DRM – Zweitkontakt

Ich besit­ze einen Account bei Musi­cload. Den nut­ze ich hin und wie­der, wenn ich einen Song schnell auf der Plat­te, bzw. in mei­nem häus­li­chen DLNA-Netz­werk haben möch­te – das ist von den Ton­qua­li­tät nicht immer das Opti­mum, aber in den meis­ten Fäl­len erhält man dort eine eini­ger­ma­ßen sau­ber codier­te MP3-Datei ohne DRM, mit der ich dann machen kann, was ich will.

Ges­tern war ich auf der Suche nach einem Film – es soll­te natür­lich schnell gehen. Goog­le spuck­te Video­load als eine der ers­ten Platf­for­men aus, die auch eine Kauf­op­ti­on anbo­ten. Beson­ders wich­tig war für mich dabei die­ser Satz:

Sie kön­nen die­se Flux-Datei auf DVD bren­nen, wel­che Sie auf jedem DVD-Play­er anschau­en können.

Eine FluxDVD-Datei ist ein DRM-geschütz­ter Con­tai­ner, mit dem sich erst­mal wenig anfan­gen lässt – immer­hin ist er mit dem Win­dows-Media­play­er abspiel­bar, so dass man das Ding etwa über HDMI an einen Fern­se­her oder Bea­mer wei­ter­rei­chen kann. Das funk­tio­niert auch gut. Neben­ef­fekt dabei ist, dass der Con­tai­ner dabei hilft, die Down­load­grö­ße zu begren­zen – nicht jeder hat schließ­lich z.B. einen Kabel­in­ter­net­an­schluss. Beim Bren­nen der DVD jedoch erleb­te ich ein Dra­ma mit meh­re­ren Akten, das in der Kata­stro­phe endete.

1. Akt

Ich benut­ze Win­dows ja nur in vir­tu­el­len Maschi­nen. Da galt es es vor dem Down­load zunächst ein­mal, eine spe­zi­el­le Soft­ware von Video­load zu instal­lie­ren. Die beschwer­te sich dann dar­über, dass kein AC3-Codec auf dem Sys­tem zu Ver­fü­gung stün­de, hol­te sich aber diver­se Datei­en aus dem Inter­net nach – hät­te man nicht da auch gleich den feh­len­den AC3-Codie­rer instal­lie­ren kön­nen? Um die FluxDVD-Datei bren­nen zu kön­nen, muss­te sie natür­lich wie­der kon­ver­tiert („dekom­pri­miert“) wer­den, was mit den Ein­stel­lun­gen für mei­ne VM etwa 120 Minu­ten dau­er­te. Sie ver­gin­gen etwa 2,5 Stun­den mit Kon­ver­tie­re­rei und Instal­lier­or­gi­en. Dann stell­te ich fest, dass die VM den Bren­ner des Host­sys­tems nicht durch­ge­reicht bekam. Ok – das hät­te ich vor­her mal prü­fen können.

2. Akt

Auf mei­nem Arbeits­rech­ner habe ich die Win­dows7-Par­ti­ti­on belas­sen und ledig­lich ver­klei­nert, konn­te also Win­dows nativ boo­ten. Die Download‑, Instal­li­er- und Kon­ver­tier­or­gie begann von Neu­em, dau­er­te Dank Core i7-4-Ker­ner und 8GB RAM aber dann nur 1,5 Stun­den, bevor ich auf „Bren­nen“ kli­cken konn­te. Das ging natür­lich nicht, da ich dafür auf dem neu­en Gerät kei­ne Lizenz hat­te – also rasch noch eine nach­ge­kauft – muss­te ja schnell gehen und ich fand die Idee ja ganz nett. Was soll ich sagen? Der „Brennen“-Button erschien und die Fort­schritts­an­zei­ge des Pro­gramms sowie die Geräusch­ku­lis­se aus dem Bren­ner klan­gen hoff­nungs­froh. Dumm nur, dass nach „erfolg­rei­chem“ Abschluss des Brenn­vor­gan­ges eine DVD ohne Inhalt aus­ge­wor­fen wur­de. Ach ja – noch­mal bren­nen geht natür­lich nicht, da die Lizenz nur die Erstel­lung eines Daten­trä­gers erlaubt – für das Pro­gramm war ja alles erfolg­reich verlaufen…

3. Akt

Ich bestel­le dem Film bei Ama­zon für 2 Euro güns­ti­ger inklu­si­ve Book­let und Bonus­da­ten­trä­ger. Um den Min­dest­be­stell­wert zu errei­chen, habe ich gleich noch drei Fil­me mehr geordert.

