Die ideale Schulcloud

Es ist eini­ge Zeit ver­gan­gen nach einer öffent­li­chen Aus­ein­an­der­set­zung ( hier und hier ), die mei­ner Mei­nung nach eine Men­ge Pro­ble­me auf unter­schied­lichs­ten Ebe­nen auf­zeigt, wenn es dar­um geht, mit Schü­le­rin­nen und Schü­ler in der Schu­le in einer gesi­cher­ten Umge­bung digi­tal zu arbei­ten. In Deutsch­land fir­miert eine sol­che Umge­bung unter dem Schlag­wort „Bil­dungs­cloud“.

Was ist für mich eigent­lich wün­schens­wert, gera­de unter dem Aspekt, dass in Schu­le sehr indi­vi­du­el­le Lern­pro­duk­te von Schü­le­rin­nen und Schü­lern ent­ste­hen? Die sind natür­lich unfer­tig ( das ist das Wesen eines Lern­pro­zes­ses ). Sie erfor­dern je nach Ent­wick­lungs­stand von Schü­le­rin­nen und Schü­lern einen Schutz­raum ( nicht jeder jun­ge Mensch bewegt sich reflek­tiert und kom­pe­tent im Internet).

Und – das ist ja „nur“ die eine Sei­te der Medail­le. Im Vor­der­grund für Lehr­kräf­te, Schü­le­rin­nen und Schü­ler sowie Eltern ste­hen natür­lich auch die Funk­tio­na­li­tät und die intui­ti­ve Bedien­bar­keit – (Daten-)Schutzfragen ste­hen da oft im Hin­ter­grund, weil Bequem­lich­keit ver­lo­ren­geht und dann toben die emo­tio­na­len Gra­ben­kämp­fe ( z.B. hier ).

Der­weil gibt es Lehr­kräf­te, die die­ses Pro­blem indi­vi­du­ell für sich bereits gelöst haben, z.B. Lisa Rosa oder Andre­as Kalt. Auf viel nied­ri­ge­rem Niveau habe ich das in mei­nem Unter­richt auch schon oft gemacht. Nur brauch­ten wir alle dafür kei­ne Lern­platt­form oder Schul­cloud. Aller­dings ist ein Min­dest­maß an Kennt­nis­sen im Bereich Daten­schutz und im Umgang mit Web­tools erfor­der­lich (z.B. um dabei kei­ne per­so­nen­be­zo­ge­nen Daten zu pro­du­zie­ren) – vie­le Lehr­kräf­te sind bereits bei ver­meint­lich klei­nen Schrit­ten im digi­ta­len Raum rest­los über­for­dert. Da macht eine gemein­schaft­li­che Lösung inkl. War­tung, tech­ni­schem- und Anwen­der­sup­port ein­fach Sinn.

In einer idealen Welt

In einer idea­len Welt haben wir

  1. eine Platt­form auf Open­So­ur­ce-Basis, die von allen Betei­lig­ten im Hin­blick auf Funk­tio­na­li­tät und Bedien­bar­keit akzep­tiert ist
  2. einen gut auf­ge­stell­ten tech­ni­schen und Anwendersupport
  3. eine dezi­dier­te Tren­nung von per­so­nen- und inhalts­be­zo­ge­nen Daten
  4. die tech­ni­sche Bereit­sstel­lung (Hos­ting) durch die öffent­li­che Hand
  5. doku­men­tier­te Schnitt­stel­len zu kom­mer­zi­el­len Anbie­tern (z.B. Unter­richts­ma­te­ri­al, Medi­en, inter­ak­ti­ve Übun­gen), die eine Anony­mi­sie­rung der Schü­ler­da­ten ermöglichen
In der Realität

Die Punk­te 1–2 gibt es zur­zeit nur im kom­mer­zi­el­len Bereich – da muss man auf die Punk­te 3–5 ver­zich­ten. Die Punk­te 3–5 gibt es nur bei den größ­ten­teils geschei­ter­ten Län­der­platt­for­men. Da muss man zur­zeit aber auf die Punk­te 1–2 ver­zich­ten – zumin­dest zu 50–60% der jewei­li­gen indi­vi­du­el­len Anforderungen.

For­mal, d.h. recht­lich kom­plett abge­si­chert, ist kei­ne der denk­ba­ren Vari­an­ten – damit haben sämt­li­che Ent­wick­lungs­teams übri­gens auch stark zu kämp­fen – tech­nisch wäre prin­zi­pi­ell viel mög­lich, aber die Rechts­nor­men geben das i.d.R. noch nicht oder nur mit gro­ßen ver­wal­tungs­tech­ni­schen Klimm­zü­gen – z.B. die qua­li­fi­zier­te Ein­wil­li­gung – her.

Das öff­net das Tor für Kri­tik. Kom­mer­zi­el­le Lösun­gen von Goog­le, Micro­soft oder Apple sind „böse“, weil sie Daten der Schü­le­rin­nen und Schü­ler ver­ar­bei­ten. Öffent­li­che Lösun­gen sind ent­we­der „böse“, weil sie – mit weni­gen Aus­nah­men – die Funk­tio­na­li­tät nicht bie­ten, Rechts­nor­men nicht erfül­len oder wahl­wei­se intrans­pa­rent ent­wi­ckelt und finan­ziert wer­den (fak­tisch stimmt das alles sogar).

Was also tun?

