Verschlüsselung von Schülerdaten auf dem eigenem Rechner mit EncFs

Ich habe als Linux­er, Apple- und Goo­gle­miss­trau­en­der end­lich mit EncFs einen Weg gefun­den, Daten von Schü­le­rin­nen und Schü­lern auf mei­nem Sys­tem so zu ver­schlüs­seln, dass auch Aspek­te des tech­ni­schen Daten­schut­zes gewahrt sind. EncFs arbei­tet datei­ba­siert, d.h. die ein­zel­ne Datei wird ver­schlüs­selt, sodass auch übli­che Linux-Back­up­kon­zep­te (etwa rsync) hier grei­fen. Das ist zwar nicht ganz so per­for­mant, wie eine con­tai­ner- oder volu­men­ba­sier­te Lösung, jedoch ist bei Bit­feh­lern nicht gleich das gan­ze Volu­me gefährdet.

Wiki­pe­dia nennt fol­gen­de Vor- und Nach­tei­le von EncFs:

Auf­grund sei­ner datei­wei­sen Ver­schlüs­se­lung weist EncFS eini­ge Vor­tei­le gegen­über ande­ren Kryp­to­da­tei­sys­te­men auf:

  • Es belegt kei­ne fes­te Grö­ße auf dem Daten­trä­ger. Es wird nur der Platz belegt, der tat­säch­lich für die ver­schlüs­sel­ten Datei­en benö­tigt wird. Daten kön­nen in EncFS gespei­chert wer­den, bis das Datei­sys­tem, in dem es sich befin­det, voll ist.
  • Tei­le des über EncFS-ver­schlüs­sel­ten Datei­sys­tems kön­nen auf ver­schie­de­nen Daten­trä­gern abge­legt sein. Zum Bei­spiel kann ein Ord­ner im (ver­schlüs­sel­ten) Quell­ver­zeich­nis per NFS ein­ge­hängt und ein wei­te­rer lokal vor­han­den sein.
  • Daten­si­che­rungs­pro­gram­me kön­nen gezielt die ein­zel­nen ver­än­der­ten ver­schlüs­sel­ten Datei­en sichern, die sich in der Zwi­schen­zeit geän­dert haben. Es muss nicht jedes Mal die gesam­te Par­ti­ti­on gesi­chert wer­den, wie es bei ver­schlüs­sel­ten Par­ti­tio­nen der Fall ist.

Auf­grund die­ses Ansat­zes erge­ben sich jedoch auch eini­ge Nachteile:

  • Per EncFS abge­spei­cher­te Daten wei­sen die­sel­ben Beschrän­kun­gen auf, wie das Datei­sys­tem, in dem der Quell­ord­ner liegt.
  • Eine Frag­men­tie­rung der ver­schlüs­sel­ten Daten führt zu einer Daten­frag­men­tie­rung im Quellverzeichnis.
  • Die Rech­te­ver­wal­tung wird nicht neu imple­men­tiert, somit kann jeder die Anzahl der Datei­en, ihre Zugriffs­rech­te, Grö­ße und Län­ge des Datei­na­mens (der Datei­na­me sel­ber wird jedoch mit­ver­schlüs­selt) und das Datum der letz­ten Ände­rung sehen.

Quel­le: http://de.wikipedia.org/wiki/EncFS#Vor-_und_Nachteile

Ich ver­lie­re etwas Kom­fort, was ich aber gar nicht ein­mal so schlecht fin­de: Will ich auf mei­ne ver­schlüs­sel­ten Datei­en zugrei­fen, muss ich zuvor noch ein klei­nes Script aus­füh­ren, nähe­res im Ubun­tu-Wiki.