Fazit

Der Dienst ist in die­ser Form für mich unbrauch­bar. Wenn ich einen Film online „kau­fe“, erwar­te ich:

  1. dass ich ihn auf einem mir zuge­sag­tem Medi­um abspie­len kann
  2. dass er güns­ti­ger ist, als die Voll­ver­si­on mit Originalmedium
  3. dass die Soft­ware, die mir auf­ge­zwun­gen wird, funktioniert
  4. dass nach Erstel­lung des Daten­trä­gers die Inte­gri­tät geprüft wird, bevor die Brenn­li­zenz intern als „erfüllt“ getaggt ist
  5. dass der Vor­gang unkom­pli­ziert verläuft

Ich fra­ge mich, wel­che Erfah­run­gen rei­ne Anwen­der mit so einem Dienst machen. Viel­leicht liegt es ja auch allein dar­an, dass ich im nor­ma­len Leben nur Linux nut­ze und mir die „intui­ti­ven“ Pro­zes­se unter Win­dows ein­fach unge­wohnt sind. Viel­leicht möch­te mich die Film­in­dus­trie auch genau zu Akt 3 hin erzie­hen. Ein­fa­cher dürf­te es in jedem Fall sein, sich den Kram ille­gal als Tor­rent zu besor­gen – oder den Stream eines Ver­leih­vi­de­os abzu­grei­fen. Weni­ger Zeit­auf­wand wäre wohl auch erfor­der­lich. Aber das ist weder erlaubt noch in irgend­ei­ner Form fair.

Tat­säch­lich – im Inter­net ist mit Fil­men so wahr­schein­lich nichts zu ver­die­nen. Lie­be Film­in­dus­trie: Men­schen, die für Inhal­te bezah­len wol­len, sind doch für euch eigent­lich die Guten! Denkt bit­te an deren Zeit und tech­ni­sche Fähigkeiten.

Netzwerkumbau an der Schule

All­mäh­lich ist hier wie­der Land in Sicht. Wir sind als Schu­le von einer hoff­nungs­los ver­al­te­ten Open­So­ur­ce-Schul­ser­ver­lö­sung auf eine voll­kom­men ande­re tech­ni­sche Basis umge­stie­gen und das im lau­fen­den Schul­be­trieb. Wir nut­zen jetzt IServ – hier ein­mal eine klei­ne Tour durch Möglichkeiten:

Die IServ basiert auf einem nor­ma­len Debi­an-Trä­ger­sys­tem, wel­ches durch ein pass­wort­ge­schütz­tes deb-Repo­si­to­ry durch nicht frei­en Code ergänzt wird, der ent­spre­chend der GPL sau­ber getrennt vom übri­gen Sys­tem­code abge­legt ist. Das macht das Sys­tem so frei, dass nach wie vor Raum für eige­ne Bas­te­lei­en bleibt – z.B. IServ-Modu­le mit Schü­lern ent­wi­ckeln. Gleich­zei­tig ermög­licht die Geschlos­sen­heit des Codes in Ver­bin­dung mit einem Remo­te-War­tungs­ver­trag die exter­ne Pfle­ge des Sys­tems – obwohl es sich weit­ge­hend selbst durch auto­ma­ti­sier­te Scrip­ten pflegt…

Abge­se­hen von unzäh­li­gen durch­dach­ten Funk­tio­nen – z.B. die fern­ge­steu­er­te Rech­ner­war­tung – fas­zi­niert der IServ durch sein Bedie­nungs­kon­zept, das sich auch uner­fah­re­nen Nut­zern intui­tiv erschließt. Der IServ deckt etwa 90% der Funk­tio­nen (Forum, inte­grier­tes und voll­wer­ti­ges Mail­sys­tem, Datei­aus­tausch, Grup­pen­ord­ner etc.) von einer Lern­platt­form ab, wie sie zur­zeit an den meis­ten Schu­len tat­säch­lich(!) genutzt wer­den dürf­ten, so dass ich hof­fe, unser bestehen­des Schul­mood­le (V.2.1+) außer­halb von grö­ße­ren Pro­jek­ten bald nie­man­dem mehr zumu­ten zu müs­sen – am bes­ten gleich Maha­ra oder so ein­füh­ren. Nach vier Tagen Betrieb sind 2/3 der Lehr­kräf­te dort zumin­dest ein­mal ange­mel­det gewe­sen und bereits 15 Mobil­ge­rä­te für den Inter­net­zu­griff frei­ge­schal­tet. Die bis­he­ri­gen „Ahs“ und „Ohs“ sind natür­lich auch zu einem guten Teil unse­rer vor­her bestehen­den Struk­tur geschul­det, aber zuneh­mend auch als „Dif­fe­renz­re­ak­ti­on“ zum Bedien­kon­zept von Mood­le zu sehen.