Vari­an­te 1:

Man zwingt mul­ti­na­tio­na­le(!) Kon­zer­ne durch Rechts­nor­men dazu, ein hohes, vom Staat defi­nier­tes Schutz­ni­veau für die Ver­ar­bei­tung von Schü­ler- und Ver­wal­tungs­da­ten zu gewähr­leis­ten. Man schafft Rechts­si­cher­heit z.B. durch eine staat­li­che Zer­ti­fi­zie­rung. Das ist nicht so tri­vi­al. Wir haben im Bereich der Poli­tik und teil­wei­se auch in der recht­li­chen Unter­stüt­zung nach mei­ner Ein­schät­zung nicht das not­wen­di­ge Know-How dafür. Ich pro­phe­zeie, dass die dabei ent­ste­hen­den Rechts­nor­men nicht ihren eigent­li­chen Zweck erfül­len wer­den. Die Big5 waren die ers­ten, die z.B. kom­plett auf die DS-GVO ein­ge­stellt waren und nut­zen die­se, um noch mehr Zugriffs­mög­lich­kei­ten zu erhal­ten – kön­nen sie auch. Da gibt es aus­rei­chend juris­ti­sches Know-How.

Vari­an­te 2:

Wir ent­wi­ckeln öffent­lich finan­zier­te Lösun­gen und schaf­fen einen recht­li­chen Rah­men zu deren Nut­zung. Das ist nicht so tri­vi­al. Wir haben im Bereich der Poli­tik, im tech­ni­schen Bereich und teil­wei­se auch in der recht­li­chen Unter­stüt­zung nach mei­ner Ein­schät­zung nicht das not­wen­di­ge Know-How dafür. Zudem ist der Staat als Arbeit­ge­ber für die dazu not­wen­di­gen idea­lis­ti­schen Men­schen z.B. durch Büro­kra­tie­vor­ga­ben aber auch Gehalts­bin­dung durch Tarif­recht nicht kon­kur­renz­fä­hig. Des­we­gen wird ja ver­sucht, sol­che Ent­wick­lun­gen out­zu­s­our­cen – z.B. ans HPI. Das ist aber in der Wahr­neh­mung in der Öffent­lich­keit oft auch „böse“. Was muss also ein kom­mer­zi­el­ler Anbie­ter auf die­sem Feld für Kri­te­ri­en erfül­len, um nicht „böse“ zu sein?

(Ich bin kein Freund des Ansat­zes des HPI. Nicht umsonst ist Bay­ern mit Mebis eigent­lich schon an wei­tes­ten, weil dort etwas Bestehen­des genutzt und erwei­tert wird).

Einschätzung

Ich glau­be, dass jeder, der undif­fe­ren­ziert(!) auf öffent­li­che oder „unbe­que­me“ Open­So­ur­ce-Ansät­ze „schießt“, im Grun­de die Vari­an­te 1 för­dert. Dar­auf wird es hin­aus­lau­fen. Die meis­ten Lehr­kräf­te, die digi­tal unter­wegs sind, wird es freu­en. Ob es ein Gewinn für die Demo­kra­tie wird … – wir wer­den sehen. Eine Tren­nung von per­so­nen­be­zo­ge­nen und inhalts­be­zo­ge­nen Daten (das wür­de tech­no­lo­gisch eine effek­ti­ve Kon­trol­le schaf­fen) ist dort erfah­rungs­ge­mäß weder gewünscht noch vor­ge­se­hen – das ist schlicht nicht das Geschäftskonzept.

Kom­plett die Hoff­nung habe ich ver­lo­ren, dass sich der­ar­ti­ge Fra­ge­stel­lun­gen über jour­na­lis­ti­sche Medi­en in den öffent­li­chen Dis­kurs ein­brin­gen las­sen. „Digi­tal“ ist in der Berichts­er­stat­tung in der Regel gleich „Tablet“ oder „inter­ak­ti­ve Tafel“ – Gerä­te­fo­kus­sie­rung von 2003–2019.

Ich bil­de mir noch ein, dass das prin­zi­pi­ell mög­lich wäre und hal­te auf mei­nen Fort­bil­dun­gen tap­fer dage­gen (da kom­men noch drei wei­te­re Teile).

 

 

 

 

 

 

Schreibprozesse durch digitale Medien unterstützen

Ich habe auf diver­sen Ver­an­stal­tun­gen einen Work­shop mit fol­gen­dem Inhalt angeboten:

S*S fällt es zuneh­mend schwe­rer, län­ge­re Tex­te zu kon­zi­pie­ren und hand­schrift­lich nie­der­zu­le­gen. Das hat auch damit zu tun, dass die gebun­de­ne Hand­schrift in den nie­der­säch­si­schen Grund­schu­len mitt­ler­wei­le nur noch fakul­ta­tiv gelehrt wird. Digi­ta­le Medi­en bie­ten hier Ansät­ze, den dadurch beding­ten „Schreib­hem­mun­gen“ zu ent­ge­hen, da sie z.B. erwei­ter­te Mög­lich­kei­ten bei der Text­pro­duk­ti­on bie­ten. Am kon­kre­ten Bei­spie­len erfah­ren Sie in die­sem Work­shop, wie Sie mit der an Ihrer Schu­le vor­han­de­nen Tech­nik, S*S erleich­tern kön­nen, effi­zi­en­ter zu einem Text zu kom­men und geziel­ter die gedank­li­che Struk­tu­rie­rung von Tex­ten unter­stüt­zen kön­nen. Benö­tigt wird ein eige­nes End­ge­rät (Tablet, Notebook).

