Als Schüler den eigenen Lernprozess gestalten
Dieser Anspruch wird in der letzten Zeit sehr oft in gängigen Fachdidaktiken formuliert. Bei allen Ansprüchen, mit denen ich meine SuS konfrontiere, setze ich erst einmal bei mir an. Hier würde ich mich fragen: Wie organisiere ich eigentlich meinen Lernprozess? (Ketzerisch: Lerne ich überhaupt etwas freiwillig dazu als Lehrer?).
Ich mag konkrete Beispiele: Nehmen wir an, ich suche nach einer Lösung, um 3d-Moleküle im Browser darzustellen und selbst auch entwickeln zu können.
- Suchmaschine mit den richtigen Suchbegriffen füttern – Uuups, was sind eigentlich in meinem Fall die richtigen Begriffe? Zum Glück habe ich jahrelange Erfahrung und bin auch des Englischen mächtig
- Fachzeitschriften durchforsten, bzw. die zugehörigen Schlagwortkataloge.
- Ergebnisse bewerten und intern kategorisieren, ggf. Suchparamater optimieren. Ooops, wie mache ich das eigentlich? Zum Glück habe ich in meinem Leben schon diverse Texte gelesen, verfüge über einen intuitiven Zugriff, um nicht über die ersten Forenposts zu bestimmten Programmen stolpern.
- Jetzt lande ich auf diversen Übersichtsseiten. Wer hat die eigentlich gemacht? Wie ist die Qualität der Rezensionen zu den Programmen?
- Ich besuche diverse Herstellerseiten. Ooops – was ist eigentlich ein seriöser Hersteller? Lohnt sich diese Demoversion wirklich?
- Erste Programme landen in der virtuellen Windowsmaschine. Komme ich damit zurecht? Welches Bedienkonzepot passt für mich? Entspricht das Ergebnis gängigen genormten Darstellungsvorschriften?
- …
STOP! Was muss ich eigentlich alles können, um zu einem brauchbaren Ergebnis zu kommen?
Ich brauche:
a) Fachwissen
Wie bediene ich eine Suchmaschine? Was sind logische Operatoren? Welche Suchmaschinen sind aus welchen Gründen geeignet? usw.
b) Methodisches Wissen
Welche Quellen nutze ich wann wozu? Wie kann ich Texte sinnvoll überfliegen? Woran erkenne ich hilfreiche Texte? Wie probiere ich schnell ein Programm aus? Wie installiere ich es und wo? usw.
c) Kompetenzen im Bereich der Selbstreflektion
Womit komme ich zurecht? Wo habe ich Schwierigkeiten? Wann muss ich mir welche Hilfe holen? usw.
Zugegeben – das ist ein unfair komplexes Beispiel. Viele dieser Fragen dürften aber auch z.B. bei der Recherche zu einem Referat über Atommodelle im Chemieunterricht eine Rolle spielen.
Wann soll ich das alles meiner 9. Klasse mit 32 SuS eigentlich alles beibringen und gleichzeitig dabei das notwendige Fachwissen vermitteln? Ich kann SuS manchmal schon verstehen, die einfach nur W. kopieren und das dann als Referat anpreisen.
PS:
Können wir LuL (erwachsen, eigentlich akademisch gebildet) uns angemessen selbst reflektieren in unseren Fähigkeiten und Schwächen?