“. Will kei­ner. Gebraucht wird eh anderes.

Wäre ich Schul­lei­ter, wür­de ich jetzt an die schul­in­ter­nen Arbeits­plä­ne gehen, trans­pa­rent machen, wel­che Schät­ze Kolleg*innen in ihren Schub­la­den lie­gen haben – und Medi­en­bil­dung dabei mit­den­ken. Was gemacht wird, ist im Land­kreis sehr unter­schied­lich: Genau das oder sehr for­dern­de von Schul­lei­tung gesteu­er­te Auf­ga­ben­kul­tur (mit Kor­rek­tur durch Lehr­kräf­te) bis hin zu „Ich dürft ger­ne, wenn es nicht mit den Aus­sa­gen des MK kol­li­diert …“. Da kom­men teil­wei­se wun­der­vol­le Din­ge bei heraus.

Schön von der Idee her fin­de ich auch ein neu­es Por­tal des NiBiS:

https://lernenzuhause.nibis.de

Hier fin­det man durch­ku­ra­tiert und redak­tio­nell betreut das, was durch die sozia­len Medi­en geht. Schön wären jetzt noch Lern­pfa­de, die Schüler*innen und Eltern hel­fen, wirk­lich sinn­voll mit die­sen Ange­bo­ten und Werk­zeu­ge zu arbei­ten. Aber da scheint es schon Ideen zu geben …

Ins­ge­samt bin ich hin- und her­ge­ris­sen. Es läuft vie­les „behind the sce­nes“. Irgend­je­mand gebrauch­te in Zusam­men­hang mit mei­ner Per­son in einem anders gemein­ten Kon­text den Begriff der „Hid­den Figu­re“. Ich tue mich schwer damit. Ich kann momen­tan nicht so trans­pa­rent sein, wie es mei­nem Anspruch ent­spricht – dazu ist vie­les noch zu fra­gil und das Bera­tungs­ge­heim­nis ist dann m.E. auch durch­aus sinn­voll. Ich habe daher für mich ent­schie­den, dass Trans­pa­renz eigent­lich auch ande­re können.

So. Ich muss dann mal Erklär­vi­de­os dre­hen … Viel­leicht auch bald zur Bildungscloud!

Es gibt in Nds. einen neuen Erlass zur Verarbeitung schulischer Daten auf Privatgeräten der Lehrkräfte …

… der im Netz momen­tan für sehr viel Furo­re sorgt, denn es gibt eine Schlüs­sel­stel­le:

Die Spei­che­rung per­so­nen­be­zo­ge­ner Daten auf dem Fest­spei­cher pri­va­ter mobi­ler End­ge­rä­te (Smart­phones und Tablets) ist nicht zulässig.

Damit sind auf den ers­ten Blick Noten­ver­wal­tungs­pro­gram­me wie Tea­cher­Tool auf pri­va­ten Gerä­ten von Lehr­kräf­ten unzu­läs­sig, weil Tei­le der Daten­hal­tung dabei auf dem End­ge­rät selbst gesche­hen. Auf den zwei­ten Blick gibt es dann die­ser Les­art Unsi­cher­hei­ten, da nicht immer klar gere­gelt ist, ob es sich bei ver­schlüs­sel­ten Daten wirk­lich um per­so­nen­be­zo­ge­ne Daten han­delt. Lei­der ist das immer eine Ein­zel­fall­ent­schei­dung. Tea­cher­Tool ist hier von Hau­se aus auf einem guten Weg: Back­ups las­sen sich schon heu­te extern erstel­len.

Die Ziel­rich­tung des eigent­li­chen Sat­zes scheint mir klar zu sein: Man möch­te pri­va­te Gerä­te als Zugangs­ge­rä­te für die Ver­ar­bei­tung schu­li­scher Daten auf exter­nen Ser­vern (etwa denen der Schu­le) ermög­li­chen. Auch die Ver­ar­bei­tung auf Ange­bo­ten von Dritt­an­bie­tern, z.B. Schul­ma­na­ger Online, ist mög­lich, wenn die Schu­le sich dabei qua­si stell­ver­tre­tend für alle Lehr­käf­te um die Ein­hal­tung der Regu­la­ri­en küm­mert (z.B. um eine Ver­ein­ba­rung zur Auf­trags­da­ten­ver­ar­bei­tung – ADV). Außer­dem ist eine ver­schlüs­sel­te Daten­über­tra­gung Pflicht, wie sie heu­te aber i.d.R. zumin­dest bei Nut­zung von Brow­sern selbst­ver­ständ­lich ist.

