Netzidentität

Wer im Netz aktiv ist, muss sich mit die­sem Begriff in irgend­ei­ner Form aus­ein­an­der­set­zen. Die Iden­ti­tät im Netz erwirbt man sich nicht, sie ent­steht, u.a. auch dadurch, dass das Netz nicht so schnell ver­gisst  und gleich­zei­tig der Ela­tiv des Adjek­tivs „öffent­lich“ ist (Das wird ein intel­lek­tu­el­ler Arti­kel…). Im Prin­zip gibt es zwei oppo­si­tio­nel­le Grund­hal­tun­gen zu die­ser Thematik:

  1. Die Netz­iden­ti­tät ist bewusst gene­riert. Das Indi­vi­du­um fil­tert vor der Ver­öf­fent­li­chung inhalt­lich und sprach­lich sehr genau. Die­se Fil­te­rung erfolgt auch ziel­ge­rich­tet im Hin­blick auf das Bild, was man von sich ande­ren Men­schen gegen­über erzeu­gen möchte.
  2. Die Netz­iden­ti­tät ist schlicht und ergrei­fend ein bestehen­der Teil der eige­nen, bestehen­den Per­sön­lich­keit. Sie wird im Wesent­li­chen das abbil­den, was ein Indi­vi­du­um aus­macht und viel­leicht sogar Rück­schlüs­se dar­über hin­aus zulas­sen – z.B. psychologische.

Wei­ter­le­sen

Blogmusen des ersten Jahres

Die­ses Blog wird mitt­ler­wei­le ein Jahr alt und ent­wächst damit dem Säug­lings­al­ter. Damit ist es an der Zeit, ein wenig Dan­ke zu sagen und zwar den ver­schie­dens­te Men­schen. Dabei kon­zen­trie­re ich mich auf die­je­ni­gen, die die­ses Blog in ganz beson­de­rer Wei­se beein­flusst haben.

1. Mei­ne Schü­le­rin­nen und Schüler

Ohne euch, euren Witz, eure Indi­vi­dua­li­tät und Kri­tik gäbe es wahr­schein­lich über­haupt kei­nen Inhalt hier auf die­ser Sei­te. Immer wie­der habt ihr mir gestat­tet, Aus­zü­ge aus euren Tex­ten mit für die Arti­kel zu ver­wen­den und ihr habt dadurch teil­wei­se wei­te­re Reak­tio­nen in Form von Kom­men­ta­ren provoziert.

2. Herr Rau

Tho­mas Rau ken­ne ich nur durch sein Blog – aber das reicht schon.  Sei­ne Sei­te zeigt, dass Schu­le als Leh­rer Spaß macht und dass der oft zu bemer­ken­de Chor der kla­gen­den Leh­rer meist  das über­re­prä­sen­tiert, was in unse­rem Land schu­lisch nicht so opti­mal läuft. Dabei kön­nen SuS eine gan­ze Men­ge – fach­lich, metho­disch und inhalt­lich. Und sie pro­vo­zie­ren, was bekann­ter­ma­ßen von lat. pro­vica­re (= her­vor­brin­gen) kommt. Wenn sie Reak­tio­nen in Form von sol­chen Leh­rer­blogs pro­vo­zie­ren – immer weiter.

3. Jean-Pol Martin

Er wird vie­len – vor allen den Fremd­spra­chen­leh­rern – unter dem Schlag­wort LdL bekannt sein. Begriff­lich geht in Dis­kus­sio­nen zu dem The­ma oft so man­ches durch­ein­an­der – ent­schei­dend an die­ser vir­tu­el­len Begeg­nung sind für mich zwei Dinge:

Zum einen gibt es noch ande­re Men­schen mit einem Men­schen­bild , das dem mei­nen ähnelt – im All­tag kann man da schon hin und wie­der zwei­feln. Ins­be­son­de­re mögen hin und wie­der Zwei­fel dar­über auf­kom­men, ob das, was man von SuS ver­langt, nicht auch für die eige­ne Per­son gel­ten könnte…

Wei­ter­le­sen

Der Kompetenzbegriff

Wis­sen kann man mit­tei­len, Weis­heit aber nicht. Man kann sie fin­den, man kann sie leben, man kann von ihr getra­gen wer­den, man kann mit ihr Wun­der tun, aber sagen und leh­ren kann man sie nicht.

