Die unbeliebte Chemie
Chemie ist ein Fach, welches in der Regel mit Ausrufen „kompliziert“ oder „Habe ich nie verstanden“ abgetan wird. Die Ursache wird oft in der Abstraktheit des Faches gesehen. Wer hat in seinem Leben, denn schon ein Atom erfahren? Wer macht sich denn Gedanken um Begriffe wie „Suspension“, „Dichte“ oder „Redoxsystem“? Das Interesse von SuS am Fach Chemie soll in den letzten Jahren stark zurückgegangen sein. In der Tat wird bei uns an der Schule das Fach Biologie als Naturwissenschaft zunehmend öfter angewählt.
Die Rettung soll eine stärkere Kontextualisierung des Faches Chemie bringen. So kann man z.B. sofort mit der Untersuchung von Cola/Cola light beginnen – das kennen SuS. Es geht eben darum, den Chemieunterricht am Alltag anzubinden und damit an der konkreten Lebenswelt der SuS. Untersuchungen lassen erkennen, dass das Interesse von SuS am Chemie dadurch gesteigert wird. Die fachlichen Leistungen eigentlich auch?
Chemie hat gegenüber anderen Fächern einen ganz entscheidenden Nachteil: Sie ist in sehr starkem Maße ein Kontinuum. Inhalte, die ich in der 6. Klasse unterrichtet habe, tauchen wieder und wieder auf. Ohne die Ordnungskriterien im Periodensystem komme ich in keiner Stunde der Oberstufe aus. Wer sich in Chemie ein halbes Jahr hängen lässt, ist meist für immer abgehängt – daran nützt auch keine Kontextualisierung etwas, die immer nur ein Ausschnitt aus der Systematik abbilden kann. Deswegen finde ich die davon ablösbare Theorie der Basiskonzepte (z.B. Stoff/Teilchen) sehr ertragreich, weil sie genau diesem Gedanken Tribut zollt.
Die Chemie in ihrer in sich geschlossenen Systematik und in ihrer Eingeschränktheit auf die Untersuchung von Stoffen steht in eklatantem Gegensatz zu der sie umgebenden schnelllebigen und oft nicht überaus nachhaltigen gesellschaftlichen Realität. Ein Lernen nach dem Motto „bis zur Arbeit und dann vergessen“ klappt nicht auf Dauer. Es nützt auch nichts, sich des kollektiven Wissens des Netzes zu bedienen wenn die grundsätzliche Vernetzung im Kopf nicht vorhanden ist. Dadurch kann ich dem Unterricht dann bald nicht mehr folgen – es fehlt die Basis. Somit kann aus Vorwissen keine neue Erkenntnis und damit auch keine Motivation entstehen. Auf die Anwendung von Vorwissen ist die Chemie aber genau wie die Fremdsprachen m.E. wie kein anderes Fach angewiesen. Hier liegt für mich ein wesentlicher Grund, für den verhältnismäßig schlechten Ruf des Faches innerhalb der Schülerschaft – man macht eben Chemie und redet nicht z.B. inhaltlich auf Englisch über die Migrantenproblematik in England. Chemie bleibt Chemie.
Der Lohn der Chemiesystematik wird von vielen SuS nicht gesehen: Einmal die Basiskonzepte verstanden, muss nicht wie z.B. in Biologie übermäßig viel gelernt, sondern „lediglich“ übertragen werden. Man schaue sich den reproduktiven Anspruch von Biologie- und Chemieabiturklausuren vergleichend an.