So blei­ben die Datei­en auch im Betrieb ver­schlüs­selt, wenn ich sie nicht benö­ti­ge. Sind die Datei­en entschlüs­selt, so habe ich ein­fach ein Ver­zeich­nis im Datei­baum, in das ich ganz nor­mal spei­chern kann. Sind die Datei­en verschlüs­selt, ist die­ses Ver­zeich­nis schlicht leer. Sie lie­gen eigent­lich in einem ver­steck­ten Ver­zeich­nis – es beginnt mit einem Punkt und wird so in Linux­fi­le­ma­na­gern meist nicht ange­zeigt. Es lässt sich aber zugäng­lich machen – nur lie­gen dar­in eben nur ver­schlüs­sel­te Datei­en, die frei­lich über Meta­da­ten wie Name, letz­tes Zugriff­da­tum, Besit­zer etc. etwas von sich preis­ge­ben – nur an die Inhal­te der Datei­en kommt man halt nicht. EncFs gibt es auch für Win­dows – es kann dort aber nur unter Schmer­zen instal­liert werden.

Akt der Notwehr – Reaktionen auf die Arbeitszeiterhöhungen

Schu­len in Han­no­ver strei­chen die Klas­sen­fahr­ten, um einen Aus­gleich für die anste­hen­de Mehr­ar­beit zu schaf­fen (vgl. Arti­kel hier im Blog). Der Phi­lo­lo­gen­ver­band Nie­der­sach­sen arbei­tet dezi­diert und sach­ori­en­tiert mit Mythen zur Leh­rer­ar­beits­zeit auf. Das Kul­tus­mi­nis­te­ri­um legt sei­ne Plä­ne zur bes­se­ren Aus­stat­tung von Bil­dungs­in­sti­tu­tio­nen offen. Die finan­zi­el­le Rea­li­sie­rung die­ser Plä­ne wird einer­seits durch Erhö­hung der Mit­tel für Bil­dung durch die Poli­tik geleis­tet, ande­rer­seits durch Maß­nah­men wie die Arbeits­zeit­er­hö­hung und Strei­chung der Alters­re­ge­lun­gen aus dem Sys­tem selbst „gewon­nen“.

Ich den­ke nicht, dass irgend­ei­ne Hoff­nung besteht, dass die Poli­tik die bereits beschlos­se­nen und zur Finan­zie­rung ande­rer Pro­jek­te genutz­ten Ver­än­de­run­gen zurück­neh­men wird. Ich den­ke auch nicht, dass eine direk­te, sach­ori­en­tier­te Reak­ti­on auf die­se Maß­nah­men erfolg­reich sein wird.

Den­noch macht man sich in vie­len Gym­na­si­en in Nie­der­sach­sen Gedan­ken, wie man mit die­sen Arbeits­zeit­er­hö­hun­gen umgeht. Beam­te sind ali­men­tiert. Rein logisch könn­te man tat­säch­lich an Stel­len Arbeits­zeit redu­zie­ren, die nicht zwin­gend durch die Auf­ga­ben­be­schrei­bung einer Lehr­kraft abge­deckt sind.

Das sind z.B. Klas­sen­fahr­ten, Exkur­sio­nen, AGs, sozia­le Ange­bo­te wie Streit­schlich­ter, Kon­zer­te, Sport- und Schul­fes­te, Inter­net­auf­trit­te und ja, auch mei­ne Art der Schul­netz­werk­ad­mi­nis­tra­ti­on gehört dazu – ich soll das Netz­werk koor­di­nie­ren und wei­ter­ent­wi­ckeln – für das Hand­an­le­gen wer­de ich eigent­lich nicht bezahlt, eher für die Auf­trags­er­tei­lung an Fachfirmen.

Der Dienst­herr wird die­ses Dilem­ma wahr­schein­lich erken­nen, da es die ein­zi­ge Achil­les­fer­se in sei­ner öffent­li­chen Dar­stel­lung ist. Der Dienst­herr wird nach mei­nen Schät­zun­gen  die Kor­rek­tur­be­las­tun­gen an Gym­na­si­en an die­je­ni­ge ande­rer Bun­des­län­der anglei­chen, d.h. zumin­dest die Anzahl der zu schrei­ben­den Arbei­ten in der Mit­tel­stu­fe redu­zie­ren. Damit wäre dann tat­säch­lich ein spür­ba­rer Aus­gleich geschaf­fen und ein wesent­li­ches Argu­ment der „Wider­ständ­ler“ ausgehebelt.