Ich gehe dazu fol­gen­der­ma­ßen vor:

Phase 1: Der Etherpad-Erstkontakt

Es gibt zahl­rei­chen Anbie­ter, die ein kos­ten­lo­ses Ether­pad anbie­ten, z.B.

Man kann sich treff­lich dar­über strei­ten, ob Ether­pad nicht schon längst über­holt ist, weil es doch eine Viel­zahl wei­te­rer, moder­ne­rer Ange­bo­te gibt, jedoch geht es mir weni­ger um das Tool, son­dern um eine Art des Arbei­tens. Zudem braucht Ether­pad kei­nen Account – weder beim Erstel­ler noch bei Teil­ge­ben­den – das ist nicht zu unter­schät­zen. Das wesent­lich hip­pe­re HackMD braucht schon wie­der etwas Syn­tax­kennt­nis­se und schreckt dadurch gera­de Anfän­ger eher ab – allein schon vom Design.

Die Teil­neh­mer bekom­men von mir einen mög­lichst ein­fa­chen, abtipp­ba­ren Link zu einem Ether­pad (die wenigs­ten sind in der Lage, einen QR-Code zu nut­zen) und ohne wei­te­re Vor­be­rei­tung die Auf­ga­be, Argu­men­te zu einem mög­lichst bana­len The­ma (z.B. pro/contra Schul­uni­for­men) in das Doku­ment zu schrei­ben. Wenn vie­le unter­schied­li­che Gerä­te (Note­book, Tablet, Han­dy) im Raum sind, ist das äußerst wert­voll für die spä­te­re Auswertung.

Phase 2: Die unterrichtsbezogene Meta-Arbeit

Sofort danach mache ich Meta­ar­beit mit klei­nen Impulsfragen:

  • Wie ist es Ihnen ergangen?
  • Was emp­fan­den Sie als ver­stö­rend oder problematisch?
  • Was „leis­tet“ so ein Dokument?
  • Wel­che wei­te­ren Anwen­dungs­sze­na­ri­en im Unter­richt fal­len Ihnen ein?

Mit dem letz­ten Impuls kom­men die eige­nen, meist sehr tech­ni­schen und erstaun­li­cher­wei­se immer­wie­der glei­chen Fra­gen, z.B.:

1.) „Wie spei­chert man das?“

Es ist unglaub­lich schwer zu ver­mit­teln, wie Spei­che­rung bei einem Online­do­ku­ment funk­tio­niert. Die Vor­stel­lung, dass mir ein Algo­rith­mus den Klick auf das Dis­ket­ten­sym­bol klein­schrit­tig und ver­sio­niert abnimmt, scheint völ­lig unkom­pa­ti­bel zum tech­ni­schen Ver­ständ­nis vie­ler Men­schen zu sein. Es kommt hier extrem dar­auf an, die­se Fra­ge sehr ernst­zu­neh­men, da das Kon­zept „Datei hin­ter Link“ sich sehr fun­da­men­tal vom Kon­zept „Datei im eige­nen Ord­ner zu Hau­se“ unter­schei­det. Ich male da ger­ne eine Ord­ner­struk­tur „auf dem Ser­ver“ an die Tafel. Bei sehr auf­ge­schlos­se­nen Grup­pen zei­ge ich auch die Times­li­der­funk­ti­on von Etherpad.

2.) „Kann man auch Tabel­len anle­gen – ich arbei­te an der Tafel ja immer auch mit Tabellen!“

Das was man an der Tafel gewohnt ist, soll auch 1:1 im digi­ta­len Raum funk­tio­nie­ren. Die­se Denk­wei­se ver­sperrt aber den Blick dar­auf, dass nun ganz ande­re Din­ge mög­lich wer­den, z.B. in kür­zes­ter Zeit kol­la­bo­ra­tiv eine sor­tier­ba­re Stoff­samm­lung zu haben, an der auch zurück­hal­ten­de­re S*S par­ti­zi­pie­ren kön­nen. Davon erzäh­le ich ohne die Tabel­le an der klas­si­schen Tafel abzuwerten.

3.) „Wie geht des mit der ande­ren Schriftart?“

Das ist ähn­lich zu beant­wor­ten wie Fra­ge 2. Ich sage immer immer, dass Ether­pad gut für Inhal­te ist, die immer in aktu­el­ler Form ohne Her­um­schi­cken einer Datei vor­lie­gen. Das Gestöh­ne beim Sei­ten­hieb auf unter­schied­li­che Word­da­tei­en weicht dann schnell der Erkennt­nis, dass das Sinn macht, so redu­ziert zu arbei­ten – for­ma­tie­ren kann man ja hin­ter­her immer noch in der Text­ver­ar­bei­tung sei­ner Wahl.

4.) „Und wie lege ich das an?“

Es ist unglaub­lich schwer zu ver­mit­teln, dass ein Doku­ment durch eine Ein­ga­be und einen Klick direkt im Netz ent­steht. Auch da arbei­te ich mit „Krü­cken“ und Tafel­an­schrie­ben wie bei Fra­ge 1.

5.) „Also ich wür­de das zu Hau­se schon mit pro- und con­tra vor­struk­tu­rie­ren wollen!“

Das ist immer so eine tol­le Fra­ge, wenn sie denn kommt. Stan­dard­ant­wort: „Müs­sen Sie nicht, das kön­nen Sie hier die S*S machen las­sen!“ Meis­tens wird es dann kurz still im Raum. „Und wie kon­trol­lie­re ich das?“ Mei­ne Ant­wort: „Indem Sie den Arbeits­pro­zess – der ja nun trans­pa­rent ist – immer wie­der unter­bre­chen und reflek­tie­ren – das ist Ihre Pro­fes­si­on und Auf­ga­be!“. Man kann z.B. ja vor dem Struk­tu­rie­ren das Ent­stan­de­ne auch über­ar­bei­ten lassen.