Ich finde didaktische Bestrebungen richtig, die die Vernetzung der Inhalte innerhalb des Faches fördern. Ich reflektiere immer wieder die kontextabhängige Bedeutung chemischer Symbole. Ich finde es weiterhin wichtig, Begriffe überhaupt erst dann einzuführen, wenn sie verstanden werden können, z.B. erst fachlich von Molekülen zu sprechen, wenn das dazu erforderliche Wissen aufgebaut ist. Natürlich kennen die SuS den Begriff. Sie können über ihn sprechen, aber sie verstehen nicht, worüber sie dann reden. Den Begriff zu kennen rechtfertigt für mich nicht zwingend die Aufnahme des selbigen im Chemieunterricht von Anfang an – auch nicht im Rahmen einer Kontextualisierung. Ich schreibe sehr, sehr lange noch O statt O2 (was eigentlich nicht falsch ist, da die Aktivierungsenergie bei Verbrennungen im Wesentlichen für die Spaltung des Sauerstoffmoleküls in reaktive Diradikale benötigt wird) – bis zur Einführung der Atombindung. Trotzdem bekommen es meine SuS dann in der Oberstufe richtig hin…
Gerade erst am Freitag habe ich mit einem Kollegen darüber gesprochen, woran es wohl liegen könnte, dass sich mehr und mehr Schüler/innen nach der 11 Klasse für Biologie entscheiden – obwohl sie den Noten nach in Chemie besser stehen.
Wir haben einen Grund dann auch in dem Aufbau des Faches gesehen. Zum einen ist es abstrakter (Bio hängt halt doch der Ruf an, „lebensnäher“ zu sein). Außerdem bekommt man in Bio mit jedem Thema eine neue Chance. Chemie dagegen baut aufeinander auf.
Setzt Du denn ChiK – darauf beziehen sich doch Deine Anmerkungen zur Kontextualisierung und den Basiskonzepten? – im Unterricht aktiv ein?
Gruß,
Felix
Hallo Felix,
ChiK setze ich nicht aktiv im Unterricht ein. Ich habe es natürlich aber mit der Vorkostereinheit ausprobiert. Die Erfahrungen waren dergestalt, dass mehr SuS Interesse an Chemie zeigten, sich die Demotivation aber nach der Leistungsüberprüfung umso schärfer einstellte. ChiK erschwert meines Erachtens den Aufbau systematischen Wissens und damit die Vorbereitung auf Klausuren und Tests. Frappierend ist, dass wir natürlich beide den Nachteil von Chemie in seiner Abstraktheit sehen und die Kontextualisierung natürlich einen Ausweg bietet – ich suche z.Zt. auf Grund meiner Erfahrungen aber noch nach anderen Auswegen…
Ein Erlebnis war für mich besonders aufschlussreich: Trefflicherweise schulen hier Lehramtsstudenten und Referendare Lehrerinnen und Lehrer im Bereich ChiK. Die Schulung war toll – auch der Rückfahrt gab die Referendarin (acht Pflichtstunden) jedoch an, dass sie während der ChiK-Einheit beinahe zusammengebrochen wäre, weil es doch einige Aufwand bedeutet habe, wohlgemerkt: Mit acht Wochenstunden.
Wir brauchen Konzepte, die in Klassen von bis zu 33 SuS (normal sind 30–32) „ziehen“. Alles andere mag lerntheoretisch schön und wissenschaftlich belegt sein, scheint zumindest mir aber viel zu oft nicht praktikabel in dem momentan gebotenen schulischen Kontext. Daran nützt auch die geforderte, stärkere Kooperation der Lehrkräfte nichts.
Die Basiskonzepte sind bei mir im Unterricht aber ständig präsent und bei uns im Curriculum auch verankert – es ist ja nicht alles schlecht, auch wenn es „von oben“ kommt. Das Donator- und Akzeptorprinzip trägt bei Säure-/Basereaktionen, bei Redoxprozessen, in der E‑Chemie usw. Hier lassen sich durchaus Analogien aufzeigen.
PS:
Für die Unterrichtsvorbereitung sind die ChiK-Lehrbücher m.E. übrigens suuuper… (viel flankierendes Material, tolle Grafiken und Bilder, sehr günstig zu bekommen – warum nur?)
Hallo Maik,
das mit Chemie ist traurig. Das wird ja deswegen jetzt schon im Kindergarten gelehrt. Ich finde das nur daneben. Die Kinder haben keine Ahnung, sehen die Experimente und glauben am Ende an Alchemie.
Ich mochte Chemie als Jugendlicher total gerne – habe sehr abstrakte Bücher gelesen. Bis wir es als Schulfach bekamen und der Lehrer anfing von Schalen zu sprechen, wo die Elektronen in Nullzeit rüberhüpfen. Das konnte ich nicht glauben – Nullzeit. Ich fand das zu unwissenschaftlich, gab alle meine Chemiebücher zurück und wählte Bio-LK.