Her­mann Hes­se, Siddharta

Wis­sen kann man mit­tei­len, Kom­pe­ten­zen nicht. Man kann erken­nen, dass Kom­pe­ten­zen einen per­sön­li­chen und all­ge­mei­nen Nut­zen haben, man kann sie wei­ter­ent­wi­ckeln, man kann sie adap­tie­ren von fach­li­chen, päd­ago­gi­schen oder ethi­schen  Vor­bil­dern, man kann von ihnen getra­gen wer­den und mit ihnen für sich und ande­re Wun­der tun, aber sie sich ein­pro­gram­mie­ren las­sen oder durch eine bestimm­te Art von Input auto­ma­tisch gene­rie­ren kann man sie nicht.

Maik Riecken (liest gera­de viel Fach­ar­bei­ten zu Hessetexten)

Tja. Ich moch­te den Kom­pe­tenz­be­griff noch nie, obwohl ich Kom­pe­ten­zen ansich sehr ger­ne mag. Heu­te tun wir oft ger­ne so, als sei­en Kom­pe­ten­zen etwas Nor­mier­ba­res, Abprüf­ba­res – dabei ist die­ses Din­gens schon begriff­lich nicht ganz leicht zu fas­sen – trotz­dem bekom­me ich das immer noch in Lehr­pro­ben­ent­wür­fen für Refe­ren­da­re nicht nur hin­ge­pfuscht, son­dern auch kom­pe­tenz­spe­zi­fisch aus­dif­fe­ren­ziert („give the peo­p­le what they want“).

Ich sehe immer wie­der in mei­nem Unter­richt, dass Kom­pe­ten­zen in  ihrer kon­kre­ten Aus­ge­stal­tung etwas sehr Sub­jek­ti­ves, Indi­vi­du­el­les sind. Klar, kann ich z.B. Kom­pe­ten­zen im Bereich der frei­en Rede ver­mit­teln. Aber kommt dann zwangs­läu­fig immer ein guter Red­ner her­aus? In der Aus­ge­stal­tung einer Kom­pe­tenz gibt es sehr vie­le Mög­lich­kei­ten. Wir Men­schen sind irgend­wie viel zu oft nicht die Sum­me unse­rer Tei­le (Des­we­gen dürf­te z.B. das Bea­men wohl auch nie klap­pen…). Viel­leicht gilt das für die Abs­trak­ta „Kom­pe­tenz“ und „Weis­heit“ auch irgendwie.

Schneeball

Ges­tern gab es zum aller­ers­ten Mal an unse­rer Schu­le einen Schul­ball – völ­lig los­ge­löst von irgend­wel­chen Anläs­sen. Ein­fach ein­mal gemein­sam mit SuS, Eltern und LuL in gedie­ge­nem Rah­men fei­ern. Orga­ni­siert wur­de die gan­ze Sache durch Schü­le­rin­nen und Schü­ler – von A‑Z (Saal, Musik, Pro­gramm, Geträn­ke, Cate­ring, Kal­ku­la­ti­on, Mar­ke­ting, Deko usw.). Das soll nun erst­mal eine Schu­le der unse­ren nachmachen.

Das Fest hat­te den übli­chen Span­nungs­bo­gen: Nach einem eher etwas stei­fen Beginn um 20:00 Uhr füll­te sich der Saal ab ca. 22:00 Uhr merk­lich und die Stim­mung locker­te sich denk­bar auf. Spä­tes­tens gegen 23:00 Uhr war es eine stil­vol­le Par­ty – man konn­te noch paar­wei­se tan­zen, muss­te aber nicht. Die Tanz­flä­che war voll und – ent­ge­gen dem, was Süd­ol­den­bur­gern immer ger­ne nach­ge­sagt wird – die Besu­cher eigent­lich eher gar nicht. Alles blieb – zumin­dest bis ich um 1:00 Uhr gegan­gen bin – völ­lig im Rah­men. Angenehm.