Dis­ku­tiert wird auch die­ser Satz (4.1.1), der schein­bar in einem Wider­spruch zum ers­ten steht:

Wer­den für die Spei­che­rung der Daten exter­ne Spei­cher­me­di­en ver­wen­det, sind die­se zu ver­schlüs­seln und so auf­zu­be­wah­ren, dass sie nur der Lehr­kraft selbst zugäng­lich sind.

Man darf ver­schlüs­sel­te Back­ups auf exter­nen Spei­cher­me­di­en able­gen, nicht aber auf dem End­ge­rät selbst.

Auch hier scheint mir die Ziel­rich­tung klar: Man möch­te auf jeden Fall ver­hin­dern, dass auch ver­schlüs­sel­te Datei­en über Clouds gro­ßer Anbie­ter wie Goog­le oder Apple syn­chro­ni­siert wer­den. Man traut dem durch­schnitt­li­chen Nut­zer nicht zu, die­se beque­men Funk­tio­na­li­tä­ten, die im pri­va­ten Bereich viel Sinn machen, für schu­li­sche Daten zu deak­ti­vie­ren. Das deckt sich mit mei­nen Erfah­run­gen auf Schulungen.

Erheb­lich und aus mei­ner Sicht erfreu­lich aus­ge­wei­tet wur­de der maxi­mal mög­li­che Daten­rah­men: Man darf auch Daten wie Tele­fon­num­mern und E‑Mailadressen der Erzie­hungs­be­rech­tig­ten ver­ar­bei­ten – das ging vor­her nicht. Bei Schüler*innen ist das aber nach wie vor nicht zuläs­sig und auch kon­sis­tent zur bis­he­ri­gen Argu­men­ta­ti­ons­li­nie unse­res Lan­des­in­sti­tuts für Daten­schutz. Für mich ste­hen hier bei der Beur­tei­lung eher päd­ago­gi­sche Über­le­gun­gen im Vordergrund.

Fazit

  1. Der Erlass macht die Hal­tung dienst­li­cher Daten auf einem pri­va­ten Gerät nahe­zu unmög­lich – nicht aber auf einem dienstlichen.
  2. Der Erlass wirkt steu­ernd dar­auf hin, dass Online­sys­te­me für die Schul­ver­wal­tung genutzt wer­den. Das ist auch sinn­voll, weil die Zugangs­vor­aus­set­zung „Brow­ser“ eine gerin­ge ist.
  3. Der Erlass wirkt indi­rekt dar­auf hin, dass schu­li­sche Daten (auch nicht zeit­ge­mäß ver­schlüs­selt) in Clouds gro­ßer Anbie­ter lan­den, es sei denn, die­se stel­len rechts­kon­for­me und inter­ve­nier­ba­re ADVs zur Ver­fü­gung. Das wird noch spannend.
  4. Ich rech­ne nicht damit, dass eine ver­schlüs­sel­te Daten­hal­tung auf dem Gerät durch z.B. Tea­cher­Tool eine Ver­ar­bei­tung per­so­nen­be­zo­ge­ner Daten dar­stellt. Aber das ist lei­der immer laut Rechts­spre­chung des EuGH zu prü­fen. Das Damo­kles­schwert, dass Tea­cher­Tool theo­re­tisch einen grö­ße­ren Daten­rah­men als den vor­ge­be­nen zur Ver­fü­gung stellt, bleibt unver­än­dert bestehen.

Edit, 9.2.2020

Satz 1 stand für mich bis­her in einem Wider­spruch zu Satz 4. Sprach­lich tut er das immer noch. For­mal wird der Erlass noch­mal hier kon­kre­ti­siert: Auf Note­books, PCs oder Tablets mit voll­wer­ti­gem Win­dows- oder Linux-Betrieb­sys­tem dür­fen nach Ein­hal­tung aller Regu­la­ri­en wei­ter­hin Schü­ler­da­ten mit dem jetzt gül­ti­gen, erwei­ter­ten Daten­rah­men ver­ar­bei­tet wer­den. Kon­kre­te Hin­wei­se, wie eine Ver­schlüs­se­lung vor­zu­neh­men ist, wer­den eben­falls gege­ben (hier exem­pla­risch für Linux und als Linux­er hät­te ich dazu Fra­gen. z.B. war­um nicht die mitt­ler­wei­le stan­dard­mä­ßig bei der Instal­la­ti­on ange­bo­te­ne Ver­schlüs­se­lung der Home­ver­zeich­nis­se genutzt wird …).