Im Nachhinein hab ich dann irgendwann wieder gekuckt und fand Mendelejew – der hat das Periodensystem erfunden. Und da machte das alles Sinn. Sogar dieses Periodensystem, das sinn- und nutzlos an unserer Klassenzimmerwand hing.
Kennst Du übrigens die urversity.wordpress.com (interessiert Dich vielleicht – ist aber ganz für Unschooler :) )
„Das wird ja deswegen jetzt schon im Kindergarten gelehrt. Ich finde das nur daneben. Die Kinder haben keine Ahnung, sehen die Experimente und glauben am Ende an Alchemie.“
Sind die Kinder oder der Stoff oder das lehrende Personal dabei das Problem? Ich kann mir sehr sinnvollen Chemieunterricht im Kindergartenalter vorstellen – es gibt tolle Experimente, die alle helfen, den Teilchencharakter von Materie zu erklären.
Chemie ist für mich ein Fach, in dem der Lehrende Weitblick benötigt – er kann nicht einfach mit dem Kind „mitlernen“. Du wirst z.B. erkennen, dass in ganz vielen Modellen, die ich in der Mittelstufe einsetze bereits das Ziel vorhanden ist: Das Orbitalmodell (von dem wir auch nicht so genau wissen, ob es stimmt). Diesen „Adlerblick“ kann im Prinzip nur ein „Fachidiot“ haben – den bekommt ein Homeschooler nur schwer hin – jedenfalls nicht ab einem bestimmten stofflichen Niveau. Deswegen finde ich Lehrer an sich schon wichtig…
Das Periodensystem ist furztrockener Stoff. Meine 9. Klasse hat aber neulich nach Behandlung des Kugelwolkenmodells etwas ganz Tolles gesagt: „Ach das bedeuten die Striche in den Formeln unseres Biolehrers“. Da löst sich in einem Moment der Knoten auf, warum man vorher so unter diesem Stoff „leiden“ musste.
Kannst Du Dir gar nicht vorstellen, dass man Chemie auch autodidaktisch erlernen kann.
Das hier scheinen doch zwei gute Bücher dafür:
http://www.amazon.de/Verst%C3%A4ndliche-Chemie‑F%C3%BCr-Basisunterricht-Selbststudium/dp/3527306056/ref=sr_1_6?ie=UTF8&s=books&qid=1242887223&sr=8–6
http://www.amazon.de/Chemie-zentrale-Wissenschaft-Theodore-Brown/dp/3827371910/ref=sr_1_14?ie=UTF8&s=books&qid=1242887223&sr=8–14
Ich kenne keine derartigen Bücher. Ich weiß, dass mein eigenes, *relevantes* Wissen über Chemie nicht aus Büchern oder aus dem Studium stammt, sondern aus der immerwährenden Reflexion meines Unterrichts, aus immer neuen Experimenten zu teilweise immer gleichen Themen, aus Fragen, die sich aus dem Gespräch in meiner Lerngruppe ergeben, auf die ich alleine nie gekommen wäre. Derartige Fragen entstehen oft durch einen interaktiven Prozess, also z.B. durch eine Diskussion mit x Leuten über z.B. ein fehlgeschlagenes Experiment.
Dadurch dass ich immer noch sehe, welche fachlichen „Mist“ ich mit Lerngruppe A gebaut habe, profitieren Lerngruppe B und C in der nächsten Runde. Ich wüsste wahrscheinlich nur unvernetzten, toten Kram über Chemie, wenn ich nicht auf einige Jahre Unterricht zurückblicken könnte. Ich weiß jetzt teilweise, wo die Denkprobleme von Kindern und Jugendlichen liegen – quasi durch mein eigenes „Lernen durch Lehren“. Das ist das Geschenk von Schule an mich.
Autodidaktik kann ich nicht. Dazu tauchen immer wieder zu viele Fragen bei mir auf, die einen anderen Menschen erfordern, der einen anderen oder weiteren Blick hat.
Ich kann mir das gar nicht vorstellen. Du musst doch schon vor dem Unterricht und vor dem Studium Chemie gekonnt haben, oder?
