Die Edunautika 2022
Edunautika – was ist denn das?
Die Edunautika ist ein Barcamp mit dem Schwerpunkt auf Lernen und Lehren unter den Bedingungen einer zunehmend durch Digitalisierung geprägten Gesellschaft. Sie fand letztes Wochenende an der Winterhuder Reformschule in Hamburg statt. Ungefähr 250 Menschen aus unterschiedlichen Bildungskontexten haben ein buntes Programm mit vielen interessanten Sessions bereitet. Schüler:innen der Gastgeberschule sorgten für das leibliche Wohl und sammelten so Geld für ihre „persönliche Herausforderung“. Im Innenbereich wurde grundsätzlich Maske getragen, medizinische Masken waren dabei eher selten, Standard war eher FFP2. Während das Wetter im Süden sich in Hitzerekorden übte, blieb es in Hamburg bei bewegtem Lüftchen angenehm aushaltbar, sowohl innen als auch außen. Ich hatte das Glück, meinen Aufenthalt mit einem Besuch bei einem guten Freund verbinden zu können, bei dem ich auch im Gästezimmer übernachten durfte. Mein Semesterticket brachte mich kostenlos hin und zurück, wenngleich mit einigen Widrigkeiten (Ja, auch ein Zug kann anlässlich eines Festivals „aus den Federn“ kommen, wenn viele Menschen gleichzeitig aussteigen).
Und, was gab es?
Ich habe mich sehr gefreut, ganz viele Menschen, die ich lange nicht persönlich getroffen habe, endlich wiederzusehen. Das ganze, sehr beeindruckende Programm kann man hier anschauen. In einer Session habe ich von 8jährigen Schüler:in ganz viel über ihre neue freie Schule hören dürfen – und darüber, wie viel besser diese Schule nun zu ihr passt. In einer Session zu Philosophie ging es u.a. um die Gegenüberstellung zwischen „Ich denke, also bin ich“ (Descartes) vs. „Ich bin, weil du bist“ (Afrikanisches Sprichwort) – mit multikultureller Perspektive. Auch bei Christian Vanell war ich, der etwas zu Feedbackformaten bei Projekt- und Portfolioarbeit mitgebracht hatte. Ich bin immer gleichermaßen beruhigt wie verwirtt, dass andere Menschen an sehr ähnlichen Fragestellungen wie ich festhängen, aber immer mit ganz unterschiedlichen Perspektiven, von denen man viel lernen kann.
About spirit
Organisiert wird diese Veranstaltung maßgeblich von Jöran Muuß-Merholz und Mitarbeitenden seiner Agentur Jöran & Konsorten - unterstützt durch ehrenamtliche Hilfe von Menschen, die ich eher dem Verein Educamps e.V. zuordne. Mitmachen tun dort aber irgendwie alle. Wenn etwas bei einer Session nicht klappt, fühlen sich schnell Teilgebende dafür verantwortlich, dass es klappt und den/die Sessiongeber:in bestmöglich zu unterstützen. Klar war der ein oder andere Name etwas prominenter, aber Star-Allüren suchte man dort dann doch einigermaßen vergeblich.
Und ich?
Ich habe in diesem Jahr etwas zu Invidualisierung gemacht bzw. zu den Grenzen dieses Konzepts. Das ist ja einigermaßen verrückt, etwas noch gar nicht im Bildungssystem Angekommenes schon wieder kritisch zu betrachten. Daher ist das quasi eine „Stealthsession“ gewesen, ohne Dokumentation nach außen. Ein paar Impulse und Vorüberlegungen von mir waren dabei, wobei es letztlich aber primär die Voraussetzungen bei Kindern und Jugendlichen ging und um Überlegungen, wann ein Individuum seine Interessen einer Gruppe unterordnen sollte – es gibt ja zwei Mengen: Die Bedürfnisse des Individuums und die Ressourcen eines „Schul-„systems.
Das hier war die ursprüngliche Ankündigung meiner Session:
Wer?
Mein Name ist Maik und ich arbeite zurzeit für ein Landesinstitut, für Schulträger, an einer Universität
Was?
Marion (KiTa-Fachkraft) hat viele meiner Gedanken bezeichnenderweise anonym notiert: https://www.news4teachers.de/2022/05/die-kinder-haben-sich-veraendert-sie-tun-sich-viel-schwerer-damit-einfache-regeln-zu-akzeptieren-eine-kita-fachkraft-berichtet/ – für mich zieht sich diese gesellschaftliche Veränderung viel, viel weiter. Die Erwartung, dass „andere es für mich tun und lösen“ wächst in meinen Augen – eine subjektive Beobachtung: Telefonate oder Gespräche (also direkte, nicht technisch vermittelte Kommunikationssituationen) empfinden viele Kinder und Jugendliche zunehmend als belastend oder gar übergriffig – besser per Chat/Voicenachricht lösen. Im Kontext von Individualisierung sind solche kritischen Töne oft tabuisiert – Verhalten wird oft auf Fehlleistungen anderer zurückgeführt oder mit „den Umständen“ erklärt. Es scheint „en vogue“ zu werden, vermehrt „für“ Kinder und Jugendliche zu arbeiten und ihren individuellen Ansprüchen bestmöglich entgegenzukommen.
Wie?
Ich möchte anonym eure Beobachtungen sammeln. Ich möche darüber sprechen, wo für euch die „Grenze“ der Individualisierung ist. Auf was würdet ihr nicht eingehen? Wo erwartet ihr, dass Individuen sich zurücknehmen, um für die Gruppe eine Atmosphäre „des gemeinsamen“ Wachsen zu schaffen? Und ich möchte keine Dokumentation der Session, sondern eine Raum, in dem das, was im Raum geschieht, im Raum bleibt.
Es waren volle 1 1/2 Tagen mit vielen Eindrücken. Danke allen, die das möglich gemacht haben!