Nur: Es hat ja Grün­de, war­um vie­le Lehr­kräf­te iOS, iPa­dOS, Android oder Chro­me­OS nut­zen. Vie­le dürf­ten mit den zu Ver­fü­gung gestell­ten Anlei­tun­gen über­for­dert sein. Der Erlass wird m.E. web­ba­sier­ten Schul­ver­wal­tungs­sys­te­men hier in Nie­der­sach­sen erheb­li­chen Auf­wind geben und für erheb­li­che Ver­un­si­che­rung bei Lehr­kräf­ten und Schul­lei­tun­gen sorgen …

 

 

 

Designed, um süchtig zu machen und Dark Patterns

Immer wie­der liest man in der Pres­se, dass sozia­le Netz­wer­ke und Spie­le eine geziel­te Auf­merk­sam­keits­steue­rung und psy­cho­lo­gi­sche Tricks anwen­den, um die Auf­merk­sam­keit von Men­schen mög­lichst lan­ge zu bin­den und im Ide­al­fall dazu zu ver­lei­ten, Wer­be­ban­ner zu kli­cken oder In-App-Käu­fe zu täti­gen. In schlech­ten Arti­keln wird die Vor­stel­lung trans­por­tiert, dass die­se Mecha­nis­men unter Zuhil­fe­nah­me aus­ge­bil­de­ter Psy­cho­lo­gen imple­men­tiert wer­den und dem Zweck die­nen, mög­lichst viel Geld zu machen. Ich wäre eigent­lich sehr froh, wenn bei der Gestal­tung von digi­ta­len Räu­men aus­ge­bil­de­te Psy­cho­lo­gen mit dabei wären – glau­be aber nicht dar­an, weil es schlicht gar nicht not­wen­dig ist.

Beispiel 1 – Meine Webseite

Ich betrei­be eine eige­ne Mato­mo­in­stal­la­ti­on, um u.a. Abruf­sta­tis­ti­ken auf mei­nem Blog zu erstel­len und Nut­zer­ver­hal­ten zu tra­cken. Das hört sich böse an, jedoch wird jeder Daten­satz anony­mi­siert und die IP-Adres­se um die letz­ten Bytes gekürzt – Nut­zer „erkennt“ man heu­te er eher über ande­re Para­me­ter. Bei Blogs, die auf Word­Press gehos­tet wer­den, macht die­se Ana­ly­se ein Dritt­an­bie­ter (über Jet­pack) meist ohne Anony­mi­sie­rung – über das viel übli­che­re Goo­g­le­Ana­ly­tics wol­len wir hier lie­ber gar nicht reden. Wel­che Bei­trä­ge gehen auf riecken.de sehr gut? Spoi­ler: Arti­kel wie die­se schon­mal nicht.

Mir ist das recht egal – eigent­lich bin ich mehr dar­über ent­täuscht, dass Bei­trä­ge, die ich für wich­tig hal­te gar nicht oder ggf. erst in eini­gen Jah­ren „gehen“ wer­den (mim­i­mi). So weit so gut. Ich könn­te aber auch mehr Bei­trä­ge schrei­ben, die „bes­ser“ gehen – z.B. mehr Dik­tat­tex­te :o) … Oder Berich­te über neue Tools und Apps … Wenn ich von die­sem Blog leben müss­te, gäbe es dafür auch eine extrin­si­sche Moti­va­ti­on. Die Basis für die Stra­te­gie­än­de­run­gen sind mei­ne gesam­mel­ten Track­ingdaten.

Beispiel 2 – CandyCrush

Ja – ich beken­ne mich schul­dig – ich spie­le Can­dy­Crush. Das ist ein run­den­ba­sier­tes Wisch­spiel. Man­che Level sind schwie­rig, die meis­ten nicht.