Die Bedien­bar­keit im Hin­blick auf die Bedürf­nis­se von Schu­len ist natür­lich kein Zufall: Das Sys­tem ist an einer Schu­le als Pro­jekt ent­stan­den und ernährt jetzt immer­hin eini­ge Mit­ar­bei­ter. Der Spaß kos­tet natür­lich etwas – aber weit weni­ger, als es an War­tungs­kos­ten vor Ort ein­spart. Die Migra­ti­on von 1500 Nut­zern (Schü­ler und Leh­rer) auf IServ dau­ert zwar noch an, aber schon jetzt ste­hen wir fast schon bes­ser als vor­her da – nach nur vier Tagen Arbeit (…und kei­ner Stun­de Unter­richts­aus­fall bei mir.).

Unge­wohnt ist dabei mei­ne ver­än­der­te Rol­le: Ich bespre­che und pla­ne not­wen­di­ge Tätig­kei­ten mit den Mit­ar­bei­tern der betreu­en­den Fir­ma und span­ne auch ande­re Betei­lig­te mit ein, obwohl ich eigent­lich lie­ber selbst auf der Lei­ter stün­de und den Acces­s­point anschrau­ben… (aber dann hät­te ich frei­ge­stellt wer­den müssen).

Ach ja – noch­was ist neu: Daten­schutz und Nut­zungs­ord­nun­gen. Bei­des braucht man sehr drin­gend als Schu­le. Mei­ne zustän­di­ges Lan­des­in­sti­tut für Daten­schutz hat mir dabei die Ent­wür­fe von Leh­rer-Online emp­foh­len. Durch ein Tele­fo­nat mit einem Freund aus alten Tagen, der beim ULD arbei­tet, habe ich die Anre­gung bekom­men, zusätz­lich eine Ver­fah­rens­be­schrei­bung zur Gewin­nung per­so­nen­be­zo­ge­ner Daten aus dem Schul­netz zu erstel­len. Ob man bei der gel­ten­den, ver­wor­re­nen Rechts­la­ge damit auf der 100%-sicheren Sei­te ist, darf bezwei­felt wer­den, aber man hat zumin­dest das „Lai­en­mög­li­che“ getan. Zumin­dest dürf­te es ein Anwalt ein wenig schwe­rer haben, Ver­fah­ren auf­grund von Form­feh­lern erfolg­reich anzufechten.

Jetzt kommt noch viel Klein­kram (zicken­de WLAN-Ver­bin­dun­gen, Dru­cker­ein­bin­dung usw.), aber das Wesent­li­che ist geschafft und ich kann die ers­ten Qua­li­fi­zie­rungs­maß­nah­men jen­seits vom Peer­coa­ching zum neu­en Schul­netz andenken.

Ausbildungsseminare

Die Aus­bil­dungs­se­mi­na­re in Nie­der­sach­sen haben es zur­zeit nicht gera­de leicht: In ca. 1,5 Jah­ren sol­len sie bereits Out­put in Form fri­scher Lehr­kräf­te für die Schu­len lie­fern. Die Refe­ren­da­re haben von Anfang an eigen­ver­ant­wort­li­chen Unter­richt zu ertei­len – frü­her gab es eine Art Schon­frist von einem hal­ben Jahr, in dem der jun­ge Kol­le­ge bzw. die jun­ge Kol­le­gin ein­fach schau­en und expe­ri­men­tie­ren konn­te. Auch neu ist, sämt­li­che Prü­fun­gen für das 2. Staats­examen an einem Tag durch­zie­hen zu müssen.

Bei mir in Schles­wig-Hol­stein war das damals alles auch so – nur gab es einen zwei­jäh­ri­gen Vor­be­rei­tungs­dienst und  an der Schu­le Men­to­ren, die mir fest zuge­teilt waren, dafür etwas Ent­las­tung beka­men und in der Prü­fung auch Stimm­recht besa­ßen. Das waren zusam­men mit dem Schul­lei­ter der Aus­bil­dungs­schu­le immer­hin drei von sie­ben Stim­men. Grund­sätz­lich war dort die Arbeit als Fach­lei­ter in einem Semi­nar mit einer Beför­de­rungs­stel­le mit ent­spre­chend for­ma­li­sier­tem Aus­wahl­ver­fah­ren verbunden.

Die Refe­ren­da­re wer­den hier in Nie­der­sach­sen in der Aus­bil­dungs­zeit schwer­punkt­mä­ßig von ihren Fach­lei­tern betreut – die für die­se Arbeit m.E. alles ande­re als eine ange­mes­se­ne Ent­las­tung erhal­ten, wenn sie als soge­nann­te „Mit­wir­ker“ fun­gie­ren. Ein Mit­wir­ker hat ent­spre­chend der Anzahl der von ihm betreu­ten Refe­ren­da­re ein gewis­ses Depu­tat an Ent­las­tungs­stun­den. Eine Ent­las­tung für die beglei­ten­den Kol­le­gen an der Schu­le ist nicht vor­ge­se­hen. Das ist bei uns Teil der Dienstverpflichtung.