Was ich noch nicht verstehe, ist, was machst Du, wenn Du Dich jetzt auf einmal für Physik oder Nanotechnologie interessierst? Oder Japanisch?
„Du musst doch schon vor dem Unterricht und vor dem Studium Chemie gekonnt haben, oder?“
Klar. Grundlagen und Oberflächlichkeiten nimmt man natürlich mit. Ob ich „damals“ wirklich „verstanden“ habe, weiß ich nicht – und mein 1. Staatsexamen war so schlecht nicht… Erst in der Arbeit mit den Schülern fielen bei mir nach und nach die Groschen – die ich bei meinen Praktikanten heute auch gelegentlich noch fallen höre…
Ich zitiere mich einmal selbst:
„Ich weiß, dass mein eigenes, *relevantes* Wissen über Chemie nicht aus Büchern oder aus dem Studium stammt“
Ich unterscheide zwischen totem und relevanten Wissen. Relevantes Wissen ermöglicht dir z.B. die selbstständige Verknüpfung von Sachverhalten innerhalb des Faches, ohne dass dir jemand ebendiese Verknüpfung nach seinen Gusto vorkaut – gerade im Bereich der Chemie befinden sich kolossale Fehler in der Grundliteratur (z.B. Schulbücher).
„Was machst Du, wenn Du Dich jetzt auf einmal für Physik oder Nanotechnologie interessierst?“
Ein paar Grundlagen anlesen/recherchieren, dann einen potentiellen Lehrer suchen. Wissen neu einordnen, vertiefen, Lehrer suchen. Das waren/sind z.B. im Bereich der Physik viele Kollegen – wobei da für mich der Plural sehr wichtig ist. Multiperspektivität. Ein oder zwei Bücher reichen mir nicht. Man darf auch nicht vergessen, dass die Methode „Wissensaneignung“ eine Kernkompetenz des Lehrerberufes ist, die für mich erst durch jahrelange Interaktion entsteht. Ich weiß mittlerweile z.B. ein gelungenes Lehrwerk von einem miesen anhand meines individuellen Regelsatzes – ich weiß in meinem Alter allmählich, wie ich effizient lerne – zu unterscheiden…
Mir persönlich ist eher ein Rätsel, wie im Homeschooling Bereich bei der Vielzahl kindlicher Interessen immer wieder Tiefe und Überblick erreicht wird. Ich fühle mich dazu nicht in der Lage.
„Ich weiß, dass mein eigenes, *relevantes* Wissen über Chemie nicht aus Büchern oder aus dem Studium stammt.“ Also, viel von *meinem* Wissen stammt aus dem Studium, stammt aus Büchern (viel, viel, viel mehr als aus dem Web), stammt aus dem Gespräch mit Kollegen – leider mit wenigen, denn viele haben kein Interesse an oder keine Kraft frei für Gespräche über Fachinhalte oder Methodik.
Allerdings weiß ich nicht, ob mein Wissen tot oder relevant ist, weil ich den Unterschied nicht begriffen habe. Ist totes Wissen nicht einfach Wissen, das man im Moment nicht zur Verknüfung brauchen kann – das aber doch jederzeit relevant werden kann?
Ich glaube, dass es um den Ausgangspunkt der Diskussion geht.
Wenn ich Chemie – und das ist vielleicht wirklich ein Tick von Maik Riecken – beibringen möchte, brauche ich ein Vorstellung davon, wo später in der Oberstufe die Reise hingeht (auch schon in der 6. Klasse). Totes Wissen (hört sich wirklich abwertend an) ist dann z.B. der Mechanismus der Cannizaro-Reaktion (ich habe viel über Mechanismen im Studium gelernt…). Relevantes Wissen wäre für mich z.B. das Basiskonzept Akzeptor-/Donator, was man in Chemie-Lehrbüchern sehr selten stringent und mit Vogelblick findet – das fängt jetzt erst an, dokumentiert und genutzt zu werden. Später kann man sogar die Cannizaro-Reaktion wieder in ein Basiskonzept eingliedern – isoliert ist das Wissen über diesen Mechanismus für die Schule „tot“.
Beliebt ist in naturwissenschaftlicher Literatur auch der Satz: „Wie man leicht sieht, gilt…“ Da fängt aber genau Schule für mich an.