Wenn es einen sol­chen „Deal“ nach einer öffent­li­chen Debat­te geben wird: Ist Bil­dung am Gym­na­si­um dadurch dann nach­hal­tig ver­bes­sert wor­den? Wie sieht mit dem Bil­dungs­sys­tem in Nie­der­sach­sen dann ins­ge­samt aus? Macht es Fortschritte?

Wenn es so kommt – was soll ein Gym­na­si­um als Reak­ti­on beschließen?

Auch wenn es gebets­müh­len­ar­tig z.B. von Ver­bän­den behaup­tet wird: Dass der Beruf des Leh­rers in der Öffent­lich­keit an Anse­hen gewinnt, sehe ich allen­falls in Umfra­gen. Wit­zi­ger­wei­se for­dern gera­de Ver­bän­de ihre Mit­glie­der dazu auf, an Umfra­gen teil­zu­neh­men – sta­tis­tisch schon eine rele­van­te Stör­grö­ße. Vie­le der übli­chen Ste­reo­ty­pe bestehen in mei­nem Umfeld weiterhin.

Ich sehe eine Gefahr dar­in, die­se Ste­reo­ty­pe durch irgend­wel­che Aktio­nen zu bestä­ti­gen – das wird z.B. der Fall sein, wenn man Klas­sen­fahr­ten streicht oder die Strei­chung androht – bei bereits geplan­ten Aktio­nen tritt zusätz­lich das Pro­blem auf, wie man mit Vor­leis­tun­gen (Buchun­gen, Anzah­lun­gen etc.) sau­ber umgeht. Schu­len aus mei­nem Umkreis ver­su­chen dem zu begeg­nen, indem sie Dienst nach Vor­schrift andro­hen – wird die­se Dro­hung dann auch tat­säch­lich Rea­li­tät? Wenn sie Rea­li­tät wird – wie lan­ge bleibt sie das dann auch? Es soll z.B. ja auch Lehr­kräf­te mit Fami­lie geben, die aus einer ande­ren Posi­ti­on her­aus Inter­es­se an einem leben­di­gen Schul­le­ben haben.

Die Gefahr besteht für mich dar­in, dass wir die Soli­da­ri­tät und Unter­stüt­zung der­je­ni­gen dadurch ver­lie­ren, die wir für eine poli­ti­sche Aus­ein­an­der­set­zung drin­gend benö­ti­gen. Die kurz- und mit­tel­fris­ti­ge Akti­vie­rung durch sol­che Aktio­nen mag aller­dings klappen.

Ich ver­tre­te die Theo­rie, dass Schu­le in der Öffent­lich­keit als sehr wenig trans­pa­rent wahr­ge­nom­men wird. Und ich neh­me war, dass Eltern und Schü­le­rin­nen sowie Schü­ler mit recht gerin­ger insti­tu­tio­nel­ler Macht an Schu­len aus­ge­stat­tet sind – der Schul­vor­stand hier in Nie­der­sach­sen böte aller­dings eine Gele­gen­heit zu star­ker Par­ti­zi­pa­ti­on, setzt aber ein poli­ti­sches Bewusst­sein der Akteu­re voraus.

Die ein­zi­ge Chan­ce zu wirk­li­chen Refor­men bie­tet ent­we­der der schon oft pro­gnos­ti­zier­te Break­down des Bil­dungs­sys­tems (der Pati­ent ist aber zäh) oder die geziel­te poli­ti­sche Akti­vie­rung von Eltern sowie Schü­le­rin­nen und Schü­lern – sie sind schließ­lich nicht treue­pflich­tig oder an Dienst­we­ge gebunden.