Das Bild des Fach­lei­ters von der aus­zu­bil­den­den Lehr­kraft ist dem­nach sys­tem­be­dingt ein äußerst punk­tu­el­les, aller­dings kom­men die hie­si­gen Fach­lei­ter immer­hin ein wenig öfter in den den Unter­richt der Refe­ren­da­re als mei­ne „damals“.

Die Refe­ren­dars­zeit prägt, die sie sich in der Schwe­be von Anpas­sung und bes­ten­falls Wider­stand bewegt. Von der Beur­tei­lung der Fach­lei­ter hängt in sehr extre­men Maße ab, inwie­weit ein Mensch sei­nen ange­streb­ten Beruf auch aus­üben kann. Nach einem doch recht lan­gem Fach­stu­di­um ohne rich­ti­gen aka­de­mi­schen Abschluss besteht da doch ein „gewis­ser“ Druck (Staats­examen – was soll das in der Wirt­schaft sein?). Inwie­weit die Umstel­lung auf das Bache­lor-/Mas­ter­sys­tem hier Ent­las­tun­gen bringt, ver­mag ich nicht zu beur­tei­len. Im schlimms­ten Fall sind die Erfah­run­gen in der Refe­ren­dars­zeit so mas­siv, dass sie den Umgang mit Auto­ri­tät für die gesam­te Dienst­zeit prägen.

Ich erle­be die Aus­bil­dungs­se­mi­na­re jetzt natür­lich nur noch aus der Sicht eines betreu­en­den Leh­rers. Bei Beför­de­rungs­be­su­chen bin ich hin und wie­der auch noch selbst Bespre­chungs­si­tua­tio­nen aus­ge­setzt.  Eigent­lich soll­te die regel­mä­ßi­ge Über­prü­fung mei­ner Arbeit durch eine exter­ne Instanz selbst­ver­ständ­lich sein – immer­hin geht es dabei ja auch um vie­le ande­re Men­schen, deren Lebens­chan­cen ich beeinflusse.

Bei der Bespre­chung von Unter­richt durch Fach­lei­ter erle­be ich immer wie­der Din­ge, die aus mei­ner Sicht gra­vie­ren­de Män­gel dar­stel­len, die mich als gestan­de­nen Kol­le­gen nicht son­der­lich tan­gie­ren, für die „Prä­gung“ eines Refe­ren­dars jedoch fatal sei kön­nen. Eini­ge der m.E. schlimms­ten nen­ne ich hier stellvertretend:

Feh­len­de Ori­en­tie­rung an cur­ri­cu­la­ren Vorgaben

Immer wie­der erle­be ich in Bespre­chun­gen, dass sel­bi­ge sich nicht am Kom­pe­tenz­be­griff ori­en­tie­ren, bzw. das Wort „Kom­pe­tenz“ nicht ein­mal außer­halb des Lehr­pro­ben­ent­wur­fes Anwen­dung fin­det. Man kann zum Kom­pe­tenz­be­griff ste­hen wie man will – er ist eine wesent­li­che Vor­ga­be der Cur­ri­cu­la. Die­se wird oft dadurch „erfüllt“, dass man den Refe­ren­dar zwar nötigt, in sei­nem Ent­wurf Kom­pe­ten­zen aus­zu­wei­sen, die in der tat­säch­li­chen Stun­de rele­van­ten Kom­pe­ten­zen jedoch allen­falls auf der fach­li­chen Ebe­ne the­ma­ti­siert. Hier­bei scheint es pri­mär um Bewah­rung zu gehen, was den Auf­ga­ben eines Aus­bil­dungs­se­mi­nar dia­me­tral ent­ge­gen­läuft. Man ver­mit­telt dem Refe­ren­dar impli­zit, dass man sich z.B. als Kom­mis­si­on nicht an Regeln hal­ten muss, als Refe­ren­dar schon. Der Kom­pe­tenz­be­griff wird bald tot sein und wahr­schein­lich durch den Begriff des Pro­zes­ses ersetzt wer­den. Was kon­stant blei­ben wird, ist die durch den Kom­pe­tenz­be­griff in der Vor-Ber­tels­mann-Ära inten­dier­ten Ver­än­de­run­gen der Haltung.