Für mich ist es stets eine Offen­ba­rung, wenn ich SuS im Ball­kleid oder im Anzug sehe, die mor­gens dann doch eher in indi­vi­du­el­ler Klei­dung im Unter­richt sit­zen. Man muss fai­er­wei­se sagen, dass man Herrn Riecken auch nie im Anzug vor­her so rich­tig gese­hen hat – das Ver­gnü­gen dürf­te also beid­sei­tig gewe­sen sein. Hin und weg bin ich immer auch, wenn ich die Tanz­fä­hig­keit so man­cher SuS sehe – vor allem, weil es um die mei­ne wahr­lich nicht zum bes­ten bestellt ist.

Was macht einen sol­chen Abend zum Erleb­nis? Es sind der Tratsch und die Flak­se­rei. Ich freue mich immer total wenn ich Jun­gens mit Frau im Arm sehe, denen ich das nie zuge­traut hät­te. Ich freue mich über die oft­mals sehr ritua­li­sier­ten Schü­ler – Herr Riecken Gesprä­che, die ja nie wirk­lich locker sind, weil es die Rol­len nicht zulas­sen. Ich freue mich, Ehe­ma­li­ge zu sehen und ihre Ent­wick­lung wenn­gleich ober­fläch­lich mit­zu­be­kom­men. Net­te Geschich­ten über das Kol­le­gi­um hört man ja außer­dem. Und ich freue mich dar­über, mit Men­schen zu fei­ern, auch wenn in den Wochen davor teil­wei­se hef­ti­ge Aus­ein­an­der­set­zun­gen mit ihnen gelau­fen sind. So ein Fest rela­ti­viert oft so man­ches, weil man sich pri­va­ter wahrnimmt.

Und: Ich weiß jetzt end­lich, wer hier in der nähe­ren Umge­bung Monark-Räder  (däni­sche Trans­port­rä­der) ver­treibt. Mein gutes Stück bräuch­te näm­lich ein­mal neue Decken – und die suche ich seit Jah­ren. Und da tref­fe ich auf dem Ball einen Schü­ler mei­nes Kur­ses mit sei­ner Freun­din im Arm, deren Vater die­ser Laden gehört.

Alle, die nicht mit dabei waren, haben etwas ver­passt und dür­fen sich jetzt ärgern. Und das sagt ein beken­nen­der Tanz­muf­fel und Ball­has­ser, der sich im Anzug ver­klei­det vorkommt.

Schulische Evaluation

Selbst­eva­lua­ti­on von Schu­le ist in Nie­der­sach­sen gera­de im Fahr­was­ser der Schul­in­spek­ti­on ein ganz gro­ßes The­ma. Da wer­den Stel­len geschaf­fen, Ver­fah­ren erprobt und Eva­lua­ti­ons­kon­zep­te ein­an­der gegen­über­ge­stellt und dis­ku­tiert. Im Grun­de läuft es auf viel Arbeit hin­aus: Allein Fra­gen und mög­li­che Ant­wort­mög­lich­kei­ten zu erar­bei­ten dau­ert eine gan­ze Wei­le. Dazu kommt wie so oft die bit­te­re Erkennt­nis, dass eine Eva­lua­ti­on nur in klei­nen Tei­len wirk­li­che Über­ra­schun­gen bie­ten wird. Weit­aus nie­der­schmet­tern­der ist die Tat­sa­che, dass man Defi­zi­ten in der Regel nur durch Geld- oder Per­so­nal­ein­satz begeg­nen kann – von bei­dem ist ja bekann­ter­ma­ßen eine Unmen­ge vorhanden.

Auch schwie­rig ist die Tat­sa­che, dass die Men­schen, die dann tat­säch­lich kon­kret die Eva­lua­ti­on durch­füh­ren, in der Regel dafür kei­ner­lei Schu­lung oder Aus­bil­dung an die Hand bekom­men. Leh­rer kön­nen sowie­so alles, ihr Tag hat 24 Stun­den und geschla­fen wird nachts. Viel schwie­ri­ger wird es für Eltern und Schü­lern sein, für ihre Ziel­grup­pe Fra­gen sowie sinn­vol­le Ant­wort­mög­lich­kei­ten zu ersinnen.