Die Arbeits­zeit­er­hö­hung für Gym­na­si­al­lehr­kräf­te ist m.E. eine der gering­fü­gi­ge­ren Her­aus­for­de­run­gen im Bil­dungs­sys­tem, son­dern steht eher im Zei­chen der sich nach mei­ner Wahr­neh­mung in vie­len sozia­len Kon­tex­ten aus­brei­ten­den Hal­tung: „Mehr Qua­li­tät durch weni­ger Per­so­nal und mehr Eva­lua­ti­on“ – man möge z.B. ein­mal mit Alten­pfle­gern, Kran­ken­schwes­tern, Kin­der­be­treu­ungs­ein­rich­tun­gen oder sogar der Poli­zei sprechen.

Idee

Jeden Tag lädt eine Schu­le eine Woche lang zehn Exter­ne ein, eine Lehr­kraft einen Tag bei ihrer Arbeit zu beglei­ten. Bedin­gun­gen: Der Exter­ne setzt sich, wenn sich die Lehr­kraft setzt. Der Exter­ne trinkt einen Kaf­fee, wenn die Lehr­kraft einen Kaf­fee trinkt. Der Exter­ne schreibt ein paar Zei­len zu sei­nen Ein­drü­cken. Sowas muss natür­lich in der Pres­se ange­kün­digt wer­den. Und es soll­ten mög­lichst vie­le Schu­len unter­schied­li­cher Schul­for­men in einer Regi­on dar­an teilnehmen.

Was soll das bringen?

  • Es ver­mit­telt der Öffent­lich­keit einen Ein­druck von der Arbeit an einer Schule
  • Es rich­tet den Blick dar­auf, dass nicht nur Gym­na­si­en vor Her­aus­for­de­run­gen ste­hen, son­dern auch ande­re Schulformen
  • Es setzt ein Zei­chen, dass schul­über­grei­fen­de Zusam­men­ar­beit und schul­über­grei­fen­de Wahr­neh­mung mög­lich ist
  • Es hilft ggf. dabei, Ste­reo­ty­pe in einen erfahr­ba­ren Kon­text zu stellen
  • Es schafft mehr Trans­pa­renz über die Abläu­fe und tat­säch­li­chen Belas­tun­gen an einer Schule
  • Es bie­tet unsi­che­ren Kol­le­gin­nen und Kol­le­gen einen gewis­sen Schutz – es muss sich ja nie­mand „outen“

Ich glau­be nicht, dass wir als Beam­te in nen­nens­wer­tem Umfang allein das not­wen­di­ge poli­ti­sche Gewicht bekom­men kön­nen, wel­ches drin­gend not­wen­dig wäre. Daher kann die Öff­nung des Sys­tems nach außen – mit allen ver­meint­li­chen „Gefah­ren“ – m.E. schon etwas bewirken.

Der Worst-Case wäre für mich fol­gen­der: Die Gym­na­si­en beschlie­ßen allei­ne, Arbeits­zeit durch Strei­chung außer­un­ter­richt­li­cher Akti­vi­tä­ten zu redu­zie­ren (in denen oft viel mehr gelernt wird als im Unter­richt!). Dann kommt der Dienst­herr und redu­ziert sei­ner­seits z.B. die Kor­rek­tur­be­las­tung. Was dann? Alles zurück­neh­men? Man hat ja schließ­lich nur ange­droht – und Din­ge wie die Inklu­si­on kom­men am Gym­na­si­um irgend­wann auch noch an – neue Run­de, neu­es Spiel?

Am 9. Dezem­ber fin­det die ent­schei­den­de Sit­zung im Land­tag statt. Man darf gespannt sein.

Eine Doppelstunde zu „Neue Liebe, neues Leben“

… wahl­wei­se metho­disch über­trag­bar auf ande­re Texte.

Neue Lie­be, neu­es Leben 

Johann Wolf­gang von Goe­the

Herz, mein Herz, was soll das geben? 

Was bedrän­get dich so sehr? 

Welch ein frem­des, neu­es Leben ! 

Ich erken­ne dich nicht mehr. 

Weg ist alles was du liebtest, 

Weg, war­um du dich betrübtest, 

Weg dein Fleiß und dei­ne Ruh – 

Ach, wie kamst du nur dazu ! 