Ver­fehl­te Kommunikationsstrategien

Jedes Aus­bil­dungs­se­mi­nar, das mir bekannt ist, ver­mit­telt die Wer­te der direk­ten Kom­mu­ni­ka­ti­on. Ein Schü­ler soll nicht sagen: „Petras Text ist…“, son­dern „Petra, an dei­nem Text gefällt mir…“. Ich habe noch nie eine Bespre­chung von Fach­un­ter­richt erlebt, in der der anwe­sen­de und gegen­über­sit­zen­de Refe­ren­dar nicht über einen län­ge­ren Zeit­raum in der drit­ten Per­son „ange­spro­chen“ wur­de. „Die Lehr­kraft hat <loben­des Satz­ad­jek­tiv> reagiert!“ – lieb gemeint, aber eine kom­mu­ni­ka­ti­ve Voll­ka­ta­stro­phe, ins­be­son­de­re wenn es aus dem Mund von Päd­ago­gik­fach­lei­tern kommt – und das ist mir mehr als ein­mal passiert. 

Heim­li­che Regeln

Ich erle­be immer wie­der, dass Stun­den bespro­chen wer­den, wie man sie hät­te machen kön­nen und nicht Stun­den, wie sie im Ent­wurf ste­hen (hin und wie­der scheint auch der Ent­wurf selbst nicht hin­rei­chend prä­sent zu sein). Man kommt zwar sel­ten zu einem ande­ren Ergeb­nis, mit der abschlie­ßen­den Beno­tung wäre ich oft ein­ver­stan­den gewe­sen, nicht jedoch mit der Begrün­dung.  Man kann den Spieß ja auch umdre­hen: Wenn man eine Stun­de hät­te anders machen kön­nen (und das kann man immer), so hat der aus­bil­den­de Fach­lei­ter ent­we­der auf vol­ler Linie ver­sagt oder sei­ne Kri­te­ri­en für eine gelun­ge­ne Stun­de im Vor­we­ge nicht hin­rei­chend trans­pa­rent gemacht. Die Kunst als betreu­en­der Kol­le­ge besteht oft dar­in, die heim­li­chen Regeln des Fach­lei­ters her­aus­zu­fin­den. Typi­sche heim­li­che Regeln, die ich erlebt habe, sind z.B.

  • Jede Stun­de muss Form und Inhalt glei­cher­ma­ßen berück­sich­ti­gen. Es gibt kei­ne Begrün­dung für ein ande­res Vorgehen.
  • Epi­sche Tex­te dür­fen nicht in der Form einer sze­ni­schen Inter­pre­ta­ti­on erschlos­sen wer­den – das dür­fen nur Dramen.
  • Die Siche­rung muss in der Stun­de selbst erfol­gen. Es gibt kei­ne Begrün­dung, die ein ande­res Vor­ge­hen rechtfertigt.
  • Die Notie­rung von Ein­hei­ten hat streng nach IUPAC-Regeln zu erfol­gen, z.B. [mL] und nicht [ml]
  • […]

Um mit einem Refe­ren­dar eine Stun­de zu bau­en, die zu den heim­li­chen Regeln eines Fach­lei­ters passt, muss man den Fach­lei­ter lei­der min­des­tens vor­her bei einer Bespre­chung erlebt haben. Das ist orga­ni­sa­to­risch oft schwie­rig. Wenn mir die Regeln zu heim­lich sind, fra­ge ich sie auch schon­mal aus dem Fach­lei­ter her­aus.  Das ist bloß meist recht unan­ge­nehm – weil die­se Regeln oft nicht reflek­tiert sind – des­we­gen ja auch heim­li­che Regeln.

Ver­fehl­ter Ein­be­zug des Entwurfs

Ein Lehr­pro­ben­ent­wurf ist ein umfas­sen­de schrift­li­che Leis­tung, die zudem hohe Anfor­de­run­gen an sprach­li­che Ver­dich­tung und Prä­gnanz stellt. Er ist auf­grund der enor­men Arbeit, die in einem Ent­wurf steckt, geson­dert zu beno­ten und vor der Beno­tung einer Lehr­pro­be zu einem fes­ten Pro­zentz­satz ein­zu­rech­nen. Das gebie­tet die Wert­schät­zung, nicht die Prü­fungs­ord­nung. Das wird gene­rell nicht gemacht und als Grund genannt: „Man muss sich die Note offen hal­ten.“ Ent­lar­vend, oder? Impli­zit gibt man damit zu, dass eine Stun­de nur begrenzt plan­bar ist und ein guter Ent­wurf nicht zwin­gend eine gute Stun­de nach sich zieht. Rela­tiv sicher scheint mir, dass schlech­te Ent­wür­fe mit hoher Wahr­schein­lich­keit zu einer schlech­te Stun­de füh­ren wer­den. Impli­zit gibt man aber damit zu, dass man sich selbst nicht zutraut, schwe­re Pla­nungs­feh­ler im Vor­feld einer Stun­de zu erken­nen. Umge­kehrt ist es für den Prü­fer viel leich­ter: „Das ging schief und die­ser Feh­ler ist ja auch schon im Ent­wurf ange­legt!“. Bör­se ist zwei Tage spä­ter auch immer ein­fach. Das, was ich mir zutraue, darf ich von ande­ren erwarten.