[…]

Nach den ers­ten bei­den Pha­sen sind min­des­tens 45 Minu­ten ver­gan­gen – je nach Dis­kus­si­on­freu­dig­keit der Teil­neh­men­den. Es ist eigent­lich noch nicht viel gesche­hen in die­sem Work­shop, oder?

Phase 3: Die Ausblicke & Realismus

Ich wer­fe nun Erfah­run­gen in den Ring, z.B. dass S*S den Umgang mit sol­chen kol­la­bo­ra­ti­ven For­men ler­nen müs­sen und es natür­lich anfangs zu Sabo­ta­ge kommt (Dank Ver­sio­nie­rung aber umkehr­bar). Ich wer­fe die Idee in den Raum, schul­ei­ge­ne Kon­zep­te so zu ver­fas­sen oder aber auch Sit­zun­gen mit meh­re­ren Per­so­nen „live“ zu pro­to­kol­lie­ren, sodass das Pro­to­koll nach Abschluss nur noch etwas for­ma­tiert wer­den muss etc..

Ich wei­se auf Alter­na­ti­ven hin, zei­ge z.B. Goo­g­le­Docs, Only­Off­ice & Co. Das hal­te ich aber bewusst kurz und bie­te bei Inter­es­se an, die­ses oder jenes Tool in einem sepa­ra­ten Work­shop zu thematisieren.

 

 

 

Beobachtungen aus Digitalien

Ein­lei­tung

Mich machen aktu­el­le Ent­wick­lun­gen rund um das The­ma Digi­ta­li­sie­rung von Schu­len nach­denk­lich. Es sind The­men, die mich in mei­ner Arbeit unmit­tel­bar betref­fen und auch viel Zeit in der Kom­mu­ni­ka­ti­on kosten.

 

Das Fach Informatik

Ich habe mich schon mehr­fach an die­sem The­ma abge­ar­bei­tet. Ich bin rela­tiv ver­wun­dert, wie das Fach Infor­ma­tik von vie­len immer wie­der geframed wird. Die mil­des­te Vari­an­te ist die Gleich­set­zung von Infor­ma­tik und Pro­gram­mie­ren („Es muss ja nicht jeder Pro­gram­mie­rer wer­den!“). Die kurio­ses­te ist die Unter­stel­lung, das Fach Infor­ma­tik wür­de lob­by­is­tisch in Schu­le posi­tio­niert, um ver­wend­ba­re Arbeits­kräf­te für den Digi­tal­stand­ort Deutsch­land zu gewinnen.

Fun­fact dabei: Es gibt For­de­run­gen der deut­schen Gesell­schaft für Infor­ma­tik aus den 80er Jah­ren, die sich ziem­lich genau mit den Kom­pe­tenz­be­schrei­bun­gen des KMK-Stra­te­gie­pa­piers „Bil­dung in der digi­ta­len Welt“ decken, das wie­der­um Vor­la­ge für zahl­rei­che län­der­spe­zi­fi­sche Kom­pe­tenz­vor­ga­ben für den Bereich Medi­en­bil­dung ist. Die Eltern der heu­ti­gen Medi­en­kom­pe­tenz­pa­pie­re sind – über­spitzt for­mu­liert – die Infor­ma­ti­ker. Infor­ma­tik und ethi­sche Fra­gen sind eng mit­ein­an­der gekop­pelt – daher gibt es im Dag­stuhl-Drei­eck auch die Dimen­si­on „Wie wirkt das?“. Ich habe mit Stif­tun­gen zu tun, die infor­ma­ti­sche Bil­dung för­dern wol­len und an Lob­by­is­mus­vor­wür­fen zerschellen.

Bezeich­nen­der­wei­se kommt viel Kri­tik von Stif­tun­gen gro­ßer Kon­zer­ne an der Umset­zung momen­ta­nen Kom­pe­tenz­ori­en­tie­rung an Schu­len („Huch? Wie kann das sein, wo doch die Kom­pe­tenz­ori­en­tie­rung schnell mit wirt­schaft­li­cher Ver­wend­bar­keit gleich­ge­setzt wird?“). Bezeich­nen­der­wei­se for­dern eini­ge mir bekann­te Stif­tun­gen, dass der Staat z.B. Stel­len-Kon­tin­gen­te von Bera­tungs­an­ge­bo­ten für Schu­len aus­baut und sei­ner Ver­ant­wor­tung auch z.B. beim schu­li­sche Sup­port und bei der Lehr­kräf­te­qua­li­fi­zie­rung nach­kommt. Man fragt, wie und auf wel­chen Ebe­nen man hel­fen kann.

Natür­lich besteht in der Wirt­schaft ein star­kes Inter­es­se an infor­ma­tisch vor­ge­bil­de­ten Men­schen, weil man ansons­ten auf ande­ren Arbeits­märk­ten fischen oder Dienst­leis­tung an Clou­dan­bie­ter aus­la­gern muss. Dabei geht es auch um die Unab­hän­gig­keit des Wirt­schafts­stand­orts Deutsch­land. Aber das ist nur die hal­be Miete.