 

Fes­selt dich die Jugendblüte, 

Die­se lieb­li­che Gestalt, 

Die­ser Blick voll Treu und Güte 

Mit unend­li­cher Gewalt? 

Will ich rasch mich ihr entziehen, 

Mich erman­nen, ihr entfliehen, 

Füh­ret mich im Augenblick, 

Ach, mein Weg zu ihr zurück. 

 

Und an die­sem Zauberfädchen, 

Das sich nicht zer­rei­ßen lässt, 

Hält das lie­be lose Mädchen 

Mich so wider Wil­len fest; 

Muss in ihrem Zauberkreise 

Leben nun auf ihre Weise. 

Die Ver­än­de­rung, ach, wie groß! 

Lie­be! Lie­be! Laß mich los!

 

Auf­ga­ben:

  1. Sam­melt gemein­sam in eurer Grup­pe eure Beob­ach­tun­gen zu Spra­che (rot), Form (grün) und Inhalt (blau) auf dem bei­gefüg­ten, far­bi­gen Zet­teln. (15 Minuten)
  2. Über­legt euch gemein­sam eine geeig­ne­te Inter­pre­ta­ti­ons­hy­po­the­se. Notiert die­se für alle deut­lich sicht­bar vor­ne am SMART­Board. (15 Minuten)
  3. Teilt euch auf in: Ein­lei­tung, For­ma­les, Spra­che, Inhalt. Jeder schreibt zu sei­nem Teil­aspekt einen zusam­men­hän­gen­den Text, der zu eurer Inter­pre­ta­ti­ons­hy­po­the­se passt. (30 Minuten)
  4. Prä­sen­tiert euer Arbeits­er­geb­nis nach fol­gen­dem Ablauf:
  • Stellt eure Grup­pe mit Namen vor
  • Tragt eure Tex­te in fol­gen­der Abfol­ge vor: Ein­lei­tung, Inter­pre­ta­ti­ons­hy­po­the­se, for­mal Ana­ly­se, sprach­li­che Ana­ly­se, inhalt­li­che Analyse.

 

Hin­weis:

Ihr dürft euer Han­dy benut­zen, um Wor­te zu klä­ren. Ver­mei­det aber bit­te die Über­nah­me von Tex­ten aus „Hausaufgabenseiten“ etc.

Das Gan­ze gibt es auch als Arbeits­blatt (ODT, PDF). Die Prä­senz meh­re­rer Inter­pre­ta­ti­ons­hy­po­the­sen hilft bei der Selbst­re­fle­xi­on des eige­nen Ergeb­nis­ses. Die Grup­pen­ar­beit ist bewusst so ange­legt, dass jeder aus der Grup­pe eine Auf­ga­be zu erle­di­gen hat, es aber auch Pha­sen des gemein­sa­men Aus­tau­sches gibt. Es kom­men natür­lich kei­ne voll­stän­dig geschlos­se­nen Tex­te her­aus. Es bie­tet sich aber an, in z.B. einer Haus­auf­ga­be die Über­lei­tun­gen zwi­schen den Text­bau­stei­nen gestal­ten zu las­sen. Dafür wäre es gut, wenn die Tex­te schon digi­tal, z.B. in Form eines Blog­ein­tra­ges vorliegen.

Riecken im NDR

Mein Schul­lei­ter war gemein­sam mit ande­ren Schul­lei­tern der Regi­on so mutig, Tei­le mei­nes Brie­fes tat­säch­lich in Form einer Eltern­in­for­ma­ti­on mit Rück­lauf herauszugeben.Das ist hoch anzu­rech­nen – gera­de bei so einem bri­san­ten Thema.

Ges­tern (unter­richts­frei­er Tag für mich) klin­gel­te dann mein Han­dy um 9:45h. „Hal­lo, Herr Riecken, hier der NDR, wir wären doch schon heu­te an der Schu­le, hät­ten sie Zeit vor­bei­zu­kom­men?“ Klar hat­te ich. Ein ganz klein wenig anhüb­schen (nor­ma­ler­wei­se sehe ich noch wüs­ter aus) und ab auf’s Fahrrad.