Fazit

Ich habe auch aus­ge­zeich­ne­te Stun­den­be­spre­chun­gen erlebt, die zei­gen, dass Fach­lei­ter und Semi­na­re her­vor­ra­gend und trans­pa­rent arbei­ten kön­nen. Aber das ist nicht selbst­ver­ständ­lich. Des­we­gen soll­ten zwin­gend auch die Aus­bil­dungs­se­mi­na­re m.E. inspi­ziert und eva­lu­iert wer­den – genau wie eine Schu­le. Die Kri­te­ri­en müss­ten wahr­schein­lich gar nicht so viel anders sein. 

LMS und die Macht des Ringes

Wir Men­schen wer­den Twit­ter wei­ter­hin auch sinn­ent­leert und ver­ant­wor­tungs­los nut­zen. Wir wer­den wei­ter­hin glau­ben, dass wir mit tech­no­lo­gi­schem Fort­schritt unse­re Pro­ble­me lösen kön­nen. Wir über­se­hen geflis­sent­lich, dass die Tech­nik und Ihr Gebrauch nur der Spie­gel unse­rer Selbst ist. Wor­aus wie­der ein­mal folgt, dass wir selbst unser größ­tes Pro­blem sind. Denn natür­lich wäre es ungleich anstren­gen­der und bedroh­li­cher, uns selbst zu fokus­sie­ren als irgend­ei­ne neue Tech­no­lo­gie. Schließ­lich wür­de sich da doch der eine oder ande­re graus­li­che Abgrund auftun.

Andre­as Zeuch in: http://www.psychophysik.com/integral-blog/?p=2151

Sigi Jakob – eine Mood­le­ve­te­ra­nin und päd­ago­gi­sche Exper­tin, wenn es um die Nut­zung von Lern­platt­for­men im Sin­ne einer neu zu den­ken­den Lern­kul­tur geht, hat im Rah­men ihrer Key­note als Gast­red­ne­rin auf dem 2. Köl­ner Mood­le­tag etwas erlebt, was sie hier ein­drucks­voll auf­schreibt. Sie nennt dort als Ziel des Vortrags:

Die Ziel­set­zung mei­nes Vor­trags war, die Zuhö­rer für die Not­wen­dig­keit einer Ver­än­de­rung in der Lern­kul­tur zu sen­si­bi­li­sie­ren und auf­zu­zei­gen, dass ein Mood­le­kurs allein noch kei­nen ande­ren Unter­richt und ande­res Ler­nen bewirkt.

Sigi Jakob in: http://www.school-networking.de/start/?p=857

Sigi nennt das Erleb­te ein Deba­kel. In dem Text steckt so viel von dem, was über das The­ma „Neue Tech­no­lo­gien“ zu den­ken ist, dass ich gar nicht weiß, womit ich genau anfan­gen soll.

Also fan­ge ich mit mir selbst an. Ich habe mich vor eini­gen Wochen voll­kom­men aus den Mood­le­krei­sen zurück­ge­zo­gen, obwohl ich mich auch mit Fug und Recht als Mood­ler der ers­ten Stun­de bezeich­nen könn­te. Die­se Ent­schei­dung wur­de kata­ly­siert in mei­ner Aus­ein­an­der­set­zung mit Chris­ti­an Gru­ne, der das LMS its­lear­ning in Deutsch­land ver­treibt. Ich habe nie in mei­ner gesam­ten Mood­le­zeit den metho­di­schen Reich­tum einer Sigi Jakob erreicht.

Das hat­te sys­te­mi­sche Grün­de (die Voll­zeit­müh­le), tech­ni­sche Grün­de (ich bin eher tech­nik­ver­liebt – Mensch, Sigi, was hät­te ich für dich als Tech­ni­ker errei­chen kön­nen…), aber natür­lich alle Din­ge, die Sigi im Vor­spann ihrer Refle­xi­on beschreibt. Vor allem aber habe ich erfah­ren, dass ande­re Tools viel bes­ser zu mei­ner Art des Unter­richts pas­sen. Die­se Art des Unter­richt war schon da. Sie wur­de nicht durch die Tools aus­ge­löst. Gleich­wohl ist der umge­kehr­te Weg denk­bar – die inter­ak­ti­ven Tafeln tau­gen oft als tro­ja­ni­sches Pferd, um Leh­ren­de über­haupt in Kon­takt mit neu­en Medi­en zu bringen.