Es gibt ein paar wit­zi­ge Beobachtungen:

  • nach schwie­ri­gen Leveln fol­gen vier bis fünf recht leichte
  • Level, die man auch beim 20. Durch­gang nicht geschafft hat, lau­fen beim 21. oder nach län­ge­rer Pau­se wie geschmiert
  • In-App-Käu­fe (mehr Leben oder Boos­ter) wer­den vor­zugs­wei­se nach mehr­ma­li­gem Schei­tern präsentiert.
  • durch Anschau­en von Wer­bung konn­te(!) man sich ein­mal zusätz­li­che Leben erkaufen
  • es gibt immer wie­der klei­ne Aktio­nen, um an Leben oder Boos­ter zu kommen

Für mich sieht es so aus, dass auch hier daten­ba­siert gear­bei­tet wird – Wer­bung im Tausch für Leben scheint nicht so gut gelau­fen zu sein. Offen­bar geben vie­le Spie­ler frus­triert nach einer bestimm­ten Anzahl von Fehl­ver­su­chen auf – gleich­zei­tig darf das Spiel aber nicht zu leicht sein. Die­se Din­ge, die die Spiel­dy­na­mik bestim­men, sind daten­ba­siert ermit­tel­bar. Es braucht schlicht kei­ne psy­cho­lo­gi­sche Exper­ti­se, um das Spiel so zu opti­mie­ren, das Gewin­ne maxi­miert werden.

Die kapitalistische Logik

Ob jour­na­lis­ti­sche Web­sei­ten (die von Tra­ckern nur so strot­zen), Spie­le, aber auch Net­flix­se­ri­en – es wird sich das am Markt durch­set­zen, was wirt­schaft­lich ist, bzw. mög­lichst viel Gewinn abwirft. Dabei gilt das Prin­zip der gro­ßen Zahl: Ich muss mög­lichst vie­le Nutzer*innen dazu bewe­gen, Aktio­nen zu täti­gen, die wirt­schaft­li­chen Gewinn ver­spre­chen. Daten­ba­sier­te Auf­merk­sam­keits­steue­rung ist hier­für ein essen­ti­el­les Fea­ture, weil es ein­zel­ne Nutzer*innen län­ger in einer digi­ta­len Umge­bung hält.

Mir scheint so man­cher Medi­en­päd­ago­ge noch roman­ti­schen Kon­zep­ten aus den Anfän­gen des Inter­nets ver­haf­tet – es war und ist natür­lich z.B. immer noch ein Instru­ment für Ver­net­zung und Wis­sen­trans­fer, aber nicht für die Mehr­zahl der Nut­zer. Seit­dem das Inter­net ein Mas­sen­me­di­um gewor­den ist, hat sich natür­lich auch die gesell­schaft­lich domi­nie­ren­de Wirt­schafts­lo­gik durchgesetzt.

Ich kann als Spie­le­ent­wick­ler daten­ba­siert schau­en, ob sich eine gel­bes oder grü­nes vir­tu­el­les Schwert bes­ser ver­kauft. Wenn – wie im Fal­le von Can­dy­Crush – nur 0,1% der Nutzer*innen einen vir­tu­el­len Gegen­stand kau­fen, ist der Gewinn bei einer Nut­zer­ba­sis von meh­re­ren Mil­lio­nen immens. Struk­tu­rell fol­gen z.B. Spie­le oder Medi­en­por­ta­le dabei einer ähn­li­chen Logik – sie lau­fen auf Basis einer „kapi­ta­lis­ti­schen Ethik“. Dazu kommt, das man daten­ba­sier­te Modi­fi­ka­tio­nen unglaub­lich schnell durch­füh­ren bzw. in Ansät­zen mit KI sogar auto­ma­ti­sie­ren kann. Die Mas­se der im Netz statt­fin­den­den Aktio­nen dürf­ten in digi­ta­len Räu­men mit kapi­ta­lis­ti­scher Logik statt­fin­den. Das mag psy­cho­lo­gisch durch­dacht aus­se­hen und auch so wir­ken. Eigent­lich schei­nen mir das aber nur sozio­lo­gi­sche Expe­ri­men­te zu sein, die unter der Prä­mis­se einer kapi­ta­lis­ti­schen Logik zu die­sen „Opti­mie­run­gen“ füh­ren müssen.

Um das zu ändern, müs­sen gesell­schaft­li­che Anrei­ze gesetzt wer­den, die einer ande­ren Logik unter­lie­gen – im Bereich des Jour­na­lis­mus ent­kop­peln man ja z.B. öffent­lich-recht­li­chen Rund­funk durch eine ande­re Art der Finan­zie­rung. Aber wie las­sen sich z.B. Spiel­kon­zep­te „beloh­nen“, die nach z.B. einer gewis­sen Zeit unat­trak­tiv werden?

