Kurzer Rant über Elternspott einiger Kolleg*innen
Über SocialMedia und andere Kanäle werden mir Beiträge auf das Handy gespült. Sie haben im Kern den Tenor:
So ihr Eltern! Jetzt seid endlich ihr mal dran. Jetzt wisst ihr, mit was wir uns den ganzen Tag so herumplagen. Vielleicht denkt ihr jetzt mal endlich anders über uns und unsere Arbeit!
In bin ja in mehreren Rollen unterwegs. In der Rolle als Elternteil kommt das bei mir nicht so gut an. Also eigentlich gar nicht gut.
Und ich bin privilegiert. Ich kann momentan einen halben Tag im Büro und einen halben im HomeOffice arbeiten – die Arbeit, die Büro erfordert, passiert im Büro, die andere kann ich mir weitgehend frei einteilen. Meine Frau hat noch(!) genug Überstunden.
Es gibt Familien, da ist der Alleinverdiener in Kurzarbeit. Oder der Alleinverdiener ist selbstständig ohne Aufträge- und ohne kalkulierbare Aussicht auf solche. Oder beide prekär Beschäftigte sind in Kurzarbeit. Da hocken Familien mit Kindern ohne Garten in kleinen Wohnungen. Mit Kindern ohne Sportverein, ohne persönlichen Kontakt zu Freunden usw.. Und dazu dann irgendwie das Lernen aufrechterhalten. Das ist für uns als privilegierte Familie schon fordernd.
Wir als Lehrkräfte leisten viel und auch über die Jahre immer komplexere Dinge. Ich glaube, dass wir uns mit dieser Art von Humor im öffentlichen Raum optimierbar darstellen.
Die Einschätzung, wie „wir“ uns mit solchem Spott positionieren, teile ich voll und ganz. Hingegen war ich bisher der Ansicht, dass wir in den öffentlichen Schulen uns an die amtliche Rechtschreibung zu halten hätten. Nun stelle ich erstaunt fest, das hier (und auch andernorts) Asterisks in Wörtern auftauchen, wo der Duden keine schreibt. Deshalb meine Frage betreffend der Aussprache des Titels: Liest man das ‚Kollegasteriskinnen‘ oder ‚Kolleggendersterncheninnen‘?
Hallo Lisa,
Die Aussprache erfolgt als „Platzhalter“, also mit einer kurzen Pause: https://de.wikipedia.org/wiki/Gendersternchen. Bis heute ist das Gendersternchen nicht offizieller Teil der deutschen Rechtschreibung – aber immerhin schon Teil einer DIN für Briefanreden. Aber hier sind wir ja auch nicht in der Schule!
Und mir ist es in diesem Fall viel wichtiger auszudrücken, dass ich genderneutral denke und schreibe. Übrigens bringt man „lehrer*innentypisches Verhalten“ in meinem Bekanntenkreis in Verbindung mit einer sehr dudengerechten Auslegung von Mündlich- und Schriftlichkeit.
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Genderneutral zu denken ist gar nicht leicht… ich bilde mir das auch immer ein. Und dann erwische ich mich erst heute dabei, wie ich das Foto eines Musikerhaushalts sehe, mit E‑Gitarre, Bass, Verstärker und einem Schminktischchen, unter dem eine erkleckliche Anzahl Damenschuhe steht. In meinem Kopf gibt es sofort einen ungünstigen Kurzschluss, der dazu führt, dass ich denke, es handele sich um einen gemeinsam genutzten Hobbyraum, den sich Männlein und Weiblein teilen – und muss drei Beiträge weiter bemerken, dass der User eine Userin war, die ganz fleißig Bässe, Gitarren und Schuhe sammelt. Shame on me!
Dabei gebe ich mir redlich Mühe, schreibe mal mit Binnen‑I, mal mit umständlichen Doppelungen und mittlerweile meist im generischen Femininum. Asteriske stören da auch nicht weiter.