Vor der Schu­le stand schon die Kame­ra. Ganz kurz wur­den die Fra­gen bespro­chen und schon stand ich im Licht des LED-Schein­wer­fers mit einem Püschel­mi­kro vor dem Bauch (die Ton­frau war die zier­lichs­te Per­son mit den meis­ten Gerä­ten um sich her­um). Anschlie­ßend noch ein locke­res Gespräch mit dem Team und schon war alles vorbei.

Dann kam die Auf­re­gung, die sich noch mal stei­ger­te, als die ers­ten SMS mit „Hey, du bist im Fern­se­hen!“ ein­tra­fen. Offen­bar lief der Bei­trag (wird bald depu­bli­ziert) sogar regu­lär im Vor­abend­pro­gramm – ich selbst konn­te mir das Gan­ze erst spä­ter anschau­en (VDR-Auf­nah­me).

Wei­te­re Ver­öf­fent­li­chun­gen in der Pres­se (unvoll­stän­dig):

http://www.rhein-zeitung.de/startseite_artikel,-Schulleiter-warnen-vor-Sexting-bei-Jugendlichen-_arid,1060494.html

http://www.moz.de/artikel-ansicht/dg/0/1/1209898

http://www.noz.de/deutschland-welt/medien/artikel/424684/nacktfotos-als-tauschobjekt-lehrer-warnen-vor-sexting-trend

… also durch­aus über­re­gio­na­le Aus­ma­ße. Ich bin gespannt, wie es jetzt wei­ter­geht und ob die Not­wen­dig­keit für mehr Medi­en­kom­pe­tenz­ver­mitt­lung in Schu­len dadurch stär­ker gese­hen wird. Ich möch­te die Sup­pe jetzt hier in mei­nem „Beritt“ (ein net­tes Wort) stär­ker am Kochen hal­ten – der nächs­te Schritt wäre viel­leicht ein Vor­trag, der die Chan­cen und Risi­ken der vir­tu­el­len Welt glei­cher­ma­ßen beleuchtet.

Sexting – Elternbrief

Ich habe in der beschei­de­nen Rol­le als Thinktank einen Text zum The­ma Sex­ting ver­fasst, um die Pro­ble­ma­tik in die Öffent­lich­keit mei­ner Regi­on zu brin­gen. Die­ser Text ent­hält bewusst ein paar recht schar­fe For­mu­lie­run­gen. Man kann Sex­ting als Aus­bruch der Jugend­li­chen aus der klein­bür­ger­li­chen Moral auf­fas­sen. Sobald auch Kin­der betrof­fen sind – und nach allem Anschein ist das wahr­schein­lich der Fall – mag ich die­se neue Aus­drucks­form nicht mehr recht dul­den und sehe Handlungsbedarf.

Phil­ip­pe Wampf­ler schreibt zur Erklä­rung die­ses Phänomens:

Es ist wich­tig, dar­auf auf­merk­sam zu machen und dar­über zu spre­chen. Durch Sen­si­bi­li­sie­rung kann das  Pro­blem aber nicht gelöst wer­den. Ver­trau­en ist sehr para­dox – es erfolgt nicht begrün­det, son­dern basiert auf einer Annah­me: »Ich kann dem ande­ren ver­trau­en.« Des­halb haben so genann­te Ver­trau­ens­be­wei­se einen hohen Stel­len­wert. Je gefähr­li­cher etwas  ist  – ein Nackt­bild ver­schi­cken, ein Pass­wort tau­schen, des­to bes­ser eig­net es sich für den Ver­such zu bewei­sen, dass man einer ande­ren Per­son vertraut.

Bös­wil­lig auf­ge­fasst ist das wie­der ein­mal blo­ße Deskrip­ti­on, die zwar zu einem ver­tief­ten Ver­ständ­nis des Phä­no­mens führt, aber eben kei­ne kon­kre­te Hand­lungs­op­ti­on bietet.

