Wulff
ZDFheute liefert heute nähere Informationen zur Hausfinanzierung Christian Wulffs unter Berufung auf externe Quellen (FR). Es gibt nach der Frankfurter Rundschau Hinweise darauf, dass mit Tricks versucht worden ist, die Herkunft des Geldes für die Hausfinanzierung zu verschleiern. Dafür lassen sich zwei unterschiedliche Motive formulieren: Ein mehr oder minder wohlwollendes und eines, was mich in einem Gedanken bestätigt, der mich zur Wulff-Affäre schon länger umtreibt:
- Wulffs Berater drängten ihn damals zu diesem Schritt, da sie negative Auswirkungen für seine Publicity befürchteten. Wulff ist schlicht diesem Ratschlag gefolgt. Als Mensch, der viel zu entscheiden hat, macht man unweigerlich Fehler. Das kennen z.B. Leute, die ein Haus gebaut haben und Leute, die viele Klausuren korrigieren.
- Wulff war klar, dass seine Hausfinanzierung nach gängigen Maßstäben vor dem Hintergrund seines politischen Amtes nicht ganz sauber ist und hat in diesem Bewusstsein die Herkunft des Geldes selbst verschleiert.
Es ist eigentlich egal, was davon stimmt und ob es überhaupt stimmt. „Normal“ wäre für einen durchschnittlichen Bürger gewesen, sein Haus schlicht und ergreifend auf dem freien Markt zu finanzieren. Man hätte dann ggf. nicht die gleichen Konditionen erhalten, was bei einem Ministergehalt wahrscheinlich aber zu verschmerzen gewesen wäre. Aber die Sache wäre durch und durch sauber. Ein anderer Weg hätte darin bestanden, offen damit umzugehen und eben nicht mehr oder minder panisch zur BW-Bank umzuschulden. Das hätte man wahrscheinlich leichter über die belegbare langjährige Freundschaft durchstehen können – aber Leben ist eben wie Börse: Hinterher ist es immer einfach.
So bleibt für mich jetzt der Eindruck, dass sowohl Machterhalt als auch, nennen wir es mal „schonender Umgang mit den eigenen Kapital“ die Hauptmotive gewesen sind. Beides dürfte „dem Volk“, dessen Oberhaupt er ist, schwer zu vermitteln sein – es ist kein Ausdruck von Nähe, es ist für mich Ausdruck einer unglaublichen Distanz.
Das ist mein Vorwurf an Christian Wulff, weil es für mich nicht Ausdruck eines isolierten Fehlers, sondern einer grundsätzlichen Haltung ist.
Das Telefongespräch und ob er nun die Berichterstattung verhindern oder verzögern wollte, ist für mich völlig ohne Relevanz. Es ist wahrscheinlich nichts weiter als eine emotionale Reaktion auf die potentielle Bedrohung der eigenen Macht – und es wird voraussichtlich demnächst eh geleakt werden. Mich wundert eher das Verhalten der Bildzeitung, die ja nicht unbedingt dafür bekannt ist, vorher zu fragen. Wieviel Substanz hat der Vorwurf, Christian Wulff habe den Artikel verhindern und nicht verzögern wollen?
Sein politisches Überleben wird jetzt nicht mehr von seinen institutionellen Machtressourcen durch das Amt abhängen, sondern von dem, was er an ideellen Ressourcen aufgebaut hat und noch recht kurzfristig unter dem jetzigen Druck aufbauen kann.