Wenn ich ganz fair bin, muss ich sagen, dass ich für die Schule relevantes Wissen während des Studiums in einige Praktika erlangt habe, wo wir stumpf Versuche aufgebaut haben und in einem, anderen Praktikum einen Experimentalvortrag vor Publikum planen und durchführen müssen. Die für die Schule wichtigen Versuche waren zwar kaum dabei, aber das dabei erlernte Handwerk ist mittlerweile Gold wert und damit relevant. „Wie, das hast du in der Pause aufgebaut?“
In den Geisteswissenschaften – bei mir Deutsch und Philosophie (Philosophikum) – liegt der Fall grundlegend anders, weil ich da den richtigen Professoren begegnet bin…
Ich sehe das auch eher so wie Herr Rau – wobei bei mir das Studium noch eine geringere Rolle spielt, da ich nach dem Vordiplom nicht mehr in die Vorlesungen gegangen bin (vorher wusste ich nicht, dass das erlaubt ist :) ).
Bei mir sind Bücher die Wissensträger Nummer 1 – sie machen nach Csik auch noch glücklich – das ist doch wunderbar.
Den richtig tiefen Austausch über alle möglichen Themen finde ich auch eher auf Blogs – im Leben 1.0 nur sehr selten – aber manchmal auch.
Wer aber im Leben kein Autodidakt war kann wohl Unschooling nicht verstehen – denn bevor man sich Gesprächspartner sucht steht immer die Erarbeitung des Stoffes.
Hier noch ein Link, wie Unschooling funktioniert, vielleicht erklärt das ein paar Dinge.
http://freiebildung.wordpress.com/2009/05/10/wie-funktioniert-unschooling-faq/
(Ich bin übrigens kein Homeschooler, sondern ein Unschooler – da ist ein riesen Unterschied – während Homeschooler die Bildung von oben demokratisieren und sich selbst zu „Agenten“ machen stülpen Unschooler die Hierarchie um. Bildung kommt hier von Unten)
„Wer aber im Leben kein Autodidakt war“
Das ist eine Generalisierung, die der Individualität des Menschen in meinen Augen nicht gerecht wird.
Um das noch einmal zu präzisieren:
Im Bereich dessen, was ich als relevantes Wissen bezeichne, kann ausschließliche Autodidaktik in meinem Weltbild nicht funktionieren.
Ich habe immens viel autodidaktisch erworben. Dieses oft sehr spezielle Wissen wird aber sehr schnell nicht mehr relevant und damit tot sein – weil die Entwicklung zu schnell voranschreitet.
Übrigens ist all mein Wissen aus dem pädagogischen Bereich eben nicht autodidaktisch, sondern interaktiv entstanden.
„denn bevor man sich Gesprächspartner sucht steht immer die Erarbeitung des Stoffes.“
In dem Punkt sind wir also gar nicht so weit auseinander, obwohl ich da auch andere Modelle zulassen und denken kann.
Hallo Maik,
was meinst Du mit Generalisierung? Ich kann mir einfach nicht vorstellen, dass jemand, der sagt „Autodidaktik kann ich nicht.“ jemals Unschooling verstehen will. Vielleicht kenne ich aber einfach noch nicht genug Unschooler.
Mit Deiner Relativierung das „autodidaktisches Wissen zu schnell stirbt, weil die eigene Entwicklung zu schnell voranschreitet“ bin ich aber schon eher einverstanden. Allerdings ist dieses Wissen dann doch nicht tot, sondern hat neuem Wissen den Weg geebnet.
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Autodidakt schließt auf der anderen Seite Interaktivität doch nicht aus – nur man bestimmt selbst die Zeitpunkte der Interaktivität und fügt sie selber ein.
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„Den Gesprächspartner suchen“ habe ich deswegen zeitlich nach der selbständigen Aneignung von Wissen gesetzt, da ich es ein bisschen respektlos finde, wenn ich mit Leuten spreche, bar jeden Wissens. Ohne irgendein Wissen kann ich auch kein qualifiziertes Interesse haben – da ich ja gar nicht weiß für was.