Da erlau­ben z.B. poli­ti­sche Gre­mi­en inner­halb Euro­pas die Fusi­on von Face­book und Whats­App, weil kon­zern­sei­tig „glaub­haft“ ver­si­chert wird, dass eine Inte­gra­ti­on der Daten tech­nisch nahe­zu unmög­lich ist. Mit Grund­kennt­nis­sen über Daten­struk­tu­ren wäre die­se Fehl­griff nicht pas­siert. Da wer­den Online­wahl­ver­fah­ren als tech­nisch sicher dekla­riert, wobei es neben der tech­nisch siche­ren Abwick­lung noch um ganz ande­re Fra­gen geht – wie Erfah­run­gen aus den Nie­der­lan­den zei­gen. Da nützt auch die Block­chain nichts. Es sind Infor­ma­ti­ker, die hier war­nen und die Vor­zü­ge der Papier­wahl herausstellen.

Es wird für Infor­ma­tik etwas wei­chen müs­sen. Es ist scha­de, dass ande­re Stif­tun­gen mit ande­ren The­men­ge­bie­te nicht über die Mög­lich­keit ver­fü­gen, im sel­ben Maß Pro­jek­te auf­zu­le­gen. Es könn­te dar­an lie­gen, dass das The­ma drängt und ande­re The­men­ge­bie­te im Bil­dungs­sys­tem bereits län­ger eta­bliert sind. Bil­dungs­bür­ger­lich sind Kunst- oder Musik­pro­jek­te natür­lich viel char­man­ter, aber ich mag nicht dar­über nach­den­ken, was durch Blä­ser- und Strei­cher­klas­sen die Musik­in­stru­men­ten­her­stel­ler an Umsatz­stei­ge­run­gen erzielen.

Für mich sind infor­ma­ti­sche Grund­kennt­nis­se und Mün­dig­keit im digi­ta­len Zeit­al­ter sehr eng mit­ein­an­der ver­bun­den. Medi­en­päd­ago­gi­sche The­men haben eine min­des­tens eben­so gro­ße Bedeu­tung, wer­den aber ein wün­schens­wer­tes fach­li­ches Niveau ver­feh­len, wenn sie nicht durch infor­ma­ti­sche Kennt­nis­se unter­füt­tert sind. Ohne die Arbeit unab­hän­gi­ger Infor­ma­ti­ker: Was wüss­ten wir als Gesell­schaft heu­te wohl über Daten­skan­da­le und Daten­miss­brauch? Wer Infor­ma­tik als schu­li­sches The­ma bekämpft, wird m.E. vor allen einen immensen Ver­lust an eman­zi­pa­to­ri­scher Fähig­keit in der nach­fol­gen­den Gene­ra­ti­on mit zu ver­ant­wor­ten haben. Ich freue mich, wenn ich unrecht behal­ten sollte.

 

Lob­by­is­mus

Staat­li­che Pro­jek­te zum Bereich Schu­le und Digi­ta­li­sie­rung ste­hen zuneh­mend unter Beob­ach­tung von Lob­by­grup­pen, z.B. Leh­rer­ver­bän­den – meist aus dem eher lin­ken Spek­trum. Über das Infor­ma­ti­ons­frei­heits­ge­setz ist es nach recht­li­cher Prü­fung mög­lich, tie­fe­re Ein­bli­cke in die Gene­se eines Pro­jek­tes zu erhal­ten, vor allem im Bereich der Mit­tel­ver­ga­be oder dem Aus­schrei­bungs­mo­da­li­tä­ten. Das ist ein wich­ti­ger Bei­trag zu demo­kra­ti­scher Trans­pa­renz. Bei den momen­tan lau­fen­den Ver­fah­ren erge­ben sich immer recht­lich nicht voll­stän­dig abge­si­cher­te Aspek­te. Das hat in mei­ner Wahr­neh­mung vor allem mit feh­len­den Pla­nungs­ka­pa­zi­tä­ten und Auf­ga­ben­häu­fung zu tun – Über­las­te Men­schen wol­len schnel­le Lösun­gen – das ken­nen wir auch aus ande­ren Kon­tex­ten. Die Feh­ler, die dabei zwangs­läu­fig ent­ste­hen, möch­ten Lob­by­ver­bän­de ger­ne auf­de­cken und für trans­pa­ren­te Pro­zes­se sen­si­bi­li­sie­ren, damit die Ein­flüs­se kom­mer­zi­el­ler Play­er auf das Schul­sys­tem begrenzt bzw. ein­ge­dämmt werden.

