SchiLf Leitbildentwicklung
Ein Leitbild ist eine schriftliche Erklärung einer Organisation über ihr Selbstverständnis und ihre Grundprinzipien. Es formuliert einen Zielzustand (Realistisches Idealbild)[1]. Nach innen soll ein Leitbild Orientierung geben und somit handlungsleitend und motivierend für die Organisation als Ganzes und die einzelnen Mitglieder wirken. Nach außen (Öffentlichkeit, Kunden) soll es deutlich machen, wofür eine Organisation steht. Es ist eine Basis für die Corporate Identity einer Organisation. Ein Leitbild beschreibt die Mission und Vision einer Organisation sowie die angestrebte Organisationskultur. Es ist Teil des normativen Managements und bildet den Rahmen für Strategien, Ziele und operatives Handeln.
Unsere Schule hat sich in den letzten beiden Tagen auf den Weg gemacht, ein solches Leitbild zu entwickeln, wobei auf externe Moderation zurückgegriffen wurde. Vorbereitet wurden diese zwei Tage in einer Steuerungsgruppe. Herausgekommen sind zwölf Sätze, die nun redaktionell überarbeitet werden. Mit in diese zwölf Sätze sind die Vorschläge der Eltern- und Schülervertretung eingeflossen. Im Wesentlichen erfolgte die Erarbeitung in vier Schritten:
Schritt 1 – SOFT-Analyse
Eine SOFT-Analyse lehnt sich an das Prinzip der SWOT-Analyse an. Nach einer Vorstellung der kommenden SchiLf auf einer Dienstbesprechung sollte zu den Punkten der SWOT-Analyse ein Papier in Stichworten ausgefüllt werden, dessen Auswertung dann den Einstieg zur SchiLf bildete.
Schritt 2 – Kritikphase
In kleinen Gruppen hat jeder auf eine Karte geschrieben, welche Probleme an der Schule auftreten. Aus diesen Karten hat die Gruppe dann drei ausgewählt und auf ein Plakat geklebt. Diese Karten konnten dann vom Plenum später „bepunktet“ (Klebepunkt) werden. Die Top 10 wurden zu einer Vorlage verarbeitet.
Schritt 3 – Utopiephase
In kleinen Gruppen hat jeder auf eine Karte geschrieben, welche Wünsche er – losgelöst von organisatorische, räumlichen oder finanziellen Beschränkungen hat. Aus diesen Karten hat die Gruppe dann drei ausgewählt und auf ein Plakat geklebt. Diese Karten konnten dann vom Plenum später „bepunktet“ (Klebepunkt) werden. Die Top 10 wurden zu einer Vorlage verarbeitet.
Schritt 4 – Leitsatzformulierung
Nach einem kurzen Input zum Wesen eines Leitbildes ging es mit einer umfangreichen Materialsammlung daran, konkrete Sätze für das Leitbild zu formulieren. Als Material stand zur Verfügung:
- Das Arbeitsergebnis der Schülerinnen und Schüler
- Das Arbeitsergebnis der Eltern
- Das Arbeitsergebnis der der ersten beide Phasen
- Ergebnisse der letzten SchiLf
- Der theoretische Input
- Weitere Dinge, die ich jetzt vergessen habe
Die Formulierung erfolgte wieder in Gruppen. Die Sätze wurden wiederum im Plenum bepunktet und ein Ranking (Top 12) entwickelt. Unnötig zu erwähnen, dass es alle Sätze unserer Kleingruppe in die Top 12 geschafft haben :o)…
Schritt 5 – Vorstellung des Ergebnisses und Ausblick
Die Steuerungsgruppe stellte die formulierten Sätze und das weitere Verfahren vor. Die Sätze werden jetzt redaktionell bearbeitet und an die Eltern- und Schülervertretung zurückgegeben, um sie nach einer Art Benehmensherstellung dann in der Gesamtkonferenz zu beschließen.
Der Rahmen
Die SchiLf erforderte zwei Tage, wobei an einem Tag der Unterricht noch bis zur 6. Stunde stattfand. Für das leibliche Wohl, für eine gute Atmosphäre und für viel Zeit zwischen den Arbeitsphasen zum Austausch war hervorragend gesorgt. Deutlich war zu merken, wie viel Arbeit, Gedanken und Sinn für Details im Vorfeld in diese SchiLf gesteckt wurde. Ich habe es als eine Form von Wertschätzung gegenüber dem Kollegium empfunden. Es gab für die Beteiligten keinen Blumenstrauß oder obligatorischen Flaschen zum Dank. Es gab etwas vollkommen anderes, was diese erfahrene Wertschätzung wiederum erwiderte und was in dieser Form noch nie da gewesen ist.