Allerdings glaube ich auch nicht, dass wir weit auseinander sind in der Methode der Aneignung. Wo wir aber weit auseinander sind, ist die Rolle des Leidens und dass Stoff trocken ist. Da kann ich nicht mit, das entspricht nicht meiner Erfahrung und auch nicht den Biographien, die ich kenne.
„verstehen will“ soll natürlich „verstehen wird“ heißen. Verstehen wird er vielleicht schon wollen :)
„Verstehen wird er vielleicht schon wollen“
Nein, Sunny, das geht schon in Ordnung. Ich will es momentan tatsächlich nicht verstehen.
Punkt 1:
Ich schreibe: „Um das noch einmal zu präzisieren:
Im Bereich dessen, was ich als relevantes Wissen bezeichne, kann ausschließliche Autodidaktik in meinem Weltbild nicht funktionieren.“ Im weiteren Verlauf baue ich sogar eine Brücke, indem ich sage, dass ich selbst sehr viel autodidaktisch erworben habe, d.h. rhetorisch „hattest“ du mich damit.
Du schreibst: „jemand der sagt ‚Autodidaktik kann ich nicht.‘ jemals Unschooling verstehen will.“
In meinen Augen ignorierst du damit meine Relativierung, was ich nicht zu deuten weiß.
Punkt 2:
Bei Nachfragen verweist du als Beleg immer wieder auf deine FAQ – die du aber selbst verfasst hast und die in meinen Augen zu den meisten Fragen bzw. Antworten keine seriösen Belege liefert.
Damit habe ich in meinem persönlichen Verständnis von Wissenschaftlichkeit ein großes Problem.
Gleichwohl habe ich Sätze in der Art „du kannst es nicht verstehen, du willst es nicht verstehen“ nie fallen lassen. Und wenn doch: Dann entschuldige ich mich bei dir dafür.
Du hast deinen Weg für dich und deine Familie gefunden. Freue dich daran und schlage dich nicht mit so alten Krittlern wie mir herum :o)…
Mein erster Kommentar war über Chemie in der Schule. Ich habe nicht von Unschooling angefangen. Du hast aber behauptet, dass Homeschooler irgendwas essentielles nicht hinbekommen (ab einem gewissen Niveau).
Wenn Du Unschooling nicht verstehen willst, dann sprich auch nicht, was dabei nicht funktionieren kann.
So kamen wir zu diesem Dialog.
Wenn Du nicht drüber diskutieren willst, dann ist das voll OK für mich. Wir hatten ja eigentlich schon auf meinem Blog abgeschlossen.
Aber dann unterstelle bitte auch nichts. Chemie funktioniert super in Unschooling.
Dennoch finde ich es immer interessant mit Lehrern zu diskutieren. Sie geben einem Einblick in die Schule und wie die Schule funktioniert. Das sind Ansatzpunkte Unschooling stetig zu verbessern und diese Verbesserungen in unserer Gemeinschaft zu teilen. Also sind solche „alten Krittler“ doch auch eine Bereicherung für uns Unschooler :)
Ich danke Dir also für das Gespräch und vielleicht finde ich ja mal wieder was bei Dir, was auch interessant für Unschooler ist. Ich hoffe ich darf dann wieder einen Kommentar hinterlassen – und wir schweigen einfach über unsere verschiedenen Bildungspräferenzen ;)
@Maik
„Wenn ich Chemie – und das ist vielleicht wirklich ein Tick von Maik Riecken – beibringen möchte, brauche ich ein Vorstellung davon, wo später in der Oberstufe die Reise hingeht (auch schon in der 6. Klasse).“
– Ich sehe das genauso. Wenn ich eine 9.Klasse übernehme, weiß ich exakt, was ich mit den Leuten mache, wenn sie bei mir noch im LK 5 Jahre später sitzen. Und alles, was ich in der 9.Klasse vermittle, hat einerseits einen sofortigen Wert (was können sie gleich damit anfangen?) aber es bereitet auch sehr systematisch auf das was sie im LK und auch später in ihrem Leben machen werden.
Auch ich habe davon gehört, dass das Interesse von SuS am Fach Chemie in den letzten Jahren stark zurückgegangen sein soll. Und das, obwohl die chemische Analytik als solches wirklich interessant ist. Man muss eben nur die Grundlagen verstehen, dann ergibt sich der Rest quasi von selbst.