Ein ande­rer Ansatz besteht dar­in, das Indi­vi­du­um sen­si­bel für der­ar­ti­ge Mecha­nis­men zu machen. Men­schen mit aus­bau­fä­hi­ger Impuls­kon­trol­le dürf­ten es aber in die­sem Bereich beson­ders schwer haben und das sind nun ein­mal neben uns Erwach­se­nen lei­der in beson­de­rer Wei­se vie­le Jugend­li­che und Kinder.

 

 

 

Organisation von technischem Support an Schulen

Ich hat­te ja schon in einem der letz­ten Arti­kel etwas über die Geschich­te des tech­ni­schen Sup­ports an Schu­len geschrie­ben und wel­che Pro­ble­me das für Trä­ger und Schu­len im Hin­blick auf eine ver­läss­li­che Medi­en­ent­wick­lungs­pla­nung bringt.

Dazu pass­te ganz hübsch eine Ver­an­stal­tung der evan­ge­li­schen Aka­de­mie Loc­cum, in der ver­gan­ge­nen Woche, die ich mit einem Vor­trag und der Orga­ni­sa­ti­on von gemisch­ten Gesprächs­run­den zwi­schen Schu­len, Trä­gern und Poli­tik gemein­sam mit mei­nen Kolleg*innen aktiv mit­ge­stal­ten durfte.

Aus mei­ner Erfah­rung gibt es da bei Trä­gern und Schu­len immer ein paar Aha-Erleb­nis­se – kurz zusammengefasst:

  1. Für Fach­per­so­nal mit einer klas­si­schen IHK-Aus­bil­dung (z.B. Fach­in­for­ma­ti­ker mit dem Schwer­punkt Sys­tem­in­te­gra­ti­on) sind vor allem die kom­mu­ni­ka­ti­ven Abläu­fe vie­ler Schu­len eine immense Herausforderung.
  2. Sys­tem­ad­mi­nis­tra­to­ren mit aka­de­mi­scher Aus­bil­dung sind eben­so wie Fach­in­for­ma­ti­ker mit 95% der im All­tag an Schu­len auf­tre­ten­den Pro­ble­me fach­lich mas­siv unterfordert.
  3. Der freie Arbeits­markt bie­tet bei­den Berufs­grup­pen aus­rei­chend Alter­na­ti­ven zu einer Tätig­keit bei einem Trä­ger oder an einer Schule.
  4. Der infor­ma­ti­ons­tech­ni­sche Assis­tent wäre als Berufs­grup­pe für Schu­len und Trä­ger prin­zi­pi­ell sehr inter­es­sant und pas­send – ist aber auf­grund sei­nes „Ran­ges“ „unter­halb“ eines Fach­in­for­ma­ti­kers wahr­schein­lich gera­de an wei­ter­füh­ren­den Schu­len zunächst nicht ger­ne gesehen.
  5. Es braucht zusätz­lich zum tech­ni­schen Sup­port auch Men­schen, die Lehr­kräf­te im Unter­richt in ihrem päd­ago­gi­schen Han­deln beim Ein­satz von digi­ta­ler Tech­no­lo­gie unter­stüt­zen und sich dabei eng mit dem tech­ni­schen Fach­per­so­nal abstim­men. Ich hal­te es für eine Auf­ga­be des Lan­des, ent­spre­chen­de Stel­len und ggf. ein neu­es Berufs­pro­fil dafür zu schaffen.

Wenn Schu­len oder Trä­ger nicht wert­schät­zend mit Mit­ar­bei­ten­den in die­sem Bereich umge­hen, wer­den allen­falls die Per­so­nen ver­blei­ben, die auf dem frei­en Arbeits­markt trotz erheb­li­chem Per­so­nal­man­gel nicht Fuß fas­sen konn­ten. Nur wenn es uns gelingt, Schul­sup­port zu einem attrak­ti­ven Arbeits­um­feld zu machen, kann eine nach­hal­ti­ge Beset­zung mit qua­li­fi­zier­ten Mit­ar­bei­ten­den gelin­gen. Es gibt Ver­hal­tens­wei­sen, die das beför­dern und Ver­hal­tens­wei­sen, die das weni­ger tun. Auch für Lehr­kräf­te und Schul­lei­tun­gen ist die Arbeit in einem mul­ti­pro­fes­sio­nel­len Team oft zunächst ungewohnt.

Hier unten fin­det ihr mei­ne Foli­en aus dem Vortrag:

1 2 3 4 5 6 22