Jedes LMS trägt die „Macht des Rin­ges“ in sich. Ein LMS bie­tet in der Regel die Mög­lich­keit, Schu­le so zu machen, wie sie schon immer war. Das Sys­tem wird auf allen Ebe­nen durch den Ring geknech­tet wer­den. Die Kräf­te, die dabei unter dem enor­men Eva­lua­ti­ons­druck das Gewohn­te 1:1 ins Digi­ta­le über­tra­gen, wer­den sich der Kraft des Rin­ges nicht ent­zie­hen können.

Und dann steht man als idea­lis­ti­scher z.B. Mood­ler da und sieht sich auf ein­mal der gesam­ten Kri­tik­breit­sei­te vom „Bevor­mun­dungs-“ bis zum „Kon­troll­sys­tem“ aus­ge­setzt – nicht weil ich das Sys­tem so nut­ze, son­dern weil die Macht des Rin­ges das Sys­tem ver­führt, ein­fach nur den Abbil­dungs­mo­dus umzu­schal­ten, weil es alte Sicher­hei­ten nicht tan­giert – und da sind wir bei Andre­as Zeuch.

Die Hal­tung bestimmt die Nut­zung digi­ta­ler Tools, nicht die Tools die Hal­tung. Die Tools bil­den aber recht bru­tal die Hal­tung ab. Im Ide­al­fall ist erst die Hal­tung vor­han­den, die für ein neu­es Bil­dungs­sys­tem die Grund­la­ge bietet.

Wenn aber die­se Hal­tung vor­han­den ist, hege ich zur­zeit erns­te Zwei­fel dar­an, dass in der Schu­le die Tool­wahl auf ein LMS fal­len wird. Sei­ne Stär­ken spielt ein LMS m.E. nicht im Lern­pro­zess aus, son­dern im Bereich des Aus­tau­sches, der Eva­lua­ti­on von Lern­pro­zes­sen, der Ver­tei­lung von Best-Prac­ti­se-Set­tings. Ich wage die The­se, dass es ein fun­da­men­ta­ler Unter­schied ist, ob eine Lehr­kraft ein LMS allei­ne für sich und ein Team nutzt oder das eine gan­ze Schu­le tut.

Ein kom­mer­zi­el­ler Anbie­ter lebt übri­gens nicht von der Hal­tung. Er lebt von den Ver­gü­tun­gen für sei­ne Dienst­leis­tun­gen. Des­we­gen wirkt er im Ide­al­fall an Hal­tungs­bil­dung mit, um sein Sys­tem attrak­tiv auf dem Markt zu posi­tio­nie­ren. Er kann aber das eine zur­zeit nicht vom ande­ren tren­nen und muss daher Pro­duk­te vermarkten.Genau wie das Bil­dungs­sys­tem ver­fügt er gar nicht über die Res­sour­cen zur flä­chen­de­cken­den „Hal­tungs­bil­dung“, wohl aber über die eine oder ande­re Kom­pe­tenz in die­sem Bereich.

Was ist der Aus­weg? Ich ken­ne nur Bau­stei­ne. Zum Bei­spiel Speck für die Skep­ti­ker – eine gro­ße Grup­pe inner­halb des Schul­sys­tems. Sie haben wenig per­sön­li­che Vor­be­hal­te, aber eine Men­ge for­ma­le. Mein Speck soll ver­läss­li­che Tech­nik sein. Im Fahr­was­ser ver­läss­li­cher Tech­nik hat die Medi­en­be­ra­tung vom NLQ eine Men­ge anzu­bie­ten. Mal schau­en, ob das so klappt.

Geister

In mei­ner Tätig­keit als medi­en­päd­ago­gi­scher Bera­ter begeg­nen mir zur Zeit eine gan­ze Men­ge Geis­ter, die ich frei nach Charles Dickens  hier ein­mal vor­stel­len möch­te. Gemein­sam mit Dickens Geis­tern haben sie, dass sie mich zur­zeit ganz stark in Grü­beln brin­gen und vie­les aus den letz­ten Jah­ren in einem ganz ande­ren Licht erschei­nen lassen.

Die Dämo­nen

Dämo­nen sind für einen Tech­ni­ker ziem­lich wich­tig: Man sieht von ihnen nichts, aber sie lau­schen unauf­hör­lich, ob Auf­ga­ben anlie­gen, die sie immer oder auch zeit­ge­steu­ert abar­bei­ten. Ohne Dämo­nen kommt ein Unix­sys­tem völ­lig zum Erlie­gen – die CPU bekommt kei­ne Auf­ga­ben, die Auf­ga­ben kei­ne Rechen­zeit. Dämo­nen nimmt man als etwas Selbst­ver­ständ­li­ches hin – sie funk­tio­nie­ren halt.