Lei­der geht das kom­plett schief und mün­det letzt­lich in einer Stär­kung genau die­ser Ein­fluss­nah­me Drit­ter. Auf­ge­schreckt durch Anfra­gen die­ser Art, zie­hen sich staat­li­che Orga­ni­sa­tio­nen aus Koope­ra­tio­nen mit Drit­ten ent­we­der zurück oder prü­fen das wei­te­re Vor­ge­hen. Der Bera­tungs­be­darf an Schu­len und bei Trä­gern – gera­de im Kon­text des Digi­tal­pak­tes – ist immens, eben­so der Fort­bil­dungs­be­darf der Lehr­kräf­te. Da durch den Digi­tal­pakt auch Bera­tungs­leis­tun­gen Exter­ner för­der­fä­hig sind (so lan­ge sie kei­ne ste­ti­gen Begleit­maß­nah­men dar­stel­len), wer­den Trä­ger auf genau die­se Ange­bo­te zurück­grei­fen. Da der Bedarf an Fort­bil­dun­gen an Schu­len sehr groß sind, wer­den sich die­se am frei­en Markt bedie­nen und die Dis­funk­tio­na­li­tät staat­li­cher Orga­ni­sa­ti­on bekla­gen. Das sind kei­ne Hirn­ge­spins­te – das geschieht nach mei­ner Wahr­neh­mung bereits. Zusätz­lich wird die Arbeit in die­sen Orga­ni­sa­tio­nen für kom­pe­ten­te Men­schen zuneh­mend unat­trak­tiv. Da nüt­zen irgend­wann auch Auf­sto­ckun­gen von Stel­len und Stun­den­de­pu­ta­ten nichts mehr. Sie müs­sen mit anse­hen, wie ande­re los­ge­löst von Ver­wal­tungs­vor­schrif­ten und Vor­ga­ben Din­ge umset­zen, wäh­rend von ihnen selbst ver­langt wird, sich maxi­mal trans­pa­rent und neu­tral zu ver­hal­ten und dabei bit­te­schön ganz­heit­lich und sys­te­misch zu den­ken. Staat­li­che Orga­ni­sa­tio­nen sind sowie­so meist nicht kon­kur­renz­fä­hig bei der Gewin­nung drin­gend benö­tig­ter Fachkräfte.

Gehäuf­te Anfra­gen im Zuge des Infor­ma­ti­ons­frei­heits­ge­set­zes begüns­ti­gen und beschleu­ni­gen damit para­do­xer­wei­se eine Ent­wick­lung, die durch sie im Kern eigent­lich ver­hin­dert wer­den soll. Sie sind natür­lich objek­tiv wich­tig und demo­kra­tisch von Bedeutung.

Die Initia­to­ren soll­ten sich dar­über im Kla­ren sein, wel­che Sei­ten­ef­fek­te durch sie mit aus­ge­löst wer­den. Ich bin mir nicht sicher, wie auf­ge­schlos­sen Poli­tik in Län­dern mit bis­her feh­len­den Infor­ma­ti­ons­frei­heits­ge­set­zen sein wird, ein sol­ches vor­an­zu­trei­ben, wenn Anfra­gen gewis­se Detail­gra­de dau­er­haft über­schrei­ten und dadurch immense Per­so­nal­ka­pa­zi­tä­ten bin­den. „Das Schrei­ben von ein bis zwei Sät­zen dau­ert doch nicht so lan­ge!“ Nein – natür­lich nicht, aber dadurch dass man immer einen „offi­zi­el­len Sta­tus“ einer Aus­kunft wünscht, hat man als Bei­fang immer eine Men­ge juris­ti­scher und ver­wal­tungs­tech­ni­scher Pro­zes­se mit dabei.

Gute Leu­te haben wei­ter­hin heu­te im Digi­tal­be­reich die Wahl: Sie kön­nen sich altru­is­tisch und trans­pa­rent in staat­li­chen Orga­ni­sa­ti­on enga­gie­ren und sich in stän­di­gem Recht­fer­ti­gungs­zwang sehen oder sie kön­nen das in kom­mer­zi­el­len Kon­tex­ten tun, in denen Geld­flüs­se nicht trans­pa­rent gemacht wer­den müs­sen und weit­aus mehr Frei­hei­ten in der Arbeit bestehen – um den Preis, Nach­hal­tig­keit wirt­schaft­lich nicht abbil­den zu kön­nen. Das darf dann der Staat aufsammeln.

 

Kri­tik an digi­ta­len Gras­wur­zel­pro­jek­ten in Schule 

Neu­lin­ge, die sich in ihrem Unter­richt an digi­ta­le The­men her­an­wa­gen UND dar­über auch noch öffent­lich berich­ten (bei­des gro­ße Schrit­te!), sehen sich oft Nach­fra­gen aus­ge­setzt. Ich bin auch so einer, der durch einen schnell raus­ge­haue­nen Tweet acht­los jeman­den ver­sen­ken kann. Twit­ter ist kom­pli­ziert, inho­mo­gen und manch­mal lau­nig. Auch dar­an habe ich mich schon abge­ar­bei­tet.

Auch ich sehe gro­ße Gefah­ren, dass es bei der Stu­fe „Tech­nik ahmt das Alte nach bzw. ver­stärkt es auch noch“ schlicht ste­hen bleibt, weil uns als Staat noch schlicht die Res­sour­cen feh­len, wei­ter zu beglei­ten und mir als Lehr­kraft viel­leicht oft der Wil­le fehlt, nicht „abzu­ha­ken“, son­dern pro­zess­haft mit Ziel­per­spek­ti­ve dran­zu­blei­ben. Tech­nik- und App­schu­lun­gen sind nur dann der ers­te Schritt, wenn im Nach­klang wei­ter reflek­tiert und beglei­tet wird.

Wie­der­ho­lung: Sie ver­lei­ten nach mei­ner Erfah­rung ohne wei­te­re (und kom­mer­zi­ell kaum sinn­voll abbild­ba­re) Beglei­tung dazu, dass das The­ma „Digi­ta­li­sie­rung“ schnell abge­hakt wird – man setzt ja nun Gerä­te ein und ist des­we­gen eben digi­tal. Ich rede hier nicht von Leucht­tür­mern – und auch deren Lam­pe ist gele­gent­lich bei genaue­rem Blick ziem­li­che trü­be – die meis­ten „guten“ Schu­len leuch­ten nicht nach außen, die machen ein­fach und kon­zen­trie­ren sich auf sich.