Angeb­lich sei­en in der Schweiz nur 6% der Jugend­li­chen von die­sem Pro­blem betrof­fen – öhm, d.h. bei einer Schu­le mit 1000 SuS also 60 – „nur“. Es gibt Hin­wei­se dar­auf, dass der­ar­ti­ge Bil­der auch ihren Weg auf ande­re Web­sei­ten mit ziel­grup­pen­ori­en­tier­ter Kli­en­tel finden.

Daher ist bei mir die Idee ent­stan­den, die­sen Text (s.u.) als Anzei­ge in einer Regio­nal­zei­tung zu ver­öf­fent­li­chen und von mög­lichst vie­len Schu­len gegen­zeich­nen zu las­sen. So wird ver­hin­dert, dass sich eine Schu­le regio­nal „outen“ muss. Die Tak­tik scheint aufzugehen.

Wir, die Schu­len der Regi­on XY, ste­hen vor einem Problem.

 In zuneh­men­den Maße erzäh­len uns Eltern sowie unse­re Schü­le­rin­nen und Schü­lern von Bil­dern aus sozia­len Netz­wer­ken, die eine Gren­ze über­schrei­ten, bei der wir nicht mehr weg­schau­en kön­nen und wollen.

Es han­delt sich nach vie­len über­ein­stim­men­den Aus­sa­gen dabei um unse­re Schü­le­rin­nen und Schü­ler, also um jun­ge Men­schen, die uns anver­traut sind.

 Sie fer­ti­gen von sich oder Drit­ten unbe­klei­det Auf­nah­men an und laden die­se frei­wil­lig in sozia­le Netz­wer­ke hoch.

 Ins­be­son­de­re Mäd­chen und jun­ge Frau­en wer­den dar­über hin­aus in ein­deu­ti­ger Situa­ti­on foto­gra­fiert und die­se Auf­nah­men unter Miss­ach­tung der Men­schen­wür­de weitergegeben.

 Die­se Bil­der ver­brei­ten sich schnell über Smart­phones. Es besteht zudem wenig Hoff­nung, sel­bi­ge jemals wie­der aus dem Inter­net ent­fer­nen zu können.

 Die­se Vor­komm­nis­se spie­len sich i.d.R. außer­halb des Wahr­neh­mungs­be­rei­ches unse­rer Erwach­se­nen­welt ab.

Wenn du, lie­be Schü­le­rin, lie­ber Schü­ler, sol­che Bil­der selbst anfer­tigst und hoch­lädst, dann â€¦

  • sei dir dar­über bewusst, dass die­se immer in fal­sche Hän­de gelan­gen, egal wie sehr du dei­nen Adres­sa­ten auch in die­sem Moment ver­trau­en magst.

  • sei dir dar­über bewusst, dass sich die­se Bil­der höchst­wahr­schein­lich nicht mehr aus den sozia­len Netz­wer­ken ent­fer­nen lassen

  • sei dir dar­über bewusst, dass du über Jah­re durch der­ar­ti­ge Bil­der ver­letz­bar bleibst.

  • sei dir dar­über bewusst, dass der­ar­ti­ge Bil­der mit aller­größ­ter Sicher­heit für pädo­phi­le Krei­se von höchs­tem Inter­es­se sein werden.

  • sei dir dar­über bewusst, dass du lan­ge unter den Fol­gen der Ver­brei­tung dei­nes Bil­des lei­den wirst.

Wir bit­ten dich daher in dei­nem eige­nen Inter­es­se dar­um, für nie­man­den, auch nicht für dich selbst, auch nicht als Mut­pro­be, auch nicht im Spaß der­ar­ti­ge Bil­der von dir anzu­fer­ti­gen oder anfer­ti­gen zu lassen.

Wenn du, lie­be Schü­le­rin, lie­ber Schü­ler, sol­che Bil­der von Drit­ten auf dei­nem Han­dy spei­cherst oder wei­ter­gibst (via Whats­App, Face­book usw.) â€¦

  • sei dir dar­über bewusst, dass allein der Besitz nach deut­schem Recht u.U. eine Straf­tat darstellt.

