Herr Riecken, ist das schlimm, wenn man Eier hat?

Nun, so schlimm fin­de ich das eigent­lich nicht. Das ein­zig Schlim­me war der Ver­lust von fünf Minu­ten Unter­richts­zeit, da sich die gesam­te Klas­se nach die­ser Fra­ge einer Schü­le­rin an mich nicht wie­der beru­hi­gen moch­te. Mei­ner Frau fiel spä­ter zu Hau­se dazu noch ein, dass die Fra­ge nach den Eiern für Frau­en all­ge­mein auch bedeut­sam wer­den kann, nunja.

Dabei ging es doch um etwas ganz ande­res: Die Ärms­te soll­te ledig­lich etwas an die Tafel brin­gen, was intern bei mir unter Kugel­wol­ken­mo­dell läuft und z.B. so aus­se­hen kann:

Kugelwolkenmodell

Kugel­wol­ken­mo­dell

Ihre Zeich­nung war eben ein wenig „eier­ig“ und das fand sie schlimm – net­ter unfrei­wil­li­ger Kalau­er. Mit dem Kugel­wol­ken­mo­dell erklä­re ich z.B. die Bedeu­tung von Stri­chen und Atom­sym­bo­len inner­halb von Struk­tur­for­meln, wobei fol­gen­de Regeln gelten:

Wei­ter­le­sen

Professionell, redundant, 98% Verfügbarkeit

Die­se drei Schlag­wor­te sind mir gera­de bei einem Anbie­ter ins Gesicht gesprun­gen. Das letz­te passt für mich nicht zu den bei­den ande­ren in die­sem Tri­ko­lon. Es wird im Netz ja an allen Orten mit die­sen Ver­füg­bar­kei­ten gewor­ben. Was bedeu­tet eigent­lich „98%“ Verfügbarkeit?

Ein Jahr besitzt 365 Tage. 1% Aus­fall bedeu­tet, dass an genau 3,65 Tagen die Ser­vices die­ses Anbie­ters nicht zur Ver­fü­gung ste­hen dür­fen, ohne dass eine Ver­trags­ver­let­zung sei­tens des Anbie­ters vor­liegt. Im vor­lie­gen­den Fall dürf­ten die Leis­tun­gen also theo­re­tisch für einen Zeit­raum von 7,3 Tagen/Jahr kom­plett aus­fal­len – nicht unbe­dingt am Stück, aber ins­ge­samt. Ein sol­ches Niveau erreicht jeder ernst­haf­te und enga­gier­te Hob­by­pro­vi­der. Im B2B-Bereich dürf­te das abso­lut indis­ku­ta­bel sein… Hier sind Ver­füg­bar­kei­ten von 99,7% marktüblich.

Der Anbie­ter könn­te ein­wen­den, dass es sich nur um eine mög­li­che Absi­che­rung für den unver­schul­de­ten Ernst­fall han­delt und die tat­säch­li­che Aus­fall­si­cher­heit erheb­lich höher lie­gen wird. Wenn aber eine Dienst­lei­tung als „pro­fes­sio­nell“ ver­kauft wird und pro­fes­sio­nel­le Prei­se ver­langt wer­den, habe ich als Kun­de auch ein Recht auf eine pro­fes­sio­nel­le Leis­tung, die sich der Anbie­ter zumin­dest in Bezug auf die Ver­füg­bar­keit offen­bar nicht zutraut…

Sowas regelt aber zum Glück der Markt. Und viel­leicht hat der Anbie­ter ja genau die Nische ent­deckt, die ihm die­se für ihn kom­for­ta­ble Rege­lung im Hoch­preis­seg­ment (vier­stel­li­ge Jah­res­bei­tra­ge wer­den ver­langt) erlaubt. Und viel­leicht kommt es bei der ver­kauf­ten Leis­tung ja auch gar nicht auf eine hohe Ver­füg­b­ar­beit an, sodass ich dem Anbie­ter Unrecht tue.

Prozessorientierung und Schwellenpädagogik

Glück­li­cher­wei­se kennt ja kein Leh­rer das Pro­blem, dass nicht alle Stun­den 100%ig vor­be­rei­tet sind.

Klar hat man gro­be Stun­den­ab­läu­fe im Kopf, die sich hin und wie­der zu merk­wür­di­gen Zei­ten mani­fes­tie­ren – bei mir hin und wie­der auf der Schwel­le zum Unter­richts­raum, weil im Ange­sicht der kon­kre­ten SuS die Her­aus­for­de­run­gen der letz­ten gehal­te­nen Stun­de deut­lich her­vor­tre­ten und dann die Rou­ti­ne dafür sorgt, dass man das Kind in der Regel gar nicht so übel nach Hau­se schaukelt.

Rich­ti­ger Frust kommt aber dann auf, wenn eine Stun­de wirk­lich exor­bi­tant gut vor­be­rei­tet ist – mit Mate­ria­li­en, metho­di­sche Kon­zep­ten usw. – und dann gar nichts läuft (pas­siert aber auch bei Schwel­len­päd­ago­gik). Noch mehr Frust schafft die Tat­sa­che, dass es dabei kein Sys­tem zu geben scheint.