Tech­nik- und App­schu­lun­gen sind aber momen­tan genau das, was eine brei­te­re Mas­se leis­ten kann und was mas­siv nach­ge­fragt wird (und womit man auch gut Knat­ter machen kann). Mein Visi­ons­zeug ern­tet hef­ti­ges Nicken, so wie in den meis­ten Kon­tex­ten auch die Aus­sa­ge „Flug­rei­sen sind Mist“ hef­ti­ges Nicken ern­ten wür­de. Danach den sal­bungs­vol­len Wor­ten aus Rieckens Vor­trag steigt man viel­leicht dann in den Flie­ger nach Bali oder schreibt sogar (in Ein­zel­fäl­len!) wei­ter brav sys­tem­ge­fäl­li­ges Sub­sti­tu­ti­ons­tech­nik­ge­döns in das schul­ei­ge­ne Medi­en­bil­dungs­kon­zept. Das meint nie­mand per­sön­lich. Ist halt so.

Bei Kri­tik gibt es für mich daher immer meh­re­re Fragen:

  1. Ist sie logisch und sach­lich begründet?
  2. Wird sie auch  auf der Sach­ebe­ne wahrgenommen?
  3. Ist sie geeig­net, Refle­xi­ons­pro­zes­se auszulösen?

Für Kri­tik ist Kri­te­ri­um 1 not­wen­dig. Hin­rei­chend wird sie für mich aber erst durch die Kri­te­ri­en 2 und 3. Wenn man allein auf dem not­wen­di­gen Kri­te­ri­um beharrt, geht es bei der Kri­tik eben dar­um, Kri­tik zu üben und nicht dar­um, durch Kri­tik etwas zu ver­än­dern. Hart, aber so ist das in mei­nen Augen heu­te. Und wenn ich ehr­lich bin, habe ich auch gele­gent­lich Ten­den­zen etwas zu benör­geln des Benör­gelns wil­len. War­um ich das tue? – „Guck, mal, was ich kann!“ (Anlei­he aus den Känguruh-Apokryphen).

Was alle drei Ansät­zen m.E. fehlt

… das ist ver­netz­tes Den­ken, also unge­fähr die Grund­la­ge der 4K. Wir stel­len oft unse­re Inter­es­sen und unse­re The­men in den Mit­tel­punkt ohne das sys­te­mi­sche Moment zu sehen. Davon neh­me ich mich nicht aus, obwohl mir ja auch ger­ne unter­stellt wird, mich immer als neu­tral zu insze­nie­ren, es aber im Grun­de nicht zu sein. Naja. Die­ser Arti­kel ist ja ten­den­zi­ell nicht neutral.

Sollten Kinder bereits an der Grundschule chatten lernen?

In einer von Axel Krom­mer aus­ge­lös­ten Twit­ter­dis­kus­si­on zwi­schen Phil­ip­pe Wampf­ler und Sabi­ne Czer­ny ging es letz­te Woche heiß her. Struk­tu­rell tritt hier etwas auf, was mich zur Zeit mas­siv bei Dis­kus­sio­nen zum Ein­satz digi­ta­ler Mit­tel und Tech­ni­ken an der Schu­le stört. Das lässt sich gut an die­sem Bei­spiel zei­gen, weil da ganz unter­schied­li­che Ansät­ze auf­ein­an­der­tref­fen. Ich ver­kür­ze ein­mal die Argu­men­ta­ti­on von Phil­ip­pe Wampfler:

  1. Kin­der chat­ten in ihrer Frei­zeit bereits, los­ge­löst, ob Schu­le sich damit beschäf­tigt oder nicht.
  2. Der Chat (z.B. auch Whats­App) als Kom­mu­ni­ka­ti­ons­form ist eine eta­blier­te Form gesell­schaft­li­chen Informationsaustausches..
  3. Dazu gehö­ren auch ergän­zen­de chat­ty­pi­sche Aus­drucks­for­men wie etwa Smi­lies, Abkür­zun­gen etc. zum Aus­druck prag­ma­ti­scher Informationsanteile.
  4. Daher ist es not­wen­dig, bereits in der Grund­schu­le mit Kin­dern über die­se spe­zi­fi­sche Kom­mu­ni­ka­ti­ons­form zu spre­chen bzw. zu reflektieren

Phil­ip­pe Wampf­ler geht in sei­ner Argu­men­ta­ti­on von einem Inhalt bzw. einer Kom­pe­tenz aus. Sabi­ne Czer­ny geht von kon­kre­ten Erfah­run­gen mit Kin­dern aus. Da knallt es dann zwar eini­ger­ma­ßen höf­lich und rhe­to­risch hübsch ver­packt, aber den­noch recht schnell.

Wie das The­ma Chat für mich in die Grund­schu­le gehört

Wie oben bereits deut­lich wird, ist chat­ten für mich eine Form der mensch­li­chen Kom­mu­ni­ka­ti­on. Je nach Ansatz setzt sich Kom­mu­ni­ka­ti­on aus syn­tak­ti­schen, seman­ti­schen und prag­ma­ti­schen Ele­men­ten zusammen.

  1. Syn­tax: Wie ist eine Kom­mu­ni­ka­ti­on for­mal gestaltet?
  2. Seman­tik: Wel­che Bedeu­tung besit­zen ein­zel­ne syn­tak­ti­sche Elemente?
  3. Prag­ma­tik: Was wird über die syn­tak­ti­sche und seman­ti­sche Ebe­ne hin­aus transportiert?

