Schulleitung als „Digitalisate-Sucher“
Die GEW Wittmund berichtet unter dieser Überschrift auf ihrer Webseite, auf welche Weise das Kultusministerium hier in Niedersachsen seinen Verpflichtungen, die sich aus dem “Gesamtvertrag zur Einräumung und Vergütung von Ansprüchen nach § 53 UrhG†ergeben, nachkommen möchte. Dieser Vertrag wurde erst kürzlich öffentlich in der Schultrojanerdebatte z.B. auf Netzpolitik diskutiert.
Allem Anschein nach sollen die Schulleitungen in Niedersachsen bestätigen, dass zu einem gegebenen Stichtag alle sich unter der Kontrolle befindlichen PC-Systeme einer Schule frei von durch den Gesamtvertrag nicht legitimierten Digitalisaten sind. Rein objektiv muss dieser Bestätigung eine Prüfung vorausgehen.
Um zu begreifen, welche Maßnahmen notwendig sind, um ein „unerlaubtes Digitalisat“ zu identifizieren, definiere ich zunächst – vielleicht falsch – was unter diesem formaljuristischen Begriff vielleicht gemeint sein könnte.
Ein Digitalisat ist für mich die digitale Repräsentation einer ursprünglich analogen Vorlage – und jetzt auf deutsch: Ein Scan einer Papiervorlage, die z.B. über ein Schulnetzwerk verteilt wird. Das kann z.B. der Lückentext aus dem Zusatzmaterial für den Deutschunterricht sein, der über Moodle allen Schülern einer Lerngruppe z.B. als PDF zugänglich gemacht wird. Strenggenommen dürften Audio- oder Videodateien (z.B. Hörverstehensübungen) nicht dazu zählen, da sie bereits in digitaler Form vorliegen (Ausnahme: Kassetten und VHS-Videos). Zählten sie nicht dazu, wäre das jedoch unlogisch im Sinne der für mich erkennbaren Intention des Rahmenvertrags.
Überspitzt formuliert sollen offenbar die Schulleitungen jetzt „Schultrojaner“ spielen. Die GEW Wittmund fragt m.E. zu Recht, ob das überhaupt zu leisten ist. Sollten ggf. viele Schulen sich außer Stande sehen, diese Prüfung durchzuführen, wäre eine Software zur Identifizierung unerlaubter Digitalisate doch geradezu „ein Segen“. Immerhin muss in jedem Einzelfall eine urheberrechtliche Recherche durchgeführt werden, die bei juristisch nicht vorgebildetem Personal bis zu 20 Minuten je Fall dauern dürfte – ohne dass dabei irgendeine Form von Rechtssicherheit entstünde.
Was diese Software leisten muss, wird angesichst der vielen unterschiedlichen Dateiformate und möglichen Speicherorte (private Freigabe auf einem persönlichen PC oder Schulrechner?), dürfte klar werden, wenn man sich als Mensch „in die Lage“ dieser Software versetzt. Das ist bereits breit diskutiert worden und soll hier nicht wiederholt werden.
Ich denke zurzeit vor allem an mich als Administrator – ganz egoistisch. Letztendlich müsste ich eine anlasslose, inhaltlich nicht zu leistende Gesamtüberprüfung aller PC-Systeme vornehmen, die sich in meinem direkten Einflussbereich befinden. Mir fällt keine rechtliche einwandfreie Möglichkeit ein, wie ich sämtliche Schüler- und Lehrerverzeichnisse in Einklang mit den geltenden Datenschutzgesetzen scannen (auch: lassen) dürfte. Dazu bedarf es nach meinem Verständnis zumindest einer Vereinbarung mit den Personalvertretungen, die dann jedoch wiederum einer rechtlichen Prüfung standhalten müsste.
Als Alternative sehe ich für mich eigentlich nur die vollständige Löschung aller Festplatten mit anschließender kompletter Neuinstallation. Auch hier stellt sich mir die Frage nach der Verhaltnismäßigkeit und wie bzw. wann ich das ohne nicht einmal eine Entlastungsstunde leisten können soll. Natürlich ist das Aufgabe des Schulträgers. Aber der wird sich natürlich auch bedanken und organisieren muss ich die Sache trotzdem.
Das niedersächsische Beamtengesetz – so wie ich es verstehe – verlangt bei jeder Dienstanweisung die Einhaltung zweier Kriterien: Die muss verhältnismäßig sein und in Einklang mit geltenden Rechtsnormen stehen. Wenn man mit technischen Argumenten nicht weiterkommt, müsste man doch zumindest formaljuristisch gegenhalten können. Natürlich unter Wahrung des Dienstweges, aber unbedingt unter der Beratung von Juristen.