Dabei mei­ne ich mitt­ler­wei­le eini­ge beson­de­re Fall­stri­cke für die Pla­nen­den erkannt zu haben:

  1. Ver­mei­den Sie Frei­text­fel­der wenn irgend mög­lich. Nicht nur, dass sie schwer auto­ma­ti­siert aus­zu­wer­ten sind – sie ber­gen die Gefahr von SuS dafür genutzt zu wer­den, unter Nen­nung von Namen von Lehr­kräf­ten zum Dampf­ab­las­sen benutzt zu wer­den. Daten­schutz­tech­nisch kön­nen Sie in Teu­fels Küche kom­men, wenn z.B. die Schul­lei­tung die unzen­sier­te Her­aus­ga­be die­ser Daten ver­lan­gen sollte.
  2. Ver­wen­den Sie eine kon­se­quen­te und für die Betei­lig­ten trans­pa­ren­te Anony­mi­sie­rung – ich wer­de noch spä­ter blog­gen, wie so etwas tech­nisch rea­li­sier­bar ist.
  3. Eine grund­sätz­li­che Schwie­rig­keit ber­gen all­ge­mein gehal­te­ne Fra­gen, z.B. „Mit der Unter­richts­ge­stal­tung an er Schu­le xy bin ich zufrie­den.“ SuS wer­den berech­tigt ein­wen­den, dass die­se Fra­gen über alle Lehr­kräf­te gebo­gen nicht beant­wort­bar  sind und sich auf die aus ihrer Sicht nichts­sa­gen­dens­te Ant­wort­mög­lich­keit zurück­zie­hen, die eine spä­te­re Aus­wer­tung stark ver­zerrt. Die Alter­na­ti­ve von per­so­na­li­sier­ten Feed­backs zu einer Lehr­kraft birgt Spreng­stoff für den Schul­frie­den und ver­letzt wahr­schein­lich Daten­schutz­richt­li­ni­en. Net­tes Dilem­ma. Ich per­sön­lich wür­de mich die­ser Her­aus­for­de­rung stel­len, weil ich das span­nend fin­de. Pro­ble­ma­tisch ist natür­lich, dass jede Lehr­kraft  (natür­lich auch ein Herr Riecken) bei einer gelun­ge­nen Anony­mi­sie­rung irgend­wie ihr Fett weg­be­kom­men wird – span­nend wird es dann wei­ter­hin, ob eine Schul­lei­tung auf der­ar­ti­ge Daten Zugriff erhal­ten dürf­te und wel­chen rea­lis­ti­schen Aus­sa­ge­wert  (der Mensch ansich über­treibt ja ger­ne) eine sol­che Eva­lua­ti­on gera­de bei une­lieb­ten Lehr­kräf­ten hät­te, die ihren Mythos schon über Jah­re mit sich her­um­schlep­pen. Noch ein net­tes Dilemma.
  4. Ver­mei­den Sie Fra­gen, die zwei Kri­te­ri­en abprü­fen, etwa: „XY ist ansprech­bar und freund­lich.“. Das sind zwei ver­schie­de­ne Aspek­te. Ich kann zwar freund­lich, jedoch sel­ten erreich­bar sein oder umge­kehrt, z.B. muss ja auch das Schul­lei­tungs­team hin und wie­der unter­rich­ten und ist dann nicht ansprech­bar für SuS oder Eltern.
  5. Sie wer­den es nie­man­dem Recht machen kön­nen. Es wird immer an irgend­ei­ner Stel­le irgend­ei­nen Ärger oder Ver­lan­gen nach Daten geben. Machen Sie sich also drin­gend im Vor­we­ge mit den in Ihrem Land gül­ti­gen Dat­zen­schutz­ge­set­zen ver­traut, um in einem spä­te­ren Dis­kurs ange­mes­sen reagie­ren zu können.

Ins­ge­samt kann das alles eine span­nen­de Erfah­rung wer­den. Es kön­nen ja auch z.B. Leh­re­rin­nen und Leh­rer z.B. die Eltern- und Schü­ler­schaft einer Schu­le evaluieren…

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