Kommentar
Die Moderation wendete Methoden des Projektmanagements an, wie es in Firmen und vielen Verwaltungen üblich ist (und zum Glück auch zunehmend bei uns in der Medienberatung). Beeindruckt hat mich vor allem die Einwandbehandlung im Plenum. Einwände lassen sich für mich immer in zwei Kategorien unterteilen:
- Prozessreflektierende Einwände (z.B. „Warum machen wir das eigentlich so und nicht anders?“)
- Risikominimierende Einwände (z.B. „Kommt dabei denn wirklich auch das heraus, was wir an Qualität erwarten?“
Die Moderation ging sehr souverän und schlagfertig mit diesen Einwänden um. Dahinter steckt natürlich die Überzeugung, dass das Verfahren erprobt war, aber auch die Fähigkeit zu „reframen“, d.h. den Einwand selbst als wertschätzendes Moment und nicht als Angriff umzudeuten. Das ist immer einfacher, wenn man als Externer agiert und daher berate ich mein eigenes System z.B. grundsätzlich nicht, wurde aber in den Kleingruppen dabei „erwischt“, selbst in die Beraterrolle zu fallen :o)…
Leitbildentwicklung sehe ich aus einer externen Beraterrolle immer etwas kritisch: Leitbilder zeigen mir eher, woran eine Organisation noch arbeiten muss. Gleichwohl habe ich als Teilgebender der SchiLf vor allem den Prozess zur Formulierung der Leitbildsätze auch als identitätsstiftend und damit sehr wertvoll erlebt. Einmal mehr ist mir aufgefallen, dass unterschiedliche Menschen mit unterschiedlichen Begriffen unterschiedliche Dinge meinen, aber im Grunde das Gleiche wollen und die gleichen Bedürfnisse haben – übrigens ein zentrales Konzept systemischen Denkens.
Extern betrachtet hätte man all das auch in einer Stunde mit digitalen Werkzeugen erledigen können. Aber ich glaube, dass die Verbindung zwischen Ergebnis und Gefühl eben auch gemeinsame Zeit erfordert.
Die Fehlende Zeit und der Alltag arbeiten da oft gegen ein System – aber das kennt auch jeder, der eine Beziehung führt. Funktion und Zufriedenheit kommen nicht allein, sie müssen erarbeitet sein, weil sie eben durch diese Arbeitsleistung erst ihren Wert erhalten.
Insofern darf sich die Schule jetzt darauf freuen nach diesem initialen Schritt zur Schulentwicklung weiter arbeiten zu dürfen :o)…
Lieber Maik,
ich lese mit Begeisterung und Interesse nun schon seit 2 Stunden in deinem Blog herum.
Zum obigen Text:
Ich denke, dass neben dir viele Kollegen/-innen die Leitbildentwicklung als identitätsstiftend erlebt haben und auch pädagogische Profis brauchen immer mal wieder eine Rückbesinnung auf das gemeinsame Ziel ihrer Arbeit. Ich nehme an, dein Kommentar zur Veranstaltung Extern betrachtet hätte man all das auch in einer Stunde mit digitalen Werkzeugen erledigen können. war ironisch gemeint. Da du ihn ja im nächsten Satz auch relativierst.
Schade wäre es um die investierte Zeit nur, wenn die Leitbildsätze irgendwo aufgehängt werden und in 4–6 Wochen alle positiven Emotionen im schulischen Alltag verpuffen.
Also, weiterentwickeln und wieder gemeinsame Zeit investieren (z.B. ein Bier trinken gehen)!
Extern betrachtet hätte man all das auch in einer Stunde mit digitalen Werkzeugen erledigen können.
Nein, nicht ironisch. Methodisch ist das heutzutage möglich – vor spart man sich durch die konsequente Verwendung digitaler Werkzeuge viel Auswertungs- und „Zusammentragarbeit“. Das war für mich aber eben nur *ein* Ziel der zwei Tage. Und die Pausen haben eben ihre ganz eigene Funktion.
btw stelle ich fest, dass offenbar viel zu kompliziert und komprimiert schreibe. Es ist sehr typisch, dass gerade der kritisch zu verstehende Satz nicht durch den übrigen Kontext aufgehoben wird.
Wir hatten für unser Kollegium kürzlich eine ähnliche SchiLf, da wir zwar ein tolles Konzept haben, aber das übergeordnete Leitbild noch in formulierter Form fehlte, was es neuen Kollegen oft schwer machte, sich darüber klar zu werden, WARUM wir manche Sachen so tun, wie wir sie im Konzept stehen haben. Deshalb hat die Arbeit an dem Leitbild den Bogen zumindest in Ansätzen geschlossen.
Ich war sehr positiv überrascht, wie offen sich manche, denen ich es nicht zugetraut hatte, auf hinführende Aktionen eingelassen haben. Als Impulsgeber dienten da Flipcharts mit Sätzen wie: „Wenn die Schule/ Sportart ein Tier wäre, welche wäre sie?“, „Wenn du mit der Schule ein Date hättest, was würdest du ihr mitbringen“, „Was würden andere [nie] über die Schule sagen?“ etc.. Das war für die spätere Arbeit doch sehr hilfreich, weil es die Blickrichtung für die Stärken und Schwächen der Schule und des Kollegiums fokussiert hat.