Jeder Leh­rer erfüllt Dämo­nen-Auf­ga­ben, die Schul­lei­tung mehr, der nor­ma­le Kol­le­ge weni­ger. Der Unix-Dämon braucht eigent­lich nichts außer Updates (von ande­ren Dämo­nen gesteu­ert), eine Lauf­zeit­um­ge­bung oder Ener­gie. Dar­an hapert es auf einem IT-Sys­tem meist nicht. Stirbt ein Dämon, star­tet man ihn neu und er ist der­sel­be wie vor­her – genau so belast­bar, genau­so effek­tiv, gefühls­los, nicht nachtragend.

Geben wir den mensch­li­chen Dämo­nen­auf­ga­ben immer die Ener­gie, die sie brau­chen? Aner­ken­nung – still oder offen? Haben sie eine Lauf­zeit­um­ge­bung, die ihnen gibt, was sie für ihre Funk­ti­on benötigen?

Geis­ter­kon­zep­te

Wir pro­du­zie­ren in Nie­der­sach­sen an den Schu­le zur­zeit vie­le Kon­zep­te. Die Pro­duk­ti­ons­ra­te steigt im Vor­feld einer Inspek­ti­on dabei erheb­lich an. Vie­le davon sind schön geschrie­ben und vol­ler Kom­pe­tenz­buz­zwords. Wie vie­le wer­den gelebt? Wie misst man das Gelebt­wer­den von Kon­zep­ten durch z.B. eine Eva­lua­ti­on? Wie lebt man geschätz­te 20 Kon­zep­te gleich­zei­tig anm ein und der­sel­ben Schu­le? Ein nicht geleb­tes Kon­zept ist halt so da – ein Pro­dukt, was man vor­zei­gen kann. Es ist aber ohne die Hand­lung, die dicho­to­misch zu ihm gehö­ren muss, wenn es einen Wert haben soll, nicht real. Es ist dann ein Geist. Für die einen ein guter, weil er die Inspek­to­ren beglückt, für die ande­ren ein abgrund­tief böser, weil er die Res­sour­cen Zeit und Wahr­neh­mung ohne Gegen­leis­tung ver­schwen­det. Drei wirk­lich geleb­te Kon­zep­te an einer Schu­le. Wäre das nicht eine Basis?

 Der Geist einer Schule

Es ist ziem­lich ver­rückt und es klingt total ein­ge­bil­det: Bei den bis­he­ri­gen Schu­len, die ich besucht habe, war mir schon nach weni­ge Metern im Gebäu­de klar, wie das sich anschlie­ßen­de Gespräch mit dem meist Schul­lei­ter ver­lau­fen wür­de. Die Mix­tur als Geräu­schen und Stil­le, aus Archi­tek­tur, aus Geruch und Licht­stim­mung spricht Bän­de bar jed­we­der Ratio­na­li­tät. Das Selt­sa­me dar­an ist, dass ich den Geist mei­ner eige­nen Schu­le am wenigs­ten von allen erleb­ten beschrei­ben kann- viel­leicht weil alles schon viel zu gewohnt und ver­traut ist.

Mir sind Äußer­lich­kei­ten eigent­lich immer recht egal gewe­sen, obwohl ich immer neid­voll in reich geschmück­te Klas­sen­zim­mer gehe – ich den­ke dabei dann doch eher an: „Und wer räumt das alles wie­der auf?“. Ich weiß, dass ich einen eige­nen Raum möch­te, den ich selbst gestal­ten kann, in dem mein Geist herrscht, in dem ich Lern­an­ge­bo­te und ‑medi­en bereit­hal­ten kann, die mir eine wei­te­re Öff­nung des Unter­richts ermöglichen.

An die­sen Ideen mer­ke ich, wie sehr ich das, was Schu­le im All­ge­mei­nen als Geist vor­gibt, als unab­än­der­lich hin­ge­nom­men habe. Jetzt, wo die Müh­le zwar noch läuft – aber an min­des­tens zwei ver­schie­de­nen Orten, begrei­fe ich, was noch alles mög­lich ist und was schon anders­wo tat­säch­lich gemacht wird. Viel zu ler­nen gibt es für mich an den Grundschulen.

Es ist, was den Geist angeht, aber bis­her recht egal, was drau­ßen an der Tür steht.

Bleibt noch dies:

Wer mir sagt, dass man Geis­ter mes­sen, beschrei­ben und allein durch die­se bei­den Ope­ra­tio­nen ent­wi­ckeln kann, der hat ein Welt­bild, das zu dem mei­nen nicht passt. Ich habe noch nie einen bösen Geist gese­hen, der dadurch ver­schwand oder einen guten, der dadurch zum über­mäch­ti­gen Dschinn wurde.

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