Bei­spiel:

  1. Syn­tax: Es gibt das Wort „Tisch“, dass aus vier Zei­chen besteht.
  2. Seman­tik: Das Wort „Tisch“ ist einer Holz­plat­te mit meist vier Bei­nen zuge­ord­net, an der man z.B. essen kann.
  3. Prag­ma­tik: Wenn ich auf einen Stuhl mit etwas zu Essen auf einem Tel­ler sit­ze und und „Tisch?“ sage, könn­te ich z.B. zum Aus­druck brin­gen, dass ich ger­ne einen Tisch hätte.

Zur prag­ma­ti­schen Ebe­ne gibt es sehr vie­le Model­le, weil genau das ein Feld ist, wel­ches sich am schwers­ten in den Griff bekom­men lässt, z.B. das Vier-Sei­ten-Modell von Schulz von Thun. Twit­ter und Whats­App eska­lie­ren an vie­len Stel­len, weil z.B. Iro­nie aus unter­schied­li­chen Grün­den schlicht nicht erkannt wird – ein typi­sches  Schei­tern von Kom­mu­ni­ka­ti­on auf der prag­ma­ti­schen Ebe­ne. Ein Chat ist ledig­lich eine mög­li­che Aus­prä­gung von Kom­mu­ni­ka­ti­on – nicht mehr und nicht weniger.

Was man mei­ner Ansicht nach also in der Grund­schu­le bear­bei­ten und reflek­tie­ren „muss“, ist also schlicht Kommunikation.

  • Was von dem, was ande­re zu mir sagen, ver­letzt mich?
  • Was von dem, was ande­re zu mir sagen, macht ein schö­nes Gefühl?
  • Macht es für mich einen Unter­schied, ob mir jemand etwas schönes/hässliches schreibt oder es mir sagt?
  • Wie füh­le ich mich, wenn es mir nicht gelingt, in eine Grup­pe zu kom­men, weil die nicht mit mir reden?
  • Wie sieht jemand aus, der wütend, fröh­lich, gelang­weilt […] ist?
  • […]

Spä­ter, in der Über­tra­gung auf digi­tal ver­mit­tel­te Kommunikationssituationen:

  • Wann sage ich jeman­den etwas direkt ins Gesicht?
  • Was habe ich auf Whats­App schon Schö­nes und Komi­sches erlebt?
  • Mit wem spre­che ich in einem Chat­room eigent­lich? Ist das immer auch ein Kind?
  • Was macht Whats­App leich­ter, was ist total nervig?
  • […]

In der Aus­ein­an­der­set­zung mit sol­chen oder ähn­li­chen Fra­gen wer­den bes­ten­falls Kom­mu­ni­ka­ti­ons­mus­ter erkenn­bar, die sich in unter­schied­li­chen Kom­mu­ni­ka­ti­ons­for­men wie­der­fin­den las­sen bzw. auf sie über­trag­bar sind. In der Beschäf­ti­gung mit Chats allein nicht. Im Ori­en­tie­rungs­rah­men Medi­en­bil­dung, den ich mit­ge­stal­ten durf­te, steht für die Grund­schu­le unter ande­rem dies:

Schü­le­rin­nen und Schü­ler kom­mu­ni­zie­ren und koope­rie­ren unter Ein­hal­tung von Umgangs­re­geln mit Hil­fe ver­schie­de­ner digi­ta­ler Kommunikationsmöglichkeiten

… und das kann ich u.a. erst machen, wenn ich all­ge­mei­ne Umgangs­re­geln für Kom­mu­ni­ka­ti­on dis­ku­tiert, erprobt und erfah­ren habe, bzw. ist die­ser Schritt dann ein mar­gi­na­ler bzw. kommt er doch ganz auto­ma­tisch mit hin­ein, wenn ein Ver­trau­ens­ver­hält­nis zwi­schen Lehr­kraft und Kin­dern besteht. Viel­leicht gibt es die eine oder ande­re gera­de im Netz sehr flui­de und damit schu­lisch kaum sinn­voll zugäng­li­che syn­tak­ti­sche Erwei­te­rung in Form von Codes, Smi­lies etc. – aber da kön­nen Lehr­kräf­te meist mehr von SuS ler­nen als umgekehrt.

Fazit:

  1. Die For­de­rung, in der Grund­schu­le über das The­ma Chat­ten zu arbei­ten, ist ein stark ver­ein­fach­te, die in die­ser iso­lier­ten, nicht sys­te­misch gedach­ten Form auf Wider­stand sto­ßen muss und das ist gut so.
  2. Basis muss für mich das kind­ge­mä­ße Reflek­tie­ren über Kom­mu­ni­ka­ti­on an sich sein – und das geschieht an vie­len mir bekann­ten Grund­schu­len ganz selbstverständlich.
  3. Digi­tal ver­mit­tel­te Kom­mu­ni­ka­ti­on besitzt ande­re Kon­tex­te und vor allem auf der Ebe­ne der Prag­ma­tik Her­aus­for­de­run­gen, die auch vie­le Erwach­se­ne kom­plett über­for­dern – u.a. weil man wun­der­bar prag­ma­ti­sche Ele­men­te faken und instru­men­ta­li­sie­ren kann. Daher ist zu prü­fen, wel­che Vor­aus­set­zun­gen im Grund­schul­al­ter ent­wick­lungs­psy­cho­lo­gisch bereits sinn­voll erfahr­bar zu machen sind – und wel­che nicht.
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