Des­we­gen gibt es eigent­lich kei­ne Schwel­len­päd­ago­gik, es gibt nur die den SuS gerecht wer­den­de Pro­zess­ori­en­tie­rung! Das war frü­her auf Wochen­end­se­mi­na­ren auch schon so: Man hat sich ja nicht aus Faul­heit vor­her nicht getrof­fen, son­dern des­we­gen, weil man das Wochen­en­de pro­zess­ori­en­tiert gestal­ten wollte.

Ich habe mich heu­te ein­mal mehr dabei ertappt, 30 Minu­ten für eine Klas­se in der Che­mie­samm­lung gestan­den zu haben, und trotz­dem dach­te ich, nicht aus­rei­chend vor­be­rei­tet zu sein – irgend­wie blöd: Wenn man nicht min­des­tens eine hal­be Stun­de nach­ge­dacht und zwei DINA4-Sei­ten mit Gekra­kel gefüllt hat, hält man eine Stun­de für nicht gut vor­be­rei­tet. Ach, ich weiß gar nicht, was denn nun schi­zo­phre­ner ist.

Übri­gens lief die­se Che­mie­stun­de gut, wäh­rend in den vor­be­rei­te­ten Ober­stu­fen­stun­den wie­der alles nicht schlech­ter, aber ganz anders kam…

Ja, wo isses denn, das Lithiumstück?

Heu­te hat­te ich ein span­nen­des Erleb­nis aus der Kate­go­rie: Dar­auf kann nur ein Schü­ler kom­men. Als Che­mie­leh­rer kennt man die Reak­ti­on von Alka­li­me­tal­len mit Was­ser. Dabei „ver­schwin­det“ anschei­nend das Metall – anschei­nend, weil ja immer­hin das Gesetz von der Erhal­tung der Mas­se gilt. Die Reak­ti­on ver­läuft gemäß der Gleichung:

2Li + 2H2O → 2Li+ + 2OH- + H2

Das Lithi­um ver­schwin­det hier also kei­nes­wegs, son­dern wird als Ion in Was­ser gelöst. Das lässt sich klas­si­scher Wei­se indi­rekt dadurch nach­wei­sen, dass man die Leit­fä­hig­keit des Was­sers vor und nach dem Ver­such vergleicht.

Die Idee des Schülers:

Man kann das Was­ser vor und nach dem Ver­such wie­gen. Der Mas­sen­ver­lust durch den nicht auf­ge­fan­ge­nen Was­ser­stoff müss­te durch das auf die Atom­mas­se bezo­gen sie­ben­mal mas­se­rei­che­re Lithi­um mehr als kom­pen­siert wer­den und das Was­ser dadurch nach dem Ver­such mehr Mas­se besit­zen. So könn­te der „Nach­weis“ viel direk­ter und weni­ger abs­trakt über ein Mess­ge­rät erfolgen.

NIcht schlecht gedacht – aber natür­lich geht das auf Grund der stark exo­ther­men Reak­ti­on schief. Nicht nur Was­ser­stoff geht ver­lo­ren, son­dern es ver­dampt zusätz­lich durch die Reak­ti­ons­wär­me Was­ser mit sei­ner zwei­ein­halb­mal so hohen Mole­kül­mas­se (bezo­gen auf die Atom­mas­se des Lithi­ums), sodass in einem offe­nen Sys­tem die Gesamt­mas­se trotz­dem abnimmt.

Trotz­dem muss man dar­auf erst­mal kom­men… Wie­der etwas gelernt.

Wann ist eine Vergleichsarbeit eine Vergleichsarbeit?

In zahl­rei­chen Bun­des­län­dern sind mitt­ler­wei­le Ver­gleichs­ar­bei­ten in bestimm­ten Jahr­gän­gen obli­ga­to­risch – hier in Nie­der­sach­sen ist sogar eine zen­tra­le Auf­ga­ben­stel­lung ange­dacht. Das kann wahr­schein­lich dann ganz gut funk­tio­nie­ren, wenn die Schu­len selbst ent­schei­den kön­nen, wie sie die Anfor­de­run­gen einer Ver­gleichs­ar­bei­ten bewäl­ti­gen wol­len und nicht durch fach­li­che und metho­di­sche Vor­ga­ben meist ideo­lo­gisch ein­ge­färb­ter Prä­gung der jewei­li­gen Kul­tus­po­li­tik aus­ge­setzt sind.

Stei­ge­rung von Qua­li­tät hat zumin­dest für mich immer etwas mit ste­tig eva­lu­ier­ter Kon­ti­nui­tät zu tun. Des­we­gen träu­men wir mal davon, dass die Aus­ge­stal­tung der Cur­ri­cu­lums irgend­wann Sache der Schu­le sein wird – selt­sa­mer­wei­se ist das in den bei PISA erfolg­rei­chen Län­dern meist der Fall. In Deutsch­land wird man dar­auf wahr­schein­lich lan­ge war­ten müs­sen – Kul­tus­po­li­tik ist schließ­lich ein Kon­kur­renz­pro­dukt und Ländersache.

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