  • sei dir dar­über bewusst, dass du allein auf Grund des Bil­des nicht ent­schei­den kannst, ob die abge­bil­de­ten Per­so­nen vor dem Gesetz Kin­der oder Jugend­li­che sind. Dar­an bemisst sich, ob du im Extrem­fall Kin­der- oder Jugend­por­no­gra­fie in dei­ner Hand hältst.

  • sei dir dar­über bewusst, dass der Gesetz­ge­ber ins­be­son­de­re auch die Wei­ter­ga­be die­ser Bil­der unter Stra­fe stellt.

  • sei dir dar­über bewusst, dass du so oder so die Men­schen­wür­de und die Per­sön­lich­keits­rech­te der abge­bil­de­ten Per­son ver­letzt – los­ge­löst davon, dass sel­bi­ge die Bil­der ggf. sogar frei­wil­lig zur Ver­fü­gung stellt.

Wir bit­ten dich dar­um, in einer sol­chen Situa­ti­on mit einem Erwach­se­nen dei­nes Ver­trau­ens zu spre­chen. Er allein kann ent­schei­den, wie wei­ter vor­ge­gan­gen wer­den soll. Und er wird dei­ne Iden­ti­tät auf dei­nen Wunsch hin zu schüt­zen wis­sen, wenn du es wünscht.

Lie­be Eltern,

  • wir wis­sen, dass Sie unter hohem sozia­len Druck ste­hen, ihrem Kind immer frü­her ein Smart­phone zu kaufen

  • wir wis­sen, dass Sie in der Situa­ti­on, in der Sie von der Exis­tenz sol­cher Bil­der Kennt­nis erlan­gen, über­for­dert sind.

  • wir wis­sen, dass der Bereich der sozia­len Netz­wer­ke für Sie oft Neu­land darstellt

  • wir wis­sen, dass Sie froh sein wer­den, wenn es ihr Kind gera­de nicht betrifft

  • wir wis­sen, dass die ger­ne infor­miert wer­den wür­den, wenn es ihr Kind betrifft.

  • wir wis­sen, dass Sie auf­grund ihrer Lebens­er­fah­rung beur­tei­len kön­nen, wann eine Gren­ze über­schrit­ten wird

Wir bit­ten Sie dar­um, hin­zu­schau­en und nicht den Man­tel des Schwei­gens über die Sache auszubreiten.

Spre­chen Sie mit Eltern von Kin­dern, die Sie auf Fotos wie­der­erken­nen. Infor­mie­ren Sie sich gegen­sei­tig. Gera­de die betrof­fe­nen Fami­li­en haben ein Recht dar­auf zu erfah­ren, was ihren Kin­dern widerfährt.

Und: Ent­schei­den Sie nicht nach sozia­lem Druck, wann ihr Kind ein Smart­phone erhält. Ent­schei­den Sie nach Ihrem Gefühl und der Rei­fe des Kindes.

Sie kau­fen kein Tele­fon – zum Tele­fo­nie­ren wer­den die Gerä­te von Jugend­li­chen und Kin­dern nicht oder kaum eingesetzt.

Sie kau­fen ein Gerät mit unbe­schränk­tem Zugang zum Internet.

Ich weiß, dass Tei­le mei­nes Tex­tes von Schu­len für einen Eltern­brief ver­wen­det wor­den sind und dass es auch schon Pres­se­re­ak­tio­nen gege­ben hat, ggf. wer­den auch noch ande­re Bei­trä­ge hier­zu erstellt wer­den – man mun­kelt, das Fern­se­hen sei auch schon dage­we­sen. Ich wer­de von Zeit zu Zeit die­sen Arti­kel aktualisieren.

Es ist für mich abso­lut fas­zi­nie­rend zu sehen, dass eine Sache Wir­kung ent­fal­tet, wenn man sie zum rich­ti­gen Zeit­punkt an der rich­ti­gen Stel­le ein­speist. Ganz vie­le Men­schen aus mei­ner Regi­on tra­gen die Inhal­te und das Anlie­gen nun mutig und öffent­lich offen­siv mit.

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